Pflicht gethan und die Zuverlässigkeit der reportirten Nachricht bestritten zu haben."

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O, edler Reptilienstipendiat, was hast du da gemacht! Den Banditen on ganz Europa   in Danzig   Rendezvous gegeben?" Wer war denn in Danzig  ? Wen haben die Zeitungen nach Danzig   gehen lassen? Alexander and Wilhelm, nebst ihrem ganzen Troß von Kreaturen und Spitzeln. Wer sind somit die Banditen von ganz Europa  "? Pindter, Pindter, wie kann man sich so verschnappen!

- Wie die Banditen von Europa   einander in die Sände arbeiten. Am 3. September hat das Polizeipräsidium in Roblenz( Rheinpreußen) eine lithographische Zuschrift an ver hiedene österreichische Polizeibehörden mit dem Ersuchen geschickt, Erhebungen über die Adressaten von in Koblenz   beschlagnahmten Briefen pflegen und das Resultat nach Koblenz  ( Preußen) bekannt zu geben, b und in welchem Umfange die Verbreitung von sozialdemokratischen Flugschriften in den betreffenden Ortschaften Oesterreichs  - be­rieben wird. Im Vertrauen".

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Im Vertrauen, ein sehr nettes preußisches Polizeipräsidium das, dieses Coblenzer Polizeipräsidium! Scheint Deutsch  - Desterreich schon als preu isches Inland zu betrachten.

Uebrigens, ganz im Vertrauen, Herr Polizeipräsident von Koblenz  , Sie Sun wirklich besser, Erkundigungen einzuziehen, wo heutzutage feine zialistische Flugschriftenvertheilung stattfindet. Das gibt viel weniger Irbeit.

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In den reaktionären nordischen Zeitungen finden wir Denunziationen, auf den Bahnhöfen freisinnige Zeitungen ausliegen und so den Be­mten politisches Gift eingeflößt würde. Dazu bemerken wir, daß seit Bestehen der Königl. Ostbahn beinahe alle Restaurateure derselben einen Revers unterschreiben mußten, in dem sie sich der sofortigen Hinaussetzung nterwarfen, wenn sie sozialdemokratische Zeitungen hielten und auslegten o nor dem Sozialistengesetz), und was das Halten anderer Zeitungen etraf, so war das Schriftstück so verklausulirt, daß wohl jeder Restau­ateur seiner Sicherheit wegen, ehe er eine Zeitung bestellte, anfragte, b er sie halten dürfe oder nicht. Diese Reverse sind noch heute in Ge­rauch, wozu also der Lärm, oder ist bei der reaktionären Bande schon Illes Gedruckte außer Provinzial- Korrespondenz"," Deutschen Bettel­atrioten" und ähnlichem Schund zu freisinnig? Stoßt nur dem Faß en Boden aus, uns nüßt es immer!

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Graf Wilhelm Bismarck hatte durchaus nicht Unrecht, als sagte, die Hundesperre sei drückender als der Belagerungs­ustand.- Das ,, liberale Bürgerthum" nämlich, welches diesen Aus­pruch durch seine sämmtlichen Organe entrüftet" an den Pranger stellen ieß, bestätigt in Berlin   denselben jetzt dadurch, daß es zahlreiche Peti­ionen zu Gunsten der Aufhebung der Hundesperre an den Reichskanzler chickt. Und dieser 1) als Hundefreund und 2) als Vater von Wilhelm Bismard hat einen Erlaß in die Welt gesetzt, resp. eine Auslegung es Deutschen   Viehseuchengesetzes unternommen, die der gesetzlich gültigen, urch den Bundesrath erlassenen schnurstracks entgegenläuft. Die Betenten werden es also durchdrücken, daß ihre geliebten Köter von der Sperre efreit werden. Und die Petenten gehören zum liberalen Bürgerthum", a, sie bilden den Kern desselben. Hat aber dieses Bürgerthum bis jetzt uch nur einen Schritt zur Aufhebung des Belagerungszustandes in Berlin   gethan? Nein! Mithin hat der brave Reichshundejunge Bill ganz Recht: Die Hundesperre ist drückender als der Belagerungszustand venigstens für Hundeseelen.

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Zum Erstenmale tommt der Heldenfürst als Raiser zu uns, zum Erstenmale kommt er in Begleitung aller Derer, Die ihm und allen Deutschen   am nächsten stehen"- so schreibt der Hamburgische Correspondent" in Bezug auf den bevorstehenden Besuch, Den Wilhelm, vulgo der Kartätschenprinz, der braven Stadt Hamburg  eisten will.- Zum Erstenmale kam der Heldenfürst" nämlich lach Hamburg   als Ausreißer 1848 er riß nämlich aus vor dem Bolte, das er niederkartätschen lassen wollte. Dieser erste Besuch in pamburg wird dem Heldenfürsten" bei seinem diesjährigen wohl im Beiste vorschweben und ihm zeigen, was er doch für ein Held gewesen st. Damals begleitete ihn allerdings Niemand von Deuen, die ihm am tächsten stehen, sie waren theilweise anderer Ansicht wie der kartätschen­ustige Heldenprinz, anderntheils hatten sie noch mehr Angst wie er selbst, o viel Angst, daß sie nicht einmal die Flucht wagten.

- Bravo  , Bravo   und noch einmal Bravo unserer guten ieben Freundin, der Norddeutschen Allgemeinen". Das war uns ein­nal recht aus der Seele gesprochen! Das Wort wollen wir uns herken. Eine solche Freude haben wir lange nicht gehabt.

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Es wird die Frage zu erwägen sein, schreibt das Mund­tück Bismarcks am 11. September wörtlich, ob den Fabri­anten überhaupt Entschädigung wegen Aufhebung hres Gewerbebetriebes gewährt werden soll. Frank­eich gewährte diese Entschädigung nicht. In Desterreich hielt diese Ent­chädigung sich in sehr geringen Grenzen. Wichtiger aber er bie bei den Apachen und Navajos. Ueberall aber ist deren Macht nur ine geringe, rein auf moralischer Basis beruhend, ähnlich wie z. B. die er Führer" der politischen Parteien. Ja, ihre Macht ist nicht ein­nal eine so große. Jene Führer können angesichts der heute herrschenden Ingleichheiten in Bezug auf Reichthum und geistige Ausbildung über hre Genossen eine Ueberlegenheit erlangen, die für den Häuptling von Bilden, der mit seinen Stammesgenossen das gleiche Eigenthum hat, die leiche Erziehung genießt, unerreichbar ist. Von der Lebenslänglichkeit der Säuptlingswürde als Regel ist feine Rede, noch weniger natürlich von iner Erblichkeit derselben.

Ebensowenig als eine Regierung hatte der Urmensch Gesetze. Ind trotzdem herrschte keine An archie, trotzdem war das Individuum gebunden, wie es niemals mehr gebunden gewesen ist: es war ebunden durch die öffentliche Meinung und sein Bewissen. Da man das Gewissen bisher meist als Stimme Gottes ezeichnete, haben sich einige besonders radikale Atheisten zu der Meinung inreißen lassen, es gebe überhaupt kein Gewissen. Nichts unbegründeter Is das. Es gibt ein Gewissen, und dasselbe ist nichts als die Stimme der sozialen Instinkte, welche in uns erwacht, wenn irgend ein Trieb der Selbsterhaltung oder der Fortpflanzung den sozialen Instinkt u besiegen droht. Das und nicht etwa Furcht ist das Gewissen. Wenn ch, um ein Mädchen zu gewinnen, das ich liebe, meine Partei verlasse, venn ich aus Besorgniß um mein Leben einen Anderen ertrinken affe, ohne ihm beizuspringen, so wird mich das Gewissen peinigen, ob­oohl ich keine physische Strafe zu gewärtigen habe. Je stärker die ozialen Instinkte, desto stärker das Gewissen. Bei wem diese ganz er­oschen sind, der ist gewissenlos, er ist ein Unmensch, weil er die em Menschen natürliche Art des Kampjes um's Dasein, die kommu­tistische, völlig verlassen hat. Neben dem Gewissen und vielfach von dem elben untrennbar, wirkt als mächtiger Motor beim Urmenschen die ffentliche Meinung. Wenn man von einer Tyrannei bei den Bilden sprechen kann, so ist es die der öffentlichen Meinung, deren Sklave der Urmensch in allen Beziehungen ist, der er sich aber nicht nur villig und unterwürfig, sondern sogar freudig fügt. Der öffentlichen Neinung zu gefallen, ist sein höchstes Bestreben, sein Stolz, sein Glück. Diese echt kommunistische Herrschaft der öffentlichen Meinung, welche sich, vie alle kommunistischen Instinkte, wenn auch sehr abgeschwächt, auch toch in unserer Gesellschaft findet, ist den Individualisten natürlich ein Breuel; fie verlangen Schußmittel gegen das Eingreifen der moralischen Bolizei" des Publikums in die Freiheit des Individuums"( Mill, Die Freiheit S. 89). Diese guten Lentchen übersehen ganz und gar, daß das inzige Mittel, den physischen Zwang der Hungerpeitsche und der Gesetze u beseitigen, die Ausdehnung des 3wanges der öffent ichen Meinung ist.

Symmachos.

scheint die festzuhaltende prinzipielle Auffassung, daß in keinem Staate ein Recht von Privatpersonen auf Erhaltung der jeweiligen öffentlichen recht­lichen Ordnung des Erwerbslebens anerkannt wer den darf. Die Gewerbefreiheit ist nur ein öffent= liches rechtliches Prinzip, welches niemals eine Quelle der privatrechtlichen Ansprüche auf Gewerbebetrieb oder dessen Fortführung bei veränderten öffentlich rechtlichen Normen werden kann. Es kann überhaupt nie von einer privatrechtlichen Entschädigungs­pflicht des Reiches den Tabaffabrikanten gegenüber die Rede sein, sondern nur von Entschädigung aus Billigkeitsgründen, welche deshalb auf ein bescheidenes Maaß zu beschränken wäre."

So unsere Norddeutsche".

Ganz unsere Grundsätze. Wo es sich um das Wohl der Allgemeinheit handelt, kann die Gesammtheit bei veränderten öffentlich rechtlichen Normen niemals eine privatrechtliche Entschädig­ungspflicht anerkennen, höchstens darf aus Billigkeitsgründen ein be= scheidenes Maaß von Entschädigung gewährt werden.

Und da wagt man noch, uns einen Vorwurf daraus zu machen, daß wir Grund und Boden und Arbeitsmittel konfisziren wollen! Wir, die wir es doch nur im Interesse der Gesammtheit thun, die wir das Recht auf Arbeit und Eristenz anerkennen, die den durch die veränderten öffentlich rechtlichen Normen momentan Geschädigten als vollberechtigten Theilhaber am Eigenthum der Gesammtheit aufnehmen! Unsere belgischen Genossen sind in ihrem Bericht an den sozialistischen  Weltkongreß kaum so weit gegangen, als das offiziöse Organ von Deutschlands   Reichskanzler. Was sagen Sie dazu, Herr Spiller? Freilich, für die Norddeutsche" und ihren Brotgeber handelt es sich nur darum, die Tabakfabrikanten durch diesen Schreckschuß gefügiger zu machen, solche Judenkniffe" liebt der antisemitische Kanzler be­kanntlich sehr. Von den Fabrikanten will man günstige Bedingungen er­pressen, und die Arbeiter, die durch das Monopol am schwersten ge­schädigt, von denen in Deutschland   wenigstens zwei Drittel beim Mono­pol auf's Pflaster geworfen werden ohne Recht auf Arbeit und Existenz werden mit dem sozialistischen   Grundsatz der Nicht­entschädigungspflicht abgespeist. Und diese infame Fälschung eines gesunden Gedankens nennt man christlich- soziale Reformpolitik. Pfui Teufel!

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Als Ergänzung unseres heutigen Leitartikels mag hier noch eine Notiz zum Abdruck gelangen, welche vor Kurzem durch die gesammte gesinnungstüchtige Presse lief. Sie lautet:

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,, Die Drohbriefe tommen in Mode. Im württembergischen Ort Börstingen waren acht Fechtbrüder empört, daß sie statt des Viati­kums in Geld, Naturalien, Suppe 2c. befamen. Sie verfaßten einen Drohbrief an das königliche Oberamt Rottenburg, demzufolge sie ent­schlossen seien, im ganzen Suppengäu"( so nennen sie die Gegend, wo sie statt Geld nur Suppe 2c. bekommen), wenn keine andere Unterstützung gereicht werde, nicht nur einzelne Häuser, sondern ganze Dörfer und Städte niederzubrennen, Obstbäume zu vernichten und dem Lande auch sonst allen möglichen Schaden zu thun. Unterzeichnet: Das Exekutiv­tomité der Handwerksburschen- Liga. Der Brief kam richtig an seine Adresse, und da die Herren Absender so gewissenhaft waren, ihre Namen anzugeben, und diese Namen sich auch im Nachtbuche zu Börstingen finden, so ist jetzt die Staatsanwaltschaft hinter den Briefschreibern her." Man beachte den höhnischen Ton, mit welchem von den Herren" Ab­sendern gesprochen wird. Man will damit den Lesern gern den Glauben beibringen, es handle sich da nur um verwahrlofte Subjekte. Daß dies aber nicht der Fall, beweist der Umstand, daß die Unterzeichner sämmt­lich ihre richtigen Namen angaben. Es kann somit nur tiefste Ent­rüstung über die heuchlerische Abfütterungswohlthätigkeit den Brief diktirt haben.

Fahrt nur so fort, jagt sie nur in Verzweiflung, die infolge Eurer schönen Wirthschaftsordnung auf's Pflaster Geworfenen und sie wer­den sich eines Tages nicht mehr mit Drohbriefen begnügen!

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Aus dem Reichsfüllhorn. Unter dem Verdacht, bei der Verbreitung des Flugblattes mitgewirkt zu haben", ist, wie die ,, Württemberg  . Landeszeitung" meldet, in Stuttgart   ein Mann(!) bereits verhaftet worden. Dieses bereits ist sehr gut. In Jever  ( Olden­ burg  ) wurde am 5. September bei Genosse Rehmann Haussuchung ge­halten. Da die gewünschte Waare natürlich nicht gefunden wurde, so nahmen die Männer des Gesetzes zwei Statutenbücher der längst auf­gelösten Schuhmachergewerkschaft, sowie ein Statutenbuch der Zentral­Kranken- und Sterbekasse" derselben Gewerkschaft und einige Nummern des Schuhmacher  " mit. Furchtbares Schuhmacherhandwerk!

Aus allen Theilen Deutschlands   kommen uns erfreuliche Mittheilungen zu über die Vorbereitungen unserer Genossen zum Wahlkampfe. Unsere Brüder im Reich rüsten sich mit Macht und werden, was auch kommen mag, ehrenvoll aus der Wahl­schlacht hervorgehen. Zu den Orten, die bereits das Wahlflugblattbom­bardement eröffnet haben, sind jetzt Stuttgart  , Nürnberg   und Fürth  hinzugekommen. Durchaus radikale, und gehörig gesalzene Flugblätter sind in allen drei Städten zum Entsetzen unserer Gegner zur ausgiebigsten Bertheilung gelangt.

So ist's recht. Nur muthig voran. Und Jhr, Genossen im Ausland, sorgt dafür, daß unsern Brüdern im Reich die Munition nicht ausgehe.

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Wahrhaft erhebend sind die Nachrichten, die wir aus Berlin   erhalten. Trotz Belagerungszustand sind unsere Genossen all­zeit auf dem Platze und beschämen durch ihr muthiges, unerschrockenes Auftreten viele Genossen anderer Orte, die weit weniger gefährdet find. Ende August schickten unsere Freunde im zweiten Wahlkreis die Herren Finn und Körner mit Schimpf und Schande heim, und am 10. September haben unsere Genossen im 6. Wahlkreise in einer glänzend besuchten Versammlung den Herren Ruppel und Konsorten gezeigt, daß die Arbeiter von dem Bismarck'schen Zuckerbrod nichts wissen wollen. Aus dem Bericht über die letzte Versammlung, die im Universum statt­fand, wollen wir zwei ganz besonders charakteristische Stellen hervor­heben. Herr Ruppel, der sonst als Antisemit Lassalle   und Mary in blödester Weise beschimpft und die alberne Phrase, sie hätten die Arbeiter nur gegen die Fabrikanten, nicht aber gegen die Börse auf­gehetzt, in allen Tonarten ableiert, hatte diesmal, um die Arbeiter zu ködern, Lassalle anfangs sehr gelobt. Dann aber fuhr er fort:

Lassalle   lag jede gewaltsame Revolution fern; er stand auch auf deutsch­nationalem Boden, denn er richtete seine Ansprachen stets an die deutschen  Arbeiter. Erst die Agitatoren, die nach Lassalle   auftraten, Mary und Genossen, versuchten die sozialdemokra tische Bewegung auf das internatinal- revolutionäre Gebiet zu leiten.( Furchtbarer Lärm! Rufe: Schluß! Schluß! Fauler Kopp! Denunziant! Polizeispiel!) Ruppel( fortfahrend): Das Sozialistengesetz ist auch keineswegs gegen die Sozialdemokratie gerichtet, sondern lediglich gegen die international- demagogischen Ausschreitungen. ( Furchtbarer, lang andauernder Tumult. Wiederholte Rufe: Schluß! Schluß!) Das Sozialistengesetz war ein dem Fürsten   Bismarck auf­genöthigter Waffenstillstand, um seine sozial- reformatorischen Pläne zur Ausführung bringen zu können.( Erneuter Lärm. Rufe: Fauler Zau­ber! Erzählen Sie das Ihren antisemitischen Hausknechten, aber nicht gereiften Arbeitern. Aujust pack' in, sonst blamirst Du Dir und kommst neben den Reichstag  !) Ruppel( fortfahrend): Prüfen Sie die sozial- reformatorischen Pläne des Fürsten Bismarck und Sie werden finden, daß dieselben mit den Vorschlagen Lassalle's   überein­stimmen.( Erneuter Lärm. Rufe: Faule Wizze!)

Und als Herr Ruppel auf das Weitersprechen verzichtete, wurde ihm, wie folgt heimgeleuchtet:

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" Bigarrenarbeiter Stahl: Herr Ruppel hat noch obendrein die Dreistig­keit, uns zu sagen, daß er nicht gekommen, um um unsere Stimmen zu werben. Wenn er das nicht beabsichtigte, dann scheint noch etwas ganz Anderes dahinter zu stecken.( Rufe: Die Groschen! Stürmische Heiterkeit, Beifall und Lärm.) Meine Herren, ich bin Familienvater und kann des­halb nicht deutlicher sprechen; Sie werden mich aber verstehen. Ich habe nicht die Groschen, die Herr Ruppel eingeheimst, im Auge, denn der heu­tige Abend war gestehen wir es offen einen Groschen werth. ( Rufe: Det reene Theater!) Herrn Ruppel's Spekulation   ist eine noch ganz andere. Herr Ruppet bezichtigte die Fortschrittspartei, daß sie den Arbeitern die politischen Freiheiten vorenthalte; was jedoch Hr. Ruppel und seine Partei unter Freiheit verstehen, kann ich Ihnen am besten sagen, denn ich bin Jude.  ( Stürmischer, nicht enden wollender Beifall und Hochrufe auf Stahl. Inzwischen vernahm man die Rufe: Judenknechte". In einigen Gegenden des Saales entstanden Rempeleien.) Stahl: Trotzdem ich Jude bin, gebe ich weder einem Fortschrittler, noch einem Liberalen, am allerwenigsten aber Herrn Rup­pel meine Stimme.( Stürmischer Beifall.) Ich erkläre es frei heraus: Ich wähle den Arbeiterkandidaten Hasen­clever.( Hier erhebt sich ein wahrhaft betäubender Beifallssturm. Die Versammelten steigen auf Tische und Stühle und unter unaufhörlichem Hüteschwenken brausten minutenlang Hochrufe auf die Sozialdemo tratie, Lassalle, Bebel, Liebknecht, Hasenclever u. s. w. durch den Saal.) Es sprachen hierauf noch Arbeiter Tietz ( Sozialdemokrat) und der Schuhmachermeister Schuhmann, diese waren jedoch des zu großen Lärmens wegen nicht zu verstehen. Maschinen­bauer Sendig: Meine Herren! Wenn ich hier spreche, so trotze ich der Reaktion.( Lärm.) Ich sehe als Familienvater meine Existenz aufs Spiel, aber trotzdem wage ich es. Ich tann Herrn Stahl nur vollständig beistimmen. Herr Ruppel ist weder Fortschrittler noch Sozialist, son­dern einfach ein Schmaroger."

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Unter Hochrufen auf unsere gemeinsame Sache gingen unsere Genossen auseinander, wir aber rufen: Ein dreifaches Hoch unsern tapferen Berliner   Freunden!

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Aus Sachsen  . Der sächsische Landtag, am 1. September eröffnet, ist am 6. wiederum vertagt worden, die Einen sagen bis Mitte Oktober, die andern bis Anfang November. Die eigentliche Veranlassung der frühzeitigen Eröffnung, das sogenannte Verfassungsjubiläum, wurde von unseren Genossen im Landtag sofort benutzt, einen Tropfen Wermuth in den Freudenbecher zu gießen und das arge Geschrei, das darnach entstand, bezeugte die Wirkung, die das Gift gethan. Und es soll noch viel besser fommen.

Am 3. leistete Bebel, als Neueingetretener, den Schwur der Treue". Das Paris   vaut une messe" Heinrich IV.   gilt auch für unsere Ab­geordneten, der von ihnen einzubringende Antrag auf Aufhebung jenes lächerlichen Eides wird ihnen die Gelegenheit geben, auszuführen, was sie von solchen Komödien halten, und warum sie den Eid geleistet. Den 4. war feierliche" Landtagseröffnung; die Unsern hielten sich natürlich fern; sie hielten sich auch fern dem großen Festessen, das der König auf Volkes Kosten auf der Albrechtsburg   in Meißen   herrichten ließ; die bezüglichen Einladungskarten wanderten an das Hofmarschallamt zurück. Dagegen waren sie sehr auf dem Plazze, als in der Kammer eine in Unterthänig­keit ersterbende Adresse vorgelesen wurde und zur Abstimmung kam. Leider lag die Adresse nicht im Druck vor, und die Verlesung war eine so un­deutliche, daß man den Inhalt nicht verstehen konnte, sonst wäre auch diese gründlich mitgenommen worden.

Liebknecht ergriff das Wort, um sich in scharfer Weise gegen die Adresse und die Festlichkeiten zu wenden. Es sei keine Zeit zum Feiern von Festen und Verfassungsjubiläen, wo die stärkste Partei im Lande geächtet und rechtlos gemacht sei, ein Polizeiregiment herrsche, wie es vor der Einführung der Verfassung nicht einmal möglich gewesen, und die Grundrechte jedes Verfassungslebens, die individuelle Freiheit, die Preß-, Versammlungs- und Wahlfreiheit für hunderttausende von Bürgern im Lande nicht mehr eristirten. Die Rechte wurde unruhig und grunzte, der Präsident, ein echter Partikularist, erklärte: Rechtlos sei in Sachsen  Niemand(!), die Ausnahmezustände seien durch Reichsgesetz geschaffen, und könne sich Jeder ihren Wirkungen entziehen.

Der liberal- konservative Pfeifer beging, sehr gegen die Verabredung der Mehrheit, die Dummheit, Liebknecht   als Störenfried" anzugreifen, wodurch Bebel die Gelegenheit erhielt, dem Präsidenten und dem Vor­redner zu antworten.

Dem Reichsgesetz habe die Regierung Sachsens   zugestimmt, die Ver­hängung des Belagerungszustandes sei der Iniziative der sächsischen Re­gierung entsprungen, sie allein sei verantwortlich und man werde sie zur Verantwortung ziehen. Man muthe der Sozialdemokratie nicht zu, Gesinnungen zu heucheln, die sie nicht besitze.

Der Minister des Innern, durch die Reden von Liebknecht und Bebel provozirt, erklärte: Ja, die sächsische Regierung habe aus Pflichtgefüht den Antrag auf Verhängung des Belagerungszustandes über Leipzig  gestellt, und sie werde sich nicht abhalten lassen, in gleichen Fällen wiederum so zu handeln.

Dem Minister schloß sich der reaktionäre Herr Ackermann würdig an, um allerlei Schulmeistereien über das, was an diesem festlichen" Tage unsere Vertreter hätten thun sollen, zum Besten zu geben! Die Abfertigung dieses heuchlerischen Burschen wurde durch einen Schluß­antrag vorläufig unmöglich gemacht, sie bleibt ihm aber nicht geschenkt. In derselben Sizung, wo jene Vorgänge sich abspielten, reichten unsere Parteigenoffen zur Feier des Tages" folgende Interpellation ein:

" Interpellation.

Eingegangen am 5. September 1881. Welche Gründe bestimmten die Königliche Staatsregierung, über das Gebiet der Stadt Leipzig   und der Amtshauptmannschaft Leipzig den so­genannten kleinen Belagerungszustand zu verhängen? Dresden   4. September 1881.

Bebel, Liebknecht, Puttrich.*) Motive.

Unter dem 29. Juni d. J. hat das Königliche Gesammtministerium eine Verordnung erlassen, wonach auf Grund von§ 28 des Reichs­gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oktober 1878 über die Stadt Leipzig   und die Amtshauptmann­schaft Leipzig der sogenannte kleine Belagerungszustand verhängt worden ist. Diese außerordentliche Maßregel hat nicht nur in den betroffenen Bezirken, sondern im ganzen Lande das peinlichste Aufsehen erregt. Auf Grund dieser Maßregel sind bis heute an 70 Personen, in der großen Mehrzahl Familienväter, und darunter viele selbstständige Gewerbtreibende, fraft polizeilicher Gewalt ausgewiesen und dadurch deren Ehe- und Familienleben, Eigenthum und Existenz aufs Allerschwerste geschädigt, zum Theil gänzlich vernichtet worden. Ferner ist in Tausenden von Familien, die wegen der Gesinnung ihrer Familienhäupter glauben, ein ähnliches Schicksal befürchten zu müssen, Unruhe, Angst und Sorge verbreitet worden.

Es ist im Interesse des Landes dringend nothwendig, die Gründe zu wissen, welche das Königliche Gesammtministerium veranlaßten, zu dieser, die Ruhe und das Ansehen des Landes untergrabenden Maßregel zu schreiten, und zwar umsomehr, da der Reichstag  , dem die Staats­regierung Rechenschaft zu geben verpflichtet ist, voraussichtlich frühestens erst Anfang Februar nächsten Jahres zusammentritt."

Die plötzliche Vertagung des Landtages am 6. September, die nach dem Geständniß der offiziösen Dresdner Nachrich ten" erfolgte, damit die sozialistischen   Abgeord neten nicht noch vor der Reichstagswahl ,, Brandreden" halten könnten ein Geständniß, das uns sehr freut verhinderte die Verhandlung über jen e Interpellation. Nun, sie soll auch später ihre Wirkung thun.

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*) Freytag ist noch nicht in den Landtag eingetreten, weshalb seine Unterschrift fehlt.