Omob Kann ein Mann, der die einschneidendsten Fragen und Verhältnisse so wenig kennt, an der Spitze des Staates belassen werden?
Hee Sache der Wahlflugblätter ist es, die nöthigen Ziffern und Beweise weise zusammenzustellen und die Frage klar und scharf zu stellen.
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Durch seine sogenannte„ Wirthschaftsreform" hat Bismarck mit Austvo nahme einiger Großindustrieller und Großgrundbesitzer, zu welchen letztehlver ren er selbst gehört, dem gesammten Volke schweren Schaden zugefügt,
die Lebensmittel vertheuert und unsere Erwerbsfähigkeit dem Auslande as be gegenüber wesentlich vermindert. Der Rückgang" auf allen wirthschaftTot lichen Gebieten ist so augenfällig, daß Bismarck , obgleich er ihn leugnet, , der ihn thatsächlich zugesteht, indem er Maßregeln zur Hebung des KleingeCochte werbes und zur Besserung der Lage der arbeitenden Klassen vorschlägt. timm Die Maßregeln, die er vorschlägt, sind seiner nationalökonomischen Kenntha nisse würdig.
Dem Kleingewerbe soll durch zwei Mittel aufgeholfen werden: einmal Ihr durch Schutz gegen den Wucher, zweitens durch Organisation von wide Innungen.
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Schutz gegen Wucher! Warum leidet überhaupt das Kleingewerbe unter dem Fluche des Wuchers? Die Antwort ist sehr einfach: weil es keinen Kredit hat. Und warum hat es keinen Kredit? Weil das Kleingewerbe die Konkurrenz mit der Großproduktion nicht aushalten kann und in Deutschland seinem Untergange entgegengeht, wie es in dem wirthschaftlich fortgeschrittenen England bereits seit Langem zu Grunde gegangen ist. Diejenigen, welche in dem Wucher die Ursache des Darniederliegens des Kleingewerbes erblicken, machen sich einer lächerlichen Verwechsschaft lung von Ursache und Wirkung schuldig. Das Kleingewerbe geht hafts nicht zu Grunde, weil es dem Wucher verfallen ist, sondern es ist dem gt. Wucher verfallen, weil es zu Grunde geht.
n der Wir sympathisiren gewiß nicht mit den Wucherern, aber die Er70/71 fahrung hat leider bewiesen, daß Strafgesetze dem Wucher gegenüber abiterns solut ohnmächtig sind, ja die Neigung haben, ihn zu verschärfen; und - und so natürlich es ist, daß, wo ein verendendes Thier liegt, die Raben und Geier sich sammeln, so natürlich ist es, daß, wo eine verendende Erwerbse, hat form sich findet, die Wucherer sich sammeln. greift
Wer in geregelten Vermögensumständen lebt und sich wirthschaftlicher ffalen und finanzieller Prosperität erfreut, schwebt nicht in Gefahr vor Wucherern. legen Und wer in ungeregelten Vermögens- und Erwerbsverhältnissen sich beerden findet, kann durch kein Strafgesetz vor Wuchern bewahrt werden. svolle Die Bismarck 'sche Wuchergesetzgebung ist also die reinste Pfuscherei. Hand Nicht besser steht es um das Innungsprojekt.
So weit der jetzt dem Bundesrath( vielleicht wenn dies gedruckt wird, Bärten schon dem Reichstag ) vorliegende Gesetzentwurf nicht auf leere Spielerei St mit hinausläuft, bezweckt er in verschämter Weise die Wiederзизи herstellung des mittelalterlichen Zunft- und Gilden'
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Berson Selbstverständlich will man dies nicht gelten lassen, selbstverständlich redet man von grundsätzlichen Verschiedenheiten, indeß, das ändert nichts graben an der Sache. oppelt ,, sich wendet und wie er sich dreht, der Zopf, der hängt ihm hinten" nämlich der Zunftzopf. Nun hat aber die Statistik, hat der jüngste Zensus, haben die Ende des vorigen Jahres erschienenen Berichte der deutschen Fabrikinspektoren für jeden Menschen, der Augen hat, zu sehen, und Ohren, zu hören, mit rieden überwältigender Massigkeit des Beweismaterials den Beweis geliefert, eses daß das Kleingewerbe in Deutschland in den letzten Zügen liegt, daß der Uebergang der mittelalterlichen Kleinproduktion in die moderne Großa dar produktion sich mit rapider und zunehmender Geschwindigkeit vollzieht. telbar Wer von den ökonomischen Entwicklungsgesetzen einen Begriff hat, weiß, h die: daß hier ein Prozeß vor sich geht, der nicht aufgehalten werden kann, hm zu und dessen Verhinderung obendrein, wenn sie möglich wäre, als eine nationale Kalamität betrachtet werden müßte. Kosten Denn Erhaltung des Kleingewerbes, das heißt nicht mehr und wicht Mart weniger, als Vernichtung der Großproduktion, Rückkehr in die er 30 mittelalterlich beschränkte Arbeitsorganisation. Kleinproduktion und Zunftproduktion können auf die Dauer nicht nebeneinander bestehen; und den Sieg der Großproduktion verhindern zu wollen, ist ein utopisches Bemühen, das nach einigen gemeinschädlichen Experimenten zu einem jämmerlichen Fiasko führen muß. Wir hatten erst geschrieben: lächerliches Fiasko Charlatanismus , welchen eine unverantwortliche Diktatur einem Volke von 45 Millionen als rettende Staatsweisheit aufzwingt, hört auf, lächerlich zu sein, er ist ein Verbrechen.
Genug ,,, wie er" der Herr Reichskanzler
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Paris , 6. März. Eine gute Nachricht für die Partei ist die, daß der„ Citoyen", welcher t und sich in sehr gefährdeter Lage befand, nicht blos sichergestellt ist, sondern It auf auch der Partei erhalten bleibt, die in ihm ein vollkommen unabhängiges Bhör Organ besitzt. Die Sozialdemokratie hat damit in Paris drei Tagesblätter, die ihre Interessen vertreten, die Justice", den Intransigeant" und den„ Citoyen".
Seite Gegen den„ Intransigeant" herrscht allerdings noch immer viel Mißtrauen. Es ist merkwürdig, daß gerade die bei der Masse populärste Persönlichkeit, daß Rochefort es ist, dem seitens tüchtiger Partei
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? 3 genossen das wenigste Vertrauen entgegengebracht wird. Es findet das roßen seine Erklärung in der Natur und Geschichte des Mannes. In einem usch dem französischen Wesen besonders zusagenden Genre der Journalistik ist preche er Meister und hat große Erfolge darin aufzuweisen. Als Publizist seinen Gegnern persönlich zu Leib gehend, hat er durch seine Kampfesweise seine Person in den Vordergrund gestellt und ihr ein außerodentliches Sach Brestige verschafft.
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Auf der andern Seite fehlen ihm solide Kenntnisse und bestimmte, geklärte Parteigrundsätze und fehlt ihm, was ihm zweimal verhängnißpoll zwirth wurde, die Ruhe des Ueberblicks und der Aktion in entscheidenden MoKönig menten.
ügend Beim Begräbniß Victor Noir' s, wo Napoleons Thron auf einem Fällen Bulverfasse stand, wurde Rochefort ohnmächtig und 1871 benahm er sich llionen nicht nur nicht als braver, unerschrockener Parteimann, sondern ließ sich hlagen zu pofitiver Verläugnung des Prinzips und feigen Appellationen an die dessen Gnade seiner Feinde fortreißen.
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Das ist ihm ja neulich von Gambetta unter die Nase gerieben worden. Aber das Volk hat Rochefort verziehen, was es keinem andern verVerluf ziehen hätte.« Es meint, Niemand kann für sein Naturell verantwortlich gemacht werden, und wegen einer momentanen Schwäche dürfe man einen Mann nicht über Bord werfen, welcher der Sache des Volkes so viel Dienste geleistet habe und noch leisten könne.
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Es gibt indeß trotzdem gar Manchen und die Schlechtesten sind es er ein nicht, die Rochefort mit Mißtrauen betrachten.
? Ein Und es ist allerdings wahr, Rochefort ist kein Sozialdemokrat, er hat Galse von Sozialismus, von Nationalökonomie, von der wirthschaftlichen Lage einen Frankreichs nicht die leiseste Ahnung.
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Aber dafür ist Rochefort ein Revolutionär und ein Mann, bei dem der revolutionäre Instinkt den Mangel an Kenntnissen und Prinzipien paralyfirt. Er steht mit ganzer Seele auf Seite des ProleHohen tariats, und wenn er auch nichts von der sozialistischer: Theorie versteht izollern und von Klassenkampf und Klaffengegensäßen keine Idee hat; so halte ich seine ihn doch für unfähig, der Sache des Volkes den Rücken zu kehren. m fid
Nur muß man ihn nehmen, wie er ist nichts von ihm erwarten, at vo was er nicht leisten kann.
Er und sein Intransigeant", den er in loyaler Weise den durchgebildeteren Parteigenoffen zur Verfügung gestellt hat, werden uns also, meiner festen Ueberzeugung nach, nicht im Stiche laffen.-
Die Verschmelzung der sozialistischen Gruppen geht zwar langsam vor sich, aber sie geht vor sich. Im Namen Maroteau's, des von den Versaillern auf die trockene Guillotine geschickten Journalisten der Kommune, haben sich die meisten der Kommunarden und Kommunardenfreunde vereinigt, die bisher durch allerlei Differenzen, die meist mit Prinzipien gar nichts zu thun haben, von einander ge
trennt waren.
Und auch sonst vollzieht sich die gegenseitige Annäherung mehr und mehr. Die tollen Orgien der Phrase, in denen sich eine Anzahl Sozialisten, zum Gaudium der Gegner, Monate lang erging, haben seir den klärenden Ereignissen der letzten Kommunalwahlen ganz aufgehört.
Daß Apté, der Mann der Kriegsgerichte von 1871 und der Freund Gallifets bloß zu 6 Jahren Gefängniß verurtheilt worden ist, ist ein Skandal, welcher beweist, wie korrupt unsere Gerichte sind. Daß er aber überhaupt verurtheilt werden mußte, wegen so gräulicher Verbrechen wider die Sittlichkeit, das ist ein schwerer Schlag für die Ordnungspartei. Beiläufig hat sich vorgestern vor acht Tagen der Herzog von Elchingen , ein Schwiegersohn des Marschalls Ney, ebenfalls Freund Gallifets, erschossen, weil er auf dem Punkte stand, wegen Unzucht vor Gericht gezogen zu werden. Das ist die Moral der Selim. Ordnungsmänner und der herrschenden Klassen!
Sozialpolitische Rundschau.
Am 13. März feierte der Internationale Arbeiter- Verein Zürich im Hottinger Kasino den Gedenktag der März- Ereignisse der Jahre 1848 und 1871. Die Festrede hielt Genosse Motteler aus Leipzig , der in zündender, mit stürmischem Beifall aufgenommener Darstellung nachwies, wie der wesentliche Untergrund aller revolutionären Erhebungen der Ruf nach Brod gewesen sei. Deklamatorische Vorträge, Chor- und Massengesang, sowie Darstellungen der Turnsektion des Deutschen Arbeitervereins füllten den übrigen Theil der außerordentlich gut besuchten Feier aus. Die Züricher wohlgesinnte Presse kann natürlich nicht umhin, unsere Märzfeier in der ihr üblichen Weise zu glossiren, wir sehen aber keinen Grund, uns mit ihren verbrauchten Ergüffen zu befassen, nur in dem Bericht der„ Neuen Zürcher Zeitung " finden wir eine Stelle, die zu genial ist, um den Lesern des„ Sozialdem." vorenthalten zu werden. Es heißt da:
„ Nach der Festrede trat noch ein Fräulein auf und deklamirte ein höchst widerliches Gedicht, in welchem eine Nätherin sich in langweiligen Tiraden und Wiederholungen über ihre Arbeit ausdrückt, welche die ärgste Sklaverei in sich schließe und Höllenqualen erzeuge, in deren übertriebener Schilderung sie selbst einen Dante zu überbieten suchte."
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Also ein höchst widerliches Gedicht! Wie schade, daß dieses widerliche Gedicht seinerzeit so großes Aufsehen machte, daß sein Verfasser sich auf den Grabstein schreiben ließ„ Er dichtete das Lied vom Hemde". Denn dieses, von dem höchst widerlichen" Dichter Ferd. Freiligrath ins Deutsche übertragene ergreifende Gedicht ist es, welches den Widerwillen des geistvollen Reporters erregte. Wie kann man auch Verse dichten, wie den folgenden:
Mit Fingern mager und müd,
In schlechten Hadern saß ein Weib, Nähend fürs liebe Brod. Stich! Stich! Stich!
Auffah sie wirr und fremde;
In Hunger und Armuth flehentlich D, schwäng gelaut zu den Reichen fich! Sang fie dies ,, Lied vom Hemde".
Das Petersburger Attentat gibt der gesammten kontinentalen Presse aller zur reaktionären Masse gehörigen Parteien willkommene Veranlassung, fich in ihrer ganzen Jämmerlichkeit bloßzustellen. Hündische Kriecherei einerseits, feige Verläugnung der bisher verfochtenen Prinzipien andererseits, das ist das Bild, welches aus der gesammten nichtproletarischen Literatur entgegenleuchtet. Wir gestehen es offen, wir hätten uns nicht träumen lassen, daß es schon soweit mit dem Verfall der heutigen Gesellschaft gekommen wäre. Welches Blatt wir auch in die Hand nehmen mögen, wir stoßen nur auf Worte des Abscheu's, des Entsetzens, alles natürlich nur erheuchelt, der Entrüstung, der tiefsten Betrübniß,
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denn wer von dem Zeitungsgeschwister kümmert sich im Ernst um die Person des russischen Zaren. Ja, einzelne Blätter können sogar ihre stille Freude nur unschwer hinter den Ausrufen„ teuflische Pläne, ruchlose Bosheit 2c." verbergen, andere benutzen die Gelegenheit, um ihre unbequemen Gegner zu denunziren.*)
Nirgends aber, selbst nicht auf der äußersten Linken der bürgerlichen Demokratie finden wir das Wort, welches für den gewaltsamen Tod Aleranders des Zweiten allein zutreffend ist: Nemesis.
Nemesis für die hingeschlachteten Polen, Nemesis für die in Sibirien dem sicheren Elende überlieferten Freiheitskämpfer, Nemesis für die um ihrer Ueberzeugung willen Erhängten, Nemesis für die der czarischen Eroberungssucht zum Opfer gefallenen Soldaten von hüben und drüben, Nemesis vor Allem für den 11. September 1877.
Erinnert Ihr Euch nicht mehr, Ihr weichherzigen Gemüther, des famosen Sturmes auf Plewna zu Ehren des kaiserlichen Namenstages, wo der„ milde" Alexander II . auf einer zu diesem Zweck extra errichteten Tribüne mit einem Opernglase das so menschliche Schauspiel betrachtete, wie sich Russen, Rumänen und Türken seiner Eitelkeit 31 Liebe gegenseitig abschteten? Wie die russischen Soldaten beim dritten Anlauf mit Revolvern in den Kampf getrieben wurden? Habt Ihr, gefühlvolle Seelen, die Berichte über die Schreckensnacht, die jenem gewissenlos inscenirten Schauspiele" folgte, bereits wieder vergessen? Lest fie nach, die Berichte der„ Daly News" in denen der russenfreundliche Korrespondent dieses Blattes erzählt, wie schrecklich ihm, dem an die Kriegsgreuel längst gewöhnten Mannte, das Stöhnen der Zehntausende von Verwundeten, die in der heißen Sommernacht elend verschmachteten, in die Ohren drang. Zehntausende kamen um zur Feier des czarischen Namenstages, was ist empörend, was ist scheußlich, was ist teuflisch? Antwort, Ihr Thränendrüsen!
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Also hat die Eskorte auch nichts genützt, soll Kaiser Wilhelm gesagt haben, als er von dem gelungenen Attentate hörte. Das ist allerdings das schrecklichste dabei, daß auch die Eskorte nichts mehr nützt. Nicht Roß nicht Reisige, sichern die steile Höh, wo Fürsten stehn", man sollte diesen Vers als hochverrätherisch verbieten! Die ,, Genialität" unsers Reichskanzlers scheint namentlich in eine m Ueberfluß an Phantasie zu bestehen. Diese spielt ihm manchmal eigen thümliche Streiche. In der Reichstagssigung vom 4. März erklärte er ganz emphatisch, er habe in seinem Ministerhotel„ nur ein einziges Ankleidezimmer unten. Oben habe ich fünf Zimmer; darauf beschränkt sich mein ganzer Privatantheil". Nun wird in einer Petition des Berliner Magistrats allerunterthänigst konstatirt, daß die Privatwohnung des Reichskanzlers in Berlin nicht weniger als zweiunddreißig 3 immer umfaßt.
*) Nach dem Wiener Pfaffenblatt„ Vaterland" hätte die„ Alliance Israelite Universelle " den Tod auf dem Gewissen. Auch gut.
Zweiunddreißig in fünf Zimmer zu verwandeln, dazu gehört eine Phantasie, deren Genialität selbst durch die größten Mengen Wasser" nicht zu erklären ist. Bei einem gewöhnlichen Menschen würde man das eine unverschämte Lüge nennen, bei Bismarck nennt man's irrige Auffassung". So drücken sich die Fortschrittler aus, die Bismarck der unehrenhaftesten Gebahrungen geziehen hat, und die ihrer Wuth und Entrüstung in einer devoten Petition Ausdruck gegeben haben. Eine Opposition, welche so kastrirt ist, wie die fortschrittliche, daß sie einem frechen Schurken nichts entgegenzusetzen weiß, als ein berichtigendes Ge winsel, verdient nichts besseres als die Fußtritte, die sie von ihm erhält.
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Herr Bitter, der preußische Finanzminister, will auch in Steuerreform machen, und zwar fordert er von den Provinzialbehörden Gutachten ein über eine von ihm beabsichtigte Reform der Einkommensteuer. Er will nämlich das sogenannte fundirte Einkommen( Renten zc.) höher besteuern und die obligatorische Selbsteinschätzung einführen. Sehr schön gedacht, der gute Mann dürfte aber nicht nur bei den Liberalen, sondern auch bei den Herren Konservativen auf argen Widerstand stoßen. Uns kann's ziemlich gleich sein, da die Mehreinnahmen doch nur für den Schlund des bekannten Moloch bestimmt sind.
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Die Auswanderung nimmt immer höhere Dimensionen an. Jm Monat Februar( einem für die Ueberfahrt sehr ungünstigen Monat) find allein über Hamburg 5571 Personen ausgewandert. Bisher hatte das Jahr 1872 für den Monat Februar die höchste Zahl aufzuweisen, fie betrug 2265 also nicht einmal die Hälfte der Ziffer des letztverflossenen Monates. Kurzsichtige Anhänger des bestehenden Systems freuen sich darüber, daß auf diese Weise die unzufriedenen Elemente aus dem Lande kommen. Die Thoren!
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Die Auswandernden, das sind die letzten Reste des besitzenden Mittelstandes, dieses so hochgepriesenen Dammes gegen revolutio näre Sturmfluthen. Was zurückbleibt, sind die Reichen, denen es wohlgeht, und ein riesiges Heer von Proletariern, die zu arm sind, um auszuwandern. Die Auswanderung verschärft die Gegensätze, statt sie zu mildern, sie räumt die letzten Stüßen der bestehenden„ Ordnung" hinweg auch sie ist ein Faktor der revolutio= nären Entwidlung unserer Zeit.
In Ostpreußen , im Kreise Osterode herrscht der Hungertyphus. Aus Oberschlesien werden von allen Seiten, namentlich aus Zabrze und Beuthen Lohnherabsetzungen und Arbeiterentlassungen gemeldet. In Glauchau endlich veröffentlicht der Obermeister der Weberinnung, H. Franz, eine Erklärung, in der er sagt, niemals, selbst im Jahre 1848 nicht, sei das Elend unter der Weberbevölkerung so groß gewesen wie jetzt, und die mit den Worten schließt:„ Von September bis Weihnachten Pause Arbeitsstillstand; dann zwei Monate bei gedrückten Löhnen Arbeit und jetzt wieder unabsehbare Pause" unabsehbare Pause eine unabsehbare Periode von Hunger, Elend, Verzweiflung: graut Euch nicht selbst, Ihr Herrschenden, vor diesen entsetzlichen Konsequenzen Euerer Herrschaft, und bangt Euch nicht vor dem Grimm und der Wuth, die sich in den Herzen der Mißhandelten ansammeln?
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Herr Adolph Wagner hat sich veranlaßt gefühlt, in einer Versammlung des sozialen Arbeitervereins" den Herren Körner und Finn in ihrer Verherrlichung des Bismarckischen Arbeiter- Unfallversicherungsgesetzes zu sekundiren. Diese Verbrüdernng des Kathedersozialis mus mit dem sogenannten Staatssozialismus ist wahrhaft rührend. Herrn Wagner kann der Pferdefuß, den dieses Gesetz verhüllen soll, unmöglich verborgen geblieben sein, aber wozu die graue Theorie der Kritik, dadurch macht man sich nur mißliebig, halten wir uns lieber an den goldenen Baum des Lebens und schwefeln wir in's Blaue hinein von dem ,, bewunderungswirdigen Muth unseres ehrwürdigen Kaisers, der bei seinen Jahren noch eine solche Bahn beschreite."
Nun, wenn die Bahn so segensvoll ist, so gehört, meinen wir, kein sehr großer Muth dazu, sie zu beschreiten. Aber, es ist' ne vortreffliche Phrase, eine ausgezeichnete Phrase, sagt Friedensrichter Schaal.
Wir sind nur begierig, zu erfahren, ob Herr Wagner auch bereits zu der Klique gehört, die bekanntlich mit aller Energie darauf hinarbeitet, den dem„ Genialen" so unbequemen Statistiker Engel zu beseitigen. Wer so begeistert von dem„ größten Staatsmann" spricht, wie Herr Wagner, der wird ihm doch diesen Liebesdienst nicht versagen.
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Ei! Ei!„ Der Teufel hole diese englischen Engländer und die deutschen Engländer!" ruft der ,, Staatssoziali st" entrüstet über die Anhänger der Goldwährung aus. Der Teufel hole sie das ist doch eigentlich recht unchristlich gedacht, nicht wahr, Herr Stöcker? Wie würden Sie salbungsvoll die Augen verdrehen, wenn wir gottlose Sozialdemofraten ausrufen würden: Der Teufel hole diese preußischen Mucker mitsammt ihrem preußischen Schwindel, vulgo Staatssozialismus . Und verdrehen Sie die Augen, Herr Hofprediger, wir rufen es aus: Der Teufel hole Sie und Ihre hohen und höchsten Protektoren!
Dem Verdienste seine Krone. Aus Pforzheim wird berichtet, daß die dortigen Arbeiter dem scheidenden Staatsanwalt Uibel in der früheren Wirthschaft des aus derselben durch fortgesetzte Chikanen hinausdrangsalirten Gastwirths Lehmann eine spezielle Abschiedsfeier widmen werden. Ueber dem Eingang wird ein Blumengewinde mit der sinnvollen Inschrift prangen: Hängt ihn auf, den Kranz der Ehren!" Und trotz dieser großen Popularität, deren er sich erfreut, soll der bescheidene Mann seine Abreise mit fieberhafter Haft beschleunigen. ' S ist merkwürdig.
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Recht so! Das Berliner Polizeipräsidium hat die Flugschrift: Revolution oder Reform?" verboten. Wozu auch diese Frage in Teutschland noch aufwerfen.
Ein ächter Schwabenstreich. Die württembergische Kammer hat den Antrag ihrer Finanzkommission, die Regierung zu bitten, im Bundesrath auf die Einführung des Tabakmonopols hinzuwirken, mit 56 gegen 16 Stimmen angenommen. Sag' Bismard, was willst Du noch mehr?
Am 10. April wird in Frankfurt a. M. ein deutscher Freidenker kongreß " stattfinden. Unter den Einberufern befinden sich zwar Einige, deren Namen nicht so ganz rein sind, indeß sind auch tlichtige Leute dabei, und angesichts des christlich- sozialen, christlich- germanischen 2c. Humbugs kann eine Organisation der wirklichen Freidenker nicht schaden. Also, viel Glück!
In Weimar haben bei der Nachwahl für den bisherigen freifonservativen Abgeordneten Schwendler die Fortschrittler gleich im ersten Wahlgang glänzend gefiegt. Da die Fortschrittspartei die radikalste Partei ist, die in den Wahlkampf eintrat unsere Genossen beschränkten fich darauf, in Stadt Weimar und Apolda Stimmzettel für Otto Freytag abzugeben, so begrüßen wir diesen Umschwung in dem sonst so konfervativen Kreise als ein Symptom der wachsenden Unzufriedenheit mit Genugthuung.
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Da hat man's! In Würzburg sind der Kassier und Vorstand der früheren Mitgliedschaft des Deutschen Tabakarbeitervereins" wegen Untreue, siebzehn weitere Mitglieder wegen Beihilfe, und endlich drei andere wegen Unterschlagung angeklagt worden, weil sie seinerzeit, als die Auflösung des Tabakarbeitervereins vor der Thür stand, ihre Mitgliedschaft selbst auflösten und, widersprechend den Statuten, den Kassabestand, das heißt, ihr eigenes Geld, unter sich vertheilten. O diese Theiler!