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bei der Polizei im Verdachte steht, etwas begangen zu haben, was nicht mit den bestehenden Gesetzen" in Uebereinstimmung( wenn auch dafür nicht der Schatten eines Beweises vorhanden ist), durchaus in der Ordnung und jede Verurtheilung eines von der Polizei Beschuldigten, auch ohne Beweise, einfach schon dadurch durchaus gerechtfertigt ist, daß solcher sich als Sozialist bekennt Alles Von Rechts Wegen dann werden Sie mir zugeben, daß Dresden   nicht allein ein Florenz  , sondern ein Eldorado für erbärmliche Denunzianten, Richter und Volizei­gesindel ist. Für so befangen in dem Glauben, daß vielleicht die öffent­liche Meinung, die Preßhure, allhier gegen solch ein aller Scham baares Vorgehen jemals irgendwie demonstrirt hätte oder demonstriren würde, darf ich wohl Ihre Leser nicht halten.

An Verurtheilungen, Brummen, Haussuchungen, Sistirungen, Arretir rungen sind wir hier so reich, wie Bismarc an Aengsten für sein Leben; deshalb registriren wir auch nicht alle diese Dinge, wären wohl auch kaum im Stande, da die Arbeitskraft einer Person dazu nicht genügte. Einiger Verurtheilungen will ich hier erwähnen. Vor 3 Wochen wurden die Genossen Lindner und Weidner*) wegen Verbreitung verbote­ner Schriften(§ 19 des Sozialistengesetzes  ") abgeurtheilt; zum außer­ordentlichen Bedauern von Richter und Staatsanwalt konnte man nur Weidner verdonnern, weil der Verurtheilung Lindner's ein unliebsames Hinderniß, nämlich ein Reichsgerichtsentscheid, entgegenstand, nach welchem das gemeinschaftliche Abonnement einer verbotenen Schrift( dieserhalben waren sie angeklagt und seit vielen Wochen in Haft) nicht strafbar ist. W. dagegen hatte seinen Gesellen aus dem Soz.- Dem." auch noch öfters Einiges zu Gemüthe geführt, das mußte er mit 3 Monaten büßen. ( Bismarck   soll sich ja nicht seines Scharfblickes rühmen, denn die größte Dummheit war es, daß er das Reichsgericht nicht nach Dresden   verlegte, hier hätte es eine erbaulichere Thätigkeit an den Tag gelegt, denn die Dresdener   Richter stellen die Berliner   und Leipziger   in den Schatten.) Am 12. d. standen Kayser, Liebert und Schönfuß vor den Schranken der 3. Straffammer unter Vorsitz des Herrn Trummler ( diese 3. Straffammer allhier reicht der s. 3. berüchtigten 7. Deputation in Berlin   unter Vorsitz des Hrn. Reich in puncto der Verurtheilungs­wuth das Wasser), wegen Vergehen gegen§ 19 des Sozialistengesetzes. Liebert und Schönfuß hatten sich durch Kayser gelegentlich einer Reise desselben nach der Schweiz   1 Proletarierliederbuch und 1, Hochverraths­prozeß" bestellen lassen und sollte diese Sendung an Schönfuß geschickt werden. Durch ein Versehen Ihrer(?) Expedition, was für uns schwer begreiflich, da doch Expedition und Buchhandlung getrennt, ist aber die fragliche Bestellung an eine andere Adresse gelangt, während die Nr. 19 Ihres Blattes vom 8. Mai an Sch. anfam. Sch. wohnte bei Schlosser Tränkner( man notire sich diesen Lump!), welcher, ein Gegner von uns und charakterlos genug zum Denunzianten, die Polizei von dem Eintreffen dieser Sendung in Kenntniß setzte. Das war etwas für die Strohköpfe! Als Sch. nach Hause kam, mußte er das Paket in Gegen­wart der Buschklepper öffnen und seine Verhaftung erfolgte. Leider war Sch. thöricht genug gewesen, vorher zu Hause( bei Tränkner) von der erwarteten Sendung( den beiden Broschüren) mit dem Bemerken, daß die eine Broschüre für ihn, die andere für. sei, geredet zu haben, und es erfolgte darauf auch die Verhaftung L.'s. L. schlug wieder K. als Entlastungszeugen vor( der bezeugen sollte, daß er und Sch. sich je 1 Broschüre bestellt und später durch K. bei Wiemer wieder abbestellt hätten), was die Verhaftung K.'s im Gefolge hatte. Einen eingehenden Bericht über die Verhandlung kann ich des beschränkten Raumes halber nicht geben, dagegen werde ich Ihnen baldigst die wunderbare Be­gründung der Verurtheilung zugehen lassen denn verdonnert wird auf alle Fälle! Kurz und rund: Die Angeklagten wurden des Ver­gehens gegen§ 19 schuldig befunden, trotzdem daß auch nicht der Schatten eines Beweises dafür vorhanden war, und Kayser zu 2 Monaten( ohne Anrechnung der Untersuchungshaft) und Beschränkung des Aufenthaltes in Sachsen  , Liebert zu 6 Wochen und Schönfuß zu 4 Wochen, beide unter Anrechnung von 3 Wochen Untersuchungshaft 11 hatten sie abgemacht verurtheilt. Selbstredend legen die unschul­dig Verurtheilten Berufung ein.**) L. und Sch. wurden wie gnädig! auf freien Fuß gesetzt, K. dagegen, der noch eine Anklage in petto hat, in Haft behalten.

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Wie ich soeben erfahre, ist Tränkner von seinem Arbeitgeber ge­fündigt worden, mit der Motivirung, er leide keine Sozialdemokraten in seinem Geschäfte, am allerwenigsten aber einen Denunzianten. Daß Tränk­ner während der Zeit, als er noch im Geschäfte ist, von seinen Mit­arbeitern die verschiedensten Liebenswürdigkeiten erfährt, ist selbstredend; für die Charakterlosigkeit desselben ist noch bemerkenswerth, daß er trotz­dem noch die Kündigung aushält.

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X.

Aus dem Wupperthal. Unser Wahlkreis( Barmen­Elberfeld), welcher sonst außerhalb der Wahlbewegung wenig von sich reden macht, beginnt nunmehr schon eine lebhaftere Physiognomie anzu­nehmen und es deuten alle Zeichen darauf hin, daß der bereits ange­fangene Wahlkampf an Erbitterung alle früheren übertreffen wird. Unsere über alle Maßen erbärmlichen Gegner, natürlich unterstützt von einer ,, von Gott   eingesetzten hohen Obrigkeit", scheuen auch nicht vor den elendesten Mitteln" zurück, um zu ihren sauberen Zwecken zu gelangen. Aber wir sind ihnen immer dicht auf den Hacken und lassen keine Gelegen­heit unbenützt vorübergehen, um dieser Sippe das traurige Handwerk schwer zu machen und wo möglich ganz zu legen. In allen Tonarten lassen unsere Reaktionäre aller Schattirungen jetzt stärker als je die Lock­pfeife ertönen, um Gimpel auf den Leim zu locken, und es ist ordentlich rührend, wenn man sieht, wie diese wahren", von Bismarck   gesandten Arbeiterfreunde" im Schweiße ihres Angesichts sich abmühen, dem voller Verachtung diesem Treiben zusehenden und nur auf eine günstige Gelegen­heit zur Wiedervergeltung wartenden Arbeiter weiß zu machen, daß in feinem Anderen das Heil sei denn in Bismarck, und daß, um zu diesem Heil zu gelangen, man nur seine Mamelucken in den Reichstag zu schicken habe.

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Zunächst ist es die Firma Stöcker und Kompagnie", welche die Arbeiter des Wupperthales nach christlich- germanischer" Art glücklich zu machen sucht und unter dem Titel: Gewerbe-, Handwerker- und Arbeiterpartei" im Trüben fischen wollte. Diese Arbeiterpartei" wird repräsentirt durch ein halbes Dußend Doktoren und höhere Beamten. Um nun aber auch wirkliche praktische" Resultate zu erzielen, beriefen diese Herren Auch- Arbeiter" öffentliche Versammlungen, von denen bis jetzt vier in furzer Reihenfolge stattfanden, ein. In einer derselben ge­lang es unserm eifrigen Genossen Müller zu Worte zu kommen und benutzte derselbe denn auch die Gelegenheit dazu, die Heuchelei und falsche Arbeiterfreundlichkeit dieser Herren Auch Arbeiter in das richtige Licht zu stellen, indem er, anschließend an die Lamentation eines der Herren Auch- Arbeiter über die immer mehr überhand nehmende Auswanderung die verzweifelte Lage des Arbeiterstandes schilderte, welche in Verbindung mit dem beispiellosen politischen Druck das arbeitende Volk aus dem ,, theuren"( nur zu theuren!) Vaterlande vertreibe. So liege die Sache auf der einen Seite. Auf der andern sehen wir, daß Hunderte, welche noch einigermaßen existenzfähig sind, durch Belagerungszustände" resp. durch das Sozialistengesetz von Haus und Hof, von Weib und Kind ge­trieben werden. Kaum hatte Müller diese Worte gesprochen, wurde ihm auch von Seiten des Vorsitzenden das Wort entzogen. Auf das energische Protestiren Müllers gegen diese Vergewaltigung, erklärte der überwachende Polizeikommissar( Arndt), daß die Entziehung des Wortes auf seine Veranlassung erfolgt sei, meil er eine Auflösung der Versammlung habe vermeiden wollen." Nicht wahr, das ist doch wenigstens ehrlich und- brutal zugleich. Die Versammlung willfahrte aber dem Wunsche des Herrn Polizeikommissars feinen Augenblick mehr, sondern ging nach diesem Akt sofort unter Hochrufen auf unsern Kandidaten Moses Oppenheimer auseinander. Den andern Morgen war Müller faum an der Arbeit, als er auch schon einen Bestellzettel von demselben Polizeikommissarius erhielt, auf dessen Veranlassung ihm am Abend vorher das Wort ent­zogen worden war. Hier, beim Polizeikommissar, wurde nun der In­tulpat" gründlich verhört und schließlich mit dem Trost entlassen, daß der Herr Staatsanwalt das Weitere" besorgen würde. Man sieht daraus, daß unsere Staats- und Gesellschaftsretter zu Allem fähig sind und uns mit allen Mitteln niederzuhalten und zu erdrücken suchen. Aber das wird

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*) Dieser Prozeß wie die später in dieser Korrespondenz erwähnten sind im Sozialdem." schon früher berührt worden, die Korrespondenz enthält jedoch neue Details, welche veröffentlicht werden müssen.

Redaktion des Sozialdem."

**) Darnach ist unsere frühere Dresdener   Korrespondenz( in Nr. 34) Red. zu berichtigen.

ihnen nicht gelingen, unsere Agitation geht vielmehr ungestört ihren Gang, sowie gleichfalls die Vertheilung von Flugblättern lebhaft geübt wird. Die Begeisterung für unsere Sache wächst unter solchen Chikanen mehr und mehr und die Aussichten für unsern Kandidaten Moses Oppenheimer können gar nicht besser sein. W. N.

Aus dem Wahlkreise Offenbach- Dieburg, Ende August. Von hier hat der Sozialdemokrat" noch sehr wenig gebracht, was aber keineswegs zu dem Schlusse berechtigt, daß wir unthätig gewesen - der Wahltag wird die Früchte unserer Thätigkeit zeigen. Kürzlich war unser Kandidat, Genosse Liebknecht  , hier anwesend und obschon wir erst Morgens um 11 Uhr Nachricht von seinem Eintreffen erhielten, hatten sich doch schon Nachmittags um 4 Uhr einige 30 Genoffen im herrlichen Stadtwald eingefunden. Bedenkt man, daß die meisten der Anwesenden selbst aus stundenweit entfernten Ortschaften und nur ca. 5 aus der nahen Stadt gekommen waren, so dürften sich die Genossen allerorts ein Bild von unserer Organisation machen können. Die alte Garde lebt noch und wird ihre Schuldigkeit voll und ganz thun. Wir find fertig zum Kampf und mit sichtlicher Aengstlichkeit tappen unsere Gegner umher, ohne zu wissen, was für Kandidaten sie uns entgegen stellen sollen. Der Schlangentödter Dernburg   hat ein klägliches Ende genommen und jetzt bringen dessen frühere Parteigenossen seinen ehemali­gen Gegner, den Provinzialdirektor Kühler auf's Tapet. Die Herren glauben, weil sie den höchsten Verwaltungsbeamten aufstellen, würden alle Bürgermeister, Polizeidiener, Nachtwächter und Sauhirten für ihn eintreten und ihnen ermöglichen, nochmals zum Siege zu gelangen. Die Fortschrittler haben noch keinen Kandidaten gefunden; der in Aussicht gennommene freireligiöse Pfaff Vogl ist kaum ernstlich zu nehmen, da derselbe es wohl verstanden hat, bei Vater Kuhnlein" Kegel zu schieben und auf uns zu schimpfen, nicht aber die Wähler von seiner Fähigkeit zum Reichstagsabgeordneten zu überzeugen. Die Ultramontanen haben den Bürgermeister Wolz von Seligenstadt   als Kandidat aufgestellt und glauben selbst nicht, daß es sich um mehr als eine bloße Zählkandidatur handle. Alles in Allem: Für uns liegen die Verhältnisse äußerst günstig und hoffen wir diesmal bestimmt auf den Sieg. Unsere Stimmen haben sich von Wahl zu Wahl vermehrt, bei der letzten Stichwahl erhielten wir schon nur 200 Stimmen weniger als die Partei des Schlangentödters. Wenn also diesmal jeder Genosse voll und ganz seine Schuldigkeit thut und es soll daran nicht fehlen so werden wir als Sieger aus dem Wahlkampf hervorgehen.

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-Mainz  , 13. Auguft. Jedenfalls kann es für den Sozialdem." nicht ohne Interesse sein, einigen Einblick in die hiesigen Verhältnisse vor der Wahl zu bekommen. Liebknecht hat alle Aussicht gewählt zu werden. Eine Zerfahrenheit trotzdem man sie in betheiligten Kreisen selbstverständlich gar nicht zugestehen will wie sie heute im ultramontanen Lager Platz gegriffen hat, ist wohl selten noch zu konsta­tiren gewesen. Jener Wortbruch Moufang's, den er unsern hiesigen Genossen gegenüber begangen hat, hat die ganze Frankfurterhof­Gesellschaft" nicht allein kompromittirt, sondern mit einem Gefühle namen­loser Unsicherheit geradezu mit allen Schrecken des Gewissens(?) erfüllt. Diese schwarze Gesellschaft fühlt denn auch heute schon den Boden unter ihren Füßen wanken und trügen, nicht alle Anzeichen, so wird deren Kandidat( vorläufig ist der Jesuitenzögling Nikolaus Racke dazu auser­sehen eine definitive Entschließung ist noch nicht getroffen) nicht ein­mal in die Stichwahl kommen. Was das Häuflein sogenannter Demo­fraten zu machen gedenkt, ist vorläufig noch nicht abzusehen; wahrscheinlich, daß sie sich mit der nationalliberalen Klique verbinden, um mit ihr die Siegesbeute zu theilen. Eine armseligere Sippschaft als diese Demo­fraten" ist nicht leicht aufzufinden. An und für sich nur wenige Köpfe zählend, blähen sich diese Protzen auf, als hätten sie Mainz   und die ganze Umgegend in der Tasche und fangen auch hie und da noch etliche Gimpel. Doch nur ganz wenige. Zum Glück haben diese Burschen schon lange abgewirthschaftet und ihre Kniffe werden von der großen Masse vollkommen verstanden. Sie ernten nur ein mitleidiges Achselzucken. Die anderere Partei, nationalliberal genannt, ist auf einer endlosen Suche nach einem Kandidaten. Ein rechtschaffener Mensch ist eben nicht leicht für dieses programm- und prinziplose Gesellschaft aufzutreiben, und fiele es selbst dem Tüchtigsten schon schwer, auch nur nur einigermaßen Erfolg zu erzielen, so wäre eine weniger qualifizirte Persönlichkeit schon im Voraus einer eklatanten Niederlage sicher. Unter solchen Ver­hältnissen nun, namentlich bei der günstigen Aufnahme, welche die sozialdemokratische Kandidatur allerwärts hier gefunden hat, dürfen wir mit vollstem Vertrauen der kommenden Reichstagswahl entgegensehen. Thun wir unsere Schuldigkeit, so wird dieses Mal Mainz  - Oppenheim  durch Wilh. Liebknecht im Reichstag   vertreten sein.

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Stuttgart  . Die Art und Weise, wie man das hiesige, Vater­land" verboten hat, sowie die dafür angegebenen Motive bieten soviel des Sonderbaren und Lächerlichen dar, daß wir wohl mit einem kurzen Bericht darüber den Raum unseres Parteiorgans in Anspruch nehmen dürfen. Zunächst ist es hier allgemein aufgefallen, daß das Weitererschei­nen des Blattes verboten wurde in Folge des Verbotes dreier Nummern, die bereits 4 Wochen früher erschienen waren. Warum man mit dem Verbot der betreffenden Nummern 4 volle Wochen gewartet hat und dann plötzlich das Weitererscheinen des Blattes verbietet, in dem 3 Wochen hindurch nichts für die Polizei Faßbares enthalten war, darüber eristiren bei vielen hiesigen Genossen zwar Vermuthungen, jedoch entziehen sich dieselben vorläufig der Oeffentlichkeit. Möglich wäre es indessen auch, daß die Polizei sich Zeit zu reiflicher Ueberlegung genommen hat, aus Furcht, sich zum zweiten Male mit dem Vaterland" unsterblich zu blamiren. Dieselbe hatte nämlich das Vaterland" bereits einmal im Frühjahr 1879 verboten, mußte jedoch den Schmerz erleben, daß das Verbot auf erhobene Beschwerde als unbegründet wieder aufgehoben wurde. Daß sie in Folge dessen gleich dem gebrannten Kinde ewas vor­fichtiger in Bezug auf das Vaterland" geworden war, ist wohl natür­lich, doch mögen, wie gesagt, auch andere Gründe zu ihrem fatzenartig. schleichenden Vorgehen mitgewirkt haben. Jedenfalls ist der biederen Polizei in keinem Falle die zweite Blamage erspart geblieben, denn die Motive des Verbotes sind zum Theile so blödsinnig lächerlich, daß wir uns gedrungen fühlen, Einiges davon der Nachwelt als Beitrag zu den bekannten Schwabenstreichen zu überliefern.

Da heißt es zunächst: wenn auch zugegeben werden müsse, daß Strafbares nirgends in dem Blatte gesagt sei(!), so bewege dessen Inhalt sich doch stets so nahe an den Grenzen des Erlaubten, daß..

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Hat wohl jemals eine Behörde sich selbst auf eine drastischere Weise das Zeugniß ausgestellt, daß sie eine schamlose Büttelbande ist, die gleich orientalischen Despoten nur nach Laune handelt und das Opfer ihrer Willkür noch dadurch verhöhnt, daß sie ihm in's Gesicht sagt: Du hast nichts Strafbares gethan, Du bist stets nur bis an die Grenze des Er­laubten gegangen, aber trotzdem wirst Du jetzt zu Grunde gerichtet?!

Dann heißt es weiter in dem köstlichen Schriftstück: daß es ein Be­weis für die sozialdemokratische Tendenz des Blattes sei, daß alle be­kannten Sozialdemokraten Stuttgarts   in demselben annoncirten."

Es ist nur zu verwundern, daß nicht auch noch die Eintracht der ver­schiedenen Bevölkerungsklassen durch dieses Annonciren gefährdet sein soll; jedenfalls beweist auch dieses an den Haaren herbeigezogene Motiv", in welcher kläglichen Verlegenheit sich diese saubere Zunft befunden haben muß!

Endlich hat man noch die Entdeckung gemacht, daß in einem Wahl­artikel einer der drei verbotenen Nummern allerdings nur das Pro­gramin der sog. Volkspartei besprochen sei, jedoch sei dasselbe mit Hin­weis auf dessen ökonomischen Theil in einer Weise entwickelt, daß dadurch die Bevölkerungsklassen gegen einander aufgereizt würden" 2c. Wenn dieser Passus überhaupt einen Sinn haben soll, so heißt er nichts anderes, als daß das Programm der Volkspartei in seinem öko­nomischen Theil gemeingefährliche Bestrebungen" enthalte. Die Volks­partei mag also nur schnell diesen guten Vorwand benutzen, um diesen gefährlichen, von ihr selbst stets mit Furcht betrachteten rothen Fezzen aus ihrem Programm zu entfernen.

Trotzdem nun diese Motive so lächerlich und unsinnig sind, glauben wir doch diesmal nicht mehr an einen Erfolg unserer erhobenen Be­schwerde, sintemalen wir seit 2 Jahren in der Rechtslosigkeit und unsere Richter in der Servilität große Fortschritte gemacht haben. Auch können wir hier schließlich, wenn es nicht anders ist, ganz gut ohne das Vater­land" existiren und mit dem Gelde, das die Erhaltung des Blattes bis­her kostete, der Polizei viel größeren Aerger bereiten.

Aber Gemeinheit bleibt Gemeinheit, und Polizei und Regierung haben durch ihr brutales Vorgehen in den letzten Monaten bedenklich zu Haß

und Verachtung gegen sich aufgereizt. Wenn sie noch lange so fortmachen, so könnte unsere schwäbische Gemüthlichkeit auch einmal in ihr Gegentheil umschlagen, und wir könnten den verschiedenen Strolchen einmal hand­greiflich beweisen, daß es nicht immer ganz ungefährlich ist, wenn man, wie es durch solcherlei unmotivirte Motive" geschieht, in henkermäßiger Brutalität zum Schaden noch den Spott fügt.

New- York  , im August. Man sagt in den Lagern unserer Gegner, wir Sozialisten seien Reichsfeinde und hätten keine Liebe zu dem Lande unserer Geburt, vielmehr strebten wir dahin, unser Vaterland zu ruiniren. O, diese elenden Seelen! Gerade unsere Gegner, welche sich mit dem größten Patriotismus brüsten, sind die größten Feinde Deutschlands  . Ihre Vaterlandsliebe geht in die Brüche, sobald der Geld­beutel in Frage kommt. Da heißt es dann: ubi bene ibi patria! wo mir's wohl geht, ist mein Vaterland! Wo war denn der Patriotis­mus beim Beginn des heiligen Krieges", als Geld gebraucht wurde und die Regierung Anlehen ausschrieb? Erst als mit dem Blute des Volkes die Schlacht bei Saarbrücken   gewonnen, Weißenburg   erstürmt und Mac Mahon   bei Wörth geschlagen war, als nichts mehr riskirt zu werden brauchte, sondern zu verdienen war, kam der Geldsacks- Patriotismus zum Vorschein. Das Proletariat aber, das sein Vaterland liebt, das dafür arbeitet, die Scholle auf der es geboren ist, wohnlich einzurichten, damit es leben kann, wie es sich für Menschen geziemt, wird mittelst Richter und Polizei zum Lande hinausgetrieben und muß in die weite Ferne, sein tägliches Brod zu suchen. Und dies Alles, weil er sein Vaterland liebt. Ja, ihr Helden der modernen Ordnung", der Sozialist liebt sein Vaterland, liebt es jetzt in der Verbannung noch inniger und wird seiner gedenken bis zum letzten Athemzug, wenn er auch nicht die Ver­rücktheit zur Schau trägt, in blindem Chauvinismus andere Nationen zu bekriegen, denn ein aufrichtiger Parteigenosse kann nur zu dem end­giltigen Schluß kommen, daß die Erde überhaupt sein Vaterland, die Menschheit seine Familie und Allen wohl zu thun, seine Religion sei.

In hiesiger Stadt ist bereits eine stattliche Kolonie gemaßregelter deut­ scher   Parteigenossen Zuwachs kommt jede Woche und jeder Ein­zelne wünscht die Zeit herbei, wo er zurückkehren kann. Es ist nicht etwa Arbeitslosigkeit, denn lohnende Beschäftigung findet man hier wohl*), welche die Sehnsucht nach der Heimath erweckt, sondern das Unbehagliche des hiesigen Lebens; es fehlt die deutsche Gemüthlichkeit.**) Was ich im Vorstehenden niedergeschrieben, ist nicht meine persönliche Ansicht, sondern die Ansicht fast Aller, selbst derjenigen, die schon über ein Jahr hier sind und ihre Familien haben nachkommen lassen.

Am Sonnabend den 16. Juli hielt Genosse Groß aus Hamburg   einen Vortrag über das Thema:" Ist ein Widerstand der Aus­gewiesenen durch Bannbruch möglich?" Referent entwickelte seine Ansicht dahin, daß jeder Widerstand zwecklos sei, welcher Ansicht auch die gut besuchte Versammlung beitrat.

Die Sozialisten englischer 3 unge hierselbst treffen Anstalten, ein großes täglich erscheinendes Journal herauszugeben. Die Einleitungen sind dazu bereits getroffen. Wir rufen diesem Beginnen ein herzliches Glück auf zu.

Mit dem 1. August wird auch eine neue deutsche Zeitung hier heraus­gegeben werden, welche gegen das hiesige Parteiblatt arbeiten soll. Peku­niär wird es unterstützt von einigen Brauereibesitzern. Diese Aermſten haben als Redakteur en chef einen gewissen Lenz engagirt, welcher schon viele literarische Geschäfte ins Leben gerufen hat, die aber bald eingingen. Als das Gerücht von diesem neuen Unternehmen auftauchte, erhielt Lenz den Namen Zeitungstödter. Hier ist alle Welt darüber einig, daß er auch sein neues Kind wieder tödten wird. Lenz war vordem Mit­arbeiter des hiesigen Parteiblattes, der New- Yorker Volkszeitung".

*) Siehe die Warnung des New- Yorker Unterstüßungsfomites in der Nummer 34. Red. d. Soziald."

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**) Die deutsche Gemüthlichkeit ist ein gar sonderbares Ding, höchst zweifelhafter Natur der Regel nach ist sie gleichbedeutend mit Philisterhaftigkeit, Duselei, thatenlosem Hinbrüten, und hat uns im Aus­land lächerlich und verachtet gemacht. Wir wären sehr froh, wenn diese deutsche Gemüthlichkeit" unseren Landsleuten ganz abhanden täme, womit nicht gesagt sein soll, daß wir gemüthvolles Leben ver urtheilen. Red. d. Soziald."

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Briefkasten

der Redaktion: Nachdem mehrere Genossen das in der Presse verbreitete Märchen, es sei vorletzten Sonntag ein sozialistischer Kongreß auf Schloß Wyden   abgehalten worden, für baare Münze genommen haben, fühlen wir uns veranlaßt, zu erklären, daß an dem betreffenden Tage auf Schloß Wyden   blos der Jahrestag des vorjährigen Kon gresses gefeiert wurde, zu welchem Zwecke sich Genossen aus Zürich  , Winterthur  , Frauenfeld  , Wyl, Schaffhausen   2c. zusammengefunden hatten. Es war eine spontane Kundgebung ohne bedeutenderen politischen Hintergrund. Seit dem vorjährigen Wydener Kongreß hat die deutsche Partei in der Schweiz   überhaupt keinen Kongreß mehr abgehalten. Ale gegentheiligen Mittheilungen sind erlogen. An viele Einsender von Korrespondenzen: Wegen Raummangels mußten mehrere Korrespondenzen zurückbleiben.

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der Expedition: H. W. Sckborn: Fr. 5,50 d. Ufds. dkd. zu­gewiesen. Lasker  : Fr. 98,26 à Cto. erh. Long Caroline? Fr. 29,50 erh. Wofür? B. Brl. London  : Fr. 50,40 à Cto. erh. Durch Zwischen hand verspätet. -e Paris  : Von H. Anfangs d. Quartals weder Bestellung noch Geld erhalten. Portr. P. folgt mit 36. K. T. Paris  : Bstllg. abgg. Rückständiges folgt. B. i. O. f. B. i. G.: Mt. 2, Ab. Rest erh. Erwarten Nachr. betr. Bahnhofverschl. Feuers rüpel: 2 Neue vorgem. Wie steht's mit Abrchng. des Alten!? Bifzfa: t. 27,60 Ab. 3. Qu. u. Schft. erh. Betr. Wahlflugbl. später. Adr. pr. 1. Septbr. gelöscht. Dtsch. Ver. u. Soz. Basel: Fr. 70,- nach Vorschr. pr. Ufds. verwendet. Details später. Genossen von Mühl hausen: Mt. 3,75 pr. Ufds. dankend erh. Rothbart: Fr. 43,- à Cto. Ab. erh. Wo bleibt Abrechng. Hmghs. Brs. St. Louis: Folgen fortan 45. Einiges vergriffen.- N. N. Prag  : Mt. 106,55 à Cto. Ab. u. Schft. erh. Adr. richtig gestellt. Ff. a. M.: Fr. 35,62 ( Mt. 29,-) Ab. Juli u. Schft. erh. Adr. geordn. Nachnahme ins Reich is nich! Kategor. Imperativ aus Desterr.: ö. fl. 35,-( Fr. 74,55) d. Ufds. dankend zugew. Bukarest  : Fr. 8,- Ab. pr. Ende 81 erh. Gewünschtes abgeg. Dtsch. Ver. Wyl: Fr. 14,50 d. Ufds dankend zugew. Betr. der Fr. 2,40 noch nichts klar. Durch Apps. u. D. Fr. 15,50 für 5 Kegelpart. u. von vier div. Gebern dem Ufds zugew.; siehe Ufds. später. Dir: Vbhdlg. hat uns nachträglich Mt. 2, von Ihrem S.- Abonnementsgeld als außerord. Spesen für Revue" da mals vorenthalten, nachdem im S. voll quittirt war, deshalb schulden Sie uns noch diesen Betrag auf altes Abou. Weiteres ist Sache der Viksbhdlg. A. Hmmrschlg.: Mt. 100,- pr. Ab. 2. Quartl. gutgebr Bfl. am 30/8. Weiteres. Weckuhr: Mt. 1,- Ab. Aug. erh. Warum denn immer nur solo!? Nst. a. O.: Mt. 3, Ab. 4. Qu. erh. Der " Pfiffige" Hallunke soll nur selber abonniren. Wollen ihm schon ertra aufwarten. Betr. Wahlarbeit demnächst. Wt. 1,20 f. Schft. u. Flug. auch erh. Antwerpen  : Fr. 12, à Cto. Ab. 2. u. 3. Qu. erh. Fr. 22,66 d. Ufds. dankd. zugew. Weiteres vorgem. u. besorgt. Vom Neckar 3 nene vorgemerkt. Vorsicht ist die bessere Hälfte der Tapferkeit", dachte der Haase und riß seinem Schatten aus! Rother Herrnhuter: Mt. 6, Ab. 3. u. 4. Qu. erh., auch Mr. 3, dem Ufds. dkd. zugew. Morgenroth: Noch immer beim Alten. Agrifola schweigt. Neuer besorgt. Kohlheim: Bf. durch Cat. erh. Gewünschtes folgt. Jörgen Gaardm: M. 3, Ab. 3. Qu. erh. u. ab Juli nachgeliefert. Ist's 10 recht? Pr. P. K. mehr. v. Bismarck  : Die schwarze Germania  " läßt sich aus der Ostschweiz   die wirkliche Abhaltg. unsres Kongr. in Wyden weismachen. Gehören Sie denn auch zu den Wunder- Gläubigen à la Majunke? Ein Kongreß ohne Delegirte, ohne Beschlüsse u. ohne Berichte; freilich etwas dunkel zwar, aber immer wunderbar Germaniae" Kyrie eleison  ! Mr. Robert: Fr. 2, Ab. 3. Qu f. d. S. erh. Jörgen Gaardmann: Mt. 3, Ab. 3. Qu. für H. u. K. erh., Sdg. A. H. wurde stets bewirkt. Numa Cg.: Mt. 3,- Ab.

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3. Qu. erh. Sind pr. 4. Qu. M. 7,- zu senden. W. P. St. G.: M. 3,50 Ab. 4. Qu. erh. haben Sie 50 Pf. gut.

Schwetz. Bereinsbuchdruckerei Hottingen- Zürid.