Daß Bismarck   etwas anderes ist, als ein gewöhnlicher Minister, der mit der Volksvertretung in Harmonie zu regieren wünscht, daß er, ähnlich wie Louis Bonaparte   in Frankreich  , durch die sozialpolitische Lage zum Diktator gemacht worden ist, und in seiner Perfon das jetzt herrschende System vertritt, das sollte nachgerade jedes Kind wissen.

Wer das System beseitigen will, muß den Vertreter des Systems beseitigen.

Um diese Thatsache kommt die Opposition nicht herum.

Wer nicht den Muth hat, dem Fürsten Bismarck die Alter native zu stellen, welche die französischen   Republikaner vor einigen Jahren Mac Mahon   stellten: se soumettre ou se démettre zu Kreuze kriechen oder zum Tempel hinaus! der verzichte auf die Opposition!

Die hohe Bedeutung der Parteifämpfe seit 1878 und des Wahlkampfes, in welchem wir uns jetzt befinden, ist gerade darin zu suchen, daß die Gegenfäße scharf zugespitzt, die Mittelparteien zerrieben werden, bis zuletzt nur die extremen Parteien auf dem Schlachtfeld zurückbleiben.

Aber, wendet vielleicht der Eine oder der Andere ein, wäre es denn ein Vortheil für uns, wenn in zahlreichen Wahlkreisen anstatt eines Fortschrittlers oder Sezessionisten, oder eines Volks­parteilers ein reaktionärer Konservativer gewählt würde? Statt eines Gegners des Sozialistengesetzes ein Freund desselben? Allerdings wäre es ein Vortheil. Das Sozialistengeset, das Das Sozialistengesetz, das ist ja von unseren Abgeordneten wiederholt im Reichstag her­vorgehoben worden, hat eine tiefere Begründung als in einer Laune des Fürsten Real­Bismarck oder in dem Willen einiger Neat tionäre es ist der Ausdruck des Selbsterhaltungstriebs der herrschenden Klassen, und würde auch nicht aufgehoben werden, wenn die Herren Eugen Richter   und Konsorten die Majorität im Reichstag hätten. Erinnern wir uns nur des französischen  Gesezes gegen die Internationale, das bis auf den heutigen Tag noch nicht aufgehoben ist.

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Ein starker fortschrittlich- sezessionistisch- volksparteilicher Partei­mischmasch im fünftigen Reichstag   würde blos zu schönrednerischem Komödienspiel führen, welcher die politisch weniger geschulten Volksmassen beschäftigen und ihre Aufmerksamkeit von der Noth wendigkeit ernsten Ringens ablenken und die Entscheidung hinaus­schieben würde.

Wir Sozialdemokraten sind nicht im Stande, eine parlamen tarische Majorität zu erringen. Und da es nun einmal nicht zu vermeiden, daß unsere Feinde dort die Majorität haben, dann lieber offene Feinde und stramme Reaktionäre als falsche Freunde und politische Heuchler!

Erst wenn die Extreme sich scharf und klar gegenüberstehen, werden die Massen des Volkes in den politischen Kampf aktiv eintreten, und winft uns die Aussicht auf Sieg.

Die Liberalen, und zwar die konzessionistischen so gut wie die sezessionistischen, haben beiläufig begriffen, daß ihr Weizen in dieser Wahl nicht blühen wird. Ueber die Hälfte dieser Kautschut­männchen hat ein Mandat abgelehnt, was sehr klug ist: wer nicht kandidirt, fällt auch nicht durch.

Bravo! das Terrain lichtet sich.

-ml­

Briefe eines Achtundvierzigers.

Berlin  , Ende April. Vorläufig hat die sächsische Regierung den Puttkamer'schen Wink mit dem Zaunpfahl noch nicht beachtet; es wird aber an weiteren und energischeren Winken nicht fehlen, und wir müssen uns auf Ausdehnung des kleinen Belagerungs­zustandes" über alle Zentren politischen Lebens in Deutschland   gefaßt machen.

Die Wahlen stehen bevor, und sie haben für Bismarck   eine Bedeutung wie keine früheren Reichstagswahlen. Fällt er durch, so ist es um seine Stellung geschehen. Er kann noch ein paar Mal auflösen, allein dadurch würde er nur die Galgenfrist etwas verlängern. Er muß siegen. Das ist für ihn eine Lebensfrage. Mit dem Prestige" gehts aber nicht mehr. Die Tage find vorbei, wo eine Majorität auf den Namen Bismarck   gewählt werden" konnte. Auf den Namen Bismarck   kann man dagegen heute sehr elegant durchfallen, wie verschiedene der letzten Ersatz­wahlen gezeigt haben.

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Mit den Lorbeeren von 1870/71, mit der Reichsherrlichkeit und anderen schönen Nirchen und Nautchen wird kein Hund mehr hinter dem Ofen hervorgelockt. Und mit dem neuen Schwindel von Volksbeglückung durch vermehrte Steuern und mit dem Unfallversicherungsgeset als Salbe auf die Beulen des Sozia­listengesetzes wird auch nichts ausgerichtet.

Der deutsche   Michel zeichnet sich zwar nicht durch Scharfsinn aus, allein daß die famose Steuererleichterung darin besteht, ihm die Taschen zu erleichtern, das begreift auch der deutsche   Michel, und unter den deutschen   Arbeitern ist keiner, der die feige Ge­finnungslosigkeit hätte, sich durch das bettelhafte Almosen des Unfallversicherungsgesetzes bestechen zu lassen.

Das ahnt Herr Bismarck  , und da es mit dem Zuckerbrod nicht geht, nimmt er die Peitsche zur Hand. Sein Plan ist offen­bar: Ausdehnung des Belagerungszustands auf alle größeren Städte und mit sozialdemokratischen Elementen geschwängerten Landstriche.

Und Unterwerfung der gesammten Oppositionspresse unter das Sozialistengesetz.

Die Konfistation des Insterburger Fortschrittsblattes und des fortschrittlichen Berliner   Börsenkouriers ist sicherlich nicht der Ausfluß lokaler Polizeilaunen. Wenn man die Expektorationen eines Kardorff, die Denunziationen der Norddeutschen All­gemeinen Zeitung", ja sogar der amtlichen, Provinzialkorrespondenz" liest, kann man den Gedanken nicht zurückweisen, daß hier ein bestimmter Plan vorliegt.

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Es fragt sich jetzt blos, stößt Fürst Bismard nicht irgendwo in den höheren Regionen auf Widerstand. Geschieht dies nicht - und die Wahrscheinlichkeit liegt nicht vor so wird die Konfiskation der genannten Blätter von der Reichskommission" bestätigt und die ganze Oppositionspresse ist vogel­frei. Es braucht blos das bereits ausgesprochene Wort, daß die Manchesterei der ärgfte Nihilismus, und der Protest gegen die Steuererhöhung kommunistische Untergrabung ist, mit dem obrig­teitlichen Stempel versehen zu werben, und jedes Oppositions­blatt kann nicht blos jeden Augenblick auf Befehl der Polizei konfiszirt, sondern auch unterdrückt werden.

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,, Unmöglich, das wäre ja illoyal", zetern die Herren Liberalen und Fortschrittler.

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Es gibt in punkto der Willkür kein unmöglich bei uns, hat Windthorst schon vor Jahren gesagt, und illoyal hin illoyal her war es etwa" loyal", daß jedes sozialdemokratische Organ verboten wurde, obgleich im Reichstag ausdrücklich erklärt war, daß das Sozialistengesetz nur umstürzlerische Ausschreitungen, nicht aber sozialdemokratische Gesinnungen und Bestrebungen treffen solle? War es etwa" loyal", daß den Sozialdemokraten sogar für die Wahlzeiten das Versammlungsrecht geraubt wurde, obgleich im Reichstag ausdrücklich erklärt worden war, daß das Sozialistengesetz die Sozialdemokraten nicht an der Ausübung ihrer staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten verhindern solle? Also nur keine sittliche Entrüftung.

Diese politischen Tartüffe's, die vergnügt ins Fäustchen lachten, so lange das Sozialistengesetz nur gegen Sozialdemokraten ge­schwungen ward und zum Florian- Bismard beteten:

" Heiliger Bismarck  , verschone uns blos und haue auf die bösen Sozialdemokraten los!"

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sollen nur still sein, sie haben keinen Anspruch auf Achtung und Mitleid, fie ernten, was sie gesäet und reichlich verdient. Sie find theils direkt, theils find theils direkt, theils wie die Herren Fortschrittler indirekt die Urheber des Sozialistengesetzes, das sie dem ge­strengen Meister, apportirt" haben, und es ist die einfachste Nemesis, daß der Strick, den sie uns gedreht, jetzt ihnen um den Hals gelegt wird.

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Was die Ausdehnung des Kleinen" betrifft, so hat, wie schon gesagt, der Puttkamer'sche Wink bis dato nicht gefruchtet. Die sächsische Regierung hat das fatale Beispiel des Hamburger Senats vor Augen, der Bismarck   den Gefallen that, burch Aechtung der stärksten Partei sich zu entwaffnen, und zum Dank dafür nun von Bismarck gemüthlich abgewürgt wird. In ganz ähnlicher Weise würde die sächsische Regierung, durch Vogelfrei Erklärung der Sozialdemokratie, welche notorisch die weitaus stärkste Partei in Sachsen   ist, sich die größten Verlegenheiten im Inneren bereiten und Bismarck   auf Gnade und Ungnade verfallen sein. verfallen sein. Das schreckt zurück. Indeß, lieber Bismarck   ver­fallen, als der Sozialdemokratie, werden die tapferen Herren in Dresden   zuletzt denken, und schließlich doch in den Bismarc'schen " Pott steigen".- Einstweilen suchen sie sich durch gesteigerten Eifer im Verfolgen die Nachsicht Bismarcks zu erkaufen. Ist der Eifer doch so weit gegangen, die famose" Flinte- schießt, Säbel­haut"-Rede des Eulenburg senior nebst den dazu gehörigen, dem amtlichen Bericht entnommenen Verhandlungen nach dritthalb jähriger Duldung unter dem Sozialistengesetz zu verbieten!

Das ist insofern das Stärkste, was bis jetzt geleistet worden ist, als es offenbar und flagrant gegen die Reichsverfassung verstößt, die zwar nicht den Abdruck einzelner Reden aus dem amtlichen Reichstagsbericht, wohl aber den ganzer Debatten für ftraflos und unverfolgbar erklärt.

Freilich, das Sozialistengesetz hat den gesetzlichen Boden" nach allen Richtungen hin so durchlöchert, daß wir uns nicht wundern können, wenn es auch in die Reichsverfassung ein Loch bohrt. Nur zu! Uns kann es recht sein.

Es wird hier in offiziellen Kreisen zugestanden, daß die Maß­regelung des Fürther   Gemeinderaths, weil er Bebel zu reden erlaubte, von hier aus veranlagt worden ist. Wie es scheint, ist gleichzeitig mit der Notifikation an die bairische Regierung sämmtlichen deutschen   Regierungen ein vertrauliches Bundes­schreiben zugeschickt worden, in welchem die Reichsregierung dar= legt, wie sie das Sozialistengesetz auffaßt, und von den Bundes­regierungen aufgefaßt wünscht.

Wozu hätten wir die Einheit, wenn die einheitliche Berliner  Karbatsche nicht mit einheitlicher Kraft in jedes einheitliche Eckchen des einheitlichen Deutschland   hineinsausen könnte?

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Genug die Wahlen sind vor der Thür  , und Herr Bismarc trifft seine Vorbereitungen.

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Er muß eine Majorität haben, und da er sie nicht durch ,, moralische" Mittel erlanger tann, hilft er sich mit anderen. Belagerungszustand, die ganze Oppositionspresse unter das Sozialistengesetz gestellt lieb Deutschland  , was willst Du noch mehr? Da mußt Du Dich wohl dem stürmischen Freier ergeben? mehr? Da mußt Du Dich wohl dem stürmischen Freier ergeben? Vielleicht auch nicht.

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In Rußland   gährt und brodelt es gar unheimlich, und Junker Bismard fängt an zu merken, daß der Schußpfeiler des dem Punkt ist, einzustürzen. europäischen Absolutismus, einschließlich des Bismarck'schen, auf

Aus der Rede unseres Genossen Bebel

über den

Arbeiter Anfall- Bersicherungs- Gesek- Entwurf. Gehalten in der Sitzung vom 4. April 1881. ( Nach dem stenographischen Bericht.) ( Fortsetzung.)

Auch in Bezug auf die Militärinvalidenpensionen trifft der Vergleich nicht zu. Die Militärinvalidenpension setzt sich aus zweierlei Faktoren zu sammen, aus der Pension, die bezahlt wird für die Dauer der Dienst­zeit, und aus der Pension, die bezahlt wird für den Fall der Verstüm­melung oder der Dienstuntauglich werdung in Folge eines Krieges. Ferner ist Thatsache, die ich Ihnen gegenüber kaum zu erwähnen brauche, daß bei der Invalidität im Kriege die Dauer der Kriegsdienstzeit doppelt gerechnet wird. Wenn nun der Soldat im Kriege, der doch immer die Ausnahme bildet, von dem Unfall einer Verstümmelung oder Tödtung betroffen wird, damit also das erlebt, was dem Arbeiter jeden Tag auf dem Schlachtfelde der Industrie passiren kann, so erhält er eine er­hebliche Verstümmelungszulage, die je nach Umständen bedeutend dasjenige übersteigt, was ihm, dem Soldaten, während seines Dienftes an Sold und an Werth für Naturalvergütung gewährt wurde. Sie sehen, meine Herren, daß dieser Beweis vielmehr im höchsten Maße da­für spricht, daß die Unterstützung, wie sie von der Regierung in diesem Entwurf für den von einem Unfall betroffenen Arbeiter vorgeschlagen wird, geradezu ungerecht und ungenügend ist.

Der zweite wichtige Punkt, den das Gesetz berührt, meine Herren, betrifft die Industrien und Gewerbe, auf welche dasselbe ausgedehnt werden soll. Auch nach dieser Richtung hin haben wir sehr bedeutende Bedenken, so bedeutend, daß, wenn der zweite Absatz des§ 1 nicht eine andere Fassung bekommt und die Haftpflicht nicht sehr bedeutend aus­gedehnt wird, das Gesetz für uns un annehmbar ist. Ich setze hinzu, wenn Sie den Zweck des Gesetzes im Auge behalten, auch für Sie. Sie wollen doch mit diesem Gesetz die Sozialdemokratie positiv bekämpfen, d. h. Sie wollen ihre agitatorische Thätigkeit, ihren Einfluß bei den Arbeitern durch diesen Gesetzesentwurf mindestens brechen. Wie können Sie aber doch so turzsichtig sein, wenn Sie dies bezwecken, dem Gesetze eine solche Einschränkung zu geben, daß die große Mehrheit der Arbeiter von diesem Gesetz nicht betroffen wird, daß die große Mehr­

heit der Arbeiter also nach wie vor den staats- und gesellschafts­gefährdenden Bestrebungen der Sozialdemokratie überantwortet bleibt?

( Heiterkeit.)

Es ist also im höchsten Grade in Ihrem eigenen Interesse, daß Sie dem einen Riegel vorzuschieben suchen, und Sie können dieses nur dann, indem Sie dieses Unfallgesetz weit mehr ausdehnen, als es bis jetzt nach dem Abs. 2 des§ 1 geschehen soll. Wir unsererseits befürworten, indem wir Ihre Bestrebungen auf die Bekämpfung der Sozialdemokratie auf das ausdrücklichste unterstützen, daß die Haftpflicht auf alle Ar­beiter, die im Dienste eines Unternehmers stehen, aus­gedehnt werde, also insbesondere auch für die land­und forstwirthschaftlichen Arbeiter, auch auf die Arbeiter des Kleingewerbes und namentlich auch in Rücksicht der sehr großen Ge­fahr bei der See- und Flußschifffahrt auf die dort beschäftigten Arbeiter. Da wird man freilich kommen und sagen, das sei ein Ding der Un­möglichkeit, da würde die in Aussicht genommene Reichs- Unfallversiche­rung eine noch viel bedeutendere Ausdehnung annehmen, als sie jetzt schon dafür in Aussicht genommen ist. Ich sehe aber nicht ein, warum dasjenige, was für einen bestimmten Theil der Arbeiter als Rechts­grundsatz und Wohlthat gelten soll, nicht auch für den andern Geltung haben sollte. Ich sehe nicht ein, warum ein Theil der Arbeiter das Recht haben soll, für den Fall des Unfalls eine Entschädigung für ihr Leben und ihre Familie zu bekommen, weil sie dieser Unfall in einem bestimmten Betriebe traf, und alle anderen Arbeiter, die ebensogut von Betriebsunfällen betroffen werden können, nicht. Das ist eine Inkonse quenz der allerſtärksten Art, die viel böses Blut machen muß.

Da kommt man und sagt: das erheischt bedeutende Schwierigkeiten. Meine Herren, ich behaupte, die Ausdehnung der Haftpflicht, z. B. auf die Land- und Forstwirthschaft, macht gar keine größeren Schwierigkeiten, wie die Ausdehnung der Haftpflicht auf die Großindustrie, worauf sie bisher ausgedehnt war, gemacht hat. Ich sehe keine Gründe und man hat in Wahrheit auch keine angegeben, weder der Herr Reichskanzler am Sonnabend, noch die Herren vom Bundesrathstisch, noch die Herren, die Einzige, was man sagte, war: es möchte für die Landwirthschaft etwas sonst darüber gesprochen und die dem Entwurf zugestimmt haben. Das schwierig sein.

Meine Herren, ich bin selbstverständlich nicht blos dafür, daß die Ar­beiter, die bei landwirtschaftlichen Maschinen beschäftigt sind, die aber nach dem Gesetzentwurf zum größten Theil, weil sie nicht stehend im Be­trieb sich befinden, ausgeschlossen sind, haftpflichtig werden, sondern alle ländlichen Arbeiter.

Es heißt in§ 2, daß nur solche Betriebe unter das Gesetz fallen, wo regelmäßiger Dampfbetrieb stattfindet, alle die aber nicht, wo dies wie durch Lokomobilen, also nur vorübergehend der Fall ist. Meine Herren, ich bin überzeugt, daß es sehr leicht sein wird, diese Haftpflicht voll aus­zusprechen; und wenn auch anfangs so gut wie beim Haftpflichtgesetz, wie wir es bisher gehabt haben, in Bezug auf die Versicherungssäge man etwas im dunkeln tappen und etwas willkürlich verfahren muß, so wird doch nach wenigen Jahren auf Grund einer genauen Unfall­statistik die Reichsregierung resp. der Bundesrath in der Lage sein, eine genaue Uebersicht zu haben, um danach die Säße modifiziren zu können, sei es, indem er sie erhöht, sei es, indem er sie herabsetzt. Ich bin auch keineswegs der Ansicht, daß bei einer Spezifikation der Säße und Prämien nach Gefahrenklassen es nothwendig ist, allzuweit zu spezifiziren; das würde allerdings einen bureaukratischen Apparat herbeiführen, der nicht allein die Verwaltung bedeutend vertheuert, sondern auch den ganzen Mechanismus der Unfallversicherung bedeutend erschwerte und in ihrer raschen Funktion hinderte. Die unumgänglich nothwendigen Gefahren­klassen mit den nöthigen Prämiensätzen zu finden, wird keineswegs schwer sein.

Insbesondere plädire ich auch dafür, daß der gesammte Bau­betrieb unter das Haftpflichtgesetz kommt. Da heißt es im§ 2 unter

Anderem:

Dasselbe gilt vom Baubetriebe, soweit derselbe durch Beschluß des Bundesraths für versicherungspflichtig erklärt wird. Wir bedanken uns schön, dem Bundesrath eine solche Vollmacht zu geben; denn diese dürfte in erster Linie den ländlichen Bauten zu Gute fommen, wie mir denn überhaupt scheint, daß die außerordentliche Schonung, die man hier dem länd lichen Gewerbe hat angedeihen lassen, indem man es von der Haftpflicht ausschließt, wesentlich der Absicht ent sprungen ist, daß man damit hofft, die Herren von der Rechten, die besonders bei der Landwirthschaft betheiligt sind, umso mehr für das Gesez, indem es nur die Industrie trifft, gewinnen zu können.

( Verneinung auf der Rechten.) Wohingegen die Herren rechts, wenn sie selber mit ihrem Be­trieb darunter rangiren würden, Bedenken haben dürften, die Verpflichtungen sich aufzuerlegen, die sie sonst bereit sind, der Industrie aufzuerlegen.

( Widerspruch rechts.)

Sie bestreiten das, meine Herren, rechts, das ist aber meine Ansicht von der Sache und Sie können diese am besten widerlegen, indem Sie meinen Standpunkt einnehmen und in der Kommission wie im Plenum Anträge stellen, daß die Land- und Forstwirthschaft voll und ganz unter. das Gesetz fällt. Wenn Sie das thun, bin ich befriedigt, dann erkläre ich, daß ich mich getäuscht habe, vorläufig habe ich das Gefühl, daß meine Auffassung richtig ist, und wir haben Beispiele in anderen Ländern, wo es sich um ähnliche Gesetze handelte, daß dort in der ganz gleichen Weise verfahren wurde.

Wenn Sie beispielsweise die englische Fabrikgesetzgebung ins Auge faffen, meire Herren, und die Art und Weise, wie dieselbe zu Stande gekommen ist, dann werden Sie finden, daß die einschneidendsten Gesetze der englischen Fabrikgesetzgebung einem konservativen Ministerium ihre Existenz verdankten. Sobald das liberale Ministerium, ein Mini­sterium der Whigs, eine Reihe Jahre am Ruder war und für die In teressen der Industriearbeiter schwer zugänglich sich erwies, weil die Whigs vorzugsweise das mobile Kapital im Gegensatz zu dem im Grund­besitz fundirten Kapital vertraten, dann traten die Tories auf, wiesen auf diese Thatsache hin, versprachen den Arbeitern, wenn sie ans Ruder kämen, die Arbeiterschutzgesetzgebung zu erweitern, und damit haben die Herren ziemlich regelmäßig die Stimme der Arbeiter gewonnen und haben dann, mehr oder weniger ihren Versprechungen nachkommend, durch die Fabrikgesetzgebung das industrielle Kapital einzuschnüren gesucht.

Es scheint, meine Herren, daß Fürst Bismarck   in dieser Richtung in ähnlicher Weise operirt, und wie gesagt, ich werde mich freuen, wenn die Herren von der Rechten durch bestimmte Anträge beweisen, daß ich mich darin getäuscht habe.

( Fortsetzung folgt.)

Sozialpolitische Rundschau.

Revolutionäres. Es ist immer gut, wenn man den Herren Antirevolutionären einige historische Reminiszenzen unter die Nase reiben kann. Wir nehmen daher mit dem größten Vergnügen Kenntniß von einem jüngst in der römischen Fanfulla" veröffentlichten Briefe, den Viktor Emanuel  , guter Freund und Bruder" des ollen Willem, am 27. Juni 1860 an den amerikanischen   Commodore William de Rohan gerichtet hat. Derselbe lautet:

Kommandant! Ich sende Ihnen hiebei die zwei Briefe von Medici, die Sie in andere Couverts thun wollen und Cavour geben. Ich habe Bertani schon drei Millionen gegeben. Kehren Sie unverzüglich nach Palermo   zurück und sagen Sie Gari baldi, daß ich ihm Valerio an Stelle von La Farina schicken werde, und daß er sofort gegen Messina   vorgehen solle, da Franzesko( der König von Neapel) im Be griffe ist, den Neapolitanern eine Verfassung zu geben. Ihr Freund Viktor Emanuel  

27. Juni 1860."

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