mußte. Mag der Zar kommen und uns die Parzellirung befehlen den zarischen Worten werden wir nicht zuwiderhandeln; halten wir uns doch an das Gemeindeigenthum, weil wir wissen, daß es auch des Zaren Willen ist", mußte ich öfters hören. Nach einer Stütze zur Verwirklichung seiner innigsten Wünsche sich umsehend und die gewisse Aufeinanderfolge der Ereignisse des letzten Jahrzehntes in Betracht ziehend, kam die Volkslogik zu folgender Anschauung: Der Zar habe die Bauern von der Leibeigenschaft befreit; die Herren( Pani) haben daher drei Attentate auf sein Leben vollbracht. Nicht umsonst waren die Adligen gegen den Zaren so erbittert: folglich vertheidigte dieser die Bauernschaft; rolg lich wollte er sich keineswegs auf die Befreiung( Leibeigenemanzipation) allein beschränken, sondern gab auch Grund und Boden in dem vom Volfe gewünschten Maaße und ohne jegliche Zahlung dafür. Diese Ueberzeugung bedingte auch die Passivität des bäuerlichen Protestes und die Ungeneigtheit der Bauern, die Grenzen der Gesetzmäßigkeit zu überschreiten: Zeigt doch einmal das echte Gesetz mit dem Petschaft des Zaren wir werden uns ohne Widerstreben fügen; sonst aber macht mit uns, was ihr wollt; wir werden Alles ertragen; aber ihr werdet doch die verdiente Strafe erleiden, von unserm Beschützer dem Zaren." ( Forrsetzung folgt.)
Sozialpolitische Rundschau.
* Der Popanz der herrschenden Gesellschaft, der sie des Tags bei jeder Verrichtung wie des Nachts bei der Ruhe schreckt und dessen verderbendrohendes Gesicht ihr feinen Augenblick verschwin " det, der Sozialismus ist nun auch glücklich in die neue Kirchenvorlage, das famose Canoſſageſetz, mit hineingezogen
worden. In einem der, von der Regierung zur Mürbemachung des Landtags hervorgezogenen, Aktenstücke über die Verhandlungen mit dem Papst führt Bismarck als Hauptbeschwerdepunkt gegen die Ultramontanen nicht etwa deren„ Römling" thum,„ Vaterlandslosigkeit"," Kulturfeindlichkeit" und wie die famosen Kulturkampfphrasen alle heißen, an, sondern deren Weigerung, der Regierung in ihrem Kampfe gegen die Sozialdemokratie unbedingte Heeresfolge zu leisten! Das Zentrum unterstütze jede reichsfeindliche Bestrebung, der katho
lische Abel und die Pfaffenschaft befinden sich in einem unnatürlichen Bunde mit den Sozialisten(!), dem der Papst in keiner Weise entgegentrete u. s. f. Kurz, das Zentrum soll in politischen Dingen nachgeben, wogegen Bismard jedes Zuge. ständniß auf kirchlichem Gebiet machen will. Ein„ altkatholischer" Abgeordneter hat den richtigen Ausdruck gefunden: daß die ganze Vorlage mit dem Streben„ Roms nach der Weltherrschaft" durch aus nichts und mit der„ Religion" noch weniger zu thun hat, sondern daß sie lediglich ein diplomatischer Schachzug behufs Schöpfung einer unbedingt sicheren, ergebenen parlamentarischen Mehrheit ist. Von so kleinlichen Eintagsstandpunkten aus betrachtet der„ genialste Staatsmann unserer Zeit" große Kulturfragen! Man lebt eben von der Hand in den Mund. Wie lang wird das aber so fortgehen?!
-
Das Ausweisungsgeschäft, welches seit einiger Zeit etwas gestockt hat, ist gegen Ende des Mai wieder fest in Aufschwung gekommen. Aus Berlin wurden drei Sozialisten, tiseft wowschanik zudus" her. When" zie sie prozeß freigesprochen), Zimmerer W. Grell, Maschinenbauer Adolf Leist und Maurer Seifert ausgewiesen, während dem früher ausgewiesenen Geräthemacher Jabsen der Aufenthalt ,, versuchsweise" wieder gestattet wurde- der erste derartige Fall. Das Heiterste ist aber, daß, während die eine Behörde die Leute ausweist und sie im Fall ihrer Rückkehr mit Strafe bedroht, die andere hinwiederum sie zurückbeordert und ihnen Unannehmlichkeiten droht, wenn sie nicht kommen. erließen Berliner Gerichte Steckbriefe gegen die ausgewiesenen Sozialisten W. Rackow und Dastig, von denen der erstere 6 Monate, der letztere 6 Wochen Gefängniß absitzen soll, die aber beide aus Achtung vor dem Ausweisungsbefehl des Polizei: präsidiums nicht zurückkehren wollten. Wie Bourgoisblätter melden, sollen demnächst auch in einem andern Orte des Be lagerungszustands- Bezirks, in Charlottenburg , Ausweisungen erfolgen und zwar sollen dieselben drei Einwohner treffen, welche sich hätten, verleiten lassen, eine sozialdemokratische Druckschrift zu verbreiten." Letztere Behauptung ist aber offenbar eine Lüge, weil man im Fall der Nachweisbarkeit des erwähnten„ Ver
Feuilleton. Revanche.
( Fortsetzung.)
So
Drei Monate vor dem Krieg war er Lokomotivheizer und verbrachte sein Leben damit, von der Abschaffung des Lohnsystems, dieser letzten Form der Sklaverei zu träumen und über die Befreiung der Sklaven nachzudenken, indem er Schaufeln voll schwarzen Futters dem feuchenden Ungeheuer hinwarf, das ihn bald bei Tag, bald bei Nacht von Paris nach Bordeaux oder von Bordeaux nach Paris trug. Bei diesen harten Geschäft eines Heizers, das noch gefährlicher ist, als das des Seemanns und dabei so aufreibend, daß diejenigen, welche es ausüben, vor der Zeit sterben, erfuhr Çardoc an sich selbst, wie schwer die Last ist auf den Schultern der menschlichen Wesen, die der Zufall auf eine der unteren Stufen der Gesellschaftsleiter gestellt hat.
Und dieser Mann, der nichts sein nennen konnte, dieser Lohnarbeiter, der eine Bluse trug und barfuß ging, dieser denkende Plebejer, in dessen Brust ein edles Herz schlug, empfand ein tiefes Mitleid mit seinen Brüdern, die schwächer waren, als er, dem die Natur eine jeder Probe gewachsene Energie und eine seltene Körperkraft verliehen, die dazu verdammt waren, tausendfachen Tod zu erleiden. Und selbst Märtyrer, weihte er sich der Sache der Märtyrer und schwor, früher oder später ihr Befreier zu werden, oder mit ihnen unterzugehen. Es schien überhaupt, als sei der Augenblick nahe, dem alten Druck ein Ende zu machen. Man hörte Balken um Balken in dem Gerüste des morschen Gesellschaftsbaues krachen und zu Boden fallen. Es regte sich in allen Winkeln; die Arbeiter von Paris gaben den Anstoß für die Arbeiter der ganzen Welt, indem sie laut den vollen Ertrag ihrer Arbeit forderten und damit das Recht auf Unabhängig teit. Wohlan, ich muß meinen Brüdern in ihrem Ringen beistehen; möglich, daß es morgen teine Parias mehr gibt!" Und Çardoc, der Bor deaux für immer Lebewohl gesagt, stieg zum letzten Mal auf die Lokomotive. Es war ein klarer Sommertag, die Schienen leuchteten in der Sonne und streckten sich, gleich feurigen Erzschlangen ununterbrochen bis zur Hauptstadt. Der Zug, von Rauch und Blitzen umgeben, schien Flügel zu haben. An Angouleme , Poitiers , Tours , Blois , Orleans , Etampes raste er vorüber. Noch eine Bahnstrecke war zu durchlaufen. Niemals hatte Çardoc so wie heute die gebieterische Nothwendigkeit gefühlt, in seine
brechens" die Betreffenden zweifellos vor Gericht stellen und bestrafen ließe. Man sucht eben einen Vorwand, um die brutale Polizeimaßregel zu beschönigen.— Aber nicht nur Sozialisten allein erfreuen sich des Vorrechts der Ausweisung. Der Ruhm Madai's hat die Regierung von Schleswig- Holstein nicht ruhen lassen, bis auch sie ihre Macht an einigen Reichsfeinden erprobt, wenn auch nicht auf Grund des Sozialistengesetzes, sondern des gemeinen„ Rechtes". Es wurden Ausweisungsbefehle erlassen gegen fünf mit Entlassungsurkunde nach Dänemark ausgewanderte Personen, welche sich ohne Erlaubniß im preußischen Staatsgebiet aufgehalten haben. Ueberdies ist der Zimmermann Hans Christian Hamberg aus Flensburg aus dem Grund ausgewiesen worden, weil er- wie der dortige Kunstausdruck heißt ,, lästig gefallen" ist.
Glaubt man, indem man diese Ausweisungen, Rückberufungen, Wiedergestattungen u. dgl. liest, sich nicht in einer Kaserne, wo der Mensch keinen freien Willen über seine Handlungen hat und ganz in das Ermessen seiner„ Vorgesetzten" gestellt ist, das ihn ohne Rücksicht auf seine eigenen Absichten, heute hierhin, morgen dahin stellt, versetzt" und wieder zurückruft? Ja, ja, die Deutschen sind eine ,, militärische Rasse"! Aber die Sache hat ihre zwei Seiten, und was heut das hauptsächlichste Halte- und Regierungsmittel bildet, das kann, das wird eines schönen Tages wesentlich mit dazu beitragen, den heutigen Gewalthabern das Genick zu brechen.
-
"
"
Die Affäre Hasselmann hat in der Partei viel Aufsehen hervorgerufen; ist man es doch in der deutschen Sozial: demokratie noch nicht gewohnt, hervorragende Personen derselben die Parteiangehörigkeit gleich einem alten Rock abstreifen zu sehen. Da uns indessen die Sache anwidert, und ohnehin eine gründliche Aufklärung des langjährigen Hasselmann'schen Trei bens nicht auf sich warten lassen wird, so ließen wir uns trotz verschiedener Aufforderungen nicht auf eine weitere Besprechung des Hasselmann'schen Thuns und Treibens ein. Jetzt aber, da Herr Hasselmann mit der Verzweiflung des sich der Untauglichkeit seiner Waffen bewußten Fechters sich wenigstens den Vortheil des Vorhiebes zuzuwenden sucht und in der be: kannten Straßenritterart die unangenehme Aufmerksamkeit des Bublifums durch ein„ Dieb, Dieb"-Geschrei von sich auf andere. abzuwenden ſucht, sind wir doch zu einigen Worten gezwungen. Wir haben schon in einer frühern Nummer darauf hingewiesen, worin die Thaten" bestehen, mit welchen Herrn Hasselmann zufolge jetzt begonnen werden muß, nachdem die Zeit des„ GePublikationen*) folgende von ihm und seinem Sozius Schneidt ( demselben, der f. 3. ein rheinisches Gewerkschaftsblatt an die ultramontane Partei verkaufte) unterzeichnete Ankündigung": „ Schon lange entbehrt man in Deutschland ein Organ zur wissenschaftlichen Erörterung der sozialen Frage. Wenn aus begreiflichen Gründen diese sozialen Forschungen in neuester Zeit aus den Spalten derjenigen Blätter geschwunden sind, welche sich mit der polemischen Tagespolitik befassen, so ist es gleich wohl nicht unmöglich, ein solches Organ zu erhalten, welches echt wissenschaftlich, ohne die Tagespolitik zu berühren, minister Eulenburg bei Berathung des Sozialistengesetzes betont, daß streng wissenschaftliche Erörterungen von demselben nicht berührt werden sollten. Auch ist auf Grund dessen die Konfiskation der bekannten Brochüre des Professor Schäffte seinerzeit aufgehoben worden. Es wird daher von nächster Woche ab in Hamburg mit der Herausgabe einer wissenschaftlichen Wochen: schrift begonnen werden. Die Menschenrechte", so wird der *) Es ist Thatsache, daß keine dieser Publikationen ihre Kosten deckt. Woher nimmt der notorisch besitzlose Herr Hasselmann die Mittel zur Fortführung derselben und zur Gründung immer neuer? Freilich finden wir in einer derselben, die sich ,, Hafen- Zeitung, Organ für die Interessen der Seeschifffahrt" nennt, zwar keine auf die Seeschifffahrt bezügliche Notiz, dagegen eine Empfehlung des Hamburger Lotteriehauses von wohlgemerkt im redaktionellen Theil. Auch ein
schwäßes" vorüber ist. So lesen wir in einer seiner vielen
G. P. Könnemann
-
"
11
doch ausdrücklich vom
in Düsseldorf erscheinendes Witzblatt„ deutscher Michel " wird da warm empfohlen, und ein Gedicht„ Gereimte Lebensregeln" aus demselben abgedruckt, in dem sich u. a. folgende Strophe findet:
Dumm ist's, wenn Eh zum Zeitvertreib Versprichst nem Frauenzimmer,
Das nicht's hat; aber nimmst's zum Weib Dann bist du noch viel dümmer".
Sehr revolutionär, in der That!
Vaterstadt zurückzukehren, deren Tausende von Thürmen in der Ferne zum Himmel strebten. Er empfand die heilige Freude, die uns überkommt, wenn wir nach zehnjähriger Abwesenheit in unsere Heimath zurückkehren, und lachenden Herzens heizte er, heizte er. Plötzlich, o Schrecken, sieht er, mitten in der ungeheuren, menschenverlassenen Ebene, die der strahlende Himmel beleuchtet und der voranrasende Expreßzug in grader Linie durchschneidet, sieht er mit seinem scharfen, wohlgeübten, untrüglichen Auge, drei oder vierhundert Meter vor sich eine menschliche Gestalt quer über den Schienen liegen. Was thun? Anhalten? Das war unmöglich! Den Dampf abdrehen? Alles würde in Stücke fliegen. Da steht er die Zugleine herabhängen, blitzschnell bindet er sie um den Leib.„ Nimm alle Kräfte zusammen, pace die Leine fest und folge mir!" ruft er dem Maschinisten zu und rasch, in zehumat weniger Zeit, als man nöthig hat, es zu erzählen, flimmt er die Rampe entlang, die sich an dem Dampftessel hinzieht, schwingt sich vor die Lokomotive, steigt auf einen der Zapfen herunter, setzt sich rittlings darauf, wirst den Oberkörper herunter und, mit beiden Beinen, sich an den dicken, eisernen Knopf klammernd, hängt er da, in zwei Hälften gebogen, den Kopf nach unten, die Arme vorwärts gestreckt und so, gehalten von dem Strick, der um seinen Leib gebunden ist und den der Maschinist oben am Schornstein der Maschine angehakt hat, streckt er die Arme nach den Schienen aus, auf denen eine Frau liegt, den Zug erwartend. Im Augenblick noch eine Umdrehung der Räder und es wäre zu spät gewesen im Augenblick, wo die schwere Maschine das lebende Fleisch zermalmen will, erfaßt Çardoc den Körper im Darüberfahren, reißt ihn empor und hält die Last mit den Fingerspitzen über den Schienen, bis er, vom Maschinisten herausgezogen, mit der Geretteten heil und sicher auf dem Gange steht, welcher die Maschine mit den Tender verbindet.
Leone hieß das arme Geschöpf, das durch ein Wunder dem sichren Tode entrissen war, und ihre Geschichte ist so ziemlich dieselbe, wie so vieler Mädchen aus dem Volte. Einer ihrer Onkel, dessen Namen fie führte, war Kämpfer in der Junischlacht gewesen und ein Jahr nach dem blutigen Triumph der Bourgeoisie in Cayenne, auf der trockenen Guillotine gestorben. Ihre Mutter war mit 15 Jahren von einem lebenslustigen Bourgeois verführt und dann von ihm verlassen worden. Seit mehreren Jahren Waise, am Ende aller Hilfsquellen, außer Stande lebend ihre Tugend zu bewahren, hatte sie nicht Lust, gleich der Unglücklichen, die sie geboren, einem herzlosen Wüstling in die Hände zu fallen, oder den Söhnen derer als Vergnügungswerkzeug zu dienen, die den Bruder ihrer Mutter in ein todtbringendes Klima verbannt hatten. Schön, jung, unerfahren, wie Leone war, zog sie das Nichts des Todes einem solchen Leben vor Eines Morgens, bei Tagesanbruch war sie von Paris weg
Titel derselben lauten, um den Umfang des philosophischen und sozialen Gebietes zu bezeichnen, welches sie berühren foll. Der Preis dieser wissenschaftlichen Wochenschrift wird pro Nummer -5 Pfenninge(!!) betragen."
11
"
Nachdem also Engels Umwälzung der Wissenschaft", Lassalles „ Bastiat Schulze", die Zukunft", die„ Neue Gesellschaft", das " Jahrbuch für Sozialwissenschaft" 2c. verboten worden sind; nachdem dem deutschen Arbeiter nur übrig bleibt das zu thun, was die französischen Kommunards und die russischen Nihilisten gethan": empfiehlt uns Hr. Hasselmann als rettende„ That" eine neue farblose Wochenschrift; denn daß eine von Sozialisten ausgehende Publikation keine Farbe tragen darf, dürfte nachgerade auch dem Blödesten klar sein. Herr Hasselmann kann sich auch nicht einmal damit entschuldigen, daß er das Blatt gegründet, um sein Leben zu fristen, denn wenn ihn die 4 oder gar 6 Blätter, die er jetzt herausgibt, nicht ernähren, so wird das siebente, den Kohl auch nicht fett machen. Diejenigen aber, die den pomphaften Worten des Herrn Hasselmann Bedeutung beilegen zu müssen glaubten, mögen sich damit trösten, daß sie eben auf eine nicht ganz neue Reklame hineingefallen sind.
Reklame, das ist die Parole alles dessen, was Herr Hasselmann jetzt thut und treibt. Als ein echter Revolverjournalist verläumbet, verdächtigt er in seinem Blatte Alle diejenigen, die nicht zu seiner Fahne schwören. Dabei ist der Mensch noch so feige, entweder dritte vorzuschieben, oder diejenigen, die er besudelt, nur anzudeuten, ohne ihre Namen zu nennen. Fürwahr, in Bezug auf die Gesetze der Ehrenhaftigkeit, der einfachsten Moral, da ist Herr Hasselmann echt„ revolutionär". So finden wir in
einer Nummer eines seiner Blätter eine Notiz, die wir bei anderen vielleicht für Geschwätz" halten könnten, die wir aber bei dem übervorsichtigen Herr Hasselmann als eine infame, wohl überlegte Denunziation bezeichnen müssen. Wir wollen auf die Sache hier nicht eingehen, um gewisse Leute nicht noch extra darauf hinzustoßen, werden aber, wenn sich irgend welche Folgen daran knüpfen sollten, mit der Kennzeichnung des freiwilligen Denunzianten nicht hinter dem Berge halten.
Auf der einen Seite Großthuerri, auf der andern jämmerliche Feigheit. Die Nihilisten und Kommunards werden sich für einen solchen Gevossen schönstens bedanken!
ms. Altona , 24. Mai. Am 15. ds. wurde hieselbst ein Sozia listen prozeß gegen die Zigarrenmacher C. F. Heinicke und A. J. Forschner, sowie den aus Wien ausgewiesenen Maschinenmeister Könnecke verhandelt. Die Anklage betraf: 1) Verbreitung des Sozialdemokrat", 2) Einsammeln von Geld für die Reichstagswahlen in Glanchan und Berlin , 3) Verbreitung verbotener Schriften und Majestätsbeleidigung. Am 19. Februar ds. fühlte der hier die„ Rettung der Gesellschaft" besorgende Polizeikommissar Engel das Bedürfniß, sich wieder einmal zu blamiren und inszenirte derselbe zu diesem Zwecke eine große SozialistenRazzia. Da nun aber der genannte Beamte einen Grad von Ungeschicklichkeit besitzt, welcher kaum glaublich ist, so war das Resultat aller Haussuchungen ein äußerst klägliches für die hohe Obrigkeit. Nur bei dem Angeklagten Heinicke fand man etwa 20 Kuverte, deren jedes ein Exemplar der Nr. 6 des„ Sozialdemokrat" enthielt. Heinicke wurde nun, obwohl er todtkrant war und sein Zustand jede Möglichkeit ausschloß, daß. er die Blätter hätte verbreiten können, in Haft abgeführt und mit ihm noch zwölf Genossen, denen man weiter nichts zur last legen konnte, als daß man in ihrem Besitze einige fortlaufende Nummern des ,, Sozialdem." fand. Nach zehn Tagen mußte man indeß die Verhafteten wieder in Freiheit setzen; nur die drei Obengenannten wurden in Saft behalten, bis turz vor weer vergultoming, wo dann Forschner und Heinicke auf freien Fuß gesetzt wurden, während Könnecke bis zu seiner Freisprechung, also volle 11 Wochen, unschuldig in Untersuchungshaft behalten wurde.
Bei der Verhandlung stellte sich nun heraus, daß Forschner und Könnecke nur die Opfer einer Fälschung, einer ganz gemeinen Schusterei des Polizeibüttels Engel ge worden sind. Diese Stütze" des deutschen Rechtsstaates hatte nämlich einen Lehrling der Fabrik, in welcher Forschner Werkmeister ist, vor genommen und demselben durch alle Mittel der Drohung und Gewaltthätigkeit das„ Geständniß" abgelockt, daß Forschner für sozialistische Zwecke Geld gesammelt, und daß Könnecke gesagt habe, der Kaiser muß todt."(?) Als echter Polizeilump war aber Engel mit diesem letzteren ,, Geständniß", das sich nicht verwerthen" ließ, nicht zufrieden, sondern schrieb ins Protokoll, daß Könnecke gesagt habe:„ der Kaiser ist ein verfluchter Kert und muß todtgeschossen werden". Vor dem Richter bestritt der Lehrling nun auf das Entschiedenste, jemals eine solche Aussage gemacht zu haben und als Engel die Frechheit so weit trieb und den Zeugen einschüchtern wollte, wies der Richter, von dem Vertheidiger auf dieses Treiben aufmerksam gemacht, den Büttel energisch zur Ordnung. Mit einem Giftblick aus den fahlen Katzenaugen setzte sich der Zurechtgewiesene wieder auf die Zeugenbank. Forschner hatte zugegeben, daß er von einem Genossen M. 1. 70 als Beitrag zu den Unkosten der Reichstagswahlen in Glauchau und Berlin entgegengenommen hatte. Er bestritt aber entschieden, daß dies eine verbotene Sammlung sei.
gegangen, das Schicksal hatte sie gerade vor Çardoc geführt, der sie durch ein Wunder der Kühnheit und Kraft gerettet. Acht Tage nachher gestanden diese zwei Menschen von gleicher Rasse und gleicher Gemüthsart, die das Schicksal einander so gewaltsam in die Arme geworfen, einander ihre Liebe. Leone sah immer das Bild des athletisch gebauten Mannes vor sich, der schön, wie ein Dämon, sie mit sanften und doch glühenden Blicken betrachtete, während sie, vor dem Schürofen der Lokomotive sitzend, ihre Stimme allmälig wieder gewonnen; und Çardoc konnte nicht mehr ohne das Weib leben, das er dem sicheren Tode entrissen. Sie sagten sich Alles.
Eines Tages stiegen sie zusammen auf einen der waldigen Hiigel, welche Paris umgeben und welchen die Preußen noch nicht entweiht hatten. Allein, zwischen flüsternden Bäumen, im Angesicht des Wassers und des Himmels vermählten sie sich frank und frei, die Natur zum Zeugen ihrer unauflöslichen Verbindung nehmend; und die Erinnerung an diesen heiligen Hochzeitstag war ihnen unauslöschlich eingegraben. Glücklich sein ist ein Traum und dieser Traum, ach! ist von keiner Dauer. Cardoc war zu guter Patriot, als daß er nicht seinen Arm dem Vaterlande angeboten hätte und nach dem 4. September war er einer der Patrioten, welche die unthätige Regierung des Trochu zum Handeln zwingen wollten. Trochu rührte sich nicht. Ducrot starb weder, noch stegte er*) und die Preußen setzten ihren Fuß auf das verrathene, in das verrathene Paris , für welches man zur Belohnung seines Märtyrerthums einen Statthalter, wo nicht einen König, oder vielleicht gar einen Kaiser in Petto hatte. Ebenso wie er schon in Buzenval und an den Ufern der Marne als Freiwilliger der Republik sein Blut für die Unabhängigkeit der Nation vergossen hatte, so vergoß er es auch als Hauptmann der Kommune in Bicêtre, Vanves, Mont- rouge, Issy und Neuilly für die Freiheit der Gemeinden. Schlecht geführt, getäuscht, verrathen, vertheidigte das Volk, nachdem es die Forts und die Wälle verloren, Paris Straße um Straße; und jetzt neigte sich der Kampf, aus Mangel an Kämpfern seinem Ende zu, hier anf dem Père- Lachaise , wo Leone soeben halbtodt, in Verzweiflung, Çardoc, den sie todt geglaubt, wieder gefunden hatte.
( Fortsetzung folgt.)
*) Ducrot hatte bekanntlich geschworen, entweder zu siegen oder zu sterben.