die sie uns vorangetragen, indem wir das Ideal, für das sie gekämpft und gelitten, zur Wahrheit machen.
In diesem Sinne feiern wir den Todestag Lassalle's .
- Genosse Liebknecht sprach am 22. August im Kasinosaal in Zürich vor einer sehr zahlreich besuchten Versammlung über den Bismard'schen Staatssozialismus, den er natürlich gebührend abKanzelte. Dar ob großer Jubel in der liberalen Presse Deutschlands ! Man sieht, wie beängstigend die Möglichkeit auf den Liberalismus und die Fortschrittlerei wirkte, wir könnten die uns entgegengehaltene Hand des Staatssozialismus annehmen. Sie wissen. eben, daß die Sozialdemokratie die einzige wirkliche Oppositionspartei in Deutschland ist, daß wir die Einzigen sind, die dem Absolutismus Bismarcks im Wege stehen. Die Feiglinge hassen Bismarck , seitdem er sich von ihnen gewandt, aber sie wagen es nicht, ihm energisch entgegenzutreten und darum jubeln sie, daß wir nicht das Erst geburtsrecht des Volkes um das Linsengericht des Staatssozialismus verkauft haben. Und da sage man noch, daß nicht die Sozialdemokratie die Situation in Deutschland beherrschte.
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- Polizeieseleien. In Berlin operiren unsere Genossen so geschickt, daß der heiligen Hermandad, um doch etwas zu thun, nichts übrig bleibt, als auf gut Glück jeden zu beobachten, zu arretiren und zu untersuchen der ihr gerade auffällt, in der Hoffnung, endlich doch wieder einmal einen Fang zu machen. Geht da ein ehrsamer Schuhmachermeister Namens König zu einem Kunden. Unterwegs begegnete er einem Kriminalbeamten, der gerade nichts zu thun hat. Jede Deutsche ist heute der Polizei gegenüber vogelfrei," denkt sich dieser und macht seinem Thatendrange dadurch Luft, daß er den ahnungslosen König arretirt, nach dem nächsten Polizeibureau bringt und dort bis auf die Strümpfe untersucht. Nachdem man nichts gefunden, wurde er entlassen. Wie gnädig! Ist ja doch oft genug vorgekommen, daß man völlig Unschuldige wochen-, ja monatelang eingesperrt hielt. Ein anderes Bild aus dem deutschen Rechtsstaat". Einem konservativen Zimmermeister begegnet Freitags ein ,, Schutzmann in Zivil" und stutzt. Mochte der Herr Zimmermeister eine rothe Nelke, rothe Kravatte, einen rothen Bart oder eine rothe Nase haben furz, er sah staatsgefährlich aus und so heftete sich der„ Geheime" an seine Fersen, wartete vor dem Hause, so oft er bei einem Geschäftsfreunde vorsprach; ja, als der Verfolgte, um dem Verfolger zu entgehen, dreimal um die Jerusalemer Kirche lief, lief ihm der Spitzel nach. Muß ein herrlicher Anblick gewesen sein. Vielleicht fände sich der Zimmermeister heute noch beobachtet, wenn fich's nicht herausgestellt hätte, daß seine Röthe nicht dem Sozialismus zuzuschreiben ist. Wir hoffen, daß die Berliner Polizei noch öfter solche Dummheiten begeht und so den Bourgeois das Sozialistengesetz recht unbequem macht, wo nicht gar verleidet. Die Herren sollen auch ihren Antheil daran haben.
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Zum Schlusse noch eine Dummheit: Aus Leipzig wurde einer ausgewiesen, der eigentlich dableiben sollte, weil er zu einer Gefängnißstrafe verurtheilt war! Jezt wird derselbe ersucht, sich zu mel den! Und diese Lalenburgerpolizei will mit uns fertig werden. Da sind wir denn doch zu gerieben.
Die Dummheit der Polizei wird nur von einer ihrer Eigenschaften übertroffen, ihrer Niederträchtigkeit. Mit Wollust kommt sie ihrem eigentlichen Berufe nach, ehrliche Leute sammt ihren Familien dem Hungertode zu überliefern, weil dieselben zu viel Würde besitzen, um sich zu Handlangern des Reichsstallknechtes herzugeben. Den beiden Buchhändlern Hadlich und Fink, zwei Männern im Alter von 50 Jahren, hat man die Befugniß zur Verbreitung von Druckschriften, ihre einzige Erwerbsquelle, genommen. In Altona wurden wieder 21 Genossen ausgewiesen, und zwar: Zigarrenhändler Struck( verheirathet), Maurer Gristock( verheirathet), Schuhmacher Th. Schmidt( ledig), Maurer Karl Baltzer( verheirathet), Schuhmacher Stöcker( ledig), Cigarrenarbeiter Behnke( verheirathet), Schneider Petersen ( verheirathet), Schuhmacher Krohn( ledig), Zigarrenarbeiter Nienhusen, Korbmacher Heinrich Garthausen( verheirathet), Korbmacher Jensen( verheirathet), Zigarrenarbeiter Biel( ledig), Maurer Boller( verheirathet), Zigarrenarbeiter Brügmann( ledig), Zigarrenarbeiter Friedrich Möller ( ledig), Steindrucker Th. Bock( ledig), Zigarrenarbeiter Ewe( ledig), Schuhmacher Busch( ledig), Schriftsetzer Brunemann( verheirathet) und Bigarrenarbeiter Froböse( ledig).
Auch aus Berlin werden wieder neue Ausweisungen gemeldet. Genannt werden uns folgende Namen: Karl Schulz, Maurer und Vater von vier Kindern, der Maurer Künzel, ebenfalls Familienvater, der Klempner Neumann, ferner Maurer Ch. Lier, Tischler August Berger, der Tischler Goldberg, ferner Bildhauer Ed. Blont, Drechsler Grimpe, Drechsler Hinze, Buchbinder Marsch, Schneider Frizze, Schriftsetzer Neuberger und Buchdrucker Thiele.
Angesichts dieser fortgesetzten Niederträchtigkeiten erscheinen einem die zahllosen Hausdurchsuchungen, Druckschriftenverbote 2c. 2c. als unbeden tend. Aber nur unbedeutend in dem Sinne, daß es ihrer Einförmigkeit wegen nicht der Mühe lohnt, sie alle zu registriren. Nicht aber unbedeutend in dem Sinne, als ob wir gegen derlei Schurkenstreiche abgeſtumpft werden und aufhören sollten, durch sie zu erhöhtem Haß und zu erhöhter Verachtung der erbärmlichen Wirthschaft aufgestachelt zu werden.
Einer der größten Schurken streiche deutscher Polizei ist jetzt an's Tageslicht gekommen. Wie schon berichtet, hat das Polizeiamt der Stadt Leipzig anläßlich der Verhängung des Kleinen" folgende Bekanntmachung erlassen:
,, Gleichzeitig bringen wir im Hinblick auf etwaige Sammlungen für Angehörige der gedachten Ausgewiesenen die Bestimmung der Königlich Sächsischen Armenordnung§ 103 in Erinnerung, wonach Samm- lungen jeder Art zu wohlthätigen Zwecken nur nach vorher eingeholter Genehmigung stattfinden sollen, und ohne Nachweis dieser Erlaubniß Kollektanten in Verantwortung und Strafe zu ziehen sind. Als Strafmaß bestimmen wir bei Uebertretungen dieses Verbots für den Polizeibezirk Leipzig Geldstrafe bis zu 150 Mark oder verhältnißmäßige Haftstrafe."
Ein in Folge dieser Bekanntmachung eingereichtes Gesuch um Geneh migung einer Sammlung für die Familien der Ausgewiesenen wurde abschlägig beschieden, im Gegensatze zu der Erklärung des Reichstages, daß Sammlungen für die Familien der Ausgewiesenen nicht verboten seien. Eingeleitete Sammlungen wurden unterdrückt, deren Beranstalter be straft und ausgewiesen.
Das sind bekannte Dinge. Jetzt hat sich's aber herausgestellt, daß der § 103 der sächsischen Armenordnung in der Bekanntmachung des Polizeiamtes nicht richtig zitirt ist. Derselbe lautet:„ Die Sammlung von Kollekten zu wohlthätigen Zwecken ist nur erlaubt nach vorher eingeholter ausgefertigter Genehmigung. Ohne Nachweis dieser Erlaubniß find herumgehende Kollektanten in Verantwortung und Strafe zu ziehen."
Es handelt sich also blos um herumziehende Kollektanten, nicht um Sammlungen jeder Art, wie in den Motiven zu dem Paragraphen ausdrücklich gesagt ist. Da heißt es:„ Es versteht sich, daß diese Strasbestimmung sich nicht auf Kollekten bezieht, die in Gesellschaften oder unter Bekannten gemacht werden. Der Paragraph hat überhaupt nur den Zweck, unnöthigen Belästigungen des Publikums zu begegnen, welche durch solche Kollektanten verübt werden, welche den eigentlichen Bettlern ganz gleich stehen."
Um ihr edles Ziel, die Sozialdemokraten dadurch mürbe zu machen, daß man deren Weiber und Kinder dem Hungertode überliefert, zu erreichen, hat also die Leipziger Polizei, die Hüterin" des Gesetzes, dasselbe
daß ihr nicht einmal die bestehenden Geseze Handhabe genug bieten! Und das schreit über die Streichung des gesetzlichen Weges! Mögen sich doch die Schwärmer für Gesetzlichkeit, deren sich auch in Zürich nicht wenige finden, mit ihrer sittlichen Entrüstung an die deutschen Behörden wenden und denen Respekt vor dem Gesetze einflößen, bevor sie von uns welchen verlangen.
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-Folgen der Ausweisung- ein deutsches Kulturbild. Man schreibt uns: Genosse Berthold Sparr, Rechtskonzipient, wurde im März d. J. aus seinem Heimathsort Berlin verbannt, worauf derselbe sich in verschiedenen Städten aufhielt, Beschäftigung suchend. Er fand jedoch nirgends Arbeit. An der schweizer Grenze erfolgte durch einen badischen Gensdarmen die Verhaftung des S. wegen ,, Landstreicherei und sozialdemokratischer Umtriebe". Nach Konstanz transportirt und vor das Bezirksamt geführt, behandelte ihn ein junger Praktikant( Lehrling) mit verlebten Zügen und zerkraztem Gesicht( von der Universität her) in beleidigendster Weise, äußerte dabei:„ Es wäre besser gewesen, Sie hätten in Berlin gearbeitet, statt von Kneipe zu Kneipe zu ziehen und Vorträge zu halten," und sprach ohne weitere Untersuchung wegen ,, Landstreicherei" eine Haftstrafe von acht Tagen aus. Gleichzeitig wurde gegen S. Untersuchung wegen sozialdemokratischer Agitation eingeleitet.( Eine solche Behandlung muß sich in Deutschland ein 37jähriger Mann, der länger als 20 Jahre den Kampf ums Dasein" geführt, von einem jungen Laffen gefallen lassen, der noch nicht einen Bissen Brod selbst verdient hat.) S. legte Berufung ein und es sprach ihn das Schöffengericht in Radolfzell , nachdem er elf Tage inhaftirt gewesen, von dem Vergehen der Landstreicherei frei. Wegen des zweiten Vergehens hatte die Staatsanwaltschaft Mangels jeden Untergrundes Anklage nicht erhoben. Der denunzirende Gensdarm deponirte im schöffengerichtlichen Termin, es seien den Bezirksämtern die Listen der Ausgewiesenen übersandt worden und sie( die Gensdarmen) hätten von der Regierung die Instruktion erhalten, auf Sozialdemokraten und speziell auf ausgewiesene, streng zu vigiliren! In Karlsruhe wurde S. abermals wegen Landstreicherei verhaftet, nach 10 Tagen freigelassen und noch an demselben Tage bei Bruchsal verhaftet, woselbst er fünf Tage fißen mußte, ohne daß dem Gesetz und seinem Verlangen gemäß die Angelegenheit dem„ ordentlichen Richter" unterbreitet worden wäre.( Nach dem deutschen Reichsgesetz darf ohne richterlichen Haftbefehl Niemand länger als 24 Stunden in Haft behalten werden. Doch was kümmert die badischen Amtsleute das Reichsgesetz, wenn es gilt, der preußischen Regierung Schergendienste zu leisten! Der badische Amtmann wirthschaftet überhaupt wie ein türkischer Pascha.) Vor Kurzem wurde S. in Forchheim in Baiern Mangels genügender Reisemittel verhaftet und wegen„ Landstreichens" zu 24 Stunden Haft verurtheilt. In jedem Orte, wo S. verhaftet wurde, mußte er die Wahrnehmung machen, daß den„ gelehrten" Herren Beamten, insbesondere den Anklägern und Untersuchungsrichtern, das Gesetz vom 21. Oktober 1878 nur oberflächlich, der§ 28 desselben aber gar nicht bekannt sei. Diese Herren bestritten dem Angeklagten stets, daß Jemand aus der Heimath ausgewiesen werden könne. Ein Exemplar qu. Gesetzes existirt bei keiner Behörde. Hier stehen sich also das Sozialistengesetz und das Gesetz gegen Landstreicherei diametral gegenüber. Wenn Jemand die Ausweifungsordre befolgt, in der Fremde aber keine Arbeit findet, bis seine etwaigen Ersparnisse aufgezehrt sind, so wird er als„ Landstreicher" ,,, Arbeitsscheuer" bestraft, will er aber dieser Gefahr entgehen und seine Heimath bez. den Ort seiner Existenz nicht verlassen, so wird er wegen ,, Bannbruchs" eingesperrt. Sißen muß so eine gemeingefährliche Person" auf jeden Fall, das verlangt der deutsche Rechts"-Staat.
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Den 26. August standen in Berlin drei Journalisten vor Gericht, angeklagt der Ehrenbeleidigung des Lieutenants Woigtkittel, da sie Berichte gebracht, in denen der Selbstmord des Kano= niers Weiß auf fortgesette Mißhandlungen mit der Reitpeitsche und durch Fußtritte des Offiziers zurückgeführt wurde. Die Angeklagten erbrachten den Wahrheitsbeweis in so vernichtendem Maße, daß der Gerichtshof nicht anders konnte, als sie freizuspre chen, da er den Beweis der Wahrheit, daß Kanonier Weiß durch fortgesette Mißhandlungen in den Tod getrieben sei, für vollständig gelungen erachte." Damit hat die Sache ein Ende. An eine Verfolgung des Scheusals von Offizier denkt niemand.
Wie verschieden doch die Ansichten über den Mord sind! Wenn eine Schaar heldenmüthiger Jünglinge und Mädchen den Kampf gegen den Beherrscher von 80 Millionen Menschen aufnimmt, um diese von einem unerträglichen Druck zu befreien, und wenn sie, nachdem sie tausende der ihrigen verloren, endlich, wie es der Krieg mit sich bringt, auch ihrerseits mit Aufopferung des eigenen Lebens einen Gegner tödten, dann sind sie Meuchelmörder.
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Wenn aber ein roher verkommener Bube in seinem Uebermuthe einen armen wehrlosen Menschen so furchtbar mißhandelt, daß derselbe, obwohl nicht allzuempfindsam, im Selbstmorde die einzige Rettung sucht dann nun dann heißt der Mordbube ein strenger Offizier, und gar manches Mitglied der„ guten" Gesellschaft ist noch empört darüber, daß ihm den Journalisten gegenüber nicht die schuldige„ Genugthuung" ge
worden.
Wir wundern uns nicht darüber, wir wissen ja, daß unserer„ guten" Gesellschaft schon längst die Begriffe von Recht und Unrecht abhanden gekommen sind. Dagegen wundert uns Folgendes: In Deutschland werden Jahr aus Jahr ein 2-300 Soldaten durch fortgesetzte Mißhandlungen der Vorgesetzten" in den Tod getrieben. Ebenso sieht man Jahr aus, Jahr ein, daß kein einziger der Mörder zur Verantwortung gezogen wird: ist es da nicht ein eigenthümliches psychologisches Räthsel, daß noch keinem der Selbstmörder einfiel: ,, wenn ich sterben muß, muß mein Peiniger mit ihn ermorde ich, nicht mich!" Bei einem Naturmenschen wäre dies Raisonnement selbstverständlich. Aber der Soldat ist, Dank der heiligen Disziplin, eigentlich gar kein Mensch mehr: entmenscht in jeder Beziehung durch Moltke's Volksbildungsanstalt.
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Durch die deutsche Presse geht ein in der Berliner Volks= zeitung zuerst veröffentlichter Brief eines Herrn Hillner, Volksanwalt(?) in Schrimm . Dieser edle Mann hatte die Judenexzesse tapfer mitgemacht und war, weil er einen Amtsrichter jüdischer Konfession mit einer Pistole bedroht, zu einem Jahr drei Monaten Gefängniß verurtheilt werden. Darob kam Reue und Zerknirschung über den Ehrenmann und er sandte einen Brief an die Volkszeitung, in dem er über die Antisemiten, namentlich Stöcker fürchterlich schimpft, sich für einen Liberalen erklärt, für die intelligenten Juden schwärmt und verspricht seine Stimme für Las fer abzugeben. Und die liberale Presse schlägt Kapital aus einer solchen„ Bekehrung"! Wenn dieser Brief etwas beweist, so ist es höchstens das, daß der Rabbi und der Mönch,„ daß sie alle beide stinken".
Antisemiten und Liberale, sie sind beide gleich charachterlos.
Weitere Parteikandidaturen. In Solingen ist der das letzte Mal unterlegene Genosse Rittinghausen aus Köln wieder aufgestellt. In Fürth kandidirt Genosse Gabriel Löwenstein . Im Wahlfreis Lennep- Mettmann, der auch bereits einmal durch einen Sozialisten vertreten war, ist Genosse, Schuhmacher aus Solingen aufgestellt; in Erfurt werden die Parteigenossen für Hasenklever stimmen. In Magdeburg , wo wir von Wahl zu Wahl eine steigende Stimmenzahl erzielten, ist wiederum die Kandidatur Viereck, diesmal hoffentlich mit endgültigem Erfolge, proklamirt; ebenso verlautet von einer Kandidatur des genannten Genossen im zweiten Berliner Wahlkreis.
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Der galante Bill giebt jeden Tag neue Beweise davon, daß in der frechsten Weise gefälscht. Ihre Schurterei ist so groß, sein Antisemitismus sich nur auf das starte Geschlecht erstrect. Im
Bade M.( Mehadia?) war eine Banquierstochter aus Hamburg das Objekt der Zärtlichkeiten der geschulten Kraft". Doch nicht einmal der Sohn eines Reichskanzlers kann ungestört lieben und wenn es wahr ist, daß Kein Feuer keine Kohle
Kann brennen so heiß Als heimliche Liebe
Von der niemand nichts weiß
dann muß der arme Bill sehr abgekühlt worden sein, denn seine heimliche Liebe ward offenkund in einem Maße, wie es selten vorkommen dürfte. Man überraschte unsern Seladon bei einem tête à tête, wobei beide Theile sich in einem so primitiven Kostüme befanden, daß die zufällig die beiden überraschende Person ganz bestürzt zurückbebte. Der Bill geräth doch ganz dem Papa nach. Er liebt die nnverhüllte Wahrheit ebenso in der Liebe, als sein Vater in der Politik. Er ist übrigens immer noch bescheidener als sein Bruder Herbert, der seiner Zeit mit einer verheiratheten Fürstin... durchging, die er dann schmählich sitzen ließ. Das werden' mal zwei tüchtige Kämpfer für Erhaltung der Familie und Ehe werden!
Die Ausweisung Krapotkin's wird selbst von der Wiener ,, N. Fr. Presse" hart getadelt. Die Schweiz sei neben Deutsch land der einzige Staat Europa's , sagt sie, der Rußlands Anfinnen einer internationalen Sozialistenhazz sich gefügig gezeigt habe. Die republikanische Schweiz erschwere durch ihre Haltung den anderen Staaten ihr Widerstreben gegen die von Rußland geleitete europäische Reaktion!
Diesen Vorwurf muß sich das Vaterland Tell's und Winkelried's von einem der am wenigsten freisinnigen Blätter der H a b 8= burger Monarchie gefallen lassen. Es ist weit gekommen mit der helvetischen Republik!
In Betreff derselben Angelegenheit erhalten wir von Genf einen von zehn Schweizer Bürgern unterzeichneten Protest. Wir heben aus demselben die Punkte hervor, welche die Scheingründe des Bundesraths für die Ausweisung in ihrer ganzen Nichtigkeit darzuthun geeignet sind. Es heißt da:
Welcher Verbrechen klagt man den Geächteten an, der im Vertrauen auf die angebliche Freiheit, welche wir besitzen, seinen Fuß auf den Boden dieses Landes setzte, indem er hier die Menschenrechte zu finden hoffte, für deren Erringung er in seinem Leben schon so lange gekämpft hatte?
Der Umstand, daß er Mitarbeiter an einer sozialistischen Zeitung( dem Genfer Revolté") ist, welche einer fast nur aus Schweizern bestehenden Verb ndung gehört, wird von diesen sonderbaren Rechtsgelehrten als ein Grund betrachtet, der die Ausweisung rechtfertigt:
Seit wann kann man den ersten besten Mitarbeiter für die Artikel einer Zeitung verantwortlich machen, zumal wenn dieselbe einen verant wortlichen Redakteur hat, der vor dem Gesetze für alle veröffentlichten Artikel haftbar ist?
Dann wird dem Fürsten Krapotkin vorgeworfen, daß er in öffentlichen und privaten Versammlungen Reden gehalten hat:
Verbannte, welche den Fuß auf fremden Boden setzen, wären demnach zu völligem Schweigen verdammt, wenn sie den eigenthümlichen Anforderungen von Leuten, wie sie unsere Regierung bilden, genügen wollten, nach deren Ansicht die einem Flüchtling gewährte„ Gastfreundschaft" diesem völligen Verzicht auf das Aussprechen seiner Gedanken, Anschauungen und Gefühle auferlegt!
Weiter klagt man den Fürsten Krapotkin an, Urheber eines gegen die Hinrichtung der Märtyrer der russischen Freiheit gerichteten Protestes zu sein:
Das ist vollständig unbegründet. Die Anregung zu diesem Proteste ging von einer Anzahl Schweizerbürger aus, was einige dieser Bürger damals bereits vor dem Richter erklärt haben, so daß also unsere bereits gerichtlich erwiesene Behauptung in diesem Punkte der bundesräthlichen Begründung widerspricht!! Außerdem wirft man Krapotkin eine Rede vor, welche er in London ( auf dem sozialrevolutionären Kongreß) gehalten haben soll:
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Hier haben wir thatsächlich den ersten Fall, daß die Regierung eines Landes sich zum Richter aufwirft über Worte, die zweihundert Meilen jenseits der Grenzen gesprochen wurden. Wenn der Bun desrath hätte den Beweis liefern wollen, daß er bereit sei, sich zum Werkzeug aller Despoten herzugeben, so hätte er keinen besseren Ausweisungsgrund erfinden können.
Als letzter Ausweisungsgrund wird noch angeführt, daß Krapotkin Sozialist sei!!
Angesichts dieses ungerechten Beschlusses, der nur gefaßt ist, um Regierungen gefällig zu sein, deren Tyrannei und Despotismus weltbekannt ist, protestiren wir, die unterzeichneten Schweizer Bürger, mit dem ganzen Unwillen, welchen derartige Handlungen einflößen können, gegen die Ausweisung des Bürgers Peter Krapotkin..
Den 20. und 21. August fand in Ofen der Kongreß der„ ungarländischen allgemeinen Arbeiterpartei" statt, welcher von 58 Delegirten mit 83 Mandaten besucht war. Die Verhandlungen waren vom besten Geiste beseelt, der Gang der Berathungen ein würdiger. Wir wünschen unsern braven Genossen, die in dem ökonomisch so unentwickelten Ungarn einen so harten Kampf kämpfen, daß ihre Berathungen über Programm und Propaganda den besten Erfolg haben und rufen ihnen ein herzliches Glückauf zur Durchführung ihrer Beschlüsse zu.
In Paris wurde nach mancherlei Manövern, um die 14 tägige Periode zwischen dem ersten Wahlgange und der Ballotage abzukürzen, endlich am 25. August fundgethan, daß dem„ Diktator" Gambetta im Charonner Bezirk noch 54 Stimmen an der absoluten Majorität fehlen. Der schlaue Fuchs findet nun plötzlich die Trauben zu sauer, verzichtet auf die Stichwahl und optirt" für den einzigen Wahlkreis, in dem er gewählt worden. Als ob man auch für einen Wahlkreis optiren könnte, in dem man nicht gewählt ist.
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Die irischen Dynamiter in Amerika wollen einige hundert ( nur?) englische Schiffe zerstören, um Rheder und Versicherer dahin zu bringen, bei Gladstone um Wiederaufnahme der irischen Frage zu bitten. Wir wollens abwarten. Ebenso die Erfüllung der Proszenirung des Revolutionsdoktors Nathan Ganz, es kann sich innerhalb furzer Zeit in Deutschland etwas ereignen. Wie schlau!
In Sardinien gährt es und an mehreren Orten, in Salmi, Nuraminis, Teulada und St. Antioko haben bereits Steuerrevolten stattgefunden. Ursachen der Gährung sind Mißernten, Korruption der Kommunalbehörden und zu hohe Steuern. Revolutionär sind diese Unruhen, welche nur Beseitigung der greifbarsten und drückendsten Mißstände fordern, natürlich ebenso wenig als etwa die Arbeiterrevolten, wie sie von Zeit zu Zeit in Schlesien und Posen vorkommen.
Korrespondenzen.
Dresden , 24. Aug. Unser Elbflorenz ist bekannt wegen seiner schönen Umgebung und in ihm selbst lobt man die schöne Aussicht von der Terrasse 2c. Ich möchte die Leser Ihres Blattes noch auf andere schöne Aussichten aufmerksam machen, die aber nur für Sozialisten vorhanden sind, für diese aber sind sie mannigfach. Vor Allem: jeder Sozialist tann jeden Augenblick arretirt, sistirt, behaussucht und persönlich durchsucht werden maßgebende Meinung des Obertrabanten KriminalKommissar Paul. Wenn ich nun zum Ueberfluß die Aussicht noch dahin vervollständige, daß nach unserer Dresdener Richter, Staatsanwälte u. s. w. Ansicht jede Verhaftung und Inhajthaltung einer Person, die