Die politischen und sozialen Zustände in

Amerika

hat unser Genosse Dr. Adolf Douai, der bekannte Schul­mann und langjährige Vorkämpfer für die geistige und materielle Befreiung der Arbeiter, in einer auf der Nationalen Arbeiter Konvention( Kongreß) zu Chicago gehaltenen Rede getreu gekenn­zeichnet; und halten wir es für um so angemessener, seinen Worten Raum zu geben, als dieselben nicht nur für die Kenntniß der amerikanischen Verhältnisse von Belang, sondern auch von allgemeinem Interesse sind, da das Gesagte mehr oder minder auch auf die übrigen Kulturländer Anwendung findet.

Es sind nun 20 Jahre her, äußerte sich Douai , daß ich in Chicago auf einem Konvent einer damals erst aufstrebenden Partei war, einem Konvent der republikanischen Partei, bei dem Abraham Lincoli. als Präsidentschaftskandidat nominirt wurde. Damals waren es die Deutschen , die der republikanischen Partei vorzüglich zum Siege verhalfen, trokdem daß die Aussichten da­mals weit geringer waren als gegenwärtig bei unserer Partei.

Und doch war das Bestreben des Nordens, die Sklaven zu befreien, ein begreifliches und die Sache eine so einfache, daß es gar nicht zu so viel Blutvergießen hätte zu kommen brauchen, wenn die Sklavenbarone des Südens nur etwas Vernunft beseffen hätten. Ein schlauer Staatsmann( Seward ) hatte ihnen vordemonflrirt: Warum gebt ihr nicht nach, ihr Kurzsichtigen, der Arbeiter bleibt doch immer Sklave, ob er gekauft oder ge­miethet ist. Ja, im Gegentheile, er ist vermiethet nur noch fester in den Sklavenfesseln und dann habt ihr ihn ja viel billiger, als wenn ihr ihn kauft, und der Mietharbeiter arbeitet mehr als eure Sklaven, das seht ihr an uns, wir werden reich und euer Land bleibt arm. Der Mann war scharfsinnig genug, den ganzen Unterschied in eine Nußschale hineinzuz: vängen. Er gab den Sklavenhaltern den besten Rath, nur befolgten sie ihn nicht in ihrer Dummheit.

Jetzt find 20 Jahre seitdem verstrichen, die Sklaverei ist be fiegt, der Kampf vorüber, das Uebel der Negerklaverei ist beseitigt. Und doch ist jetzt abermals derselbe unwiderstehliche Kampf zu kämpfen, ja jest um so mehr, da die gekauften und befreiten Negersklaven auch zu gemietheten Sklaven gemacht worden sind. Jetzt ist die Zahl der Sklaven, die ausgebeutet werden, um vier Millionen vermehrt. Sie sind aber heute nicht besser daran als damals; sie sind dem Wortlaut nach gemiethet und in der That ebenso verkauft, wenn nicht schlimmer als zuvor. Sogar die Stimme ist gekauft, wie wir es ja gesehen haben müssen doch weiße Miethsklaven ihre Stimme verkaufen, auch jetzt noch. Ich will nicht sagen, daß es welche von Ihnen thun, aber es ist vorgekommen, Eingeborene dieses Landes thaten es, wenn auch nur vielleicht aus der zu entschuldigenden Angst um ihren Er­werb und ihr Brod angesichts des Hungers, der Noth der Familie im Falle der Weigerung.

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Jener Kampf, die Befreiung des Sklaven aus dem einen Joche, um ihn in ein noch weit schlimmeres zu stecken, hat nahezu eine Million Menschen gekostet bis der Sieg errungen war. Kein Mensch glaubte damals daran. Ich wußte es, daß es so kommen mußte, denn ich kannte den Süden, ich hatte vier Jahre lang die Sklaverei bekämpft, dagegen geschrieben und gesprochen. Nun tritt derselbe Kampf an uns heran. Wir werden ge­hungen sein, Revolution zu machen und das Gesetz felb in die Hand zu nehmen. Nicht weil wir das wollen, sondern wir werden müssen, gerade so, wie vor 20 Jahren der Norden die Sache in die Hand nehmen mußte.

Es ist wie früher. Derselbe Sklavenzustand herrscht nach wie zuvor, nur mit dem einzigen Unterschiede, daß jetzt aus dem Arbeiter dreimal so biel herausgeschunden wird, als früher aus dem gekauften Negersfladen. Der gekaufte Negersklave war über­haupt in mancher Richtung ungleich besser daran, als der Mieth­stave von heute. Es wurde für ihn ausreichend gesorgt, er wurde. gespeist, er wurde gepflegt, wenn er krank ward; und welch auf: merksame Behandlung wurde nicht der Negerwöchnerin zu Theil, wenn sie sich anschickte, einem neuen Sklaven das Leben zu geben. Und warum sollte man auch nicht die Wöchnerin recht zärtlich pflegen? Was sie gebar, war ja ein Zuwachs zum Kapital. Um uns aber bekümmert sich Niemand. Was liegt dem Aus­beuter daran, wenn die Frau eines seiner Miethsklaven im Wochenbette liegt, ob sie die nothwendige Pflege hat, ob es ihr en Nichts gebricht? Was fümmert er sich, ob der Arbeiter im Sklavendienst verunglückt, ob er zum lebenslänglichen Krüppel wird, oder ob er sich den Tod holt, er denkt höchstens daran, wenn er das Unglück durch eigene Fahrlässigkeit verschuldet und wenn die Furcht an ihn herantritt, dem Gesetze, dem Richter gegenüber, sich wegen des geopferten Lebens zu verantworten.

Wenn wir beide Sklavensysteme betrachten, so sehen wir, daß fie beide gleich grausam für den Arbeiter sind und darum ist der Kampf, um das neue System abzuschütteln, gerade so un­vermeidlich wie es beim alten war. Nur ein Viertel des Ver dienstes der Arbeit geht in den Genuß des Arbeiters, über drei Viertel verschlingt der Kapitalist. Ist es da ein Wunder, wenn der Arbeiter nicht vorwärts fommt? Man kann heute keine Häuser mehr taufen, wenn man Arbeiter ist. In den Jahren des Krachs haben Hunderttausende von Arbeitern ihre Erspar nisse verloren, haben ihre Farmen eingebüßt oder ihr sonstiges Besitzthum verpfänden müssen. Daß die gegenwärtigen Zustände in diesem Lande einigermaßen bessere sind, als anderswo, das ist nur der guten Ernte, der lebhaften Einwanderung und den verhältnißmäßig besseren Löhnen zuzuschreiben; doch der Welt­trach ist noch nicht zu Ende und wird nicht aufhören, bis unser neuer zukunftsstaat eingerichtet ist.

Darauf müssen wir immer gefaßt sein und daher besser bor gesorgt und vorgearbeitet. Wohl dem, der dann einer gut organi firten Partei augehört, an der er eine Stüße findet, die zur Stunde der Noth im Stande ist, für ihn etwas zu thun und ihm helfend unter die Arme greift.

Die Art und Weise der Verarmung des Volkes wird am besten durch das Beispiel mit den Karpfen und Hechten illustrirt. Bringt man in einen Teich, in dem sich 10 Karpfen befinden im Gesammtgewicht von 100 Pfund, einen Hecht, so wird dieser binnen Kurzem die Karpfen verschlungen haben und dabei höch stens 10 Pfund wiegen, 90 Pfund sind rein aufgezehrt worden. Auf den Menschen angewendet, sind diese 90 Pfund Arbeiter fleisch und Arbeiter blut.

Und darum nochmals: es ist unvermeidlich, daß der Kampf tommen muß, die Befreiung von dem Ausbeutungs- Sklaven­System. Nur soll er so unblutig wie möglich werden, der Sieg soll vielmehr durch die Einigkeit, durch das erdrückende Uebergewicht herbeigeführt werden. Und darum schließe ich meine Rebe mit den Worten Karl Marr":" Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!"

Wer zerstört die Familie?

Brief eines Arbeiters.

Die Sozialdemokraten wollen die Familie vernichten und die Weiber­gemeinschaft, die freie Liebe" einführen!" So schreien unsere Gegner, die Sozialistenfresser. Die freie Liebe, ja wohl, wir wollen sie; wir wollen die Liebe befreien von den Fesseln, welche die heutige Gesellschaft ihr an­gelegt hat. Aber wenn unsere Gegner von Weibergemeinschaft, von Ver­nichtung der Familie reden, so erblicken sie nur sich selbst im Spiegel; sie klagen uns ihrer eigenen Sünden an. Nachstehendes soll ein Beispiel davon geben.

Wie so unzählige Genossen Deutschlands der Sozialistenhezze aus­gesetzt waren und es noch sind, wissen wir. Das spieß- und mast­bürgerliche Lahr in Baden wollte und konnte natürlich bei dieser noblen Hezze auch nicht zurück bleiben und so wurde auch ich von der Polizei gleich dem sicherheitsgefährlichsten Subjekt behandelt und scharf aufs Korn genommen. Die Inquisition begann mit dem Hoch- und dann immer Höherhängen des Brodkorbs, wozu auch noch andere Verfolgungen und Maßregelungen aller Art kamen, in der Hoffnung, mich mürbe zu machen Maßregelungen aller Art kamen, in der Hoffnung, mich mürbe zu machen und zur Verlengnung meiner Grundsätze zu bringen, welche Liebesmith' freilich zum größten Aerger der Herren erfolglos blieb. Da sie mir nun weiter nicht beikommen konnten, so wurde beschlossen, mir den Brodkorb gänzlich zu entziehen und dieser Beschluß auch alsbald aus­geführt. Nirgends in und um Lahr konnte ich mehr Arbeit finden, denn es war jedem Arbeitgeber streng verboten, mich einzustellen. So blieb mir, da ich nicht den letzten Bissen Brod meiner Familie aufzehren helfen wollte, nichts anderes übrig, als mein Bündel zu packen und ander wärts Arbeit zu suchen. Die Meinen ihrem Schicksal überlassend, wanderte ich mit blutendem Herzen, aber einer festen und treuen Ueberzeugung in der Brust, von dannen und fand endlich nach langem Hin- und Her suchen hier Arbeit.

Man wollte aber doch den Hund hängen und suchte dazu den Strick, den man denn auch gefunden zu haben glaubte. Wenige Tage nach meiner Abreise kamen zwei Mann von der hohen Polizei zu meiner Frau und nahmen eine gründliche Haussuchung vor. Jeder Winkel wurde genau durchsucht, jeder Fezzen Papier , auf dem auch nur ein Buchstabe ge­schrieben oder gedruckt stand, wurde zusammengepackt und nach drei vollen Stunden schwerer Arbeit zogen die Herren, mit drei großen Körben voll giftiger und nichtgiftiger Waare wie Backesel beladen, von dannen, um das Erbeutete unterthänigst ihrem Herrn und Gebieter zu Füßen zu legen. Seitdem verging nun fein Tag, ohne daß nicht ein Wächter des Gesetzes bei meiner Frau erschienen wäre und, erst mit List, dann mit Gewalt, versucht hätte, meinen Aufenthalt aus ihr heraus­zubringen. Da ich indessen die erste Zeit noch gar nicht an sie geschrieben hatte, so konnte sie keine Auskunft geben. Nun sollte sie aber wenigstens sagen, welche Richtung ich eingeschlagen hätte, was sie aber ebenfalls nicht wußte. Hierauf wurden alle zur Verfügung stehenden Jünger der heiligen Hermandad in Bewegung gesetzt, um meiner habhaft zu werden, was jedoch ebenfalls nicht gelang, da ich mittlerweile Schweizerboden unter meinen Füßen hatte, auf welchen ihre Hentersarme nicht mehr reichen konnten. Endlich legte sich der Sturm und der Staat war einst­weilen gerettet.

Zehn lange qualvolle Monate sind nun vorbei, seit ich hier bin, meine Familie dagegen vegetirt"( denn Leben kann man es beim besten Willen nicht nennen) noch immer in Lahr . Wohl manchen Brief erhalte ich von den Meinigen; aber welchen Inhalts? Da sehnt sich das Weib nach dem Manne, da sehnen sich die Kinder nach dem Vater, ihrem Ernährer und Erzieher, da schreien sie nach mehr Brod u. s. w. Wohl habe ich hier dauernde Arbeit gefunden und könnte meiner Familie ein Auskommen bieten, wohl habe ich den Wunsch schon oft gehabt, meine Familie hier her zu nehmen, aber immer ist er zu Wasser geworden, denn es ist dies ja mit bedeutenden Kosten verbunden, die ich nicht aufzubringen vermag. Und so muß ich mich denn geduldig in mein Schicksal fügen.

Nun erhalte ich aber von meiner Frau einen Brief, dessen Inhalt alles bisher an Schändlichkeiten der Gegner Berichtete übertrifft. Sie schreibt mir nämlich: Als sie kürzlich zur Arbeit wollte, begegnete ihr in einer etwas unbelebten Straße ein feingekleideter Herr( der Mundart nach ein Lahrer Vollblut) und fragte fie, wohin sie wolle. Meine Frau, nichts Böses ahnend, sagte: Zur Arbeit." Worauf der Feingekleidete meinte: sie solle doch nicht so dumm sein und arbeiten, sondern lieber mit ihm nach Amerika kommen; Papiere und Geld genug habe er im Sack und sie hätte dann ein besseres Leben bei ihm und dürfe nicht mehr arbeiten. Meine Frau bedeutete nun dem Menschen, daß sie eine verhei­rathete Frau und Mutter von fünf lebenden Kindern sei. Das macht nichts, versetzte jener; die ,, Rangen" mag nur die Stadt Lahr behalten und für sie sorgen; sie selbst aber solle unter einem falschen Namen mit ihm gehen und ihr Leben genießen. Entrüstet über solche Frechheit er­widerte meine Frau dem feinen Schuft: Nichts wird mich von meinen Kindern trennen, es sei denn der Tod".

Aber der Unhold ließ sich auch dadurch noch nicht abwehren und ver suchte es auf eine andere Art, indem er einen großen Beutel mit Geld hervorzog, ihr hinhielt und sagte: dieses Alles und noch mehr gehöre thr; aber mit müsse sie und dürfe sich nicht lange befinnen. Darauf antwor tete meine Frau: daß sie Geld nicht glücklich mache, und daß sie, wenn sie auch arm sei, doch glücklich lebe. Darauf ließ sie den Unverschämten stehen und wollte schnell ihres Weges gehen. Was that nun aber diefer abgeblitzte Bourgeois- Tugendheld? Im Nu steckte er das Geld ein, stürzte auf meine Frau zu, beohrfeigte sie aufs roheste, versetzte der Wehrlosen noch einige Fußtritte und sprang dann, so schnell er laufen konnte, davon. Die so empörend mißhandelte Frau dagegen ging schamroth und weinend nach Hause und war mehrere Tage von Gram und Schrecken krank.

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Was sagt nun aber der Lahrer ,, Stadtdirektor"( Wallau heißt der Mann), der Obernachtwächter der öffentlichen Ruhe und Ordnung zu solchem Attentat? Was wird er sagen diese Bande auch noch in Schutz nehmen; ist es doch vielmehr meine heiligste Pflicht, sie zu verfolgen und auszurotten." Dieses zu sagen, ist der Mann fähig. Hat er sich doch auch nicht gescheut, die traurige Rolle eines Briefmarders zu übernehmen. Meinen ersten Brief erhielt meine Frau nicht, wie sonst üblich, durch den Briefträger, sondern es erschien ein Amtsdiener und forderte sie auf, sofort zum Herrn Stadtdirektor zu kommen. Sie ging, ja sie mußte wohl gehen, denn sie kannte diesen unumschränkten Pascha von Lahr . Doch was sollte sie hier sehen! Bald die Hände ringend, bald über den Kopf zusammen schlagend, lief das Stadthaupt in seinem Büreau auf und ab, immer die Worte rufend: Nein, nein, dieser Kerl, diese Bande!" Wem das galt, darüber sollte sie bald aufgeklärt werden. Als der Mann näm lich in seinem tobsuchtähnlichen Zustand verschiedene Male an ihr vorbei­gerannt war, ohne sie zu bemerken, erblickte er sie plötzlich, fuhr auf sie wie ein wüthender Stier los und brüllte dann: So, jetzt wissen wir, wo der Kerl steckt. Und Sie, was wollen Sie jetzt machen? Jetzt werden wir Sie und Ihre Kinder erhalten müssen, Sie werden der Gemeinde zur Last fallen. Nein, nein, dieser Kerl, diese Bande!" Meine Frau er­widerte darauf so ruhig als möglich er würde das nie erleben, viel eher würde sie sammt ihren Kindern Hunger sterben, als auch nur einen Pfennig von der Stadt verlangen. Jetzt erhöhte sich seine Wuth erst noch mehr, denn das, was er erwartet hatte, ein Kniefall und Händeküffen, wie er es gewohnt ist, blieb aus, er nannte deshalb die Antwort ,, frech" und schalt meine Frau, daß sie auch schon verdorben und angesteckt sei von dem verfluchten Gift. Nachdem er dann noch eine Weile in seinem Toben fortgefahren hatte, überreichte er ihr endlich mein gestiebertes Schreiben. Ein wackerer Mann das, dieser unermüdliche Sozialisten­vertilger, Briefmarder und Schutzengel der gefährdeten Ordnung" nicht wahr? Die verdiente Belohnung wird ihm sicher nicht entgehen. Und nun, ihr Schreier und Statthalter der göttlichen Weltordnung, die ihr tausende von Männern, die ihre Lage erkannt haben und ihre Mitmenschen und Leidensgefährten pflichtgetreu zu überzeugen und zu belehren suchten, gleich einem gehetzten Thier durchs Leben jagt und ver folgt, bis sie endlich todtmüde ihren Peinigern erlagen und ihren Geist

aushauchten; die ihr Arbeiter, nachdem ihr jahrelang von ihrem Fleisch gegessen, von ihrem Blut getrunken, mit ihrem Fleiß und Schweiß euch Schätze und Reichthümer erworben hatten, während sie selbst mit der größten Noth und Entbehrung kämpfen mußten, wenn sich dieselben, bei einer Wahl, einer Versammlung oder einem Verein betheiligten, unbarm­herzig, einzeln oder in Massen auf's Pflaster warfet; die ihr andere, die sich auch gleich euch als Menschen betrachteten, und ihre Menschenwürde zn behaupten suchen, von ihrem Herd, von Weib und Kind vertreibt; die ihr selbst das unschuldige Kind in der Wiege nicht verschont, sondern eure nach Blut und Rache dürstenden Tigeraugen labet an der Noth und dem Elend eurer Mitmenschen! Laßt es euch gesagt sein: die Stun­den eurer Herrlichkeit sind gezählt. Uns kann dies alles nicht irre führet, noch zum Wanken bringen. Wir wissen, was wir wollen; wir wissen aber auch und sehen es täglich, was wir von euch zu erwarten haben wie wir euch unschädlich zu machen haben! Und nehmet ihr uns den Leib,

und

Die Ehr, Gut, Kind und Weib,

Wir lassen's fahren dahin

Es bringt euch keinen Gewinn

Das Reich muß uns doch bleiben!

Vergeblich müht ihr euch ab, ihr Thoren, das Weltenrad zurückzu­drehen oder zum Stillſtehen zu bringen; laßt ab oder es wird euch zer­malmen! Frauenfeld.

Aug. Strahl.

* In Erläuterung unserer jüngsten Mittheilung über die Art der Vertheilung der Unterstüßungsgelder sei weiter bemerkt, daß dieselben ohne Ansehen der Person an Alle, welche auf Grund des Belagerungszustandes ausgewiesen und bedürftig sind, vertheilt werden und daß eine Verweigerung der Unterstützung nur dann einiritt, wenn durch einen Schiedsspruch festgestellt ist, daß der Nachsuchende sich feindseliger und schädlicher Hand­lungen gegen die Partei hat zu Schulden kommen lassen. Die Familie eines so Zurückgewiesenen erhält ihre Unterstützung nichtsdestoweniger fort. Mit Ausnahme eines Einzigen, der sich Schwindeleien zu Schulden kommen ließ, ist bisher keinem Ausgewiesenen eine nachgesuchte Unterstützung verweigert worden. Die Unterstützung hört selbstverständlich wieder auf, sobald der Ausgewiesene wieder eine Existenz hat und sein Brod verdient.

Sozialpolitische Rundschau.

Schweiz .

* Das Volk des Kantons Genf hat sich als wenig fort­geschritten erwiesen, indem es die vom Großen Rath beschlossene Trennung von Kirche und Staat mit 9306 gegen 4064 Stim­men verwarf, ein Triumph der Reaktion, der jedoch nicht allzu­lange währen dürfte, da die aus der unnatürlichen Zusammen kuppelung der Beiden entstehenden Mißverhältnisse die Frage in Bälde und so lange immer wieder auf die Tagesordnung bringen müssen, bis die nothwendige Trennung und die Beseitigung der Kirche aus dem öffentlichen Leben erfolgt sein wird.

Deutschland .

* Der preußische Landtag ist nach schließlicher Annahme bes famosen Kirchendiktatur Gesetzes geschlossen worden, und fast gleichzeitig mit ihm die diplomatische Orient- Nachkonferenz der Großmächte. Das Volk wird beiden wenig Thränen nachweinen hat es sich doch schon bei Lebzeiten beider weber um die ununterbrochene Reihe von Festgelagen dieser, noch um die ebenso ununterbrochene Reaktionsorgie jener viel gekümmert. An der end­giltigen Gestaltung der Dinge werden beide nichts ändern.

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Ein neuer Rüdgang" der Sozialdemokratie. Bei der am 1. Juli stattgehabten Reichstags- Ersatzwahl in Lübeck , bei welcher der bisher dort herrschende Nationallibera­lismus schmählich geschlagen und der oppositionelle Fortschrittler Ed gewählt wurde, erhielt der sozialdemokratische Zählkandidat Schwarz 1312 Stimmen. Zur Zeit der höchsten Wahlbewegung und einer verhältnißmäßig freien Agitation erhielten wir dort nur 200 Stimmen mehr, während die jetzige Stimmenzahl ohne jegliche öffentliche Werbung auf uns fiel. Nur so fort mit dem Rückgang" wir sinds zufrieden!

- Die Angelegenheit des Bannbruchs" des sozia= listischen Reichstagsabgeordneten Fritsche und des ehemals sozialistischen Abgeordneten Hassel­mann, des jeßigen Denunzianten, ist noch immer nicht zu Ende. Bekanntlich war auf Beschluß des Reichstags während der letzten Session das Strafverfahren gegen die Genannten fistirt worden; der Reichstag hatte sie aber noch weiter zu schüßen geglaubt, indem er bei Gelegenheit des Antrags der Regierung auf Ver­längerung des Sozialistengesetzes in die betr. Vorlage als Art. 1 Folgendes einfüte; Die im§ 28 Nr. 3 des Gesetzes vom 21. Oftober 1878 getroffene Bestimmung( Ausweisung) wird dahin erläutert, daß diefelbe auf Mitglieder des Reichstags oder einer gesetzgebenden Versammlung, welche sich am Siße dieser Körperschaften während der Session derselben aufhalten, feine Anwendung findet. Es kennzeichnet nun den Grab der Achtung und Autorität, welchen die famose Volksvertretung bei den Bes hörden genießt, vortrefflich, daß trotz alledem die beiden Genannten auf den 20. ds. vor das Berliner Landgericht I geladen sind, um sich dort wegen ihres Verbrechens", trotz dem Ausweisungs­gebot den Verhandlungen des Reichstags als Abgeordnete an gewohnt zu haben, zu verantworten. Wir sind auf diese neue Entwicklungsphase des deutschen Parlamentarismus überaus begierig; verderben kann sie am letzteren nicht mehr viel. Uebrigens wäre es, nebenbei gesagt, bei dem Verhältniß, in welchem Herr Haffelmann jetzt zu der deutschen Polizei steht, ganz angemessen, wenn man diesen Herrn außer Klage setzte und die Ehre der Angeklagtenbank unserm Gen. Fritzsche allein über­ließe. Oder will man eine doppelte Komödie spielen?

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-Ueber die Arbeiterverhältnisse der wichtigen westlichen Kohlenindustrie finden wir in einem Bour­geoisorgan, der Gelsenkirchner Zeitung", bemerkenswerthe Be= kenntnisse. Während sonst die Presse die Verhältnisse der Arbeiter immer für vortreffliche hält und nicht genug über die An­maßung der ungenügsamen Arbeiter" zu schimpfen weiß, schreibt das genannte Blatt heute folgendes: