Gine internationale sozialistische
Kundgebung.
( Schluß.)
Bürger Krapotkin( Russe , Anarchist) begrüßt im Namen der Sektion der Propaganda von Genf mit einigen begeisterten Worten die junge sozialistische Partei Polens , die in die Internationale kommt, jene Weltorganisation, welche noch immer im Herzen und in den Gedanken aller Arbeiter der Welt besteht. Er betont vor allem, daß die polnischen Sozia listen von keinem polnischen Staat träumen, was in Anbetracht der in den nächsten(?) Tagen kommenden Revolution eine hervorragende Bedeutung habe.
Hierauf sprach Bürger War ynski( Pole) zu den zahlreich anwesenden russischen Genossen in russischer Sprache von den Beziehungen zwischen den polnischen und russischen Revolutionären, die schon seit langem, seit 1824 datiren; aber sie konnten früher feine innigen sein, da die Polen ihren Blick nur immer in die Vergangenheit, die Russen aber den ihren in die Zukunft warfen. Was sie damals vereinigte, war nur der gemeinsame Feind. Jetzt haben beide eine gemeinsame Arbeit zu vollbringen. Jetzt streben die polnischen Revolutionäre mit den russischen nach dem gleichen Ziele und ihr Kampf nicht nur gegen die russische Tyrannei; die russischen Sozialisten aber haben einen Theil der Arbeit übernommen. Jett gilt es nicht mehr, zu rufen:„ Es lebe Polen , nieder mit Rußland !" jetzt sind alle Bürger eines Landes, das viel unglücklicher ist als Polen des internationalen Proletariats!
Bürger Sukowski( Russe ) spricht sowohl in seinem Namen, als im Austrage der sozialistischen Gruppe Tschornji Peredjel". Er begrüßt in französischer Sprache die vorhandene Vereinigung der sozialistischen Intelligenz Polens und Rußlands und wünscht, daß derselben die Vereinigung zwischen den Arbeitern beider Länder nachfolge.
Hierauf wurde ein Theil der von allen Seiten eingelaufenen Briefe und Telegramme verlesen.„ Die sozialistischen Arbeiter Polens unter dem Joche des Zaren" sandten eine Begrüßung, in welcher sie den Grundsätzen der internationalen Solidarität Ausdruck gaben. Außerdem famen noch zwei weitere Briefe von sozialistischen Vereinen in Polen . Die übrigen Zuschriften und Depeschen kamen von 22 in Paris wohnenden russischen Sozialisten( mit den Unterschriften Lawroff's, Plechanow , Michail), von Gruppen polnischer Sozialisten in Bern , Rapperswyl, Jahsy( Rumänien ), von russischen Sozialisten in Zürich , von der revolutionären Gruppe " Freiheit" in Paris , von dem revolutionären Schriftsteller Tony Revillon in Paris , von Lawroff in Paris , von einer Gruppe ehemaliger Glieder des Generalraths der Internationale in London ( von Karl Marx , Friedr. Engels, Paul Lafargue und Lessner unterschrieben). Letztere Zuschrift erwähnt, welche wichtige Rolle die Polen in allen revolutionären Bewegungen der Welt stets gespielt haben, und schließt, daß die allgemeine Sympathie, welche die Polen dadurch gewonnen, jetzt dank der neuen polnischen sozialistischen Agitation noch gewaltig steigen müsse. Aus London tam weiter ein Brief von Leo Hartmann.
Hierauf nahm das Wort Bürgerin Vjera Sassulitsch, von großem Beifall empfangen. In russischer Sprache führte sie in kurzgefaßter Rede aus, daß es in Anbetracht der jetzt zu Stande kommenden Vereinigung der polnischen und russischen Sozialisten, die zu einer nahen Vereinigung des arbeitenden Volkes beider Nationalitäten führen könne, für die gemeinsame Sache schädlich wäre, Fragen der Nationalität, des nationalen Hasses zu erwecken; die polnischen und russischen Arbeiter, die polnischen und russischen Sozialisten können und müssen, unbekümmert um solche kleinliche Dinge, vereinigt zur Erringung einer besseren Zukunft wirken.
Sodann wurde abermals eine Anzahl Begrüßungsschreiben verlesen: von der auswärtigen Verkehrsstelle der sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands namens der Partei, von dem Ausschuß der deutschen Parteimitgliedschaft in Zürich , vom deutschen Arbeiterverein in Winterthur , vom sozialdemokratischen Verein in St. Gallen , vom Internationalen Verein in Zürich , von der sozialrevolutionären Gruppe in Bern , vom Buchbinderverein in Bern , von dem russischen Sozialisten Schemanow in Lausanne , von den russischen Sozialisten aus Bern , von der ,, groupe d'action" in Marseille , von der groupe d'action" in Lyon , von der Redaktion der ,, Voix de l'ouvriers" in Brüssel , vom Landesrath der belgischen sozialistischen Partei in Gent , von der Redaktion des ,, Etudiant socialiste" in Brüssel , vom Verein der Propaganda in Brüssel .
Zum Schluß faßte die Versammlung einstimmig folgenden Beschluß: In Erwägung: 1) daß die bisherigen revolutionären Bewegungen in Polen stets von den bevorrechteten Klassen unternommen waren und daß die Theilnahme des Volkes aus dem Grunde, weil dabei nur die Intereffen der Bevorrechteten berücksichtigt wurden, immer eine leidende war, 2) daß die wirkliche Befreiung des Volkes allein auf die Grundsätze der Gleichheit gegründet werden kann, welche eine vollständige Aenderung der sozialen Ordnung erheischen, 3) daß jede politische Bewegung der wirthschaftlichen Bewegung untergeordnet werden muß, 4) daß die Befreiung der Arbeit nur das Werk der Arbeiter selbst sein kann; erkennt die am 29. November in der Brauerei Schieß in Genf zur Feier der polnischen Revolution von 1830 zusammenberufene Sozialistenversammlung die internationale Verbrüderung der Sozialisten aller Länder als das einzige Mittel der Befreiung des polnischen Volkes und zugleich aller Völker aus der wirthschaftlichen, staatlichen und nationalen Knechtschaft. Ju Beantwortung der von polnischen Sozialisten, welche unter dem Joch des Zaren leben, gesandten Begrüßungsschreiben, sendet die Versammlung ihnen die Versicherung der Sympathie und Solidarität. neben Hierauf schloß der greise Vorsitzende Joh. Phil. Becker dem die Bürger und Bürgerinnen Viera Sassulitsch( Russin), Karl ( Deutscher ), Dalang( Französin) und Dluski( Pole) als Schriftführer amtirt hatten die Versammlung mit einigen zum Herzen gehenden Worten für die Verbrüderung der Sozialisten der ganzen Welt.
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Auf die Versammlung folgte ein einfaches Bankett, auf welchem Bürger Dlusti namens der polnischen Genossen emen mit allgemeinem Beifall aufgenommenen Trinkspruch auf den nächstjährigen sozialistischen Weltkongreß in Zürich ausbrachte, von dem alle Sozialisten hoffen und wünschen, daß er das geistige Band, welches die Sozialisten aller Länder längst umschlingt, verkörperlichen und eine neue Internationale schaffen möge!
Diese Kundgebung ist insbesondere für den jungen polnischen Sozialis mus von großer Bedeutung. Hat er doch gezeigt, daß er, die wahren Interessen des Proletariats ins Auge fassend, sich von allen alten, blos landespolitischen Bestrebungen lostrennt und offen, frei und ohne Rückhalt in die große Bruderfamilie der Sozialisten aller Länder eingetreten ist. Die Kundgebung hat weiter gezeigt, wie von dem überlieferten nationalen Haß der Polen gegen die Russen unter den Sozialisten beider Länder nichts zurück geblieben ist, sondern wie sich beide als Brüder und Glieder eines Bundes betrachten. Dadurch und durch die erfreuliche Uebereinstimmung und brüderliche Gesinnung, welche in den Worten aller Redner zum Ausdruck kam, hat ferner der Gedanke der internationalen Verbrüderung unter den Sozialisten aller Länder eine neue, tiefgehende Anregung erhalten, die weiter wirken und sicherlich zur ersehnten Vereinig ung mächtig beitragen wird. Wir schließen mit den Worten, mit welchen wir die Kundgebung begrüßten: Hoch die aufblühende polnische Bewegung! Es lebe der internationale Sozialismus, der Befreier und Vereiniger der Völker!
Der Prozeß der„ Narodnaja Wolja " und des revolutionären Exekutivkomites vor dem petersburger Kriegsgericht.
7. bis 12. November( 25. bis 30. Oktober). ( Fortsetzung.)
2) Stepan Schiriajeff, 23 Jahre alt, Bauer aus dem saratower Gouvernement, besuchte zuerst das saratower Gymnasium und dann die Thierarzneischule zu Charkow . Schon am Gymnasium nahm er revolutionäre und sozialistische Ideen in sich auf, Ende 1877 floh er vor den er bis Ende 1878 Verfolgungen der Behörden in das Ausland, wo
blieb. Während dieser Zeit arbeitete er in London und Paris in technischen und chemischen Fabriken. Dann kam er nach Rußland zurück und schloß sich den Personen an, die später die Partei„ Narodnaja Wolja " bildeten; verhaftet wurde er am 4. Dezember 1879 zu Petersburg unter dem Namen Smirnizki.
Auf die gegen ihn gerichteten Anklagen erklärte er: a) Dem Kongresse habe er beigewohnt; als Zweck desselben erklärte er dasselbe wie Kwiat
kowski und fügte hinzu: Bis 1876 war die sozialistische Partei eine Partei der Propaganda; erst die grausamen Verfolgungen und harten Verurtheilungen der Propagandisten veranlaßten sie, revolutionär zu werden. 1876 bildete sich die Organisation der Narodniks. Spätere Ereignisse brachten mehrere Mitglieder dieser Organisation zur Ueberzeugung, daß die ökonomische Freiheit des Volkes erst nach dem Sturz des jetzigen Systems erfolgen könne. Daß sich die Partei„ Narodnaja Wolja " von der früheren Organisation nur durch die terroristische Thätigkeit unterscheide, wie Goldenberg anyab, sei unrichtig; solche Thatsachen waren auch schon bei der früheren Organisation anerkannt( Sassulitsch und andere); die revolutionären Gewaltthaten hingen von den Gewaltthätigkeiten der Regierung ab. Die Leute, welche sich mit der Ausführung des terroristischen Theils den lipezker Programms beschäftigen, bildeten das Exekutivkomite.1) Weder er noch Goldenberg waren Mitglieder der alten Narodniks Organisation und konnten daher nicht alle Veranlassungen zur Berufung des Kongresses kennen. Von Lipezk begaben sich die Mitglieder der alten Organisation nach Waronesch, wo der Kongreß der alten Narodniks( die spätere Fraktion des„ Tschornji Peredjel" stattfand, um dort ihre Ansichten über die politische Thätigkeit der Partei zu erörtern. b) An der moskauer Affäre habe er Theil genommen; die Form der Ausführung wurde in Lipezt nicht besprochen, sondern die Sache nur prinzipiell beschlossen. Als Chemiker verfertigte er mit anderen Personen Dynamit. Das Urtheil lautete auf Tod; wurde vom Zaren in lebenslängliche Bergwerkszwangsarbeit umgewandelt.2)
3) Sundelewitsch Aaron, 26 Jahre alt, Sohn armer israelitischer Eltern in Wilna ; studirte bis zu 16. Jahr Talmud , erlernte die russische Sprache als Autodidakt und betrat die Rabbinerschule zu Wilna , welche er indeß nicht zu Ende bringen konnte, da sie 1873 von der Regierung geschlossen wurde. 1875 wurde er beschuldigt, in Gemeinschaft mit anderen Personen eine geheime Gesellschaft gestiftet und verbotene Schriften in Wilna verbreitet zu haben. Er konnte indessen noch rechtzeitig ins Ausland entfliehen, kam aber nach einer kurzen Zeit wieder nach Rußland zurück und war bis zu seiner Verhaftung einer der thätigsten Mitglieder des linken Flügels der konservativen Partei. Er wurde am 28. Oftober 1879 zu Petersburg in der kaiserlichen Bibliothek verhaftet, ³) wobei einige Nummern der„ Narodnaja Wolja " nnd andere Schriften bei ihm vorgefunden wurden.
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Sundelewitsch bekannte: a) den Zusammenkünften vor dem 2. April beigewohnt zu haben; die Einzelheiten gab er an wie Kwjatkowski. Auf die Frage, ob Solowjoff das Attentat ausgeführt hätte, auch wenn sie, ( Sundelewitsch und Kwiatkowski) als Mitglieder der Organisation der Narodnaja Wolja " es nicht gebilligt hätten, antwortete er mit ja. Die Gespräche über den Zarenmord bei den Zusammenkünften waren rein theoretische; Goldenberg bot sich wirklich zur Ausführung des Attentats an, aber Sundelewitsch sprach heftig dagegen. Goldenberg wußte bis zur letzten Zusammenkunft nicht, daß Solowjoff das Attentat ausführen werde, Kobyljanski aber wußte es auch nachdem noch nicht, der beste Beweis, daß die Versammlungen keine entscheidende Bedeutung hatten. b) Als der in Odessa hingerichtete Liso gub seine Erbschaft antrat, betrug sein Vermögen nach den Angaben seiner Brüder 150-180,000 Rubel, nach seiner Hinrichtung aber nur 30,000. Da die Regierung voraussetzte, daß Lisogub das fehlende Kapital für die Bedürfnisse der Partei ausgegeben, so wurde eine Untersuchung hierüber eingeleitet, in welche auch Sundelewitsch verwickelt wurde. Ueber das Ergebniß derselben sagte S. aus: Wohin Lisogub seine Kapitalien vor seiner Verhaftung in Odessa gethan, wisse er nicht, wahrscheinlich seien sie für die Partei ausgegeben worden. Nach Lisogubs Verhaftung wurde er, Sundelewitsch, Ende 1878 von der Organisation der Narodniks bevollmächtigt, das Vermögen 2.'s zu liquidiren, zu welchem Behuse er sich auf das Gut des letztern bei Tschernigow begab, um mit dem Verwalter Drigo, dem er einen vertraulichen Brief von L. aus dem Gefängnisse brachte, zu sprechen. Anfang 1879 tam S. nochmals, erhielt von Drigo ca. 4,000 Rubel, übergab dann aber die Unterhandlung einem andern Mitglied und begab sich ins Ausland, um einen Bankier zu finden, der die Wechsel von Lisogub annehme und die Eintreibung besorge. Aber es gelang ihm nicht; bald nach seiner Rückkehr aber wurde er verhaftet, nachdem währenddessen Lisogub hingerichtet und Drigo in die Untersuchung mit einbezogen worden war. In seiner Schlußrede entwickelte S. den Gedanken, daß der Sturz- der heutigen Gesellschaft durch die Propaganda erreicht werde; die Gewaltthaten der Partei seien nicht darauf gerichtet, die Gesellschaft zu stürzen, sondern bezwecken lediglich die Erreichung der Rede- und Versammlungsfreiheit. Das Urtheil lautete auf lebenslängliche Zwangsarbeit in Berg
werfen.
4) Tichanoff Jakob, 28 Jahre alt, Bauer aus dem smolensfischen Gouvernement, verheirathet, Schlosser und Weber. 1875 wurde er beschuldigt, unter den Arbeitern Propaganda gemacht zu haben, verhaftet und 1876 auf dem Verwaltungswege nach Pinega( im archangelst'schen Gouvernement), verbannt, wo er jedoch im November 1877 entfloh. Am 3. November 1878 in Moskau verhaftet, gelang es ihm am 4. März 1879 in ganz wunderbarer Weise aus dem Gefängniß zu Moskau zu entfliehen. Am 24. November 1879 wurde er indeß zu Petersburg abermal verhaftet.
Er bekannte, an dem Eisenbahnattentat bei Alexandrowsk theilgenommen zu haben, erklärt aber, nicht Mitglied der terroristischen Fraftion gewesen zu sein. Er vertheidigte sich nicht; als er in seinem Schlußwort heftige Worte gegen das Gericht richtete, wurde er aus dem Saale geführt. Er wurde zum Tode verurtheilt, welches Urtheil aber vom Zaren in lebenslängliche Zwangsarbeit in Bergwerken umgewandelt wurde.
5. Oklabski Iwan, 22 Jahre alt, Bürger der Stadt Noworschow ( psfower Gouvernement ), Schloffer, arbeitete von 1872 an in verschie denen Fabriken zu Petersburg , schloß sich 1874 der sozialistischen revolutionären Partei an. In den Verdacht gekommen, unter den Arbeitern Propaganda gemacht zu haben, verließ er Petersburg , um den Händen der Polizei zu entgehen. Von da an lebte er unter verschiedenen falschen Namen; seine Verhaftung erfolgte am 5. Juli 1880 zu Petersburg . Er bekannte sich als Mitglied der Fraktion„ Narodnaja Wolja ", sowie
der Theilnahme an dem Attentat bei Alexandrowsk, bezüglich dessen er hinzufügte, daß, wenn es nicht gelungen sei, er feine Schuld daran trage. Er vertheidigte sich nicht, sondern benutzte sein letztes Wort nur, um zu bemerken, daß die Anklage gegen ihn lediglich auf seinem eigenen Ge ständniß beruhe( die Aussage Goldenbergs gegen ihn wurde durch die Thatsache nicht bestätigt); dies Bekenntniß habe er aber nicht darum gemacht, weil er etwa Reue empfinde oder sein Schicksal lindern wolle. Als er hierauf anfing, seine Anschauungen in gehörigen Redensarten" zu entwickeln, wurde ihm das Wort abgeschnitten. Er wurde zum Tode verurtheilt, sodann zu lebenslänglicher Bergzwangsarbeit„ begnadigt".
6. Presnjakoff Andrei, 24 Jahre alt, Bürger von Oranien burg ( petersburger Gouvernement ), studirte im Lehrerseminar. Von 1875 an arbeitete er, um Propaganda zu machen, als Schlosser in petersburger Fabriken. Er wurde 1877 verhaftet und angeklagt: 1) Der Verbreitung sozialistischer Anschauungen, 2) der Ermordung des Geheimpolizisten Scharaschkin. Im April 1878 gelang es ihm, aus der Haft zu fliehen, ¹) worauf er ins Ausland ging und dort bis März 1879 verweilte. Zurückgekehrt wurde er am 24. Juli zu Petersburg verhaftet, wobei er bewaffneten Widerstand leistete, einen Portier tödtete und einen Dwornik ( Hausmann, welche in Petersburg der Polizei untergeordnet sind) verwundete.
Er bekannte, daß er der Partei„ Narodnaja Wolja " angehört habe, nach Simferopol gereist sei, um die Abreise des Zaren nach Alexandrowsk mitzutheilen; zu welchem Zwecke indes letzteres geschah, wisse er nicht, ahnte es aber. Bewaffneten Widerstand habe er nicht leisten wollen; er wollte blos bürgerlich gekleidete Personen( der Polizeikommissar war nicht in Uniform), die ihn auf der Straße aufhielten, erschrecken, um fliehen zu können. Er erklärte sich mit seinen Genossen auf der Anklagebank über die Gründe der jetzigen Bewegung einverstanden. Wurde zum Tode verurtheilt und am 3. November aufgehängt.
( Schluß folgt.)
1) Schirjajeff sette das auseinander, weil sich unter den Angeklagten folche befanden, welche der Partei der„ Nar. Wolj," angehörten, aber nicht dem Exekutivkomite, wie er. 2) Der Staatsanwalt und seine Gehilfen forderten, den Militärgesehen gemäß, für die sämmtlichen Angeklagten das Todesurtheil.
3) Ganz zufällig, indem ihm beim Ausziehen des Oberrockes eine Flugschrift entfallen war, ohne daß er es gemerkt hatte, worauf ihn der Portier denunzirte.
4) Als man ihn zum Untersuchungsrichter führte, warf er einen Haufen Schnupftabat den Polizisten in die Augen, sprang aus dem Wagen, warf sich in eine auf ihn wartende Kutsche und verschwand.
Sozialpolitische Rundschau.
Nach vielen Volksfeindlichem hört man doch endlich auch von etwas Besserem. Der Bundesrath hat den Entwurf eines Haftpflichtgesetzes vorgelegt. Selbstverständlich gibt derselbe die Verbesserung des Arbeiterloses nur in homöopathischen Gaben, aber es ist doch etwas. Eine vernünftige Bestimmung ist besonders, daß die Beweispflicht nicht wie in Deutschland dem Arbeiter, sondern dem Arbeitgeber auferlegt ist, und fernerhin ſetzt der Entwurf über das Haftpflichtgesetz hinaus eine Entschädigung im Fall von Krankheiten, welche in gesundheitschädlichen Fabrikbetrieben durch diese verursacht wurden, fest. Dagegen foll die höchste Entschädigungssumme nur 6000 Franken betragen. Wir werden wohl gelegentlich ausführlicher über den Entwurf sprechen.
Einen arbeiterfreundlichen Schritt hat der Nationalrath( Abgeordnete) Frei gethan, indem er den Antrag stellte, der Bundesrath solle sich mit den auswärtigen Regierungen zur Anbahnung einer internationalen Arbeitsgesetzgebung ins Einbernehmen setzen. Der Antrag hat zwar wenig Aussicht, aber er wird nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden, bis diese nothwendige Forderung erfüllt sein wird.
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* Das„ Ereigniß" der Woche ist die Entdeckung einer großartigen Sozialistenverschwörung". Es handelt sich um die schon in unserer letzten Nummer erwähnten Verhaftungen in Frankfurt a/ M., Darmstadt , Eberstadt und Mannheim , die von der eines Erfolges" gegen uns bedürftigen Regierung zu einer Haupt- und Staatsaffäre aufgebauscht werden. Was wir bis jetzt von der Sache erfahren konnten, ist folgendes.
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Allem Anschein nach wollten etwa anderthalb Dutzend von der Freiheit" gegängelte Leute am Sonntag den 5. ds. auf dem in der Nähe von Darmstadt liegenden sogen. Dippelshof einen sozialrevolutionären Kongreß" halten. In bekannter londoner Art wurde die Sache indeß so schlau angefangen, daß die Polizei längst von der Absicht, ja sogar von näheren Umständen, z. B. von den Paßworten() der sich Versammelten Kenntniß hatte. Infolge dessen wurde am 3. ds. vier darmstädter Arbeiter: Böll, Braun, Mahr und Jakoby, welche angeblich den Empfangsausschuß bildeten, verhaftet, worauf sich die Polizei an ihrer Stelle als Empfangsausschuß aufstellte und die sich ihr vertrauensvoll Nähernden festnahm; auch waren auf den nach Darmstadt führenden Bahnen alle Stationen polizeilich besetzt. Natürlich folgten nun, und da auch bei verschiedenen Verhafteten verrätherische Papiere 2c. gefunden worden sein sollen, Haussuchungen, Polizeiüberfälle, Briefdiebstähle zc. in Menge. So in ben benachbarten Orten Eberstadt , Pfungstadt , Arheilgen , wo Briefe, Schriften 2c. beschlagnahmt wurden. In Darmstadt selbst dauerten die Verfolgungsmaßregeln soweit unsere Berichte reichen-bis zum 10. ds. fort; vielleicht sind sie noch nicht zu Ende. In wie weit die ähnlichen Polizeimaßnahmen in Mannheim , Mainz , Frankfurt mit der Sache zusammenhängen, ist uns noch unklar. Von ersterem Ort sollen zwei Mann auf dem Dippelshof gewesen und sind verhaftet. Am 6. begannen Haussuchungen im großartigen Maßstab. Etwa 50 Schußleute und Gensdarmen umstellten gegen 10 Uhr die Fabrik von Bopp und Reuther und begannen alsdann eine äußerst scharfe Durchsuchung der einzelnen Arbeiter, deren Kleider, Schränke und Schubladen. Ueber das in der Fabrik erzielte Resultat ist nichts bekannt, doch soll bei gleichzeitig bewirkten Haussuchungen in Wohnungen eine nicht unbedeutende Anzahl Blätter, Schriften, Briefe 2c. mit Beschlag belegt worden sein. Auch in Mainz wurde scharf gehaussucht. In Frankfurt will die Polizei in einem Haus der Judengasse Druckvorrichtungen(?), Briefe von im Ausland lebenden Agitatoren" u. dgl. gefunden haben. Indessen scheint es, daß die frankfurter Maßnahmen mit der„ Kongreßgeschichte" in keinem sachlichen Zusammenhang stehen und daß es sich hiebei lediglich um eine am 20. Ott.( beim Kaiser= bejuch) bewirkte Flugschriftenverbreitung handelt. Dagegen soll die in Augsburg vorgenommene Verhaftung des aus London fommenden Sozialrevolutionärs" Dave, des jetzigen Intimus des Herrn Most, sowie die Verhaftung des derselben Richtung angehörigen augsburger Arbeiters Lichtensteiger in Frankfurt mit der darmstädter Geschichte in Verbindung stehen.
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Daß die Polizei in heller Freude ist über die endlich gefundene Handhabe zur Einleitung eines wirkungsvollen Monftreprozesses, ist klar, und suchen denn auch die gewürfeltsten Polizisten die aufgefundenen großen und kleinen Fäden zu einem kunstreichen Gewebe zu verknüpfen, das den staunenden und schaudernden. Spießbürgern als Hochverrath" und„ Verschwörung" präsentirt werden soll. Das ist offenbar auch der Grund, weshalb man die wahrscheinlich von der frankfurter Flugschriftenverbreitung ganz unabhängige, Rongreß" geschichte mit ersterer zusammenwirft und alle Gefangenen, sowie die sonstigen Untersuchungsergebnisse von allen Seiten nach Frankfurt schickt( die sieben darmstädter Verhafteten wurden am 10. nach dort geschafft). Außerdem hat man ja bort ,, bewährte" Richter. Indessen wird die Polizei mit dem„ Hochberrath" troß ihrer Findigkeit doch kaum Geschäfte machen; und wenn nicht noch viel unerhörtere sagen wir einstweilen: Ungeschicklichkeiten begangen wurden, so dürfte der kreisende Berg höchstens das Mäuslein einer Anklage wegen Zuwiderhandlung gegen das Sozialistengesetz und höchstens noch wegen geheimer Berbindung gebären. Ob aus der von Reptilienblättern berichteten geplanten Verhängung des Belagerungszustandes über Frankfurt und Unigegend unter solchen Umständen etwas wird, ist sehr zweifelhaft. Hoffentlich können wir nächstens Genaueres über die Sache berichten. Uebrigens verweisen wir noch auf unsern heutigen darmstädter und augsburger Bericht.
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Nun ein Wort über unsere Stellung zu der„ Kongreß"-Angelegenheit. Die deutsche Sozialdemokratie hat sich nie vor Ge= fahren und Verfolgungen gescheut; sie hat ärgere Dinge als solche Kleinigkeiten durchgemacht und sich freimüthig und stolz zu ihren Verbrechen" bekannt sie wird es auch ferner thun. Aber sie vertritt nur solche Handlungen, welche von ihr beschlossen und gutgeheißen, welche die ihrigen sind. Die Verantwortung für unüberlegte Streiche, von deren Planung sie nichts weiß und deren Tendenz und Ausführung ihren Grundsäßen und Absichten widersprechen, muß sie ablehnen und die Vertretung
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