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mäßigkeit." Ist aber heute in Deutschland der Königsmord,| Mehrheit der Bevölkerung im Eilschritt zu erobern, worauf überhaupt die Unschädlichmachung eines Einzelnen, zweckmäßig, sich alles andere spielend machen werde. kann sie von Nutzen für das Volk sein, eine Verbesserung seiner Lage herbeiführen?
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Es ist ein Fundamentalsatz der politisch- sozialen Erkenntniß, daß an den Leiden des Volkes im großen Ganzen nicht Personen, sondern Einrichtungen schuld sind, deren Werkzeuge und Gebilde jene sind. Ob ein König oder Minister Hans oder Kunz heißt, ändert im Einzelnen manches, im großen geschichtlichen Ganzen herzlich wenig. Der beste oder schlechteste Herrscher oder Minister aber ist in unserer Zeit nur mächtig, wenn er im Sinne und Interesse der herrschenden Klasse, oder mit anderen Worten, der vorhandenen staatlichen und gesellschaftlichen Machtverhältnisse handelt. Wäre aber ein deutscher Kanzler oder Kaiser denkbar, der diesen Interessen systematisch zuwiderhandelte, es würde mit seiner Macht gar bald zu Ende sein. Der Kaiser taſte die Sonderrechte des Adels an, und die Konservativen werden sich um„ Gottes Gnade " und die„ angestammte Treue" verdammt wenig füm mern und sich verhüllt oder offen gegen den„ Raub ihrer uralten, verbrieften Rechte" auflehnen; der Kanzler trete statt der Arbeiter die Bourgeoisie und bedränge ihre Vorrechte, und die Unterwürfigkeit der Nationalliberalen wird schleunig verschwinden und einem zähen Widerstand weichen. Die Verhältnisse sind eben mächtiger als die mächtigsten Menschen, und in den weitaus meisten Fällen ist der Gewaltige, welcher als der Schiebende erscheint und selbst zu schieben meint, nur der Geschobene.
Wozu also wir sprechen hier von deutschen Verhältnissen,, attentaten", wenn man durch die dadurch hervorgerufene Personenveränderung in den Verhältnissen im großen Ganzen keinen Wandel zu schaffen vermag? Man muß die Feinde schrecken", wenden manche ein. Gut; aber der Schrecken pflegt
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in verschiedener Weise zu wirken, je nachdem der Geschreckte
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ohnmächtig oder mächtig ist. In ersterem Fall wird die Wirkung allerdings eine die Feinde lähmende sein; aber haben wir in diesem Fall nicht das viel einfachere und zweckent sprechendere Mittel, an Stelle eines Vertreters gleich die ganze Klasse abzuthun? Indessen, unsere Feinde sind nicht ohnmächtig ganz im Gegentheil. Den Mächtigen zu schrecken", ist aber ein mißliches Ding; man reizt ihn, ohne ihm doch ernstlich etwas anhaben zu können. Der Schrecken ist unserm Feind nur dann ein Gift, wenn wir diesen zwingen können, es bis auf die Neige zu leeren; wenn man ihn blos daran nippen läßt, schadet es nicht ihm, sondern uns, denen er den Becher an den Schädel schlägt. Uebrigens sind die Königsmörder der Freiheit", der« Révolution sociale», der Pyat'schen« Commune» c. nicht so ernst zu nehmen; ihre Wordwaffen bestehen nur in dicken Phrasen, spizigen Federn und rauschendem Papier. Sie bringen wohl Trinksprüche auf eine kleine Kugel" aus, setzen Belohnungen auf die Ermordung eines Zäsaren ( Pyat), fordern alle Welt auf, ihre Feinde in der herrschenden Klasse mit„ Sardinenbüchsen voll Dynamit" in die Luft zu sprengen und ihre Gegner im Volk„ wie Ratten todtzuschlagen" ( Most)); aber selbst thun sich diese Dinge nicht und so müssen sich die meisten Gegner dieser gemüthlichen Attentäter vom Doktor umbringen lassen oder sterben an den Folgen des
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Alters.
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Also mit Putschen, Krawallen, vorzeitigen Aufständen, Einzelwidersetzlichkeiten, Attentaten und„ Losschlagen" aller Art ist's nichts; es kann damit wohl kärm, Unglück und Verschlim merung, aber keine Verbesserung des Volkslooses, am aller wenigsten eine gründliche und dauernde, wie sie die Sozialdemokratie erstrebt, erzielt werden.
Was aber dann? Daß die Dinge nicht so bleiben können, wie sie sind, wird ernstlich von keiner Seite bestritten. Daß ihre Aenderung nicht in das bloße Belieben der Herrschenden gestellt sein darf, sondern daß das Volk dabei ein Wort mitsprechen soll, braucht man dem Mann des Volkes nicht erst zu erläutern. Daß nur solche Veränderungen dem Volke wahrhaft nügen, welche im Sinne des Sozialismus erfolgen, wird kein Sozialdemokrat bezweifeln. Wie aber können wir bewirken, daß die Grundsätze der Sozialdemokratie Einfluß auf daß Staats- und Gesellschaftsleben erhalten und in den Stand kommen, die ihr entgegenstehenden, jetzt herrschenden Grundsätze der Bevorrechtung, der Unterdrückung und Ausbeutung zu stürzen?
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Damals war die Blüthezeit der Mehrheits- Theorie, die zwar in keinem Parteiprogramm anerkannt, und von vielen Genossen nicht getheilt wurde, die aber herrschende Ansicht war und von den Weiterblickenden als fable convenue respektirt wurde. Einer der damaligen überzeugten Wort führer der Mehrheitstheorie war Joh. Most. In seiner schon erwähnten Schrift:„ Die Lösung der sozialen seiner schon erwähnten Schrift:„ Die Lösung der sozialen Frage" führt er die Lehre von der nur durch den Mehrheitswillen möglichen Erlösung folgendermaßen aus: Zurückgewiesen ist der Vorwurf verschwörerischer Gewaltthätigkeit leicht mit wenigen Worten, weil er auf einer geradezu mathematischen Unmöglichkeit fußt. Die Sache ist einfach die: So lange die sozialistische Idee nur von einer Minderheit eines Volkes verfochten wird, kann sie selbst mit der größten Gewaltthätigkeit nicht durchgefochten werden..; sobald dagegen die große Mehrheit aller Kulturvölker(!) sozialistisch denkt, ist die Gewaltthätigkeit überflüssig". waltthätigkeit überflüssig".. Ja sogar noch nach seiner Selbstverbannung, nach Ausnahmegesetz und Belagerungszustand, verfocht J. Most diese Theorie, indem er in Nr. 6 der Freih." von 1879 unter andern Beweissäzen folgenden aufstellte:„ Die einfache Klugheit gebietet, von diesem Recht ( der Nothwehr, der Beantwortung der gegnerischen Gewalt mit Gewalt) nur dann Gebrauch zu machen, wenn das mit Erfolg geschehen kann. Das ist der Fall in dem Augenblick, wo die Mehrheit der Bevölkerung dem Sozia lismus huldigt."
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In diese hoffnungsselige Selbstzufriedenheit fuhr plötzlich, wie ein Blitz aus heiterem Himmel, das Sozialistengesetz hinein.
Im bamburger Belagerungszustandgebiet wird flott weiter ausgewiesen. Neuerdings haben Ausweisungsbefehle erhalten:
Zigarrenmacher und Kolporteur Aug. Schultz, verheirathet, 3 Kinder; Zigarrenarbeiter A. Brauer, verheirathet, 1 Kind; 3igarrenarbeiter W. Baetke, verheirathet, 2 Kinder; Zigarrenarbeiter F. Baetke, ledig; Zigarrenarbeiter H. Gundelach, ledig; J. H. F. Meyer, Schneidermeister, verheirathet; J. Jochumsen, verheirathet, 1 Kind; Haas, Schneider, verheirathet, 1 Kind sämmtliche in Altona ; Maurer Krämer in Hirschenfelde; Chemiker Diedrich in Hamburg . Letzterer ist ein schon mehrfach wegen gemeiner Vergehen bestrafter Mensch, der mit der Sozialdemokratie in keiner Verbindung steht.
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Mit Beziehung auf Belagerungszustand und Ausweisungen ist übrigens eine Meldung von Interesse mitzutheilen. Die Linke der hamburger Bürgerschaft hat den Senat interpellirt, ,, aus welchen Anzeichen der Senat die Gefahr für den ham burger Staat durch sozialistische Agitationen erkannt habe, so daß man zur Beantragung des kleinen Belagerungszustandes hätte schreiten müssen. hätte schreiten müssen." Der Senat erklärte sich zur mündlichen Beantwortung des Auskunftsgesuchs bereit, unter der Bedingung, daß die Mitglieder des BürgerAusschusses über die Mittheilung Stillschweigen beobachten und nichts an die Oeffentlichkeit bringen. Nachdem dies zugesichert worden, gab der Kommissar des Senats die erbetene Auskunft. Dieselbe scheint die edlen Herren der Linken vollkommen überzeugt zu haben, denn der Senat fährt ganz in der begonnenen Weise fort!
Einem Bericht der„ Vossischen Zeitg." zufolge soll in den nächsten Tagen wieder eine nicht unbedeutende Anzahl von Personen ausgewiesen werden, denen höchstwahrscheinlich nach einer abermaligen Pause noch weitere folgen werden. wird in unterrichteten Kreisen von etwa 400 im wird in unterrichteten Kreisen von etwa 400 im Ganzen beabsichtigten Ausweisungen gesprochen!!
Die der Grenze des belagerten Gebietes nächstgelegenen Orte weigern sich vielfach, die Ausgewiesenen aufzunehmen, und haben sich bereits mehrere an den Bundesrath gewandt. Wenn dieser helfen soll, bliebe kein anderes Mittel übrig, als den Belagerungszustand auch auf diese Orte und schließlich allgemein über ganz Deutschland auszudehnen. Dann wäre das Ideal der Reaktion wohl so ziemlich erreicht. Es fragt sich aber doch, wem eine solche Maßregel schließlich wohl am meisten Vorschub leisten würde, der Reaktion oder der Revolution!
In welchem Maße die hamburger Dragonnaden allenthalben Empörung hervorgerufen, zeigen die reichen Sammlungen, welche aus allen Theilen des Reiches, sowie aus vielen Orten des Auslandes für die Ausgewiesenen eingehen. Wie unsere Quittung an der Spitze dieses Blattes zeigt, sind im Laufe der letzten 32 Wochen über 15,000 Mark ein gegangen.
Hoffentlich dauert der erfreuliche Eifer im Geben fort, denn die Zahl der Bedürftigen ist groß und vergrößert sich immer.
Die Sozialisten in Desterreich.
Es gab in der deutschen sozialistischen Bewegung eine Zeit, wo sich viele, ja die meisten Genossen über die Art und Weise, auf welche wir der herrschenden Klasse das Heft aus den Händen ringen würden, nur wenig den Kopf zerbrachen. Es war das Jünglingsalter unserer Partei, wo man nur an das Nächstliegende denkt, und die strozende Jugendkraft, nicht lange erwägend, keinen Augenblick daran zweifelt, daß sie ihre Ideale mit Leichtigkeit und im Sturm erobern könne. Und es fehlte ja auch nicht an Erfolgen, welche die sanguinistischesten Hoff nungen zu rechtfertigen schienen. Wenige Jahre zurück waren Ein neuer Beweis, wie beliebt die Maßregeln der Regiedie Arbeiter nichts gewesen als geringschätzige Gesellen"," Farung und wie todt die Sozialdemokratie ist! brikler"," Knoten", von denen niemand im Traume einfiel, daß sie sich je an der Politik und zwar selbstständig betheiligen könnten. Da plötzlich war der Name Arbeiter zu einem Ehrennamen, zur Fahne einer Partei geworden, die täglich wachsende Schaaren um sich sammelte und der erstaunten herrschenden Klasse eine Stellung nach der andern abnahm. Die ursprünglichen zwei Arbeitervertreter im Parlament vermehrten sich bald auf fünf, dann auf neun, endlich auf zwölf. Die Arbeiter sahen, was sie vermochten, und mit dem Wanken des Gegners wuchs ihre Kampflust und ihr Siegesbewußtsein. Man griff Stellungen an, an deren Erreichbarkeit man vordem kaum gedacht, und siegte. Die Sozialdemokratie drang in die Gemeindevertretungen, in die Gewerbegerichte, in die Landtage; die herrschende Klasse war gezwungen, sich mehr und mehr mit der Arbeiterfrage und den Forderungen der Sozialisten zu befassen, die Wissenschaft nahm die Sozialökonomie und den Sozialismus in den Kreis ihrer Forschungen, die Universität nahm sie in ihre Lehrfächer auf, Staat und Bourgeoisie waren gezwungen, die gehaßte Sozialdemokratie als Partei anzuerkennen und mit ihr bisweilen zu unterhandeln. Für die Masse der Partei und nicht wenige ihrer Wortführer boch, als er obige Zeilen schrieb, bereits in London , also in der gleichen war es unzweifelhaft, daß wir auf dem besten Wege seien, die
*) Freih." Nr. 48.
Zur Arbeiter demonstration am 14. Nov. in Wien . ( Schluß.)
Am 14. Nov. Vormittags fand in Graz eine von über tausend Personen besuchte Volksversammlung statt, welche diese Resolution einstimmig und unter allgemeinem Beifall annahm und ein Zustimmungstelegramm an die an demselben Tage in Wien stattgefundene Volksversammlung beschloß. An die Grazer Versammlung langten Zustimmungstelegramme aus Laibach, Klagenfurt , Bruck , Leoben , Knittelfeld , Mürzzuschlag , Kindberg , Kostach ein.
*) In Nr. 48 derselben, Freiheit" bezeichnet Herr Most seine früheren, ihm jetzt überaus im Wege stehenden Ansichten als unwissenschaftliches Phrasengekröse" und schiebt die Schuld für seine„ Dummheit" wie er es nennt in gewohnter Weise anderen zu, indem er sie auf ,, Ansteckung durch schlechte Umgebung" zurückführt. Nun war Herr M. aber
" guten Gesellschaft" wie heute. Wie reimt sich das zusammen? Uebrigens läßt das obige Bekenntniß einen tiefen Blick in des großen Revolutionärs Selbstständigkeit thun!
Wahrhaft imposant war aber die Versammlung in Wien , welche von wenigstens 4000 Personen besucht war ungeachtet die großen Massen, welche wegen Mangel an Platz in den umliegenden Straßen stehen bleiben mußten. Die verschiedenen Redner: Marschall, Andr. Grosse, Dunstätter, Leitner aus Wiener- Neustadt , Klappauf aus Graz, Zimmer und Baudisch kritisirten die Thätigkeit der Deutschliberalen während ihrer Herrschaft, ihren Gründungsschwindel, ihre Schweifwedelei nach oben und ihre Unterdrückung aller Arbeiterforderungen, und erklärten, nichts mit ihnen zu thun haben zu wollen. Die erwähnte Resolution wurde unter stürmischem Beifalle angenommen, ebenso drei Zusazanträge, dahingehend, daß die Regierung aufgefordert werde, die in jüngster Zeit wegen Delikten, die in Wort oder Schrift begangen worden, inhaftirten Arbeiter freizulassen, eventuell ihre Untersuchungshaft abzukürzen; ferner die Behörden anzuweisen, das gesetzlich gewährleistete Briefgeheimniß zu wahren. Endlich wurde der in jüngster Zeit auftretenden Bauernbewegung die Sympathie der Arbeiter ausgesprochen.
Aus der Resolution, sowie aus den bei der Versammlung gehaltenen Reden geht hervor, daß die sozialistische Partei keinerlei Konzessionen an die Regierung oder an die klerikale Partei gemacht hat, daß sie nach wie vor prinzipientreu an den Forderungen festhält, die die österreichischen Arbeiter auf allen Parteiversammlungen seit Bestehen der sozialistischen Partei in Desterreich aufgestellt haben und daß es deshalb nichts mehr als eine liberale Lüge ist, wenn von einer„ Allianz der sozialistischen Partei mit der Regierung" die Rede ist. Die österreichischen Liberalen haben diese Lüge ebenso oft wiederholt, als die nationalliberalen Blätter Deutschlands die Lüge von der Allianz der Sozialdemokraten mit den Partikularisten und mit dem ultramontanen Zentrum. Die Sozialisten Desterreichs haben aber das Recht zu verlangen, daß ihr Vorgehen nicht nach dem Urtheile der Bourgeoisblätter, sondern nach ihren eigenen Handlungen und Aeußerungen aufgefaßt werde.
Es ist nun eine Thatsache, daß die Resolution kein Wort zu Gunsten der Regierung äußert, sondern den prinzipiellen Standpunkt der Partei einhält; es ist Thatsache, daß die
Redner in den am 14. und 15. Nov. in Wien und anderen Städten Deutschösterreichs abgehaltenen Versammlungen sich ebenso entschieden gegen die Regierung als gegen die Deutschliberalen gewendet haben; liberalen gewendet haben; es ist ferner Thatsache, daß die Regierungsbehörden selbst in Wien gegen die Arbeiterdemonſtration die umfassendsten militärischen und polizeilichen Vorsichtsmaßregeln in Anwendung gebracht hatten, wohl keineswegs deshalb, weil man die Arbeiter als Verbündete betrachtete;
es ist endlich Thatsache, daß die Redefreiheit, welche nach Angabe der liberalen Blätter in bisher unerhörter Weise bei der betreffenden Versammlung geherrscht haben soll, sich nur darauf beschränkte, daß die Wahrheit über die nun machtlosen„ Größen" der ehemaligen Verfassungspartei gesprochen werden konnte. Daß es der Regierung und den politischen Gegnern der Deutschliberalen angenehm war, daß durch die Versammlung unserer Partei der Beweis geliefert wurde, Versammlung die Behauptung der Liberalen, hinter ihnen stehe die Mehrheit des deutschen Volkes, sei eine Lüge, ist allerdings richtig; aber was hat das mit den Prinzipien des Sozialismus zu thun?
Unsere Pflicht ist, unsere Prinzipien zum Siege zu führen, und dazu bedienen wir uns der zweckmäßigsten Mittel; was unsere Gegner dazu sagen, ist für uns nebensächlich, ob die eine oder andere der gegnerischen Parteien daraus augenblicklich Kapital schlägt, kann uns gleichgiltig sein, wenn wir dadurch unserer Sache geholfen haben. Schon heute, während wir dies schreiben, zeigt sich die thatsächliche Wirkung unserer Demonstration. Die Deutschliberalen werden von den fortschrittlichen Elementen ihrer eigenen Partei aufmerksam gemacht, daß es dringend nothwendig sei, auch den Forderungen der Arbeiter Beachtung zu schenken, die sie durch die bisherige Gleichgiltigkeit zu ihren Gegnern gemacht hätten. Die Jungtschechen aber haben ihre Sympathie für die wiener Versammlung ausgesprochen.
Wir sind nicht so naiv, zu glauben, daß die Deutschliberalen dadurch bewogen werden, ihr Klasseninteresse zu vernachlässigen und das allgemeine Wahlrecht zu akzeptiren; allein das eine haben wir erreicht, daß eine Trennung der freisinnigen Elemente von den reaktionären stattfindet und es ist nur eine Frage der Zeit, daß die ersteren auch über die nationalen Differenzen hinweg den Weg zur Vereinigung finden werden. Dazu den Anstoß gegeben zu haben, ist das große Resultat der Gegendemonstration gegen den deutschliberalen Parteitag.
Was die Londoner " Freiheit" über die angeblichen Versuche der Regierung, die Arbeiter für sich zu gewinnen, erzählt, ist großentheils unrichtig, die Warnung an die österreichischen Arbeiter überflüssig. Die Arbeiter Oesterreichs sind keine politischen Kinder, die sich von„ geriebenen Staatsmännern" mißbrauchen lassen. Wir können auch auf das Bestimmteste versichern, daß die Regierung keinerlei Versuche gemacht hat, die Arbeiter für sich zu gewinnen und sie hat dafür auch nicht allerhand„ schöne Dinge" versprechen können, wie in der „ Freih." zu lesen war. Selbstverständlich ist ebenso aus der Luft gegriffen, daß die Regierung dem Genossen Kaller- Reinthal die freie Rückkehr nach Wien zugesichert habe, wenn er zu Gunsten der Regierung reden wolle.
Der Prozeß der„ Narodnaja Wolja " und des revolutionären Exekutivkomites vor dem petersburger Kriegsgericht.
7. bis 12. November( 25. bis 30. Oktober). Dieser politische Prozeß soll nach russischen Bourgeoiszeitungen der Epilog der traurigen" Ereignisse der letzten Zeit sein; wobei man na türlich ganz und gar die fürchterlichen Verhältnisse vergißt, welche diese Ereignisse hervorgerufen haben. Obwohl die Angeklagten nicht frei sprechen konnten, obwohl außer einigen Polizisten, Militär- und Gerichtspersonen niemand zur Verhandlung zugelassen wurde, obwohl die offiziellen Berichte aufs eifrigste von der Zensur zugestutzt wurden: so können doch die Ergebnisse des Prozesses als werthvolles Material zur Erklärung der ,, Gewaltthätigkeiten" der sozialistisch- revolutionären Partei dienen, indem sie den Beweis liefern, daß unter den jetzigen russischen Verhältnissen terroristische Thaten unentbehrlich sind.