Parteidifferenzen traten zurück vor der gemeinsamen Aufgabe. Bravo!
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Unsere Londoner Freunde hielten am vorigen Montag in dem großen Saale ihres neuen Vereinslokals gleichfalls eine öffentliche Protest versammlung ab; ein Bericht über dieselbe ist bis zum Redaktionsschluß noch nicht eingetroffen. In der am Sonntag stattgehabten, sehr gut besuchten Versammlung deutscher Sozialisten in Zürich wurde einstimmig der Wunsch ausgedrückt, das Komite der schweizerischen Sozialisten mögen auch für Zürich eine solche Versammlung veranstalten.
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Aus London , 20. Mai, schreibt man uns: Indeß im Parlament die Debatten über die irische Landbill in's Endlose hinausgezogen werden, fahren die Landlords fort, ihr„ Eigenthumsrecht" wie bisher auszubeuten und die zahlungsunfähigen Pächter massenhaft auszutreiben, natürlich unter dem Beistand der Staatsgewalt. Es ist da um kein Haar beffer als in Deutschland . Zuerst kommt das Zwangsgesetz, welches uur als Vorläufer und Vorbedingung der„ pofitiven" Maßregeln hingestellt wird. Aber die positiven Maßregeln wollen nicht kommen, und wenn sie kommen, erweisen sie sich als purer Schwindel und Heuchelei, so daß von dem ganzen„ Reform" werk nichts übrig bleibt als das Zwangsgesetz.
Daß man auf diese Weise den sozialen Frieden nicht finden kann, muß jedem Vernünftigen klar sein, nur nicht dem englischen Ministerium und Parlament. Dieselben Herren, welche über die deutschen und russischen Zustände scheinheilig die Augen verdrehen, wissen in Irland auch nichts Besseres zu thun, als Gewaltmaßregeln der brutalsten Art anzuwenden. Zu Hunderten beläuft sich schon die Zahl der auf Grund des Zwangsgesetzes in Irland Verhafteten; die meisten wurden blos auf unbestimmten Verdacht hin arretirt, viele derselben mußten schon wieder als völlig schuldlos in Freiheit gesetzt werden. Dazu alle Augenblicke eine neuerliche Verhängung des Belagerungszustandes und viel leeres Strohdreschen im Parlament ganz wie in Deutschland .
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Daß diese Maßregeln nichts fruchten, daß der Geist des Widerstandes in Irland weder gebrochen noch auch nur gelähmt ist, zeigen deutlich die unzähligen Berichte über Attentate auf Landlords und deren Werkzeuge und die Nothwendigkeit, jede Austreibung eines Pächters unter dem Schutze einer bedeutenden Militärmacht vollziehen zu lassen.
Vorgestern wurden z. B. in Listowel die Pachtrückstände von viera zehn Bächtern versteigert. Um diesen Akt der„ Gerechtigkeit" zu schützen, wurde das Gerichtsgebäude während desselben von nicht weniger als dreihundert Soldaten bewacht dreihundert Soldaten nöthig, um vierzehn Pächter zur Raison zu bringen!
An demselben Tage besetzte eine starke Militärmacht unter dem Kommando eines Majors ein Gut in New- Pallas, Limerick, um den Sheriff bei der Austreibung von auf demselben wohnenden Pächtern zu unterstützen. Diese aber hatten sich des Schlosses bemächtigt, dasselbe verrammelt und mit Schießscharten versehen. Es war nicht möglich, dasselbe einzunehmen, die Militärmacht mußte unverrichteter Dinge wieder abziehen. Gestern wurde eine noch stärkere Kolonne mit vier Geschützen gegen die„ Rebellen" abgesandt, die hoffentlich inzwischen verduftet sein werden.
Das sind die Erfolge der Zwangsbill.
Inzwischen beginnen auch die irischen Landarbeiter sich zu rühren. Natürlich sind sie für die Sache der Pächter nicht allzu begeistert, treten aber gleich diesen gegen den„ Landlordism" und für Home Rule ein, bedeuten also durchaus keine Stärkung des grundbesitzenden Elements. Bon Sozialismus ist übrigens bisher auch bei ihnen nicht das Geringste zu verspüren.
Unter den englischen Industriearbeitern scheint es dagegen endlich tagen zu wollen. Wenn die englischen Arbeiter in Großbrittanien und Amerika bisher dem Sozialismus unzugänglich waren, so war dies, neben nicht zu unterschätzenden sekundären Ursachen, ihrem konservativen Nationalcharakter, dem Stolze auf ihre Freiheit, auf die sie übrigens nicht gar zu stolz zu sein brauchten, da sie dieselbe so schlecht zu benutzen verstanden, vor Allem Dem zuzuschreiben, daß ihre Lage im Verhältniß zu derjenigen der Arbeiter anderer Länder eine sehr günstige war. In Amerika war's der far West, der die industrielle Reservearmee nicht so rasch anwachsen ließ, als es unter normalen Umständen geschehen wäre, in England war es das Monopol, den Weltmarkt mit Waaren zu versorgen. Das Interesse, den auswärtigen Markt zu beherrschen, war ein Kapitalisten und Arbeitern gemeinsames, es bestand zwischen ihnen eine gewiffe Interessenharmonie. Dieses Monopol ist aber gebrochen und es schwindet täglich mehr und mehr. Jm industriellen ists aber wie im politischen Leben: hat man keine auswärtigen Eroberungen mehr zu machen, verfliegt der Siegesrausch, dann treten die inneren Differenzen um so schärfer hervor. Der englische Arbeiter ist in Folge dessen in den letzten Jahren dem Sozialismus um ein gut Stück näher gekommen und kommt es immer mehr.
Ein erfreuliches Zeichen dieser allmäligen Wandlung im Geiste des englischen Arbeiters ist unter Anderem das neugegründete Gewerkschaftsorgan," The labour Standard", ein Wochenblatt, dessen erste Nummer am 7. Mai erschien. Dieses Blatt, welches von einflußreichen Gewerkschaftlern gegründet worden ist und das die Masse der Gewerkschaften hinter sich hat, bringt bereits ganz sozialistische Artikel.
Ein Artikel, überschrieben: ,, Ein entsprechender Tagelohn für entsprechende Arbeit", weist treffend nach, daß und warum diese alte Forderung der englischen Gewerkschaftler unzureichend und durchaus unmodern ist, und schließt mit folgenden Worten:„ Die Gerechtigkeit der politischen Oekonomie unterliegt den Gesetzen, welche die moderne Gesellschaft beherrschen, und ist daher sehr einseitig sie ist
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ganz auf Seite des Kapitalisten. Begrabt also das alte Motto für immer und ersetzt es durch ein anderes: Besi bergreifung der Arbeitsmittel- Rohmaterial, Fabriken und Maschinen durch das arbeitende Volk!"
Bravo!
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Behält es die bisher in den ersten zwei Nummern einge haltene Richtung bei, dann werden wir dasselbe wohl ohne Bedenken als Mitkämpfer allerdings in englischer Manier begrüßen können.*) Zur Vervollständigung unserer Mittheilung über die Londoner sozialistische Presse wollen wir noch der Kuriosität halber hinzufügen, daß seit dem 15. Mai ein neues deutsches sozialistisches Organ" von Gehlsen herausgegeben wird,„ Die Glocke" Herrn wohl ein
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Echo der Reichsglocke"? Wer da auf den Leim gehen wird?
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Zugleich mit der Achtung vor dem Kapitalismus ist auch die Achtung vor der Religion in erfreulicher Abnahme begriffen. Der Fall Bradlaugh ist ein Beweis dafür. Günstig wirkt in dieser Beziehung die neue Bibelübersetzung.
Die bisher hier gebräuchliche Uebersetzung des neuen Testamentes stammt noch aus dem Jahre 1611. Dieselbe hat mannigfache Vorzüge, vor Allem eine schwungvolle, poetische, manchmal ergreifende Sprache. Aber die Bibelforschung hat so viel Fehler in derselben nachgewiesen, daß sie unmöglich länger beibehalten werden konnte. Eine gelehrte Kommission wurde eingesetzt, welche eine neue, den Anforderungen der „ Wissenschaft" entsprechende Uebersetzung herstellen sollte. Nach elfjähriger Arbeit ist dieselbe endlich jetzt erschienen und wird mit einem Schrei der Entrüstung aufgenommen. Die ganze Poesie und Erhabenheit des früheren Textes ist verschwunden, ja, die allzu wortgetreue Uebersetzung wird sehr häufig lächerlich und unsinnig. Die alte Bibel wird als falsch erklärt, die neue ist nichts nutz das muß denn doch den Bibelglauben erschüttern. Zeit wär's.
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J. S.
*) Wir können dem die erfreuliche Mittheilung hinzufügen, daß man auch in Newyork die Gründung eines englischen sozialistischen Arbeiterblattes in größerem Stile plant.
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Die Nachricht des„ Intransigeant", daß Heßia Helfmann| Genosse Bebel einen Vortrag über die politische Lage Deutschlands hielt ihren Qualen erlegen sei, hat sich bis jetzt wir wissen nicht, ob wir sagen dürfen, glücklicherweise nicht bestätigt. Auch daß man sie gefoltert habe, wird offiziös bestritten; was von russischen Dementi's zu halten ist, weiß jedes Kind, indeß scheinen die aus galizischen Blättern herstammenden grausigen Darstellungen auch eben aus Galizien zu stammen. Durch solche Uebertreibungen schadet man der Sache der Eingekerferten mehr als man ihnen nützt.
Daß Gewaltmittel angewendet werden, um denselben Geständnisse 2c. zu erpressen, ist bekannt, die fortdauernden Verhaftungen lassen gleichfalls darauf schließen. Ist aber diese Thatsache an sich nicht insam genug?
Das„ Exekutivkomite" hat auf die berüchtigte Proklamation des Zaren mit einem Manifest geantwortet, das bereits die Runde durch die Presse macht. Wir halten mit unserem Urtheil über dasselbe noch zurück, bis wir die Gewißheit haben, daß es echt ist.
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Die Judenrevolten nehmen immer mehr den Charakter eines sozialen Krieges an gegen die Besitzenden. Infolgedessen wendet jetzt die russische Regierung alle Mittel an, sie zu unterdrücken. Die Konsequenz wird sein, daß die Aufstände sich auch gegen sie richten. Aus diesem Dilemma kommt sie nicht heraus.
Korrespondenzen.
Meerane , 10. Mai. Es ist endlich einmal Zeit, etwas von uns hören zu lassen, denn die Atmosphäre wird hier immer schwüler, so daß eine Steigerung kaum mehr möglich erscheint. Polizei- wie Postbeamte wetteifern miteinander, um in Ausführung des Sozialistengesetzes anderen Orten nicht nachstehen zu dürfen. Voriges Jahr ging die Hazz los. Es sollten nach Angabe der Polizei Flugblätter verbreitet worden sein, und wurden deshalb eine Masse Haussuchungen vorgenommen, welche jedoch resultatlos blieben. Bald darauf ,, überraschte" man eines Sonntags Genoffen Meckel und fand bei ihm eine Sammelliste, einen Brief aus Amerika , sowie ein Exemplar des„ Sozialdemokrat". Meckel wurde sofort verhaftet, jedoch nach Abfizung der gesetzlichen Untersuchungshaft", 4 Wochen, da kein Beweismaterial gegen ihn vorgebracht werden konnte, wieder entlassen.
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Anfangs dieses Jahres sollten nun wieder Flugschriften verbreitet worden sein, und zwar Mostische. Man haussuchte wieder, fand aber auch diesmal nichts, bis man nachträglich Genossen Resch verhaftete, bei demselben nochmals gründlich haussuchte, ohne indeß etwas finden zu können. Erwähnt sei noch, daß man sogar einen Strickgarnknäuel für staatsgefährlich ansah und unser Wachtmeister dasselbe bis zum Ende aufwickelte. Genannter Resch wurde nach 14tägiger Gefangenschaft in unserer Stadt geschlossen nach dem Landgericht 3 widau übergeführt. Resch war bereits hier als schwerer Verbrecher behandelt worden, man hatte ihn an den Ofen festgeschlossen, angeblich, damit er nicht an das Fenster gehen könne. Er sitzt gegenwärtig immer noch, trotzdem die Untersuchung bereits seit 3 Wochen geschlossen ist. Man bietet Alles auf, Resch etwas anzuhängen, ist jedoch noch nicht zu dem gewünschten Resultate gekommen, da nicht die geringsten Anhaltspunkte vorliegen. Man weiß überhaupt nicht, wie Resch dazu gekommen, solch schweren" Verdacht auf sich zu lenken, denn er hat sich seit Bestehen des Sozialistengesetzes in feiner Weise an unserer Organisation betheiligt, wir erachteten auch niemals, ihn zu derselben heranzuziehen, da er sich in keiner Weise dazu eignet.
Wie dem aber auch sei, Resch ist ein Opfer brutaler Polizeiwillkür, und es müßte mit dem Teufel zugehen, wenn sie nicht doch noch eine Anklage gegen ihn zu Stande brächten, da die Polizei Alles aufbietet, um sich eine Riesenblamage zu ersparen. Auch Genosse Meckel mußte noch einmal daran glauben; man verhaftete ihn 3 Tage vor seiner Abreise nach Amerika und suchte mit aller Gewalt noch etwas aus ihm herauszupreffen, aber trotz Ausbietung aller Geisteskräfte von Seiten unseres Wachtmeisters 3 ir ner mußten sie ihn noch am selben Tage wieder entlassen. Unser Wachtmeister erspart den Richtern gewöhnlich die Gelegenheit, einen„ Rothen" verurtheilen zu können, da er ihnen den Brei im Voraus schon versalzt. Dieser Wachtmeister ist ein verdorbener Webergeselle, auch wohl sonst zu jeder anderen Profession unfähig; dagegen steht er einem gestochenen Kalbe nicht nach, schlimmer als er kann ein solches die Augen auch nicht verdrehen. Der Mann aber strebt nach Orden, und da müssen ihm die Herren Richter schon etwas nachsehen, wenn er ihnen verdorbene Arbeit liefert.
Nun zu unserem Postwesen: Kein Adressat ist mehr sicher, daß ihm Briefe oder Pakete uneröffnet zugehen. Ein Paketträger hier ist so frech, daß er, wenn auch die Adresse genau stimmt, sich nach der Freundschaft oder Bekanntschaft im Abgangsorte erkundigt und schließlich verlangt, daß man ihm den Inhalt präsentiren möge. Es ist ihm auch einmal gelungen, einen Adressaten dazu zu bewegen, zu seinem Verdruß aber enthielt das betr. Paket nur unschuldige Vögel. Wir werden ihm aber nächstens einmal besser bei seiner Spionage helfen und ihm bei Gelegen heit einen Denkzettel anhängen, welchen er wohl nicht so bald vergessen wird.
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Vom Postboten zum Himmelsboten: Wir haben einen neuen Oberpfarrer bekommen, Namens Bienengräber, welcher sich von allen seinen Vorgängern auszeichnet. Der Mann scheint höheren Orts dazu bestimmt zu sein, das sozialistische Nest Meerane wieder einmal reformiren zu sollen; denn er entfaltet eine so umfangreiche Thätigkeit, daß unsere Stadt sich nur mit ihm zu beschäftigen hat. Er sucht die Arbeiter in ihren Hütten auf- auch außerhalb Meerane's und er fundigt sich nach ihren Arbeitsverhältnissen und was die Hauptsache ist nach ihrem Glauben und ob sie die Kirche besuchen. Das Resultat auf letztere Frage ist immer ungünstig, und entschuldigen sich die Meisten damit, daß sie nichts Ordentliches anzuziehen haben. Ueber dieses Uebel hilft er ihnen dann immer hinweg und schickt den Leuten Bekleidungsmaterial, wenn sie ihm versprechen, dann die Kirche besuchen zu wollen. Diejenigen, welche nicht kirchlich getraut sind oder ihre Kinder nicht haben taufen lassen, werden mit einem Briefe durch die Poft beehrt, in welchem Adressat gebeten, dann, herzlich gebeten" und zuletzt innig gebeten" wird, seinen Vflichten gegen die Kirche nachzukommen, und bei Nichtbeachtung dieser Mahnung mit einem Besuche von Seiten des Kirchenvorstandes bedroht wird. Leider fallen diesem Jesuitentreiben Viele zum Opfer, welche zwar nicht aus Reue über ihren unglauben die kirchlichen Handlungen an sich vollziehen lassen, aber durch die Hoffnung, sich wieder unter Menschen sehen lassen zu können, dazu veranlaßt werden, indem sie wenigstens einen Rock oder paar Stiefel bekommen.
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Um den Sozialismus auszurotten, sind unsere Fabrikanten, resp. ist unsere Regierung ernstlich bestrebt, den hier herrschenden Nothstand zu beseitigen. Und das macht man so: Von der kürzlich hier weilenden und aus Regierungsräthen bestehenden Kommission, welche auf unserem Rath haus Sigung hielt, wurden von jeder Fabrik ein oder zwei Arbeiter, welche das Meiste verdienen, sowie von Handwebern diejenigen, welche noch Grundbesitz haben oder wenigstens materiell noch nicht gänzlich heruntergekommen sind und deshalb die Noth am besten repräsentiren konnten, zur Feststellung des Nothstandes abgefragt. Mit dem auf diese Art gewonnenen Resultat find die Herren wieder gegangen, und die Herren Fabrikanten haben ihr Ziel betreffs des hohen Zolles erreicht, da die hohe Kommission einsehen mußte, daß die Noth nicht in den niedrigen Löhnen zu suchen, sondern nur in der Arbeitslosigkeit, welche durch die hohen Garnzölle, die den Erport der Waare beeinträchtigen, herbeigeführt worden ist. Soviel über die hiesigen Verhältnisse; wir haben blos noch den einen Wunsch, daß der Belagerungszustand über den 17. Wahlkreis verhängt würde, denn kein größerer Gefalle könnte uns gethan werden, und nicht nur wir, sondern auch manche unserer Gegner würden sich freuen, wenn aus Meerane gehörig ausgewiesen würde. Dann muß man wenigstens
fort. Noch ist zu bemerken, daß das Individuum, welches Meckel denunzirte, Michael Funke heißt und in der Weberstraße wohnhaft ist. Wir übergeben denselben der allgemeinen Berücksichtigung und sichern ihm bei der ersten Gelegenheit schlagende Beweise unferer speziellen Hochachtung zu. S.
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Rürnberg, 11. Mai. Durch ein Mißverständniß zwischen den Fürther und Nürnberger Parteigenossen erhielt der Sozialdemokrat" feinen Bericht über die glänzende Versammlung zu Fürth , in welcher
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Einige Wochen früher war in Nürnberg , wie dann auch in Fürth , eine Arbeiterversammlung einberufen worden, in letzterer war Genosse Grillenberger als Referent für die Tagesordnung ,, Das Arbeiterunfallversicherungsgesetz" aufgestellt, während in Nürnberg von den Beisitzern des gewerblichen Schiedsgerichtes, welche diese Versammlung einberiefen, ein Referent gar nicht benannt wurde. Die Nürnberger Versammlung, welche dieselbe Tagesordnung hatte, wurde unter den lächerlichsten Gründen und Erwägungen als sozialistische 2c. 2c. erklärt und verboten, ebenso die Versammlung in Fürth . Das Verbot in letzterer Stadt, woselbst doch der demokratische Magistrat ausschlaggebend war, wirbelte natürlich viel Staub auf, und es wurde innerhalb der Bürgerschaft das Gebahren dieser Auchdemokraten, die größtentheils Juden sind, also selbst vor Ausnahmemaßregeln stehen, scharf gegeißelt. Als aber schließlich der Arzt Herr Dr. Degen, der selbst im Gemeindekollegium sit, eine Versammlung einberief, für welche Genosse Bebel als Redner aufgestellt war, da wagten es die Herren denn doch nicht, bei ihrem feigen Beschluß zu beharren. Die Versammlung fand also statt. Ein ausführlicher Bericht über dieselbe wird dem„ Sozialdemokrat" von Fürth aus zugehen, oder schon zugegangen sein. Natürlich wurde diese Versammlung auch von den Nürnbergern besucht, so daß Hunderte vor den Thüren Posto fassen oder zurückkehren mußten. Wie die gegnerischen Blätter zugestanden, waren unter den Besuchern auch viele Nichtarbeiter anwesend. Daß Bebel äußerst gewandt die Klippen des Ausnahmegesetzes zu vermeiden wußte, gaben selbst die hiesigen Zeitungen, deren Redakteure fast alle selbst anwesend waren, zu, doch fügten sie hinzu, habe er es auch verstanden, begeisternd und aufreizend auf seine Genossen einzuwirken, ohne daß der Ueberwachende Gelegenheit gefunden hätte, einzuschreiten. Einer dieser Herren schrieb:„ Wer die begeisterten Mienen der Sozialdemokraten gesehen hat, wird es wohl einsehen, daß gegen solche Leute feine Ausnahmegesetze wirksam sind." Alle schrieben, daß man dem Redner angesehen habe, daß das, was er spreche, auch seine Ueberzeugung sei. Muß den Herren freilich sehr sonderbar vorkommen, wenn es auch Leute gibt, die ihre Ueberzeugung offen aussprechen, anstatt dieselbe zu verkaufen! Daß die bayerische Streberregierung den Fürthern die Vereins- und Preßpolizei zur Strafe für die Genehmigung dieser Versammlung entzogen habe und das Bezirksamt damit betraut wurde, wird schon bekannt sein. Letzteres machte auch sofort den ausgiebigsten Gebrauch davon, verbot den demokratischen Verein Bürgerbund", weil viele Mitglieder Sozialisten seien und Gabriel Löwenstein in einer Versammlung desselben zum Reichstagskandidaten proklamirt wurde; ferner wurden sogleich wegen Kleinigkeiten große Haussuchungen, die sich bis Nürnberg ausdehnten, veranstaltet, kurz der Herr Bezirksamtmann Feilich in Fürth zeigte sich seinem Vorbilde, dem Hauptstreber, Herrn Regierungspräsident Freiligsch in München , würdig. Der Lohn hiefür wird Beiden in der Zukunft nicht ausbleiben! Doch nun zu unseren Nürnberger Parteiverhältnissen. Unsern bewährten Genossen Grillenberger haben wir auch diesmal wieder als Reichtagskandidat proklamirt. Der Geist unter den Genossen ist wie überall, nachdem das erste Jahr unter dem ungewohnten Ausnahmegesetz vorüber war, besser als er je war; das treue Zusammenhalten, das immer fefter jetzt meist durch Freundschaftsband sich Zusammenschließen, war früher nicht vorhanden; dagegen hilft auch kein Vereinauflösen, kein Belagerungszustand, und wie die ohnmächtigen Wuthausbritche unserer Volksfeinde sonst noch heißen. Wenn sich auch hier wie allerorts Mancher, der früher sein Pfeifchen schneiden oder vor der Deffentlichkeit mit seinen„ radikalen" Gesinnungen prahlen wollte, zurückgezogen hat, so haben wir doch viele neue Genossen, die zuverlässig und mit frischem Feuer in den Kampf gehen, gewonnen. Von den zweifelhaften Elementen, die sich früher eindrängten und uns in den Augen vieler Leute kompromittirten, sieht man nichts mehr, sie blieben entweder selbst weg, oder es wurde ihnen hiezu gerathen. Unser Wahlkampf mag ein lustiger werden; durch die Bemühungen eines Bismard'schen, feines gött lichen Sauhirten, wurde hier eine liberale Partei gegründet, die nun die Herren vom Fortschritt bös mitnimmt. Wenn sich die Spitzbuben streiten, so kommt der ehrliche Mann zu seinem Recht; das werden diese Herren schließlich auch einsehen und bei einer allfallsigen Stichwahl sich um die beschmußten Hälse fallen. Glück zu! Noricensis.
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Briefkasten
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der Expedition: C. Th. v. Main : Bf. v. 18. hier. Ende März durch W. Nichts erh. Reklamirt! 1 R. B. mit 21 abgeg. J. G. Paris : Fr. 2.50 Ab. 2. Qu. erh. ,, Gleiches Recht für Alle": Mr. 6.60 Ab. pr. 4 Mon. u. Flgfds. erb. 18 muß noch gekommen sein. Glück auf! H. R.: Bf. v. 17./5. u. 2 neue erh. Nr. 722: Mt. 6. Ab. 2. u. 3. Qu. erh.„ Stiebers Verdruß" besser studiren. Briefl. am 24. Näheres. Stieber auf Reisen: Mt. 1.- Ab. Mai erh. 17 u. 18 ging noch an alte Firma, 19-21 an Stellvertr. Gundlach u. Cie. P. Alegre: Fr. 13. Ab. ab Jan. 81- Dez. per Commiff. erhalten. Nachtfrg. abgeg. 24./5. 81.- Zentralausschuß Basel : Fr. 5. f. Schft. dem Flgfds. zugewiesen. Wie steht's mit den zur Märzfeier? Reinecke L.: Bf. v. 20./5. erh. u. am 23. beantw. Alles vorgemerkt.- Laster: Bf. v. 20. erh., am 22./5. v. O. Vorgänger noch nicht. Wohin ging er? v. Bismard: Bf. v. 21. erh. u. am 23. beantw. Alles richtig und beachtet. ††† himmel Nachr. v. 20. erh. u. am 23. erwiedert. Neuer benützt. Freilich viel Moos, aber wie anders? Hatten mit„ M." nur das Revier im Auge.. B. B. Lond.: P.-R. v. 22. erh. Nachbestellg. abgeg. Das hat ja den Teufel mit Eurer Post! Allg. A.- B.- Ver. Bern : Adr. vorgem. B. N. Salzstadt: Bis zu 21 Alles bereits fortgewesen. Ab 22 nach Wunsch. ( i-): Bf. v. 20. am 23. erh. 21 bereits abgeg. H. Ntzsche. N.- Y.: Bestllg. v. 6./5. folgt in 7 Krzbdr. Am 23./5. 2 davon abges. Bf. richtig frankirt gewesen. Je 15 Gramm kosten 5 Cents. Nota brfl. am 24. ges. -0 Hu: Alles in Ordnung. 3 neue vorgemerkt u. Notiz an L. gesandt. Serlow: Bfe. v. 19. u. 20. erh. Kat. am 24. briefl. abgeg.C. Roth schild: Aufstllg. v. 20./5, am 24./5. brieft. an St. erwiedert. Schft. mit 22 abges. Rothhahn: Bfe. v. 17., 20. u. 21./5. erh. u. am 24. er wiedert. Feldhauptm.: Was soll's mit den 500 R. B.? Ahasverus: W. hat selbst 6 Duzz. besorgt. Nachn. nebst Porto Fr. 43.90 u. 50 Pf. Porto nach Sch. Alles an A. zu bezahlen. Geht mit 22. Egmont: Bf. v. 22. am 23. beantw. Flge. gut. Nachlfg. mit 22 fort. Justinus: 3 Bfe. und Beil. dant. erh. Novum erwartet. Weiteres sovald mögl. An Sf. gehen stets Blttr. p. rest. G. Allseits Gruß! C. Schumann Cincin.: 8 D. erh. Bf. u. Geldsdg. v. Theob. haben sich gekreuzt. Nähreres pr. P. R. 25./5. Sgrl.: 815: Bf. v. 23. am 25./5. an N. direkt beantw. Jurhuber London : Du sprichst so ernst,
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