fanterie; Transfeld heißt der Säbelheld, der die Ordre des ,, edlen" Monarchen in die Bajonnet- und Kugelsprache über­ſetzte.

Die schöne Geschichte beginnt mit einem sehr schwungvollen Passus: Preußen und unter dessen Führung ganz Deutschland ist groß, mächtig und angesehen worden durch seine tapferen Heere. Unsere Fürsten schufen aber erst diese Heere und flößten ihnen den Geist der Mannhaftigkeit, Ehre, Tapferkeit, Zucht, Ordnung und Selbst überwindung( d. h. Hundegehorsam!) ein, so daß sie ruhmvolle Kriegsthaten mit ihnen vollbringen konnten. Was unsere Väter damals und unsere älteren Kamaraden mit ihrem Blut erkauften, das müssen wir treu bewahren: Die Macht Sr. Majestät des Kaisers, die Ehre der Armee und die Größe des Vaterlands."

Nach diesem Erguß erklärte der Verfasser den Beruf des Soldaten" folgendermaßen:" Im Kriege Thron und Vaterland zu vertheidigen und im Frieden nöthigenfalls mit Waffen= gewalt den Gesetzen(!) Achtung und Nachdruck zu verschaffen!" Aber es kommt besser:" Was versteht man unter Treue? Ant wort: Die feste und unerschütterliche Anhänglichkeit und Liebe zu dem Landesherrn, zu Sr. Majestät dem Kaiser und sein Haus bis zum Tode und die genaue Ausführung seiner Befehle in allen Verhältnissen!"

Das ist also Soldatenberuf und Soldatentreue! Wie heißt es doch im Wintermärchen"?

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Deutsches Volt, wenn ich dich so schau

Im Zwangsstuhl der Fürsten sitzen,

Wie sie handwerkmäßig grün und blau

Dich schlagen und treten und fitzen

Dann fühl ich des stoßenden Ekels Gewicht

Durch Leib und Seele mir zucken,

Und es reizt mich die Lust, auf die Fürsten nicht, Nein, auf Dich selber zu spucken!

Eine Gemeinheit ohne Gleichen, eine Infamie, die im bür gerlichen Leben das widerliche Schandmal auf der ehrlosen Stirne trägt und nun offiziell befohlen wird, tritt an den Tag in dem Befehl zur Denunziation, zum Verrathe! ,, Wenn es jemand wagen sollte, in Gegenwart eines Soldaten unehrerbietig vom Kaiser , dem Landesfürsten oder deren Angehörigen zu sprechen, so hat der Soldat sofort unter Angabe von Namen und Stand des Betreffenden direkt seinem Kompagnie chef darüber Meldung zu machen, da= mit die Untersuchung wegen Hochberraths, bezw. Majestätsbeleidigung, eingeleitet werden kann. Später, wenn der Soldat als Reservist oder Wehrmann sich im Zivilverhältniß befindet, hat er in solchem Fall sofort dem nächsten Polizisten, bezw. der Ortsbehörde die Anzeige zu machen." Also zum schimpflichsten Verrath muß sich der freie" Deutsche kommandiren lassen! Und er läßt sich das bieten, ohne den Infamen handgreiflich zu zeigen, was es heißt, mit dem Volte ein schamlos- freches Spiel zu treiben! Nun, die Proletarier zahlen es heim, so schonungslos wie ihrs getrieben, wenn fie die ganze Tyrannenbrut zur Guillotine getragen" und den verpesteten deutschen Sumpf mit ihren Fäusten aus gerodet"!

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Der Soldat aber findet diese eingedrillte Liebe für Fürst und Vaterland heute meist noch natürlich und denkt nicht weiter; wie sollte er auch, da durch das Verbot zu jeder Lektüre aller Anstoß zum Denken fehlt und er intellektuell und moralisch in der Kaserne tiefer und tiefer sinkt. Aber so kann, so darf es nimmer bleiben!

Brüder, Genossen! Wollt ihr, daß sie uns einmal nieder­tartätschen, sie, unsere Brüder? Wollt ihr, daß uns die Säbel, die Bajonette deutscher Proletarier niederschlachten? Wenn nicht, dann ist es das Gebot der dringenden Noth, unsere heilige Pflicht als Vertreter der Menschheit, die Massen im Kaiser­rod zu gewinnen, sie emporzurütteln, die Empor­gerüttelten wach zu halten. Kommt dann der Augenblick, so wird die Verbindung zwischen Volk und Heer leichter sein und es kostet nicht hunderttausend Proletariern das Leben. Ent­faltet eine lebhafte und nachhaltige, zwar vor sichtige, aber desto energischere Propaganda im Heer, unter unseren Brüdern im Kaiserrod, die heute noch größtentheils willenlose Werkzeuge der Ordnung" sind, aber nicht unzugänglich sind und gewonnen werden können. Die Art und die Mittel dieser Propaganda kann ich hier nicht aus­einandersetzen. Aber sie werden sich, ist einmal der Wille und Entschluß da, leicht finden und müssen sich nach den örtlichen Ver­hältnissen richten. Insbesondere ist die bereits mit großem Erfolg eingeführte Flugschriftenpropaganda in den Kasernen und überall, wo das Militär verkehrt, zu pflegen.

Ans Wert denn, Genossen! Ihr könnt, ihr müßt! Unsere Brüder im Waffenrod wie ihre Beiniger wissen schon, daß uns tein Kreis unzugänglich ist; das Heer muß gewonnen, muß revolutionirt werden. Es ist ja an und für sich genug Stoff zur Unzufriedenheit in den Kasernen angehäuft; drum fällt es leicht. Ueberseht meine Mahnung nicht, denket nicht: es gibt ja noch andere, die das besorgen mögen". Nein, tretet unverzagt in den Kampf: es gibt das Höchste, das Glück des Volkes!

Ein Gedienter".

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Die bürgerliche Demokratie und die

sozialdemokratische Partei.

Aus Schwaben, 25. Juni. Diejenigen Reaktionäre find jedenfalls die schlimmsten, die sich bei Wahlen und in der Presse das allerfreifinnigste Mäntelchen umhängen und nachher bei jeder Gelegenheit, wo es gilt, die Freifinnigkeit zu beweisen, ihre Reden und ihre Programme Lügen strafen. Wenn jeder die Wahrheit dieser Behauptung zugeben muß, so ist jedenfalls die sogenannte deutsche Volkspartei" unter die allerschlimmsten Reaktionäre zu rechnen. Ich will mich nicht verbreiten über die Programmberlegungen und Wortbrüche im allgemeinen, die sich diese Partei schon hat zu Schulden kommen lassen, da dieselben den Genossen eben so bekannt sein dürften, als mir. Ich möchte vielmehr einige Worte sprechen über unser Verhältniß zur Volks: partei und unser Benehmen ihr gegenüber bei künftigen Wahlen. Da ich der Ansicht bin, daß ein konsequentes Vorgehen unser­seits dieser Partei gegenüber sehr nothwendig ist, so bitte ich Parteigenossen aus den betreffenden Distrikten, ihre Zustimmung zu meinen Vorschlägen oder ihre abweichenden Ansichten im

Parteiorgan laut werden zu lassen, damit auch hier Klarheit geschaffen wird.

Was wäre die Volkspartei doch ohne uns! Die Herren Sonnemann aus Frankfurt , Hänle aus Heilbronn und Stopfer aus Mannheim sind nur mit unserer Hülfe in den Reichstag gelangt; ebenso ist Karl Mayer nur durch unsere Stimmen für Eßlingen in den Württembergischen Landtag gewählt; und man kann nachweisen, daß die Volkspartei fast überall, wo sie Aus­sicht auf einen Sieg bei der Reichstagswahl hat, auf unsere Hülfe geradezu angewiesen ist. Fragen wir uns aber nach den Gegenleistungen, die wir von dieser Partei bisher erhalten, so kommen wir auf ganz eigenthümliche Ergebnisse.

Zunächst ist die Volkspartei noch bei keiner Reichstagswahl in die Lage gekommen, uns unterſtüßen zu müssen, kann also keinerlei Gegenleistungen in dieser Hinsicht aufweisen. Doch ist, wenn ich mich recht entsinne, in Eßlingen der Fall vorgekommen, daß die Volkspartei bei der Landtagswahl unsere Stimmen für Karl Mayer erhalten und dabei versprochen hat, bei der nächsten Reichstagswahl keinen eigenen Kandidaten aufstellen, sondern für den unsrigen stimmen zu wollen. Als dieser Fall dann aber ein­getreten ist, hat die Volkspartei ihr Wort gebrochen, und einen eigenen Kandidaten aufgestellt. Aehnliches soll auch bei württembergischen Kommunalwahlen vorgekommen sein, und ich bin überzeugt, daß bei einer etwaigen Reichstags- Stichwahl in Stuttgart zwischen unserm und dem nationalliberalen Randi­daten, wo die Volkspartei den Ausschlag geben könnte, das lehrreiche Ereigniß eintreten dürfte, daß die Herren Volksparteiler zu Hause blieben oder gar noch etwas Schlimmeres thäten. Daß diese Vermuthung keine unbegründete ist, beweist der Leipziger Volksparteiler Findel, der ja bekanntlich bei der letzten Wahl in Glauchau - Meerane auf die gemeinste Weise versucht hat, unsern Kandidaten zu Fall zu bringen und dem konservativen Gegner zum Siege zu verhelfen.

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Wenn nun die Gegenleistungen der Volkspartei für unfere Unterstützungen schon recht traurig aussehen, so sieht es noch elender aus, wenn wir das Benehmen der volksparteilichen Presse gegen uns betrachten. Von allem andern abgesehen, nuß man ihr den schweren Vorwurf machen, daß sie jetzt, wo wir in Deutschland mundtodt, gemacht sind, es versucht, Lügen über unsere Parteiangelegenheiten zu verbreiten und aus unsern Reihen für sich Anhänger zu werben. Oder wie soll man es anders be­zeichnen, wenn die Leipziger Volkszeitung ", das Organ des saubern Herrn Findel, einen Lügenbericht bringt über die in Sachsen vor sich gehende angebliche Zersetzung und Spaltung der sozialistischen Partei" und wenn die übrigen ,, demokratischen" Zeitungen diesen Schund getreulich nachdrucken? Die württem bergischen volksparteilichen Zeitungen, das Altweiberblatt Be obachter" an der Spize, haben es wenigstens alle nachgebruckt; die Frankfurter Zeitung " bekam ich zu jener Zeit nicht zu Gesicht, doch zweifle ich nicht daran, daß auch diese es aufge­nommen hat.

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Hätte diese Partei auch nur einen Funken von wirklich demo. kratischem Gefühl, ja auch nur etwas Verständniß für ihr eigenstes Interesse, so müßte sie uns vielmehr auf jede Weise fördern, anstatt uns in den Rücken zu fallen und den( freilich sehr undankbaren) Versuch zu machen, die Arbeiter zum Abfall von der Sozialdemokratie zu verleiten.

Außerdem aber legt die volksparteiliche Presse im allgemeinen ein Benehmen der Sozialdemokratie gegenüber an den Tag, das an Ueberhebung und Unverschämtheit das äußerste leistet und beleidigend wäre, wenn es nicht dadurch wieder so außerordentlich lächerlich würde, daß es eine Partei von 80,000 Wählern gegen­über einer solchen von einer halben Million Wählern einschlägt. Und nun bedenke man gar das Benehmen der Herren Volks­parteiler im privaten Verkehr mit unsern Genossen. Diese alberne Arroganz, diese großmüthig sein sollende Duldung, die so häufig zur Schau getragen wird, besonders Arbeitern gegenüber, bei denen man sich so etwas schon erlauben zu können glaubt! Und wenn es dabei noch bliebe! Nein, um sich von jedem Verdacht mit der Sozialdemokratie zu reinigen, schimpfen die Herren Volksparteiler auf dieselben in allen Tonarten, so daß höch stens noch ein Berliner Fortschrittsphilister sie darin über­trifft. Ja, höre ich manchen Genossen sagen, das ist wohl alles wahr, aber es gibt doch auch viele anständige und radikalere Elemente unter der Volkspartei." Gewiß gibt es folche; aber diese geben meistens nicht den Ton in der Partei an, was schon daraus ersichtlich ist, daß sonst solche Sachen wie die er­wähnten und noch zu erwähnenden gar nicht vorkommen könnten.

Wenn endlich mancher Genosse meinen sollte, daß es doch immer noch besser sei, durch unsere Stimmen einem Volksparteiler in den Reichstag zu helfen, als durch Enthaltung einem Konser vativen oder Liberalen den Sieg zu verschaffen, so muß ich dem auch ganz entschieden widersprechen. Was haben uns denn die burch uns gewählten Volksparteiler schon genügt? Hat es nicht fast jedesmal Bedenken oder gar Ablehnungen gesetzt, wenn die Herren einen Antrag unserer Abgeordneten unterzeichnen sollten? Hat nicht der von unsern Genossen in Eßlingen in den Landtag gewählte berühmte"" Republikaner " Karl Mayer im Landtag offen erklärt: seine Partei stehe auf dem Boden der fon­stitutionellen Monarchie? Hat er nicht bei derselben Gelegenheit die Sozialdemokratie durch seine faulen Bemerkungen förmlich lächerlich zu machen gesucht?

Was kann uns endlich daran liegen, ob statt der vier Volks­parteiler vier etwas trasfere Reaktionäre im Reichstag fizen?

Aus allen angeführten Gründen bin ich der Meinung, daß wir der Volkspartei endlich einmal gründlich Bescheidenheit bei­bringen müssen, indem wir uns nicht mehr für sie mißbrauchen lassen und fein Stimmvieh mehr für sie abgeben. Lassen wir bei den nächsten Wahlen einmal ohne weiteres sämmtliche bisher durch unsere Hilfe gewählten Anhänger der Volkspartei durch fallen und zeigen wir ihr damit, daß sie unsere Unterstützung sehr nöthig hat! Ich bin überzeugt, daß von diesem Augenblick an das Auftreten der Volkspartei gegen uns ein ganz anderes werden würde.

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Außerdem können wir ihr selbst dadurch nüßen, indem wir ihr Gelegenheit geben, aus eigener Kraft Fortschritte zu machen. Sollte fie aus sich selbst heraus stärker werden und es hat ja den Anschein, als ob eine Anzahl Wähler ihr jetzt zufallen würden dann ist es für uns meiner Meinung nach immer noch Zeit mit der Volkspartei ein Wahlbündniß auf gegen seitige Unterstützung einzugehen, vorher aber nicht.

In der That sollte ich meinen, daß unsere Parteiehre uns schon gebietet, mit dieser Volkspartei" ohne Volf einmal gründ­lich abzurechnen und sie für ihre Arroganz und Doppelzüngigkeit empfindlich zu züchtigen. Wir können jedenfalls unserer Sache nur nügen, wenn wir dazu beitragen, die Volkspartei so wie sie jetzt ist, zu Grabe zu geleiten. Und wenn sie keine Vertreter mehr in den Reichstag bringt, wird es bald mit ihr als Partei zu Ende sein. Ihre wahrhaft radikalen Elemente gehen dann zu uns über und wir sind dem Zeitpunkt einen Schritt näher gekommen, wo es nur noch zwei Parteien gibt: die Sozialdemo kratie und die eine reaktionäre Masse.

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Sozialpolitische Rundschau.

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Deutschland .

K.

* Bekanntlich wurde bei Erlaß des Sozialistengesetzes allge mein davon gesprochen, daß natürlich dies Gesetz allein keine Besserung" schaffen könne, sondern daß es von positiven Ein­richtungen im arbeiterfreundlichen Sinne" ergänzt werden müsse. Eine dieser positiven Einrichtungen neben der famosen Wil­helmstiftung und Aehnlichem-sollte die Gründung des Ver­eins ,, Konkordia, Gesellschaft für das Wohl der Arbeiter" sein. Was nun die genannte Fabrikantenmache während ihres ein­jährigen Bestehens geleistet, zeigte die am 4. d. in Frankfurt a. M. abgehaltene Gegeralversammlung des Vereins. Diese war von nur 30 Delegirten besucht und verlief so gut wie resultat­los. Der schöne Plan, dem arbeitenden Volk Deutschlands durch einen, allgemeinen deutschen Arbeiterversicherungsverein" zu helfen und einen jährlichen Zuschuß von 10,000 t. aus den Mitteln der Konkordia" zu gewähren, mußte wegen mangelhafter Vor bereitung der Statuten der vorgelegte Entwurf wurde für ungenügend befunden bis zur nächsten im Oktober d. J. ein zuberufenden außerordentlichen Generalversammlung vertagt wer den. Bis dahin wird es also mit der, materiellen und sittlichen Wohlfahrt der Arbeiter", deren Hebung sich die Konkordia" als Ziel gesetzt hat, noch so bleiben, wie es ist. Und mit den übrigen geplanten positiven Einrichtungen" steht's nicht besser. Darum jammert und prophezeit der Staatssozialiſt":" Die Zeit vergeht und die Sozialdemokratie wächst, nicht bloß bei uns, sondern in allen Ländern. Die Sprache ihrer Organe wird immer stegesgewisser. Der internationale Staaten- Boden ist auf große Strecken unterminirt; die Erbitterung steigt täglich, und bei alledem schreitet das Monopol des großen Börsenkapitals auf Beeinflussung der Presse, dieser fast alleinigen Großmacht Europas jetzt, zu seinen Gunsten fort; die Kluft zwischen Besiz, großem Besitz und Kapitallosigkeit wird stets größer; der Kampf ums Dasein, immer heftiger sich entwickelnd, vertilgt die mittleren Vermögen mehr und mehr. Alle diese Symptome find Vorboten der Revolution. Wer dieselben mit scharfem, geübtem Blicke verfolgt, kann sich der schwersten Besorgnisse nicht erwehren." Aber die Herrschenden wollen nicht hören; sie werden da­rum fühlen müssen.

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Zum Kapitel der Wahlfreiheit. Die Genossen erinnern sich wohl noch der im September v. J. gelegentlich der sächsischen Landtagswahlen spielenden Chemnißer Affäre, bei welcher der Reichstagsabg. Gen. Vahlteich und eine Anzahl Genossen wegen angeblich verbotener Versammlung" verhaftet und gleich einem Zigarrenbündel zusammengebunden zur Polizei transportirt wurden. Bekanntlich wurde dieser Fall sammt den sich daran schließenden Wahlbeeinflussungen der gröbsten Art bereits im sächsischen Landtag verhandelt, in welchem die durch diese Manöver zustande gekommene ordnungsparteiliche" Wahl anfänglich beanstandet wurde, um dann später infolge gemeinster Charakterlosigkeit der sächsischen Volksvertreter" trotzdem geneh­migt zu werden. Am 4. ds. kam nun diese Sache endlich zur gerichtlichen Verhandlung, deren Ergebniß folgendes war: Die sämmtlichen Angeklagten wurden wegen der Anklage der Theil­nahme an einer geheimen Versammlung freigesprochen; dagegen wurde Gen. Vahlteich wegen Vornahme einer, verbotenen Samm lung zu sozialistischen Zwecken" zu einem Monat Gefäng niß, sowie wegen Preßvergehen zu 50 Mt. Geldstrafe verur­theilt. Durch dies Urtheil ist ausgesprochen, daß die Förde rung einer sozialistischen Wahl zum sächsischen Landtag durch Geldersammlung zu den Bestre bungen gehört, welche in einer den öffentlichen Frieben oder die Eintracht der Bevölkerungs­Klassen gefährdenden Weise den Umsturz der be stehenden Staats- und Gesellschaftsordnung be= zmeden! Nimmt man dazu die Unmöglichkeit der allen anderen Parteien gestatteten öffentlichen Wahlagitation durch Versamm­lungen, die Presse u. s. f., sowie die noch keineswegs beseitigte Gefahr, daß die sozialistischen Reichstagsabgeordneten durch einen einfachen Polizei- Ukas am Eintritt in den Reichstag gehindert werden können, sowie den sonstigen Terrorismus der Behörden wie der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitern bei Wahlen-, so wird man die Bedeutung des Wahlrechtes für den Arbeiter und Sozialisten ermessen können. Wenn unsere Partei unter solchen Umständen trotz allebem fortwährend nicht nur verhältnißmäßige, sondern auch unbedingte Wahlerfolge erzielt, so zeigt das in einem Maße, daß auch der Dümmste sich der Erkenntniß nicht mehr verschließen kann für den-- Rückgang der Sozial­demokratie". Ob sich die Gegner über diesen Rückgang auch so freuen und so siegesgewiß in die Zukunft sehen, wie wir, möchten wir freilich dahingestellt sein lassen. Un so sicherer ist, daß uns das neueste Chemnitzer Urtheil weder in unserer Sieges­gewißheit noch in der Entfaltung fünftiger Wahlagitation im geringsten stören wird.

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Ein anderes famoses Urtheil fällte so ziemlich zur gleichen Zeit die Frankfurter Straffammer. Dem Gen. Frohme wurde s. 3. auf Grund des Sozialisten gefeßes die Kolportage. entzogen. Als hierauf die von feinem solchen Verbot betroffene Frau Frohme's die( unverboteneu) Zeitschriften Reichsbürger ", " Hiddigeigei" c. weiter verbreitete, wurde Klage gegen Frohme angestrengt, weil nach Ansicht des Staatsanwalts der Mann die volle Verantwortung für alle Handlungen der Frau trägt, indem sonst das Sozialistengeset gar keinen Werth habe"!