Natürlich wandte Frohme ein, seine Gattin sei doch kein willen­loses Werkzeug in seiner Hand, sondern eine vernünftige Frau, welche volljährig; bürgerlich und verfügungsberechtigt sei und eigenen Willen habe und wisse, was sie thue, weshalb der Mann nicht für ihre Handlungen verantwortlich gemacht werden könne. Aber vergeblich. Die weisen Richter" nahmen an, daß für die Verbreitung der Blätter der Angeklagte und nicht seine Gattin verantwortlich und diese gleichsam sein Arm" nach Außen ge= wesen sei, und daß er kraft feiner Autorität als Ehe­herr die Uebertretung des( für die Frau gar nicht be­stehenden!) Verbots hätte hindern sollen, da er als Ehemann einzustehen habe für seine Frau, weil sonst das Aus: nahmegesetz völlig ohne Wirkung bleiben würde; und wurde Frohme deshalb zu 100 M. Geldstrafe verurtheilt. Auf diese feine Weise hat man zwei Fliegen mit Einem Schlag gefangen: erstlich ist in unserer Zeit schändlicher Emanzipationsideen die Stellung des germanischen Weibes" als eines unwürdigen, in allem dem bevorrechteten Mann untergeordneten Wesens aufs neue scharf präzisirt werden; und dann hat das edle Sozialisten­gesetz eine für unsere Gegner schr erwünschte Erweiterung er­fahren. Das Frankfurter   Gericht hat sich um die Sache der " Ordnung" doppelt verdient gemacht. Schade, daß den ſozia: listischen Teufelsbraten auch das wenig zu Herzen gehen, noch fie von ihrem schändlichen Thun abbringen wird; wenn daraus eines Tages noch ein Malheur entsteht, kann man sich in der Straftammer am Main   gewiß di. Hände in Unschuld waschen!

-dt.- München  , 1. Juli.  ( Verspätet.) Die Wirkungen des Aus­nahmegesetzes sind wie überall, so auch hier fühlbar, indem in Be­ziehung auf das öffentliche und politische Leben geradezu Todtenstille ein­getreten ist. Zwar kämpft das Häuslein Genossen muthig und unver­droffen weiter und läßt es sich auch feststellen, daß unsere Bemühungen immer mit mehr Erfolg gekrönt werden. Allein im Allgemeinen ist unsere Agitation doch nicht hinreichend und zwar im Verhältniß zur Einwohner­zahl, um solche Resultate zu erzielen, wie sie wünschenswerth erscheinen dürften. Unsere Hoffnung auf die anfangs mit großem Allarm in's Werk gesetzte Bewegung der Volkspartei  " ist, wie vorauszusetzen war, enttäuscht worden, da sich diese kaiserlichen Demokraten seit der bekannten Versammlungsauflösung in der Westendhalle muthigst in ein Mauseloch verstecken. Die Polizei hat also den Herren den blaffen Schrecken in die Glieder gejagt. Und nun haben unsere Gegner volles, freies Spiel. Eine unsäglich gemeine Lokalpresse speit ihren Koth gegen uns aus, torrumpirt die öffentliche Meinung und wir können nicht einmal darauf antworten. In zweiter Linie ist die Pfaffenzucht daran, ihre verheerenden Wirkungen zu verbreiten, indem sie den Versuch macht, das verlorene Terrain zurück­zuerobern; und da hört man zuweilen recht erbauliche Geschichten. Vor einiger Zeit z. B. verbot ein solcher Verdummungsapostel den Kindern in einer Volksschule, andere Blätter, als die von ihm bezeichneten, ihren Eltern vorzulesen. Ist dann das Kind zu Hause, so weiß es nicht, ob es dem Vater oder dem Pfaffen gehorchen soll. Ich meine, dieses ist ein eklatantes Beispiel, wie Bismarck   seine Hausknechte anweist ,,, die Eintracht der Bevölkerungsklassen", insbesondere die der Familie zu stören, wenn es gilt, der Erkenntniß den Eingang zu verstopfen. Ein weiteres Bild von einem Pfaffen: Dasselbe betrifft nämlich den Vertreter für München   II im Reichstag, den bekannten Schnadahüpftpfarrer Westermeier. Der letzt genannte Herr hatte kürzlich das Vergnügen, Zeuge bei einer Schwur­gerichtssigung zu sein. Es handelte sich um die Bestrafung einer gemeinen Diebin, welche bei ihren ausgeprägten Sympathien für den Herrn Pfarrer demselben verschiedene Geschenke, darunter einen Schlafrock, Mütze und namentlich ein Paar äußerst niedliche Schnallenschuhe verehrte, was Westermeier natürlich dankend annahm.( Die Kirche hat ja ein großen Magen, siehe Göthe's Faust.) Nun stellte es sich heraus, daß die ge benedeite unter den Weibern" das Geld hiezu und noch viel mehr dazu gestohlen hatte. Was jedoch den frommen Pfarrer namentlich kom­promittirte, war ein zur Verlesung gekommener Brief, in welchem er das Frauenzimmer anredete mit Meine liebe, theure Pepi!" und ihr schließ= lich den Rath gibt, den Brief zu verbrennen.( Da mögen noch schöne Zärtlichkeiten darin gestanden haben!) Westermeier behauptete schließlich, er habe die Zudringlichkeit seiner Freundin dahin aufgefaßt, als wolle sie eine Haushälterinstelle bei ihm nachsuchen u. s. w. Als nun bald nach der Verhandlung die Fronleichnamskomödie abgespielt wurde, hörte Schreiber dieses, wie dem Westermeier aus dem Zuschauerraum zugerufen wurde ,, Seht, er hat die Schnallenschuhe an!" Und solche zur Lächer­fichkeit gewordene Menschen wollen sich als Volksvertreter geriren!

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Viel Aufsehen machen gegenwärtig die Vorbereitungen zur ,, Wittelsbach­feier", die im August stattfindet. Die Feier bedeutet nämlich die Ver himmelung der seit 700 Jahren das Volksaussaugen betreibenden bay­rischen Fürstenfamilie. Bereits haben auch zur Vorfeier einige hindisch­servile, vom lächerlichen Gottesgnadenthum befangene Studentenverbindungen mit ihren Professoren Kommerse abgehalten, während welcher an seine ,, Majestät" allerunterthänigste Glückwunschtelegramme abgingen, die derselbe ,, huldvollst" beantworten ließ. Die hiesige Stadtvertretung wollte anfangs 100,000 f. spendiren zur Hauptjeier, was jedoch ihr Herr und Meister im Hinblick auf die ernste Zeit abschlug. Was scheert uns das Geld", denken diese Herren, wir wissen ja, wo wir's herbekommen." Treibt man ja in letzter Zeit in geradezu unerhörter Weise neue Steuern ein. Doch, Alles hat seine guten Seiten und gerade diese Pression dürfte geeignet sein, den Blinden die Augen zu öffnen. Also nur so weiter gearbeitet in der Unterwühlung des ohnehin gänzlich durchmorschten Gesellschafts­gebäudes, damit wir nach dessen Zusammensturz ein vernünftigeres auf­banen tönnen!

y Magdeburg  , 5. Juli. Endlich bin ich in der Lage, Ihnen einiges Nähere über die früher kurz gemeldeten Verhaftungen und Haus suchungen am hiesigen Ort berichten zu können. Verhaftungen fanden anfänglich nur zwei statt( nach zehn vorgenommenen Haussuchungen); die Verhafteten waren die Gen. Beck und Hildebrandt. Es war das am 28. Mai, also gewissermaßen eine Einleitung des Kaisertages"( von dem ich noch sprechen werde). Gefunden wurde bei den Verhafteten nichts von Bedeutung; dagegen fiel der Polizei bei einem anderen Genossen in­folge sträflicher Unvorsichtigkeit ein Brief in die Hände, aus welchem unſere Feinde zwar wenig Anhaltspunkte gewinnen werden, der aber doch den willkommenen Vorwand für eine ganze Reihe weiterer Maßregelungen bot. Am 23. Juni wurden die Gen. Freund und Geserick verhaftet und an diese Verhaftungen schlossen sich am selben und den beiden folgenden Tagen wenigstens 40 Haussuchungen an. Die Haussuchungen haben stattgefunden auf Grund einer alten Abonnentenliste der Leipziger Volkszeitung  ", welche vor etwa einem Jahre dem Sohne eines Genossen seitens der Polizei einfach weggenommen worden war. Soweit mir bekannt, war der Erfolg der Maßregel ein durchaus negativer, trotzdem es an dem nöthigen Kraftaufwand nicht gefehlt hat. So wurden beispielsweise in der Kamelstraße nicht weniger als fünf Mann in einem einzigen Hause gehaussucht, wozu zehn Polizisten und drei Kommiffäre nöthig waren; die ganze Straße war in Aufregung gerathen. Auf alle Fälle hat die Polizei das von ihr so eifrig Gesuchte nicht gefunden; es mag sie freilich bös ärgern, daß ihr solcher Fang entwischt ist! Aber die Sozialisten sind nun einmal nicht so gefällig, es den Herren auf dem Präsentirteller zu bringen.

Der Kaisertag", d. h. das Jubiläum des Anschlußes Magdeburgs an Preußen, hat, obgleich er mit aller möglichen Pracht in Szene gesetzt worden ist, gerade nicht dazu beigetragen, einen großen Theil der Be­völkerung mit Freude zu erfüllen. Denn erstlich berührte es schon pein­lich, daß der große 48er Held und jetzige Stadtverordnete und Prediger der freien Gemeinde", Herr Sachse es war, der in der Stadtverordneten versammlung den Antrag stellte, daß man zu der bevorstehenden Feier unsern geliebten Kaiser" würdig empfangen müsse, wobei es auf ein paar tausend Mark mehr oder weniger nicht ankommen dürfe. Thai­sächlich ist denn auch tief genug in den Stadtsäckel gegriffen worden. Wie viel es eigentlich gekostet hat, wird man freilich nicht so bald erfahren; einige sprechen von 100,000 Mart, andere von eben so viel Thaler. Und während so auf der einen Seite eine wahrhaft verschwenderische Pracht überall angebracht war, wohin der Kaiser kam und der Kaiserzug" sich

bewegte; bietet sich auf der anderen Seite das düstere Bild des Elends, des Jammers und der Arbeitslosigkeit! Man hört denn auch schon Stim­men genug, welche meinen, der Magistrat hätte sollen lieber die Steuer­schraube gelockert haben", und die Unzufriedenheit wird immer allgemeiner. Was nun ,, den stolzen Zug der Gewerke" betrifft, so möchte man aus­spucken vor Efel, wenn man seine Entstehungsgeschichte kennt.

Thatsache ist, daß nicht der dritte Theil freiwillig mit aufgezogen" ist, sondern mit allen Mittel dazu gezwungen wurde durch offene und ver­steckte Drohungen, mit Arbeitsentlassung 2c. 2c. Der weniger abhängige Theil der Bevölkerung hat sich auch nur zum verschwindenden Theil an dem Rummel betheiligt; der Janhagel mußte es sein, der auf den Plan trat und den Kaiser anhochte. Bei einem Rundgang, den ich unternahm, machte ich die Wahrnehmung, daß das gaffende Publikum ebenfalls zum weitaus größten Theil aus Weibern, Kindern und der Landbevölkerung fich rekrutirte. Am korrektesten sind die Cigarrenarbeiter vorgegangen, welche eine Resolution faßten des Inhalts:" Daß sie nicht gewillt seien, durch ihre Betheiligung am Aufzuge das hier in Magdeburg   herrschende Elend zu verdecken." Freilich haben gerade die Cigarrenarbeiter vor allen Ursache zu einer solchen Sprache, denn sie sind es, welche hier mit am traurigsten gestellt sind. Hoffentlich wird die Reichstagswahl im nächsten Jahre die richtige Antwort geben auf den ganzen Kaiserschwindel!

N. Hamburg, den 11. Juli. Nach langer Zeit auch wieder einmal ein paar Zeilen von hier; es hätte zwar in letzter Zeit mancherlei von hier zu berichten gegeben, was für die Genossen außerhalb von Interesse war; indeß ich wollte erst in einzelnen Punkten den Ver­lauf der Dinge abwarten, vor ich zur Feder griff. Da ist zunächst die Affaire Hasselmann! Unsere Genossen in Deutschland   find gewiß neugierig, welches Verhältniß denn zwischen dem genannten Herrn, der ja hier seinen Sitz hat und seine diversen Blätter erscheinen läßt, und den hiesigen Genossen besteht. Nun, man kann allerwärts beruhigt sein: hier am Orte und in der ganzen Umgegend ist der Einfluß des Vertreters der schwieligen Arbeiterfaust" gleich Null. Es hat eine Zeit gegeben, wo das noch nicht ganz so weit war, wo man hier und besonders auch in dem benachbarten Ottensen   der Ansicht vielfach begegnete, daß Haffelmann doch Unrecht geschehen sei, und daß mit ihm eine Aussöhnung hergestellt werden müßte. Seitdem man ihn aber in seiner wahren Gestalt erkannt hat und besonders seitdem der saubere Patron sich als ganz ordinärer Denunziant und Lügner auch für die entpuppt hat, die ihn von dieser Seite kennen zu lernen bis jetzt keine Gelegenheit hatten, seitdem ist es mit dieser einstigen Größe" vorbei. Die hiesigen Genossen haben schon manches erlebt und sie verzeihen ihren Lieblingen und Hasselmann war einst ein solcher viel; aber für einen notorischen Denunzianten haben sie denn doch keine Entschuldigung, und so ist es denn dahin gekommen, daß wir für hier und Umgegend sagen können: Den sind wir los." Neben­bei bemerkt erscheinen die Hasselmann'schen Blätter hier noch immer vollzählig: es sind die Deutsche Zeitung", Hafenzeitung"," Glückauf"

und

" Seeschlange". Seit Wochen kündigt er außerdem an, daß die ,, nächste Woche" die Menschenrechte", eine angeblich wissenschaftliche Wochenschrift, erscheinen sollen; außerdem wird jetzt wieder seit drei Wochen ( die genannten Blätter erscheinen alle nur einmal wöchentlich) das Um­wandeln der Hafenzeitung" in ein tägliches Blatt für die ,, nächste Woche" angekündigt. Zu letzterem Projekt braucht Hasselmann nach seiner An­gabe im Blatt Mt. 1500 und sucht er Dumme, die ihm dieselbe in Dar­lehen von à Mt. 5,00 verschaffen wollen. Bis jetzt ist mir noch keiner begegnet, der auf diesen Köder angebissen hätte. Unterstützt wird Hassel­mann bei seinen literarischen" Unternehmungen von Karl Schneidt  , von dem übrigens wohl nicht richtig ist, was Sie letzthin schrieben, daß er in den Rheinlanden ein Gewerkschaftsblatt an die Ultramontanen verkauft hat. Ich kenne diesen Herrn schon ziemlich lange und zwar sehr genau, und wenn ich ihn auch zu einer Handlung, wie die oben angegebene, für fähig hielt, so ist mir doch nicht bekannt, daß er Aehnliches irgendwo gemacht hätte. Er hatte keine Gelegenheit dazu!

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Neben der Partei" Hasselmann zwei Mann start besteht hier auch noch immer der von Bräuer gegründete: Allgemeine deutsche Arbeiter­ verein  ". Der Verein, der von der Polizei nicht aufgelöst worden ist was zu seiner Charakterisirung wohl genügt besteht aus ca. 50 Mann und gibt derselbe jetzt auch wieder ein Organ heraus. Dasselbe nennt sich Deutsche Volkszeitung" und foird darin ffe Bismarcks Wirthschafts reform für Schutzölle, den nationalen Staat" und sonstige schöne Dinge Propaganda gemacht.( Das Blatt erscheint monatlich einmal.) Im vorigen Jahre war eine Deputation dieser wahren Lassalleaner" in dem benach­barten Friedrichsruh  , um bei dem großen Kanzler" eine Audienz zu erhaschen; sie erreichten aber ihren Zweck nicht, nur Lothar Bucher   empfing sie, soll aber auch sehr zugeknöpft gewesen sein, als er die stupiden Gesichter sah. Zu diesen beiden Fraktionen hat sich nun in neuester Zeit eine dritte gesellt: Herr Wilhelm Körner und ein paar sich hier anfhaltende Berliner   Ausgewiesene. Herr Körner, der den Beruf zum Journalisten in sich fühlt, legte vor ungefähr einem halben Jahre die Maurerfelle bei­seite und gründete ein sogenanntes juristisches Bureau". Da es aber mit den juristischen Kenntnissen des Körner sehr windig aussieht und ge­rade in dieser Spezies die Konkurrenz hier eine sehr große ist, so blieben die Kunden aus und Körner mußte sich nach einem anderen Erwerbszweig umsehen. Körner gründete nun den Zirkel", Organ zur Förderung der gewerblich- technischen Ausbildung. Die Mittel dazu mußte der Heraus­geber der hiesigen Gerichtszeitung" hergeben. Ob es nicht besser gewesen wäre, wenn letzteres nicht geschehen wäre, bleibe dahin gestellt; der Schreiber dieser Zeilen war wenigstens seinerzeit dieser Meinung, und nachdem Körner sich jetzt entpuppt hat, dürfte dies jetzt auch derjenige einsehen, der sonst über frühere Geldausgaben so grimme Reden gehalten hat, diese letztere und verfehlteste Ausgabe aber vertheidigte. Der Zirkel" konnte natürlich nicht bestehen und mit der dreizehnten Nummer mußte er eingehen, dem Drucker der Gerichtszeitung" ein Defizit von Mt. 1400 hinterlassend. Herr Körner aber gründete ein neues Blatt die Deutsche   Warte." In den beiden ersten Nummern nun, die von diesem Blatte vorliegen, schimpft Körner nach Herzenslust auf die Gerichtszeitung" und deren Redakteure, was ja auch erklärlich, da er dem genannten Blatt Mt. 1400 schuldet und er sich, um nicht bezahlen zu brauchen, mit der letzten Nummer des " Zirkel" heimlich aus der Expedition der Gerichtszeitung" fortgeschlichen hat. Im sonstigen druckt Herr Körner in der ersten Nummer seines Blattes das Programm des Staatssozialist" ohne Kommentar ab und lobt den Hofprediger Stöcker als einen hochachtbaren tüchtigen Arbeiter­freund". Profit Mahlzeit! Körner spekulirt, nebenbei bemerkt, darauf, in Berlin   einen großen Leserkreis zu finden, indem er Hasselmann's ,, Deutsche Zeitung" dort ausstechen will. Ob es von der letzteren in Berlin   überhaupt viel auszustechen gibt, weiß ich nicht; aber das glaube ich zu wissen, daß die Berliner   Genossen keine große Lust haben, sich im Stöckerschen Sinne bearbeiten zu lassen. Das könnten sie ja außerdem aus der ersten Hand haben und brauchten sie diese Waare nicht erst durch Körner über Hamburg   zu beziehen.

Soviel über unsere Separationsbestrebungen am Orte. Einfluß auf das Gros der Genossen hat keine derselben. Hier gibt es eben Sozial­demokraten nach Tausenden und darunter natürlich auch manch wirren Kopf, woher es kommt, daß sich für jeden Unsinn vorübergehend ein Häuslein Anhänger findet. Nebenbei bemerkt, erklärt Körner in Privat­briefen, daß er bei seiner Propaganda die Fahne des wahren Lassal­leanismus" entfalten will. Da Hasselmann und die Bräuerianer ganz dasselbe von sich behaupten, so haben wir hier die dreifache Steigerung: wahr, wahrer und wahrster" Lassalleanismus vor uns. Recht lange dürfte es übrigens keine der drei Gruppen treiben, was natürlich nicht ausschließt, daß sich dann wieder irgend ein anderer verdrehter Kopf findet, der eine Separirung versucht. Der Boden für solche Dummheiten ist hier zweifellos vorhanden.

Um dem Ganzen die Kroue aufzusetzen, sei noch erwähnt, daß als Vertrauensmann bei allen drei Gruppen ein früherer österreichischer Ge­noffe namens W. gilt, der wegen Unterschlagung von Parteigeldern und Fälschung von Postquittungen seinerzeit mit Zuchthaus bestraft wurde und der nun hier lebt, wo man sich ziemlich klar darüber ist, daß dieser saubere Patron die Dienste eines preußischen Polizei­spions verrichtet. Mostianer gibt es hier nicht. Unsere Krakehlhuber würden zwar Most's Schimpfereien gerne lesen, aber sie sind zu feig dazu, sich dieselben schicken zu lassen. Die Versuche aber, die von London   aus gemacht wurden, die Freiheit" hier einzuführen, sind an dem gefunden Sinn der hiesigen Genossen gescheitert.

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Soviel über die hiesigen Vorgänge in der Partei. Die Genossen mögen entschuldigen, daß ich sie mit so wenig erquicklichen Dingen um ihre Zeit bringe; aber sie müssen dieselben kennen lernen, damit sie das eine und andere verstehen lernen, was vielleicht ohne den nöthigen Kommentar dazu geben zu können, geschieht. Zum Schluß möchte ich bemerken,

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daß die hiesigen Arbeitsverhältnisse noch immer sehr traurige sind, und daß deshalb den auswärtigen Arbeitern nur zu rathen ist, das von den wandernden Handwerksgesellen so gerne besuchte Hamburg   vorläufig noch zu meiden.

Dänemark  .

Kopenhagen  , 27. Juni. Der schon früher furz gemeldete Streif der Tabaksarbeiter währt auch heute noch fort und scheint micht sobald ein Ende zu finden. Die Arbeiter stehen fest bei ihrer Forderung, den Lohn wieder um so viel zu erhöhen, als er bisher herab gedrückt worden ist, und zwar bis zu 50% pro Mille, während die Anforderungen in Ausführung der Arbeit gestiegen ist, so daß mancher Familienvater am Sonnabend mit 7-9 Kr., im günstigen Falle mit 12-13 Kr. zufrieden sein muß. In der Lichtinger'schen Fabrik, welche füher über 90 Arbeiter zählte, befinden sich augenblicklich sechs Cigarrenmacher, vier Sortirer- welche gegenwärtig Cigarren rollen und zwei Wickelmacherinnen; keine dieser zwölf Personen ist gelernter Tabaksarbeiter. Der Fabrikant wird natür­lich von der Polizei träftig unterstützt, die Jeden zu arretiren droht, der sich in der Nähe der Fabrik blicken läßt, um Zugang von derselben ab­zuhalten. Unterstützungen aus den anderen Fabriken fließen regelmäßig, ebenso aus Schweden   und Amerika  , während von Deutschland   bis jetzt erst ein Ort verzeichnet ist, weßhalb des Bestimmtesten erwartet wird, daß sich kein deutscher   Arbeiter verlocken läßt, hierher zu kommen. E. Hyller, Römersgade 22 Stuen ist gern bereit, Auskunft zu ertheilen. Dann steht noch Streike bei den Möbeltischlern und Stuhlmachern, sowie bei den Maurerhandlangern, während bei den Holzdrehern derselbe durch Uebereinkommen beendet ist. Auch die Buchbinder und Handschuhmacher  hatten sich in Bewegung gesetzt, doch ging es bald vorüber.

Daß Bismarcks famoses Sozialistengesetz auch hier seine Wirkung thut ( ebenso wie in Amerika  , wie unser früherer Redakteur in seiner letzten Korrespondenz bestätigt) ist erfreulich; denn jetzt zeigt sich schon ein ganz anderer Geist in der Partei, und Stimmen werden laut, die sich früher nicht hätten äußern dürfen, ohne den Nationalstolz" heraus zu fordern. Auch bei der Regierung scheint sich die Ansicht befestigt zu haben, daß der, Geniale" abermals fehlgegriffen hat. Der Reichstag   will weder das Budget, noch das Heergesetz und die Vorlage, Kopenhagen   zu einer Festung ersten Ranges zu machen, vollständig genehmigen und darf es auch nicht, wenn die Herren Volksvertreter" bei den Bauern nicht alles Ansehen verlieren wollen und damit die schönen Diäten, die sie nun schon acht Monate beziehen und wie es das Ansehen hat auch noch einige Wochen dazu beziehen können, ehe der Schluß ausgesprochen werden kann.

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Frankreich  .

Jörgen Gaardmand.

* So wäre denn endlich die allgemeine Amnestie für alle Kommune- Verbrechen" trotz des Sträubens des hyper­reaktionären Senats eine vollendete Thatsache und die Opportuni­tätsrepublikaner können sich ihrer schlau inszenirten National­feier" rückhaltslos freuen und von ihr manches für die Volks­beschwindlung zu ihren Gunsten hoffen. Nicht so schnell aber, als die Herren Gambetta und Genossen die angeblich von der Kommune begangenen Verbrechen zu vergessen heuchlerisch vorgeben, wird das revolutionäre Proletariat die Erinnerung an die von den heute Herrschenden an der Kommune und dem Pariser   Volk wirklich begangenen unaustilgbaren Schand- und Schreckensthaten verlieren und ebenso wenig wird sich der wirklich seiner Lage bewußte, durchgebildet sozialistische Kern des Volkes durch den Nationalfest"-Schwindel Sand in die Augen schütten lassen. Die treffendste und würdigste Erklärung in Bezug auf die Stellung unserer französischen Kampfgenossen zu diesem Fest der Herrschenden gibt unser wackeres Bruderorgan, die Ega­lité" in ihrer letzten Nummer, indem sie schreibt: Am 14. Juli feiert die Bourgeoisie den Jahrestag des Beginnes ihrer Herrschaft und entfaltet ihre Fahne, die breifarbige Fahne, das Banner der Bonaparte, der Orleans  , der Cavaignac   der Thiers. Die Egalité", das Organ des Proletariats, welches sein 1789 noch nicht gehabt hat, entfaltet dagegen die Fahne der Rückforderungen der Arbeiter, das Banner vom Juni 1848 und vom März, April und Mai 1871. Fahne gegen Fahne! Die Egalité" wird am 14. Juli roth erscheinen." Und dieser Kampf der beiden Fahnen, derer der Unterdrückten gegen die der Unterdrücker wird nimmer ruhen noch enden, bis nicht die letztere von der Zinne ihrer Herrschaft herab in den Staub, in den Schmutz sinkt, in dem sie zum Heil der Menschheit auf Ewigkeit versinken wird in Frankreich   wie in Deutschland   und bei allen Völkern! Nicht eine Klasse, sondern die ganze Menschheit wird dann ihren 14. Juli feiern, das Fest der Erſtürmung der Bastille der Unterdrückung und Ausbeutung aller Art, das Fest der Befreiung und Gleichberechtigung alles dessen, was Menschen­angesicht trägt!

L.X Paris, 11. Juli. Sie glaubten wohl, daß die Regierung unserer famosen ,, Republik  " mit den jüngsten wiederholten Ausweisungen den Gipfelpunkt der schmählichsten Brutalität erreicht habe und daß dem Schild der Republik   kein größerer Schandfleck mehr aufgeheftet werden könne. Da kennen Sie aber den ehemaligen Bakunisten und nunmeh­rigen Ober- ,, Ordnungs" retter Andrieur und seine Spießgesellen höheren und geringeren Ranges schlecht. Wie Ihnen schon der Draht berichtet haben wird, sind abermals eine Reihe von Ausweisungen Fremder ver­fügt und mit einer Rohheit ausgeführt worden, wie sie selbst in dem taiserlichen Deutschland   nicht noch sonstwo mit Ausnahme des zarischen Rußland denkbar wäre. Im Laufe der letzten acht Tage sind nicht weniger als 25 Fremde ausgewiesen worden, von denen die meisten Morgens 5 Uhr aus den Betten geholt und mit dem nächsten Zug in Bolizeibegleitung an die Grenze geschafft wurden. Den unter Tags Aus­gewiesenen wurden nur 2 Stunden Zeit zur Schnürung ihres Bündels gewährt( sogar Madai in Berlin   gibt wenigstens 24 Stunden). Unter den Ausgewiesenen befinden sich Deutsche  , Desterreicher, Russen, sowie auch ein Däne; viele unter ihnen find gar nie politisch thätig gewesen. Das Schändlichste aber ist, daß man sogar 70jährige Greise, die seit langen Jahren in Paris   wohnten, mit roher Polizeifaust fortstieß. So geschah es unserm alten Genossen Kürschner Petersen; und so der greifen Wittwe unseres Genossen Moriz Heß, welche seit Ende der fünf­ziger Jahre in Paris   lebt. Auch dieser hilflosen Frau wurden nicht mehr als zwei Stunden bis zur Abreise gewährt und mußte sie all ihr Hab und Gut unbesorgt in Stich lassen. Unter dem zweiten Kaiserreich un­gestört geblieben, unter der Republik  " verfolgt das kennzeichnet die Lage hinreichend! Die starke, neugekräftigte ,, Republik  " von einer greisen welch Matrone und einigen deutschen   und russischen Arbeitern bedroht ein Selbstgeständniß!

In der ganzen Verfolgung spiegelt sich die unbeschreibliche Rohheit und Feigheit der Gambetta'schen Deutschen  - Austreibung von 1870 wieder. Und was das Schlimmste ist, daß Publikum und Presse von Paris   mit geringen Ausnahmen sich wenig um die Sache fümmern, welches auch sonst ihr politischer Standpunkt sei. Findet doch der sich so= zialistisch nennende Prolétaire" fein Wort der Ent rüstung und des Protestes gegen diese frechen Will­kürakte, durch welche die heutigen Machthaber den Namen des französischen   Namens schänden! Wir sind die letzten, welche durch Rigoerofität einen Streit vom Zaun brechen und die Genossen eines andern Land 8 unbrüderlich anlassen wollen. Aber das vom Prolétaire" bei allen bisherigen Ausweisungen beobachtete syste­matische Todtschweigungssystem soweit es nämlich die ausgewiesenen Deutschen   betrifft einerseits, und die von den deutschen   Sozialisten unter den schwierigsten Umständen( während des Krieges 1870/71 und den Jahren des Chauvinismus unmittelbar nach demselben) beobachtete brüderlichste, jedem Nationalvorurtheil ferne, anerkannt musterhafte Hal­tung berechtigten uns, dem Prolétaire" und allen ihm

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