löhne dadurch nicht gehoben, weil die eben abhängig sind von der Konkurrenz auf dem Weltmarkt, wohl aber werden Nothstände veranlaßt, wie sie uns im Enquetbericht näher geschildert werden.
Wenn weiter Herr von Schorlemer meint, es sei weniger der Zoll auf Getreide, als die Kornbörse und der dort getriebene Wucher, welche das Brod vertheuern, so stimme ich ihm bis zu einem gewissen Grade bei. Das beweist aber nur, daß schließlich nichts mehr übrig bleibt, als auch auf diesem Gebiet den sozialistischen Weg zu betreten und die staatliche Organisirung des Kornhandels in die Hand zu nehmen. Ohne dieſes Radikalmittel werden Sie den Wucher und den Schwindel von der Kornbörse so wenig wegbringen, als sie ihn von der Fondsbörse durch Ihre Börsensteuer wegbringen werden. Solche Giftpflanzen, wie sie sich da breit machen, müssen mit der Wurzel ausgerissen werden, dazu hat aber weder das Zentrum noch sonst eine Partei den Muth und die Lust und deshalb werden alle Ihre wirthschaftlichen Heilpflästerchen nichts zum Heile des Volkes nach sich führen."
Auer erklärte zum Schluß, für die Vorlage stimmen zu wollen, aber nur, weil er und die übrigen sozialistischen Abgeordneten sie als eine Rothstandsvorlage ansehen.
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Ein Lebemann". Friz Eulenburg, Verfasser von„ die Flinte schießt, der Säbel haut", ist im„ maison de santé" in Schöneberg bei Berlin gestorben am Säuferwahnsinn. Die gesammte anständige" Presse widmet dem ehemaligen Konfliktsminister die üblichen Krokodilsthränen, und wenn sie überhaupt auf die Ursache seines Todes anspielt, so heißt es zartfühlend, er sei ein großer Lebemann gewesen. Ein Lebemann, wie hübsch sich das anhört! Ein Mann, der lebt, das heißt, ein Mann, der zu leben versteht. Aber wie, wirft hier ein unschuldiger Jüngling ein, weil der Mann zu leben verstand, darum ist er also vorzeitig gestorben? Das kann doch nicht stimmen. Besteht die Kunst zu leben darin, sich zu Tode zu ſaufen?
Freilich, guter Freund, freilich! Leben heißt fressen, saufen und h.... Und wer das nicht glaubt, der ist ein Gottesleugner, ein Aufwiegler, ein Materialist. Aber, wohlverstanden, das gilt nur für die„ oberen Zehntausend". Beim niederen Volf heißt's: umgekehrt wird ein Schuh draus. Da heißt leben Entbehren, Entbehren und noch einmal Entbehren! Also unterstehe dich ja nicht, Arbeiter, wenn du einen zuviel hinter die Binde gießest, etwa zu sagen, du seiest ein„ Lebemann". Du bist und bleibst ein Säufer, ein Fresser, ein Schwein! So steht's.
Wir sind keine Splitterrichter. Daß Fritz Eulenburg mehr genossen als ihm gut war, ist noch lange nicht das Schlimmste, was er gethan. Aber festnageln wollen wir es doch, was die heutige Gesellschaft unter einem Lebemann versteht.
-Sehr gut. Jm Staatssozialist" wehklagt ein Herr D. J. über den enormen Gewinn, den das Haus Rothschild bei der Konversion der ungarischen Goldrente gemacht, daß einem Sozialisten das Herz im Leibe lachen könnte. Eine Wirthschaftsordnung," schreibt dieser Biedermann, welche es einem Einzelnen ermöglicht, in wenig Wochen die Mittel zu gewinnen, von denen hunderttausend Arbeiter ein ganzes Jahr lang leben können, ist ungesund und verderblich, selbst wenn jener Gewinn moralisch unantastbar wäre." Sehr wahr, theurer Freund, und ebenso wahr, wenn Sie im weiteren Verlauf die geringe Wirksam keit der Börsensteuer dagegen konstatiren, und nicht minder wahr, wenn Sie von der Börse selbst sagen, ein Institut, das zehn Millionen( Börsenstener) einbringt, ist ein Noli me tangere( Rührmichnichtan) für jeden Finanzminister." Weil Sie nun so brav waren, so wollen wir auch Ihre Schlußfragen beantworten:
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Also. Wo ist der Siegfried, der diesen Drachen zu tödten vermag?" Antwort: Der
Sozialismus. diesen D
Wo der Gärtner, den den Giftbaum mit der Wurzel ausrottet?" Antwort: Die soziale Revolution.
,, Wo der Staatsmann, der den echten König von dem Börsenkönige befreit?" Antwort: Kleiner Schäfer! Der„ echte König" kann ohne den Finanzminister, dieser aber, wie Sie sehr richtig bemerkten, ohne den Börsenkönig nicht bestehen; der rechte Staatsmann wird wohl der sein, der sie alle drei abschafft. Und nun rathen Sie einmal, wer das sein mag?
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Der Betbruder Lehmann in Berlin hat Herrn Stöder für die innere Stadtmission" 2000 Mark übersenden lassen. Eine 2000fache Anerkennung der Verdienste des edlen Hofpredigers als Antwort auf die Angriffe in der Berliner Stadtfynode, das ist gut! Nun wird das Geschwefel, daß man an allerhöchster Stelle die Judenhezze nicht billige, wohl endlich aufhören.
Man bedenke, 2000, in Worten 3 weitausend Mark! Bei dem sprichwörtlichen Geiz der Familie Lehmann eine Riesensumme.
Christliche Arbeiterfreunde. Ein Blatt, welches in echt chriftlich- konservativer Arbeiterfreundlichkeit macht, ist die Bismarckische Königsberger„ Ostpreußische Zeitg." Ihre Arbeiterfreundlichkeit hat sich nun gelegentlich des in unserer Königsberger Korrespondenz behandelten Prozesses Hennig- Tausch glänzend bewährt. Wenn man den Bericht dieses sauberen Blattes fest, so sollte man meinen, die Hennig sei ein wahres ungeheuer von Verlogenheit, Frechheit zc., Tausch dagegen ein wahrer Waisenknabe, so rein, so schön, so hold. Ein„ tragisches Gechick" wollte es, daß Tausch die Hennig engagirte, tragisch nicht für die Hennig, sondern für den Tausch.„ Wer mag es", heißt es weiter,„ Herrn Tausch verdenken, daß er der frechen Person mit der Peitsche, die er noch immer in Händen hielt, einige Hiebe über riß?" Echt christlich, nicht wahr? Nicht minder christlich ist auch die Unverfrorenheit, mit der bald die Hennig als Simulantin, ihre Schwäche als erheuchelt hingestellt, bald behauptet wird, sie habe schon früher über Schwäche im rechten Arm geklagt und den Kopf schief getragen. Am allerchristlichsten ist aber das Playdoyer des Staatsanwaltes ein wahres Muster von Gesetzeswächter, dieser Herr Hacker ! Die Peitschenhiebe stehen auf jeden Fall fest, und dennoch behauptet dieser ehrenwerthe Mann, der Angeklagte sei nicht über das der Dienstherrschaft aus§ 77 der Gesindeordnung zustehende Züch tigungsrecht hinausgegangen." Wir haben diese Gefindeordnung, dieses mittelalterliche Gesetz, das sich ebenso mit dem Christenthum der Herren verträgt, wie die Sklaverei, nicht bei der Hand, aber so reaktionär fie auch ist, daß Jemand seinen Dienstboten mit der Peitsche schlage, gestattet sie denn doch nicht. Hätte das der Vertheidiger des Tausch gesagt, so wäre die Sache begreiflich, aber der Staatsanwalt, der Schützer und Wahrer des Rechts, das ist denn doch selbst in Preußen neu. Freilich, Königsberg liegt sehr nahe an Rußland , und wenn die Herren für russische Zustände schwärmen, so wird man ihnen eines Tages auch russisch zu antworten wissen.
- Die Göttinger Studentenrevolte ist glorreich beendet, glorreich für die Bourgeois- und Adelssprößlinge. Die Burschen ließen fich nämlich herab, den Erlaß des Magistrats huldreichst anzuerkennen, sprachen aber ihre allerhöchste Mißbilligung über die Art und Weise der Ausführung aus und verlangten die Abberufung des betreffenden Polizeitommiffärs. Dagegen erklärte ihnen der Bürgermeister de und wehmüthig, es möge bei Beurtheilung der beklagenswerthen" Thatsachen bei Gericht eine milde Auffassung vorwalten.
Wenn Arbeiter fich in einer noch so gerechtfertigten Angelegenheit zusammenschaaren und ihrem Unmuth Ausdrud geben, dann werden zunächst exemplarische Maßnahmen getroffen, ehe man sich überhaupt herbeiläßt, nach den Ursachen zu fragen( Vgl. die vorjährigen Unruhen auf der Radzionkauhütte 2c.).- Milde Auffassung
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Wer lacht da?
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Unverschämt! In seiner Begrüßungsrede an den in Frankfurt tagenden Journaliſtentag äußerte der Erkommunist Miquel folgendes große Wort: Die Presse ist ein freies Gewerbe. Wer Gedanken hat, kann schreiben und drucken lassen." Ist so etwas erhört? Vor Leuten, die denn doch die Verhältnisse kennen sollten, wagt es dieser nationalliberale Oberbürgermeister von Volkspartei's Gnaden, eine so offenbare Lüge hinauszuposaunen! Und unter sämmtlichen versammelten ehren werthen Journalisten, die sich gegenseitig beweihräucherten, sie hätten gerade in jetziger Zeit dem Volke vorzuleuchten, damit es nicht den Muth verliere, fand sich nicht Einer, der aufgesprungen wäre und Protest gegen die Schönfärberei eingelegt hätte. Wenn die Herren Journalisten nur einen Funken Gefühl für die Würde der Presse gehabt hätten, so hätten sie nicht nur gegen diese Worte Protest einlegen, sondern direkt erklären müssen: So lange das Ausnahmegesetz besteht, ist die Presse, ist der Gedanke geknebelt, das Ausnahmegesetz ist eine der Neuzeit unwürdige Prostription der freien Kritik, so lange es besteht, ist der gesammte Jour nalistenstand als unmündig erklärt.
Indeß, wer wollte von den deutschen Literaten Gefühl für Würde und Unabhängigkeit erwarten. Das ist wirklich zu viel verlangt!
" In Sachen Hillmann und Genossen" wurden seit einiger Zeit in ganz Deutschland Haussuchungen, Verhaftungen und ähnliche Schurkereien verübt, ohne daß die Welt etwas darüber erfahren hätte, was eigentlich Hillmann und Genossen ausgefressen haben. Die Sache wurde uns schließlich zu bunt, wir fragten daher in Elberfeld an und erhalten jetzt folgenden lustigen Bescheid:
Wie der Prozeß Hillmann" mit den vielen Haussuchungen zusammenhängt, weiß hier Niemand. Etwa im Januar leitete man in Düsseldorf und Elberfeld eine Untersuchung ein, in welcher wohl einige Dutzend als„ Angeklagte" vernommen wurden, weil sie an einer oder auch mehreren geheimen Zusammenfünften theilgenommen haben sollten, in denen Gelder gesammelt und über den Kongreß berichtet worden sein sollte. Ein Grüner soll es seinem Vater erzählt und dieser es dem Gensdarm irgend eines umliegenden Dorfes mitgetheilt haben, daß ein alter Mann in einem Steinbruche eine Rede gehalten habe. Da der Steinbruch im Walde fast der Grenzpunkt zwischen Solingen , Burg, Remscheid , Wermelskirchen und Lennep ist, so war es nicht wunderlich, daß alle„ Bekannten" aus allen diesen Kreisen als„ Angeklagte", der Eine heute hier, der Andere morgen dort, vernommen wurden. Aus Sparsamkeitsrücksichten hatte man keine Zeugen, sondern nur Angeklagte geladen. Es ist natürlich, daß Niemand etwas wußte noch aussagte. Vor etwa 9 Wochen erhielt Hillmann Bescheid, daß die Untersuchung geschlossen sei. Anklage ist noch nicht erfolgt. Wie gesagt, der Prozeß Hillmann kann mit den Haussuchungen in Sachsen und Süddeutschland nicht im Zusammenhange stehen." Herrlich! Etwas dunkel zwar,
Aber' s klingt recht wunderbar!
möchten wir mit Don Azevedo ausrufen, wenn die Sache nicht so verdammt ein- fach wäre. Ist es denn nicht ganz selbstverständlich, daß wenn man Beweismaterial über eine in Elberfeld stattgehabte geheime Versammlung braucht, zunächst in Stuttgart , Offenbach , Mannheim , Dres den, Breslau , Polkwitz , Schilda und Schöppenstädt nachgeforscht wird? Nichts natürlicher als das, und wer es nicht einsieht, ist gar nicht werth, Angehöriger des heiligen preußischen Reiches deutscher Nation zu sein.
S sind doch Prachtkerle, unsere Staatsretter! Es wird uns manchmal recht schwer, die Bande so zu hassen, wie sie es verdient. Wären die Kerle nur ein Viertel so gescheidt, als sie schlecht sind, so könnte man sich beinahe vor ihnen fürchten. Aber dumm, faul und gefräßig, so ist einer wie der andere. O Bismarck, Du wirst wirklich schlecht bedient!
Sonderbare Schwärmer, diese fortschrittlichen„ Republifaner"! Klagen fortwährend über Reaktion, über Rückkehr zu mittelalterlichen Institutionen, und sind dabei noch obenan, wenn es gilt, mittelalterliche Schwächen zu fördern. Begeistert sich da neuerdings in der ,, Berl. Volkszeitung" ein sonst leidlich vernünftiger Mitarbeiter für die Wiederherstellung der Marienburg . Cui bono, zu wessen Nutzen? Ist es in Westpreußen denn gar so hell, daß Ihr nöthig habt, den Sinn für Institutionen zu wecken, die sich längst überlebt haben? Wir dächten, selbst Fortschrittler hätten Grund, auf andere Dinge ihren Sinn zu richten.
Es wird überhaupt wieder stark mit dem Mittelalter geflunkert, so daß wir große Lust haben, mit einem kräftigen Wörtlein dazwischen zu treten. Für heute wollen wir nur mit Göthe Amerika beneiden, von dem der Altmeister mit Recht sagte:
Und mit feststellen:
" Dich stört nicht im Innern,
Aus alter Zeit
Unnüßes Erinnern
Vergeblicher Streit.
Benutzt die Gegenwart mit Glück,
Und wenn dann Deine Kinder dichten,
Bewahre sie ein gutes Geschick
Vor Ritter, Räuber- und Gespenstergeschichten." Glasbrenner, der sonst nicht unser Mann war, wollen wir
Doch das Beste an Ruinen
Ist, daß sie Ruinen sind!
Eine deutsche Bauernpartei kündigt in verschiedenen Zeitungen ihr Erscheinen an. Sie entstammt der Uckermark und trägt einen echt bismarckischen Charakter. Dadurch, daß sie Groß- und Kleingrundbesitzer umfassen will und behauptet, daß die Interessen beider die gleichen seien, dokumentirt sie, daß sie nichts anderes ist als eine Bauern fänger partei. Die kleinen Bauern sollen für die großen die Kastanien aus dem Feuer holen.
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Ein Passus in dem Aufruf freut uns trotzdem. Es heißt da:„ Standesgenossen! Nur wenn wir uns selbst helfen, kann uns unser Kaiser und sein Kanzler helfen." So ist's rechts; verbreitet nur diese Ueberzeugung so weit ihr könnt im Landvolke, wir werden schon dafür sorgen, daß eines Tages die richtigen Konsequenzen gezogen werden, und auch der Bruder Bauer in Heine's Worte einstimmt:
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,, Bedenk' ich die Sache ganz genau, So brauchen wir gar keinen Kaiser."
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,, War wohl je ein Mensch so frech, als der Bürgermeister Tschech "- Dieses schöne Lied läßt laut Beschluß des Nürnberger Polizeigerichts, ,, keine sozialdemokratischen, sozialistischen oder kommunistischen Bestrebungen ersehen", und ist daher auch nicht auf Grund des Sozialistengesetzes zu verbieten, dagegen und nun kommt der hinkende Bote, bleibt zu erwägen, ob nach dem Inhalte des Liedes nicht Anlaß zu einer Einschreitung auf Grund des Reichs- Str as gesetzbuches geboten sei". Wir sind wirklich neugierig, was das Landgericht Nürnberg, vor dem die Sache jetzt zur Entscheidung kommt, über den armen Bürgermeister Tschech entscheiden wird. Verkrachen sie ihn, dann empfehlen wir unseren Genossen als Ersatz das nicht minder schöne Lied: „ Oskar Becker hieß der Mann,
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Der das Attentat erjann."
- In Frankfurt am Main ist ein Berliner Ausgewiesener, als er das Londoner Flugblatt„ Endlich" an das Ausstellungsgebäude anschlagen wollte, verhaftet worden. Wie die dortigen Blätter behaupten, habe er die Sache so ungeschickt angefangen, daß er abgefaßt werden mußte. Aus Anlaß dieser Verhaftung sind sodann sechs weitere theils in Bockenheim theils in Frankfurt am Main vorgenommen worden. Der
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Name des Ausgewiesenen" wird sonderbarerweise nicht mitgetheilt.
Am 2. Juni
mi wurde Genoffe With, Hodenberger, Gießer,
in Frankenthal auf Antrag der Mannheimer Behörde verhaftet, wobei folgender brutale Akt zu verzeichnen ist: Hockenberger wurde auf seiner Arbeitsstelle abgeholt( ohne daß er sich waschen oder seine Kleider wechseln durfte) und mit einer Kette geschlossen abgeführt. Am Bahnhof brachte ihm seine Frau seine beiden Kinder entgegen und als Hockenberger sie zum Abschiede küssen wollte, stieß ihn der ihn verhaftende Brigadier eine Bestie in Menschenverhaftende Brigadier gestalt gefühllos zurück. Hockenberger ist als einer der tüchtigsten und gebildetsten Arbeiter Frankenthals bekannt, und daher diese Rohheit.
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Aus dem Wupperthal theilt man uns noch mit der Polizeilump Karl Levertus, Haffelmann'schen Angedenkens, drängt sich zeitweilig wieder in parteigenössische Kreise. Wir warnen allerseits vor diesem mehr als zweide utigen Subjekt.
Verboten wurden in Mainz auf Grund des Sozialistengesetzes: Der Gesangverein Frohsinn" und der Vergnügungsverein„ Heiterfeit". Frohsinn und Heiterfeit verboten, das ist wirklich nicht übel.
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Aus Desterreich schreibt man uns: Der Linzer Arbeitertag ist vom Statthalter von Oberösterreich , Fürst Metternich, untersagt worden, und zwar, weil derselbe als eine allgemein zugängliche Versammlung anzusehen sei". Grund: Es sei zum Besuche des Arbeitertages in mehreren Blättern aufgefordert worden. Nach der Meinung des weisen Statthalters hätte somit der Arbeitertag nur dann stattfinden dürfen, wenn die Einberufer Niemand dazu eingeladen hätten. Was dem Bauernkomite erlaubt war, ist also bei Arbeitern gesetzwidrig. Man will mit Gewalt verhüten, daß die Arbeiter sich offen und innerhalb der engen Schranken der Gesetze sich über ihre Verhältnisse aussprechen und berathen, wie die Uebelstände zu beseitigen wären. Für uns Arbeiter gibt es in Desterreich kein Versammlungsrecht mehr, es scheint fast, als ob man uns mit Gewalt zu geheimen Organisationen zwingen will, um unsere thätigen Elemente desto sicherer hinter Schloß und Riegel zu bringen. n)
Wenn Fürst Metternich glaubt, auf solche Weise den Staat retten oder die soziale Frage lösen zu können, dann irrt er sich.
Arbeiter Desterreichs! Die Willkür unserer Herrscher kennt uns gegenüber kein Gesetz, warum sollten wir uns um dasselbe kümmern? Tretet heraus aus Eurem Indifferentismus, organisirt Euch! Wer die Gefahr scheut, kommt darin um, sagt ein altes Sprüchwort. Darum fämpft unerschrocken und mit Ausdauer für unsere Sache, der Sieg kann nicht ausbleiben, der Tag wird tommen, wo auch wir Genugthuung erhalten werden.
C
R.
Aus Oesterreich . Ueber die Verhaftungen in Salzburg wird uns geschrieben: Diese Verhaftungen schließen sich so unmittelbar an die Anwesenheit des Bgr. 3. aus Wien , der hier vergeblich versuchte, für die Londoner Freiheit" zu agitiren, daß wir alle überzeugt find, wir verdanken ihm diesen Liebesdienst. Kaum war er nämlich fort von hier, so wurde zunächst Genosse Müller behaussucht und verhaftet. Bei Müller hatte man Briefe von Staar in Wien und Schnaubelt in Steyr vorgefunden, worauf auch diese Genossen verhaftet und wie gemeine Verbrecher geschlossen nach Salzburg transportirt wurden. Dann wurden die Genoffen Pintner, Marschall und Seidler verhaftet.
Nun tommt das Schönste nach. In ganz Salzburg wurde ausgesprengt, die Sozialisten hätten bei der Salzachbrücke den Zug, mit welchem die belgische Prinzessin nach Salzburg komme, in die Luft sprengen wollen, und zwar vom Gasthaus zur Gaß aus. Der Wirth und sein Personal wurden verhaftet, das ganze Lokal durchsucht, alle Böden und die Kegelbahn aufgerissen, ja selbst die Kegelkugeln eingehend untersucht lich ohne Resultat. Das Gasthaus wurde dann von sieben Polizisten Tag und Nacht bewacht, jeder Aus- und Eingehende durchsucht, ebenso wurde die Bahnbrücke von Polizisten beschützt, bis der Zug vorbei war.
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natür
Da man aber absolut Sprengmaterial brauchte, so fand man solches schließlich in einem nahegelegenen Steinbruch, woselbst man auch einige Arbeiter verhaftete.
Ferner wurden in sämmtlichen Schuhmacher- Werkstätten die Arbeiter abgefragt, ob sie an der Abendunterhaltung, in welcher Zinner gesprochen hatte, anwesend gewesen wären; wer ja sagte, wurde gleichfalls verhaftet. Im Ganzen sitzen jetzt 30 Personen, darunter noch die Genossen Sama. born, Gattinger, Köstler, Härtl und Bauer, sowie des letzteren Geliebte. Zu dem Einzug der Belgierin kamen von Wien mehrere Dutzend Spitzel extra hierher. ein Arbeiter zu einem anderen sagte, wie wird's wohl denen in der Haft gehen, wurde er von einem Geheimen gepackt und angeschnauzt: Sie wissen auch davon, kommen Sie nur gleich mit. Gleichfalls verhaftet wurde eine Frau, die sich geäußert hatte, wann ein armer Teufel heirathet, dann macht man nicht so viel Geschichten. Es soll einen großen Prozeß abgeben, wir wissen nicht, wie wir die Kosten aufbringen sollen, die Noth unter den Angehörigen der Verhafteten ist sehr groß.
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Von anderer Seite wird uns noch über die gleiche Angelegenheit geschrieben: Die Seele der ganzen Angelegenheit ist wahrscheinlich das Scheusal von Statthalter- Thun heißt der Schuft ein Sozialistenfresser ersten Ranges, der schon 1869 erklärte, so lange er im Amte sei, werde die Arbeiterbewegung in Salzburg nicht aufkommen. Außerdem wollten sich die Polizeihallunken wieder einmal wichtig machen und dem Spießbürger ihre Unentbehrlichkeit vor die Augen führen, wobei ihnen 3 durch Bramarbafiren 2c. wahrscheinlich gute Dienste geleistet hat.
Aus Frankreich . Der in Paris tagende Arbeiterkongre Mittelfrankreichs hat seine Arbeiten am 2. Juni beendet. Seine Sitzunge waren fast ausschließlich der Diskussion theoretischer Fragen gewidmet in Bezug auf die praktische Thätigkeit beließ man es beim Alten. Betreffs der bevorstehenden Wahlen wurde beschlossen, nur als selbständige Arbeiterpartei auf dem Boden des Klassentampfes einzutreten und auf das in Paris bestehende Zentralwahltomite der sozialistischen Arbeiterpartei verwiesen. Der Delegirte des Malerbundes forderte in der Schlußßißung die verschiedenen Vereine energisch auf, sich an dem nach Zürich einberufenen Weltkongreß zu betheiligen, und unter dem Rufe:„ Es lebe die foziale Republik !" gingen die Delegirten auseinander.
Auch in Bordeaux hat eine Protestversammlung gegen die Grausamkeiten der russischen Regierung stattgefunden. Gegen 5000 Personen nahmen daran Theil; es sprachen Fr. Cournet, J. Rose und Louise Michel . Einige Störungsversuche mißlangen.
Das Begräbniß des positivistischen Philosophen Littré hat zu einem fleinen Standal geführt. Littré war ein großer Feind der Kirche, seine flerikal gesinnte Frau und Tochter hatten ihn aber, als er auf dem Todtenbette lag, taufen lassen und ließen ihn auch kirchlich begraben, wogegen seine Freunde und Gesinnungsgenossen vergebens protestirten, Am Grabe tam es dann zu einem kleinen Radau." Freifinnige" deutsche Blätter loben die Toleranz Littré's, der, obwohl er Freidenker war, nie mit seiner Frau über religiöse Dinge gesprochen hatte. Wir können uns für eine solche Toleranz nicht begeistern, hinter ihr steckt gewöhnlich nur Indifferenz oder geistiger Hochmuth. Wer sich mit einer bornirten Frau wohlfühlt, sein Kind in religiösem Aberglauben erziehen läßt, der ist es werth, daß sie ihm schließlich solche Streiche spielen. derHerr Littré machte auch, wie alle Positivisten, in Sozialismus selbe war aber auch danach. Er gipfelt in der Schaffung einer wissenschaftlichen und geistigen Aristokratie. Wir aber wollen, wie Em. Massard im„ Citoyen" am Schluß eines Artikels über Littré richtig bemerkt,
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