wendige Voraussetzung erklärt, indem wir im 4. Punkt desselben proklamirten:
,, Die politische Freiheit ist die unentbehrlichste Vorbedingung zur ökonomischen Befreiung der arbeitenden Klassen. Die soziale Frage ist mithin untrennbar von der politischen, ihre Lösung durch diese bedingt und nur möglich im demo= fratischen Staat."
In unserem Programm wird bekanntlich der freie Staat ebenfalls zuerst genannt. Kurz, es bleibt wohl dabei, daß die Demokratie die Vorstufe der Sozialdemokratie ist. Schon im Namen„ Sozialdemokratie" ist dieser Ursprung deutlich ausgedrückt; die Sozialdemokratie ist eben auch nur eine Demokratie, aber keine bloß politische, sondern eine soziale. Uebrigens, wenn die Sozialdemokratie nicht die Demokratie zur Vorstufe hat, wen oder was hat sie denn zur Vorstufe?
,, Die naturnothwendige Konsequenz der Demokratie ist die Anarchie, nicht die Sozialdemokratie."
Daß die naturnothwendige Konsequenz der bürgerlichen Demokratie die Sozialdemokratie und ebenso, daß die naturnothwendige Konsequenz des demokratischen der sozialdemokratische Begriff ist, geht zur Genüge schon aus dem bereits Gesagten hervor. Doch wollen wir hier noch darauf hinweisen, daß der sozialdemokratische Begriff durchaus nur die Verallgemeinerung des demokratischen Begriffes und dessen Anwendung auf das soziale Leben ist. Die Sozialdemokratie ist die konsequente Demofratie, welche beweist, daß die politische Gleichberechtigung ohne soziale ein leerer Schall, daß erstere ohne letztere gar nicht möglich ist, sowie daß die soziale Gleichberechtigung die politische zur Voraussetzung hat. Hätte ,, Symmachos" Recht, wie wollte er denn dann die von ihm selbst erwähnte Thatsache plausibel machen, daß der eine Theil der bürgerlichen Demokratie zur Sozialdemokratie tritt, während der andere wieder in Abrahams Schooß, d. h. zum Liberalismus zurückkehrt, von dem er ausging?
Welchen Theil will Symmachos" den konsequenten nennen?
Und nun zur Behauptung, die naturnothwendige Konsequenz der Demokratie sei die Anarchie".
Fragen wir hier zunächst, wo und wann denn aus bürgerlichen Demofraten Anarchisten geworden sind. Mir ist nichts derartiges bekannt, wohl aber weiß ich, daß alle uns bekannten Anarchisten aus den verschiedensten sozialistischen Schulen und Parteien, einschließlich der sozialdemokratischen, hervorgegangen sind. Welch psychologische Ursache und logische Gründe gäbe es auch für die Verwandlung eines bürgerlichen Demokraten in einen Anarchisten?
Die bürgerlichen Demokraten, wie entartet sie auch heute sein mögen, wollen doch einen freien, möglichst großen Staat, aber die Anarchisten wollen gar nichts vom Staat, voraus nichts von einem großen wissen. Wahrlich, wir sind begierig, mit dem Weg bekannt gemacht zu werden, der vom Demokraten zum Anarchisten führt.
Wenn es einen Weg gibt, so führt er über den Sozialismus, d. h. der Demokrat wird er st Sozialist und dann Anarchist. Oder aber, der Demokrat sieht sich einem allmächtigen Staat gegenüber, der alle Rechte der Person in seinem Getriebe zermalmt und wird, weil er sich gegen einen solchen Staat empört, zum Anarchisten, zum Propheten der absoluten individuellen Freiheit.
In beiden Fällen wird man aber vernünftigerweise nicht behaupten wollen, daß der Demokrat mit naturnothwendiger Konsequenz Anarchist geworden sei. In beiden Fällen liegt vielmehr ein Umschlagen von einem Extrem in's andere vor, was allerdings unter gewissen Voraussetzungen auch mit Naturnothwendigkeit erfolgt. Aber so will ,, Symmachos" seinen Satz sicherlich nicht verstanden wissen.
Will, Symmachos" aber behaupten, die Idee der Anarchie sei die naturnothwendige Konsequenz der Idee der Demokratie, so behauptet er etwas, was die königstreuen Philister aller Länder schon längst behauptet haben, und was wir aus Achtung vor den Lesern hier nicht erst widerlegen wollen.
Wohl ist die Anarchie die letzte Konsequenz, aber nur die wirthschaftliche Konsequenz der modernen Gesellschaft, welche von ihren rührigsten Vertretern sogar zum wirthschaftlichen Prinzip derselben erhoben worden ist. Aber diese wirthschaftliche Anarchie bedarf zu ihrer Erhaltung einer starken politischen Autorität. Aus dem Widerstreit dieser beiden, sich schroff gegenüberstehenden Prinzipien, des der wirthschaftlichen Anarchie und des der politischen Autorität, wird der häßliche Bourgeois- und Militärstaat geboren, mit dem Windfahnencharakter seiner hauptsächlichsten Stützen, der Bourgeois, die sich bald dem einen, bald dem andern Prinzip mehr hingeben, bald beide zu vereinigen trachten und so das Bild eines von der Brandung hin und her geworfenen Wrackes bieten. Um das genetische Verhältniß zwischen bürgerlicher Gesellschaft und Anarchie genau auszudrücken, muß und darf man nur sagen, die Anarchie ist das auf die Spize getriebene wirthschaftliche Prinzip, zugleich aber eine Reaktion gegen das politisch autoritäre Prinzip der Bourgeoisie.
Die Demokratie ist nicht die letzte Konsequenz, sondern vielmehr eine In konsequenz der bürgerlichen Gesellschaft, denn Volkssouveränität und bürgerliche Gesellschaft, d. h. kapitalistische Produktion find unverträglich. Ein souveränes Volk wird sich auf die Dauer nicht ausbeuten lassen, sondern es wird das Wirthschaftsleben nach seinen Wünschen gestalten. Was wir an den Radikalen und bürgerlichen Demokraten tadeln und lächerlich finden, das ist ja eben ihr Bestreben, das heutige Wirthschaftsleben in seinen Grundlagen zu erhalten und doch die Volksherrschaft daneben zu begründen.
Die moderne Gesellschaft führt naturnothwendig sicher nicht zur Demofratie, sondern zum Liberalismus, Opportunismus, zur absoluten Staatsgewalt mit genügender Infanterie, Kavallerie und Artillerie, um die wirthschaftliche Anarchie, das heißt die Ausbeutung des Volkes aufrecht zu erhalten.
Wenn irgendwo, so sehen wir in der Geschichte naturnothwendige Konsequenz. Nun, und was zeigt die Geschichte? Daß sich die Vertreter der modernen Gesellschaft stets mit aller Macht der Einführung der Demokratie widersetzten. Die Geschichte Frankreichs seit der großen französischen Revolution bis auf den heutigen Tag ist hierfür das klassischste Beispiel.
Da die moderne Gesellschaft nicht zur Demokratie führt, so kann sie auch nicht zu einer Parteibildung führen, welche die demokratische Idee vertritt, wie dies die bürgerliche Demokratie immer mehr oder weniger konsequent gethan hat.
" Die Demokratie ist der gerade Gegensatz zur Sozialdemokratie." Der Satz ist in dieser Allgemeinheit ganz verwerflich.
Versteht man darunter die Parteien, so ist er viel zu allgemein und gibt zu Mißdeutungen und ganz berechtigten persönlichen Verbitterungen Anlaß; denn angenommen, er beziehe sich nur auf die demokratische Partei Deutschlands , so liegt die Sache einfach so:
Entweder vertritt diese demokratische Partei die demokratischen Grundsätze, dann ist sie eine demokratische Partei, oder sie verleugnet diese Grundsätze, dann ist sie eben keine demokratische Partei und man spricht von ihr auch nicht schlechtweg als von einer demokratischen Partei, sondern von der sogenannten demokratischen Partei, von einer Partei, die auf das Epitheton demokratisch ebensowenig ein Recht hat, wie die Partei der amerikanischen Sklavenhalter, die sich bekanntlich auch demotratisch nennt. Statt also mit Rücksicht auf eine solche Partei den Satz aufzustellen: die Demokratie ist das gerade Gegentheil der Sozialdemokratie, wäre es doch viel einfacher und allein richtig, zu sagen: diese sich demokratisch nennende Partei ist nicht demokratisch, sondern ebenso aristokratisch wie die übrigen Parteien. Diese falschen Demokraten sind unsere ärgsten Feinde, weil sie unter der Maske von Freunden in unseren Reihen Verwirrung stiften und uns verrathen.
Trägt aber eine demokratische Partei mit Recht ihren Namen, vertritt sie wirklich demokratische Grundsätze, so ist es ungerecht und verkehrt, sie als den geraden Gegensatz der Sozialdemokratie zu erklären. Daß die Idee der Demokratie das gerade Gegentheil der Idee der Sozialdemokratie sei, ist doch wohl zu lächerlich, um widerlegt zu werden, zudem liegt in Vorstehendem Widerlegung genug.
Wir wollen nicht nur Alles für, sondern auch Alles durch das Volk und nennen uns deshalb Sozialdemokraten.
Habe ich in Vorstehendem die historischen und logischen Beziehungen und Zusammenhänge nachzuweisen versucht, welche zwischen Demokratie, Sozialdemokratie und Anarchie bestehen, so werde ich in einem zweiten Artikel das Verhältniß von Sozialismus und individueller Freiheit behandeln.
Ein fommunistisches Programm.
Das Organ der ikarischen*)( kommunistischen ) Kolonie in Amerika , la Jeune Icarie( das junge Jcarien) hat sein Format vergrößert und den Titel„ Le Communiste Libertaire"( Der freie Kommunist) angenommen. Die erste, im neuen Gewand erscheinende Nummer bringt an der Spitze nachstehenden Programmartikel, den wir hauptsächlich deshalb in trener Uebersetzung vorlegen, weil er sich gegen das alberne Märchen wendet, der Kommunismus oder Sozialismus vertrage sich nicht mit der persönlichen Freiheit, verhindere die Entwicklung des Individuums, während in Wahrheit das gerade Gegentheil der Fall ist. Der Artikel lautet:
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In der Sozial- Dekonomie oder Soziologie( Gesellschaftswissenschaft) find wir Kommunisten. Wir sind der Ueberzeugung, daß von allen sozialen Grundsätzen dieser der schönste, tiefste und gerechteste ist:„ Jeder soll seinen Kräften entsprechend arbeiten und seinen Bedürfnissen gemäß genießen."
Aber wir wollen diesen Kommunismus nur in Verbindung mit der größtmöglichen Summe von politischer und individueller Freiheit in Bezug auf alles, was nicht noth wendig oder direkt der Gesellschaft als solcher zukommt.
In der Politik sind wir keine Politiker im engeren Sinne. Denn ganz abgesehen von den positiven Lehrsätzen, welche man aus der Philosophie der Geschichte ableiten kann, genügt schon der einfache Beweis, den man aus den gegenwärtigen Verhältnissen ziehen kann, um erkennen zu lassen, daß in Folge eines abänderlichen mit verhängnißvoller Sicherheit wirkenden soziologischen Gesetzes die politischen Zustände irgend einer Gesellschaft nur der Ausdruck und die Konsequenzen ihrer ökonomischen Einrichtungen sein können. Folglich besteht unsere Politik nur in der Forderung des Föderalismus, oder mit anderen Worten, des gleichheitlichen Bündnisses aller menschlichen Genossenschaften( Vereinigungen), deren Sitten, Sprache, Charakter, Bedürfnisse oder selbst Wünsche der Verschmelzung in eine kommunale, nationale oder kontinentale( einen Kontinent Erdtheil umfassende) Einheit entgegengesetzt sind. In der Philosophie sind wir Atheisten und Materialisten oder richtiger Experimentalisten( d. h. Lente, die ihre wissenschaftlichen Anschauungen aus den durch Versuche( Experimente) und Erfahrung gewonnenen Wahrheiten ausbauen). Wir sind der Ansicht, daß außerhalb der wissenschaftlichen Erfahrung und Beobachtung nur noch für die theologische Willkür oder das metaphysische a priori"**) Raum ist.
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Unser Ziel ist die allgemeine Kommune, in der jeder Bürger, nachdem er von der Gesellschaft jede denkbare Unterstützung für seine physische, moralische und intellektuelle Entwickelung erhalten hat, von freien Stücken seinen Arbeitsantheil leistet bei der Produktion der mateterletten over intellectuellen Schähe matcha gum lahan und zur Vornalf
kommnung der Menschheit nothwendy sind.
Was die Mittel zur Erreichung unseres Zieles anbetrifft, so würden wir, wenn man uns die Wahl ließe, ebensosehr aus eigener Neigung als aus Verstandesgründen keine anderen wählen, als die der Ueberzeugung. Aber seit Langem schon sind wir de Ansicht, daß eine Berufung an die Gewalt des Volkes unvermeidlich sein wird, wenn man soziale Gerechtigkeit einführen will. Und zwar meinen wir das deshalb, weil es in der Geschichte kein Beispiel dafür gibt, daß eine Kaste oder Klasse freiwillig ihre Privilegien aufgegeben hat.
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Der Bourgeoisie nachzuweisen, dß ihre historische Rolle seit der tiefgreifenden Umwälzung ausgespielt t, welche sie selbst durch das Maschinenwesen in den Produktionsmitteli hervorgebracht hat,- ihr zu predigen, daß es das Klügste sein würe, sich zur Arbeit zu bequemen, wie wir Alle es thun, alles Das nirde ebenso erfolglos sein, als die Menschen überzeugen zu wollen, pie der bekannte Philosoph des Unbewußten, Ed. v. Hartmann, es versucht, daß die höchste Weisheit im Selbstmord bestehe.
Die ökonomischen Verhältnisse haben sich so gestaltet, daß nur durch eine gewaltsame, zum Wohle der Gesammtheit unternommene Expropriation die zwischen den sitzenden Müssiggängern und den enterbten Produzenten bestehende Kift ausgefüllt werden kann. In diesem Falle wird die Gewalt die eburtshelferin des Rechtes sein. Wenn sie einst vom Proleta at angewendet ist, so wird sie die Auflösung aller Klassen in eine einige menschliche Familie als schönste Konsequenz nach sich zieht.
Aber um Gewalt anwenden zu können, muß man Gewalt haben. Die Quelle aller Macht besteht in de Gruppirung, in der guten Organisation der Arbeiterklassen der verschiemen Länder, in der Organisation des Proletariats zu einer von alle anderen Klassen verschiedenen Partei. Wenn man dies in Erwägung zht, so erhellt sofort die Nothwendigkeit einer Periode der Vorbereitung. Kan muß Generalmarsch schlagen, bevor man zum Sturme schreitet; od um es deutlicher auszudrücken, man muß Aufklärung verbreiten, den bedanken der sozialen Revolution unter das Volk bringen, die brennende Tagesfragen besprechen, unsere Legionen organisiren, die Volksleiden aften erregen, der Masse der Arbeiter die treibenden Ideen des Gemein- nteresses einflößen mit einem Worte, man muß mit allen zu Gebot stehenden Mitteln Propaganda machen und noch einmal Propaganda mhen bis zu dem Tage, wo die Kräfte des Proletariats vorbereitet, orgiifirt und damit fähig sein werden, die zahlreichen Hindernisse wegzuräurr, welche sich der Verwirklichung der neuen Rechtsideen, des freiheitlichenmunistischen Rechtes( du droit communiste- libertaire) entgegenstelle
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*) Der französische Kommunist bet, der Anfangs 1848 mit einigen Anhängern nach Amerika auswerte und dort eine kommunistische Kolonie gründete, hat seine Ansicht in einem utopistischen Romane ,, Die Reise nach farien" niergelegt, wonach seine Anhänger den Namen Jtarier" angenommen hen. Die Kolonie hat natürlich die Gesellschaftsumwälzung sich it im Kleinen und sozusagen hinter dem Rücken der Gesellschaft bewtelligen läßt, sehr schlechte Geschäfte gemacht, sie erlitt mehrere Katasphen, hat sich aber schließlich, wenn auch in sehr bescheidenen Formenrhalten.
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da
**) Das metaphysische a prio heißt wörtlich übersetzt: das übernatürliche von vorn". Man verscheidet Erkenntniß a priori" und Erkenntniß a posteriori"( von nten). Unter ersterer versteht man solche, die der menschliche Geist ablich rein aus sich selbst, unabhängig von der Erfahrung und den Tachen erzeugt, unter letzterer solche Erkenntniß, die durch Thatsachend Erfahrung gewonnen wird. Erstere, die in der Philosophie eine großolle spielt, ist natürlich Unsinn.
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Sozialpolitische Rundschau.
Revolution in Sicht. abgeordneter, Landmann,
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Zürich , 24. August 1881. Ein nationalliberaler Reichstagsgewählt in Plauen , sehr wohlhabend,
wenn es wahr, daß Schweigen Gold ist, denn im Reichstag hat der Mann nie den Mund aufgethan sagt in seinem Rechenschaftsbericht: „ Der Wahrheit die Ehre! Die Reaktion ist im vollen Zuge! Wenn die Grundlagen der Gesetzgebung des Reiches angegriffen werden und wenn dabei der Wahrheit und Nächstenliebe so ins Gesicht geschlagen wird, wie dies jetzt von vielen Seiten geschieht, dann ist es Zeit, daß das Volk sich dem mit aller Entschiedenheit widersetzt. Wenn aber trotzdem in dieser Richtung weiter fortgefahren wird und das Volk erst später einsieht, daß man ihm Steine statt Brot geboten hat, so könnte das leicht den Sturm einer Gegenreaktionerregen, die nicht stille stehen würde, weder vor dem Throne, noch vor dem Altar, noch vor dem Geldschrank des vermögenden Mannes."
„ Sturm einer Gegenreaktion" nicht übel. Gewöhnlich pflegt man das Ding kürzer auszudrücken, mit einem Wort: Revolution. Freilich ein Wort, vor dem ein Nationalliberaler solche Angst hat, daß er es nicht in den Mund zu nehmen wagt.
Also Herr Landmann sieht die Reaktion und fürchtet, daß sie zu einer Revolution führen werde. Nur eine Hoffnung bleibt ihm noch, daß die deutschen Fürsten dem„ Einfluß der Reaktionäre", d. h. des Fürsten Bismarck, nicht länger Raum geben, und daß das Volk ,, den Schleier noch rechtzeitig zerreißt, mit dem man ihm jetzt den Blick verdunkelt."
Nun, die Fürsten , auf welche der biedere Mann vertraut, stehen an der Spitze der Reaktion, und der Schleier, der„ den Blick des Volkes verdunkelt", ist mit größtem Eifer von der Partei des Herrn Landmann gewoben worden. Herr Landmann kann sich indeß beruhigen. Der Schleier ist zerrissen das Volk ist bereits mit den Herren ,, Liberalen "
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ins Gericht gegangen, es wird auch mit den andern Reaktionären ins Gericht gehen und der„ Sturm der Gegenreaktion" dürfte ungefähr so auftreten, wie Herr Landmann es zitternd voraussagt.
-Aus dem Gefängniß Deutschland . Spigelei und kein Ende. Niedertracht jeder Art und kein Ende. Nur ein paar Bröbchen: Bebel hat auf seinen Geschäftsreisen stets zwei oder drei Spitzel hinter sich, die einander ablösen. Sie heften sich an seine Sohlen, werden aber mitunter auch abgeschüttelt. Wie z. B. vor einigen Tagen in München , wo der große Gehret 24 Stunden lang wie ein frankes Hinkel herumlief, weil er die Spur seines Schützlings verloren. In Leipzig sind Tag und Nacht die Wohnungen Liebknecht's und Bebel's von Spizzeln bewacht, die Jeden, der aus- und eingeht, kontroliren. Die Polizeiesel scheinen zu glauben, die Ausgewiesenen würden ihnen ins Garn laufen. Obgleich Liebknecht seit Wochen nicht mehr in Borsdorf ist, besteht die Gensdarmeriestation dort weiter, weil Liebknecht, in Ermangelung eines festen Wohnsitzes, sein Borsdorfer Logis behalten hat. Die Gensdarmerieſtation, welche dem steuerzahlenden Volf ein hübsch Stück Geld kostet, hat ein greifbares Resultat aufzuweisen: Gastwirth Pollmächer aus Stötterizz, der sich des Verbrechens, Liebknecht in Borsdorf besucht zu haben, schuldig gemacht, ist deshalb von der Gensdarmerie denunzirt und von der Kreishauptmannschaft ausgewiesen worden. O diese Infamie!- Vor einigen Wochen machte einer der aus Berlin Ausgewiesenen, Stuckateur Borstett, seiner nur zu berechtigten Entrüstung Luft, indem er auf einer Postkarte an das Polizeipräsidium schrieb, daß die Behörden durch diese fortgesetzten Verfolgungen einen furchtbaren Haß erzeugten und das Volk förmlich zur Revolution provozirten; man scheine in den oberen Regionen ganz vergessen zu haben, daß der jetzige Kaiser einst heimlich aus Berlin habe flüchten müssen. Darob Anklage wegen Majestätsbelei digung, und Verurtheilung zu 1½ Jahren. Es gibt noch Richter in und unbernoris, Richter, bie, wenn das Recht noch zur ver tung fommt, einst auf der Verbrecherbank sitzen werden. Eine interes sante Illustration des Bismarc'schen Staatssozialismus bildet ein von der Aachener föniglichen Garnisonsverwaltung abgeschlossener Submissionsvertrag, dessen 19 gedruckten Paragraphen ein zwanzigster zugefügt ist mit folgendem Wortlaut:„ Unternehmer darf bei Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes keine Person verwenden, die Mitglied eines von der Polizei auf Grund des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oftober 1878 verbotenen Vereins war, oder die wegen sozialistischer Tendenzen, sei es von einer anderen öffentlichen Verwaltung, sei es von einem größeren Privat- Etablissement, aus ihrem Wirkungskreis entlassen worden ist, oder die offenkundig als Anhänger der Sozialdemokratie auftritt, z. B. für deren Bestrebungen wirkt oder sammelt. Unternehmer muß, sobald es sich herausstellt, daß die eine oder andere der von ihm angenommenen Personen unter eine der bezeichneten Klaffen fällt, dieselbe sofort, jedenfalls auf Verlangen der betheiligten Behörde, unter Angabe des Grundes entlassen."
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Vertin
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Die Arbeiter werden sich das merken! Also Jeder, der nicht die Bismarck 'sche Ruthe devot küßt, und von den Bismarck'schen Kürassierstiefeln devot den Schmutz ableckt, wird geächtet. Das wird schön werden, wenn Herr Bismarck das Tabaksmonopol durchsetzt und durch seine Arbeiterversorgungsanstalten die Masse der deutschen Arbeiter in sein Staatszuchthaus einsperrt. Zwar wäre auch so Niemand auf den Leim gegangen, es ist aber immerhin gut, wenn die Brutalität so zynisch die Heuchlermaste abwirft. Vom großen Mainzer Sozialistenprozeß" haben Sie gehört es handelte sich um eine zweite Auflage des Wydener Kongresses, die, bei einem Besuch Bebel's, auf einer Rheininsel gespielt haben sollte. Der Prozeß hat sich jetzt glücklich im Sande verlaufen. Die Anklagekammer des Mainzer Landgerichts hat dieser Tage folgenden Entscheid getroffen: ,, Dem Antrag der Großh. Staatsanwaltschaft entsprechend, werden: 1) J. Leyendecker, Schneider; 2) F. Jöst, Schreiner ; 3) A. Zimmermann, Schuhmacher; 4) H. Rupp, Schneider; 5) G. Rösner, Wirth; 6) J. Bochnes, Schuhmacher, und 7) C. Oberhuber, Schuhmacher, alle in Mainz wohnhaft, bezüglich der Anschuldigung:„ im Jnteresse der verbotenen Verbindung der sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands in Mainz am 8. Mai 1881 auf der Ingelheimer- Aue bei Mainz eine Versammlung der Sozialdemokraten berufen und an dieser Versammlung theilgenommen zu haben, indem insbesondere Leyendecker und Jöst als Leiter dieser Versammlung auftraten" Mangels hinreichender Verdachtsgründe außer Ver folgung gesetzt und die Kosten der Untersuchung der Staatskasse auferlegt."
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Die arme Staatskasse! Oder richtiger die armen Steuerzahler! große Hochverrathsprozeß" wird erst nach den Wahlen zur Verhandlung kommen; der ganze Prozeß ist nämlich ein großer Humbug; es liegt, wie ich aus bester Quelle weiß, auch nicht das mindeste Thatsächliche vor. Dies darf aber nicht vor den Wahlen bekannt werden. Zum Schluß noch zwei heitere Fakten: Ein Königsberger Bauunterneh mer, der neulich in Kissingen war, berichtet an die„ Königsb. Hartung'sche Zeitg.":" Ich nahm eines Tages auf dem zu der vom Reichskanzler benutzten Saline führenden Wege mit einem ausgezogenen Fernrohre die Umgebung in Augenschein, ohne zu ahnen, daß der Fürst gerade auf dem Rückwege begriffen sein. Plötzlich sprengte ein bayerischer Gensdarm an mich heran und bat mich, das Fernrohr einzuziehen und die Umschau mit demselben einzustellen, da der Fürst leicht zu der Befürchtung gelangen fönne, daß auf ihn mit einer Schußwaffe angelegt werde. Selbstverständlich wurde dieser Bitte sofort nachgekommen."
O dieser„ eiserne" Kanzler! Etwas stärkere Nerven scheint sein Sohn Bill, der Reichslulu zu haben, der seit einigen Wochen seine erprobte Kraft" in den ungarischen Tingeltangels spazieren führt. Dieser hoffnungsvolle Jüngling wurde vor Kurzem von den Zeitungen als Kunst mäcen gefeiert, und von ihm erzählt, daß er einer aufstrebenden Künstlerin