worauf er ihm erwiderte, daß er schon einen Zettel habe und für den sozialdemokratischen Kandidaten stimmen werde.
Schon Mittags, als dieser Arbeiter, welcher sieben Jahre als Maschinenführer in genannter Fabrik thätig war, in seine Werkstätte gehen wollte, wurde er entlassen! Eine strafbare Handlung hat sich der Arbeiter nie zu Schulden kommen lassen.
Schreiner Schmiedel aus Edigheim wurde am Montag den 24. Oktober d. J. aus mehrfach genannter Fabrik entlassen, weil er Tags zuvor ein sozialdemokratisches Flugblatt einem Nebenarbeiter in einer Wirthschaft zeigte. Letzterer denunzirte ihn bei der Direktion, welche ihm, da er vermuthlich nicht für Dr. Groß stimmen werde, die Arbeit sofort entzog, resp. ihn entließ. Ebenso erging es:
Johannes Lauer von Freisenheim , wohnhaft Quadrat I. Nr. 14 in Ludwigshafen , welcher erklärte, daß er für Herrn Dr. Groß nicht stimmen werde; auch er wurde sofort entlassen.
Georg Keller, Taglöhner in Ludwigshafen a. Rh., wurde aus der Weinsteinsäurefabrik des Herrn Dr. Reimann( Beukisersche Fabrik) entlassen, nachdem er den erhaltenen Stimmzettel für Herrn Dr. Groß mit demjenigen für den sozialdemokratischen Kandidaten vertauscht hatte, und dies Manöver von Seiten seines Vorgesetzten bemerkt
wurde.
Karl Müller von Oggersheim ist in der Sammtfabrik da selbst beschäftigt. Im Wahllokal war dessen Fabrikdirektor, Herr Diet, anwesend, und sah die Stimmzettel seiner Arbeiter nach! Müller hatte den Zettel für Dr. Groß ebenfalls für den des sozialdemokratischen Kandidaten vertauscht und am 29. Oktober bekam er seine Entlassung, und zwar nur, weil er gegen Kommando gewählt hatte. Es tamen noch mehr Entlassungsfälle vor, doch ist es schwierig bei der Ausdehnung des Wahlkreises alle einzeln zu rekognosziren.
Die angeführten Fälle sind sehr prägnant und gravirend, besonders aber heben wir nochmals hervor, daß die Arbeiter der Bad. Anilin- und Sodafabrik gruppenweise von ihren Werkmeistern zur Wahlurne geführt wurden und daß Allen sofortige Entlassung angedroht war, für den Fall, daß sie nicht für Dr. Groß stimmen würden.
In Uebereinstimmung mit den Wählern des sozialdemokratischen Kan didaten, Herrn A. Dreesbach, erheben wir daher Protest gegen die Wahl des Herrn Dr. Groß von Lambsheim und richten an den hohen Reichstag die ergebenste Bitte:
die Wahl des Herrn Dr. Groß zum Reichstagsabgeordneten für den Kreis Speyer - Frankenthal wegen gröblicher Verletzung der Wahlfreiheit seitens des nationalliberalen Wahlkomites für ungiltig zu erklären!
Im Namen der sozialdemokratischen Wähler: Wilhelm Seel, Quadrat II. Nr. 35 Karl Queva aus Oggersheim. Peter Mosbacher."
Soweit der Protest. Ob er zu einer Umstoßung der Wahl führen wird, ist selbst bei der Zusammensetzung des gegenwärtigen Reichstages zweifelhaft, denn wenn es sich um Sozialisten handelt, da finden die Herren, die sonst den Mund immer voll von ihrer Gerechtigkeitsliebe nehmen, sehr schnell eine Ausrede. Von einer Bestrafung der Hallunken, welche den Arbeitern, von deren Schweiß sie sich mästen, das Wahlrecht verkümmert haben, werden wir aber auf keinen Fall etwas zu hören bekommen. Und wäre Deutschland noch einmal so reich an Gefängnissen als es ohnehin ist, sie reichten nicht aus, wollte man in Wahrheit alle die bestrafen, welche das sogenannte freie und geheime Wahlrecht zu einer Lüge machen.
Die Schuldigen werden frei ausgehen, die entlassenen Arbeiter bleiben entlassen, das ist der Refrain vom Liede. Unsere Partei ist arm, wir können den Braven, welche so muthig ihre Meinung bekannten, keine Entschädigungen, keine Ehrenposten bieten, aber unserere rückhaltlose Anerkennung wollen wir ihnen zollen, ihre Namen werden mit Achtung und Liebe genannt werden überall da, wohin nur das Parteiorgan dringt.
Zum Schluß aber bitten wir die Genossen in Ludwigshafen , uns den Namen des schuftigen Verräthers, der seinen Arbeitsgenossen Schmiedel denunzirte, mitzutheilen, damit wir ihn der verdienten Verachtung preisgeben können. Hoffentlich wird ihm auch sonst der Lohn für seine Liebedienerei nicht vorenthalten werden.
Sozialpolitische Rundschau.
3ürich, 14. Dezember 1881. Die Debatte über die Denkschriften der preußischfächsisch- hamburgischen Regierungen über die Verhängung, bezw. Verlänge rung des kleinen Belagerungszustandes hat am 10. November stattgefunden. Von Seite unserer Abgeordneten hatte Hasenclever die Aufgabe übernommen, die verschiedenen Machwerke zu widerlegen. Was wir an feiner Rede auszusetzen haben, haben wir in unserem heutigen Leitartikel bereits dargelegt, im Uebrigen erfüllte dieselbe ihren Zweck, die Brutalität, mit welcher die Polizei in Deutschland verfährt, zu geißeln und nachzuweisen, wie wenig alle Willkürmaßregeln gegen die Sozialdemokratie auszurichten vermocht haben und ausrichten werden. Wir kommen auf die Ausführungen Hafenklever's noch zurück, sobald wir den stenographischen Bericht in Händen haben.
Die Antwort Puttkamer's war, wie immer, äußerst matt und dürftig. Auf die Vorlesungen aus den sozialistischen Zeitungen, welche das Fiasko seiner letzten Rede über das Sozialistengesetz wenigstens einigermaßen verdeckten, verzichtete Herr Buttkamer diesmal aus gutem
Feuilleton.
Die Abschaffung des Staates.
Ats nothwendige Konsequenz der Thatsache, daß der Staat nur existirt durch den Gegensatz zwischen der herrschenden und beherrschten Klasse, erscheint es, daß die erste That der kommenden Revolution,*) welche die Klassenunterschiede aufheben will, die Abschaffung des Staates sei.
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Dies war auch die Ansicht Bakunins. Die Revolution, wie wir sie verstehen", sagt er, muß vom ersten Tage an radikal und vollständig den Staat und alle Staatseinrichtungen vernichten..... Wir sind die natürlichen Feinde dieser Revolutionäre der Zukunftsdiktatoren, Gesetzgeber und Vormünder der Revolution die, bevor noch die gegenwärtigen monarchischen, aristokratischen und Bourgeoisstaaten zerstört sind, bereits an die Schöpfung neuer revolutionärer Staaten denken, Staaten, die ebenso zentralisirend und noch despotischer, als die heute existirenden Staaten sind 2c."
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Der Anarchist wird also, sobald die Revolution losbricht, die Abschaf= fung des Staates dekretiren, und, vorausgesetzt, daß er mehr Glück hat, als Bakunin am 28. September 1870 in Lyon , den Staat mit seinen Machtmitteln, Armee, Bureaukratie, Polizei ze. vernichten, und es hierauf jedem einzelnen Individuum überlassen, den Uebergang von der alten in die neue Gesellschaft so gut zu bewerkstelligen, als es eben kann. Was wird nun geschehen?
Der Einfluß der Revolution wird sich natürlich im gegebenen Falle, wo ihr keine Machtmittel zu Gebote stehen, keine Armee, keine Bureautratie, teine Polizei, nur so weit erstrecken können, als die Revolution selbst. Jedes Land hat aber seine Vendée , sein Tirol, sein Pommern . Dort bleibt die staatliche Organisation bestehen, dort findet die Kontrerevolution einen festen Stützpunkt, indeß die Revolution Alles ausbietet, sich selbst zu desorganisiren.
Die treuen Pommern , Tiroler und Vendeer rücken in geschlossenen
*) Unter Revolution hier jede Gelegenheit verstanden, die uns an's Ruder" bringt.
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Grunde die Wirkung nach Außen war just das Gegentheil von Dem gewesen, was mit der Veröffentlichung der„ umstürzlerischen" Artikel beabsichtigt war nur eine Stelle aus unserem Artikel über die Tödtung des Leuteschinders So then mußte als Zeichen der Verworfenheit unſerer Gesinnung herhalten. Herr Puttkamer hatte die Unverschämtheit, unseren Abgeordneten zuzumuthen, solche Ergüsse ausdrücklich zu desavouiren" wir bedauern es lebhaft, daß die nachfolgenden Redner es nicht für nöthig gehalten haben, die passende Antwort auf diese Unverschämtheit zu ertheilen.
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Nach dem preußischen Junker der sächsische Bureaukrat, nach Buttkamer Herr v. Nostiz- Wallwitz, der es versuchte, die wuchtigen Hiebe, welche ihm Bebel im sächsischen Landtage versetzt hatte, nunmehr im Reichstage( in Abwesenheit Bebel's) zu pariren. Der biedere Sachse that sich auf die„ sächsische Gemüthlichkeit" viel zu Gute; nach seiner Darstellung herrscht in Sachsen die reine Liebe und Güte. Die Arbeiter in Dresden , im Erzgebirge 2c. können von dieser Liebe und Güte ein Liedchen singen. Aus reiner Liebe und Güte sind die sozialisti schen Arbeiter aus den Staatswerkstätten entlassen worden, aus reiner Liebe und Güte schmachten die Opfer des 27. Oktober im Gefängniß. Für die Verhängung des kleinen Belagerungszustandes über Leipzig mußte Bebel's Rede vom 31. März herhalten. Sehr ängstlich suchte Herr von Nostiz über den Vorhalt, die sächsische Regierung habe den Belagerungszustand über Leipzig nur auf den Druck von Preußen hin verhängt, um der Annexion zu entgehen, hinwegzugleiten. Dabei stolperte er aber mit dem Eingeständniß heraus, daß es im Interesse des Ansehens des Gesetzes liege, daß die Regierungen unter sich in Vernehmen treten", wer bei diesem Vernehmen" den Ausschlag gibt, liegt auf der Hand. Daß es aber absolut keiner Pression bedurfte, suchte Herr Nostiz mit der Erklärung zu beweisen:
,, Aber wenn ich die Wahl hätte zwischen der sozialistischen Republik und dem religiösen Atheismus einerseits und der Annexion anderseits, so würde ich diese vorziehen."
Das glauben wir ihnen gern, Herr Nostiz. Aber wie fatal für Sie, daß Sie diese Wahl nicht mehr haben! Sie werden nämlich annektirt werden und trotzdem die sozialistische Republik nicht verhindern. Da hört aber wirklich die Gemüthlichkeet uf, Gott Strambach!
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In seiner Rede hatte Hasenklever u. A. die Feigheit der liberalen Bresse gerügt, welche die Aufnahme von nicht verbotenen Aufrufen zu Sammlungen für die Familien der Ausgewiesenen verweigerte. Der Fortschrittler Hänel wurde ob dieses Vorwurfes so aufgebracht, daß er unserem Genossen das Wort: Unverschämt" entgegenrief, und Herr Sonnemann sekundirte ihm mit der charakteristischen Frage: ,, Von wem haben Sie die Beiträge bekommen?" Die Herren hatten bekanntlich, als der Belagerungszustand über Berlin verhängt worden war, sich freiwillig zu Unterstützungen angeboten und an Fritsche, der damals die Sammlungen betrieb, auch Beiträge entrichtet. Wie man sieht, war das in der edlen Absicht geschehen, sich dadurch von ihren politischen Verpflichtungen freizukaufen. Mit den„ milden Spenden" bemäntelten sie ihre politische Feigkeit. Es entspricht das übrigens vollständig den Grundsätzen des Liberalismus. Auch den staatssozialistischen Projekten gegenüber kennt er nur die Phrase, man dürfe dem Arbeiter nicht von einem Rechte auf Unterstützung sprechen, die Wohlthätigkeit müsse eine freiwillige sein.
Was Herr Hänel sonst gegen die Handhabung des Sozialistengesetzes vorbrachte, war mehr wie matt, Herr Lasker , sonst bekanntlich nicht unser Freund, zog viel energischer gegen Herrn Buttkamer zu Felde fund setzte denselben in Bezug auf die Konfiszirung von Stimmzetteln und Wahlanzeigen ganz gehörig auf den Sand.
Nach Puttkamer sprach von unserer Seite Blo 8. Mit Ausnahme der in unserem Leitartikel gerügten Stelle haben wir an seinen Ausführ ungen nichts auszusetzen. Dieselben bestanden in dem Hinweis auf die absolute Wirkungslosigkeit aller gegen uns unternommenen Maßregeln.
Da Herr Puttkamer auch den Leipziger Hochverrathsprozeß gegen uns auszuspielen versucht hatte, so nahm sich Genosse Frohme nunmehr diesen beim Wickel und kennzeichnete die Manöver von Polizei und Richterthum bei der Konstruirung dieses Monstreprozesses mit scharfen Worten. Die Zeitungen gehen über Frohme's Rede sehr kurz hinweg; daß dieselbe aber eingeschlagen hat, geht aus der sehr gereizten Antwort Buttkamer's hervor.
Die Mohrenwäsche, welche der Vizebismarck an dem edlen Rumpf vorzunehmen versuchte, mißlang kläglich. Ob die Herren Reichsgerichtsräthe bei der Gelegenheit ihr Theil abbekommen haben, ist aus den Zeitungsberichten gleichfalls nicht zu ersehen. Als Genosse Stolle sprach, vollführten die Herren Reichsboten einen Heidenlärm, so daß von seinen Ausführungen kein Wort an die Oeffentlichkeit gedrungen ist.
Jm Ganzen ist die Debatte sozialistischerseits unserer Meinung nach nicht so geführt worden, wie es die Situation erforderte. Es ist das wohl auf dem Umstand zurückzuführen, daß eigentlich Liebknecht von der Fraktion bestimmt worden war, neben Hasenklever den Kampf zu führen. Unglücklicherweise hatte nun Liebknecht, der jetzt abwechselnd in Berlin und Dresden ( in der sächsischen Kammer) und auf einem Dorfe zwischen Dresden und Leipzig sich aufhält, nicht rechtzeitig von der Festsetzung der Debatte auf den 9. November unterrichtet werden können und mußten daher die obengenannten Genossen, ohne mit dem gehörigen Material versehen zu sein, in die Bresche springen. Immerhin ist das Sündevregister, welches unfern Gegnern vorgehalten wurde, ein so großes, ihre Vertheidigung dagegen eine so hinfällige gewesen, daß der moralische Sieg trotzdem unzweifelhaft auf unserer Seite ist, denn die Thatsache ist von allen Seiten festgestellt worden, daß die deutsche Sozialdemokratie allen Verfolgungen ungeachtet noch ungebrochen dasteht.
Massen an, eine freie" Gruppe und Kommune nach der anderen vernichtend. Und zugleich erheben sich die Anhänger des gestürzten Systems und organisiren die Reaktion im Bereiche der Revolution.
Was thun?
Man organisirt eilends, was man zerstört, eine Armee gegen den äußeren Feind, eine Polizei gegen den inneren und eine Bureaukratie, um die Mittel zur Erhaltung dieser beiden aufzubringen, man ſetzt einen Wohlfahrtsausschuß, oder wie man das Ding heißen mag, also eine Regierung ein, kurz man thut Alles, was eine herrschende Klasse thut, um ihre Herrschaft aufrecht zu halten und der Staat ist wieder da.
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Wenn die erste That der Revolution darin bestände, den Staat zu vernichten, so würde ihre zweite im Interesse ihrer Selbsterhaltung darin bestehen müssen, den Staat wieder aufzurichten.
Nehmen wir an, ein Freischaarenforps habe Alles, was es brauche, um siegreich zu sein, nur keine Artillerie. Endlich gelingt es, nach riesigen Berlusten, eine Batterie zu erobern. Was thut man? Anstatt die Kanonen umzudrehen und gegen den Feind zu richten, vernagelt mansie damit sie Niemandem mehr schaden können! Diese vernagelte Logif ist Anarchistenlogit.
Die proletarische Revolution wird nicht erst dann siegreich sein, wenn alle anderen Klassen neben dem Proletariat verschwunden sind und in Folge der Attraktionskraft der Kapitalien dem gesammten Proletariat nur mehr ein einziger Kapitalist gegenübersteht, diese Revolution wird viel mehr eintreten, sobald das Proletariat vermöge seines Opfermuthes, seiner Begeisterung, seiner Organisation und Disziplin das Uebergewicht über die andern Klassen erhält. Der Sieg des Proletariats involvirt noch nicht das Verschwinden aller Klassengegensätze. Die kommende Revolution wird vorerst das Proletariat nicht zur einzigen, sondern zur herrschenden Klasse erheben; der Gegensatz zwischen Herrschern und Beherrschten wird bleiben, und daher wird das Proletariat auch eine Regierung nothwendig haben, welche als Werkzeug der herrschenden Klasse die beherrschten mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln im 3aume hält.
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Klassenjustiz. Unsere Berufsrichter" wetteifern mit den Bourgeois Geschworenen, den Beweis zu liefern, daß die " Justiz" in Prozessen, welche das politische und soziale Gebiet berühren, zu einem Mittel der Klassenherrschaft, zu einem Werkzeug brutalfter Unterdrückung geworden ist. Das vorige Mal hatten wir das infame Verdikt der Dresdener Geschworenen- heute haben wir das infame Erkenntniß des Reichsgerichts in dem„ Hochverrathsprozeß" gegen Bünger! Ein Hochverrathsprozeß"! Der neueste ist fast noch skandalöser als der erste. Das Ankleben eines Flugblattes denn um Weiteres handelt es sich selbst nach der Anklage nicht soll Hochverrath sein! Das ist ja ein geradezu schamloses Attentat auf den gesunden Menschenverstand. Im ersten Prozeß hatte man wenigstens die, freilich nebelhaften und vom Inquisitionsrichter zurechtgemachten„ Gruppen"; hier liegt aber absolut gar nichts vor, mit Ausnahme der Anklebung des Plakats. Was auf dem Plakat gestanden, ist sehr gleichgiltig mag der Inhalt noch so polternd, noch so„ revolutionär" gewesen sein allein wo steckt der„ Hochverrath", wo kann er stecken? Bei Hochverrath, soweit dieser Begriff überhaupt einer Definition fähig ist, muß eine konkrete, bestimmte That vorhanden oder beabsichtigt sein die allgemeine Aufforderung zum Sturz der Staatsgewalt 2c., die allgemeine Befürwortung der Revolution mag alles Mögliche sein, nur ist es kein Hochverrath.
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Hat also das Reichsgericht durch seine Verurtheilung des Bünger der Rechtswissenschaft in's Gesicht geschlagen, so hat es durch das Urtheil selbst auch die einfachsten Forderungen der Humanität und Gerechtigkeit schamlos mit Füßen getreten, indem es auf die unerhörte Strafe von drei Jahren Zuchthaus erkannte.
Von der exorbitanten Höhe der Strafe sei hier gar nicht geredet. Aber Zuchthaus! Das heißt Ehrloserklärung. Denke man von Bünger was man wolle, wer hat ein Recht, ihm ehrlose Gesinnung zuzuschreiben? Das angeklebte Flugblatt mag noch so albern, noch so geschmacklos, unseretwegen noch so roh gewesen sein war das Ankleben eine ehrlose Handlung? Ist es nicht ganz willkürlich, vorauszusetzen, Bünger sei von anderen, als von ehrenhaften Motiven beseelt gewesen? Ist es denn etwa unnatürlich, daß ein Proletarier über die heutige Weltordnung empört ist und seiner Empörung in leidenschaftlicher Weise Ausdruck gibt? Wir sollten meinen, das Gegentheil sei unnatürlich.
Die Ehrloserklärung Bünger's fällt auf das Reichsgericht zurück. Das Reichsgericht hat seine eigene Ehrloserklärung beschlossen. Nicht Bünger ist ehrlos, sondern das Reichsgericht. Jeder Mann von Ehre wird uns hierin beistimmen. Es zeugt von niederträchtiger Gesinnung, wenn man den politischen Gegner, weil er Gegner ist, als ehrlos hinstellt. Und wenn der oberste Gerichtshof des Landes, der vor Allem ein Hort des Rechts und der Gerechtigkeit sein sollte, dies thut, dann ist es der Gipfel der Niedertracht.
Das deutsche Reichsgericht scheint es wirklich darauf abgesehen zu haben, sich moralisch zu diskreditiren und vor Europa und der gebildeten Welt mit Schande zu bedecken. Verwunderlich ist das nicht. Der heutige Staat und die heutige Gesellschaft sind in solchem Widerspruch mit den Prinzipien der Gerechtigkeit, daß die Gerechtigkeit", welche sie unter dem Namen Justiz" offiziell proklamiren und ausüben, das diametrale Gegentheil der wahren Gerechtigkeit sein muß. Die Regierungen find sich dessen auch vollkommen bewußt, und wo sich irgend ein Jurist findet, der durch Servilität und Gemeinheit( Advokatur des Prügels durch einen Mittelstädt 2c.) über das Gros seiner Kollegen hervorragt, so wird er an's Reichsgericht berufen.
Das Reichsgericht wurde bekanntlich nach Leipzig verlegt, um dem Einfluß der Berliner Hof- und Kriminallust entrückt zu sein. Nun, diese Verlegung war eine höchst überflüssige Mühe.
Die korrupte Luft der Höfe und Kabinete verpestet das ganze Reich und ist in der großen Seestadt Leipzig genau ebenso giftig und übelriechend wie in der Reichshauptstadt Berlin . Deshalb werden Diejenigen, welche die Uebersiedelung des Reichsgerichts nach Berlin fordern, auch schwerlich auf viel Widerstand stoßen. Schuftigere Hochverrathsprozesse, als die beiden, welche es bisher verhandelt hat, bringt das Reichsgericht auch in Berlin , an der Quelle der Korruption, in der unmittelbarsten Nähe des Herrn Bismard, nicht zu Stande. Das steht fest.
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Preußisches aus Baden. Genosse D. Lehmann in Pforzheim ist wegen angeblicher Verbreitung sozialistischer Flugschriften am 10. Dezember zu fünf Monaten Gefängniß verurtheilt worden. Neber die fortgesetzte Infamie, mit welcher das Ordnungsbanditenthum in Pforzheim gegen unsern Genossen vorgegangen ist, um ihn materiell zu Grunde zu richten, werden wir, sobald es der Raum unseres Blattes gestattet, einen eingehenden Bericht veröffentlichen. Er wird einen drastischen Beitrag zu dem Thema, wie man den kleinen Belagerungszustand unnöthig macht", liefern.
Mit der Firma„ A. Herter, Riesbach - Zürich " war in Pirna ( Sachsen ) ein Wahlflugblatt gedruckt, welches zur Wahl Bebels in Dresden aufforderte und seinem Inhalt nach gesetzlich unangreifbar war. Die Regierung war nichtsdestoweniger oder vielmehr gerade deshalb sehr entrüstet, denn ihre Handlanger haben mit großer Mühe und mit den abgefeimtesten Spitzbübereien die Buchdruckerei von Zumbusch in Dresden zu Grunde gerichtet, damit keine Wahlaufrufe gedruckt werden fönnen, und nun findet sich doch ein Geschäftsmann, der die Sozialdemokraten für Geld bedient! Das verdiente Rache. Der Buchdrucker wurde dem Dresdner Landgericht zum Fraße vorgeworfen und es kühlte an ihm sein Müthchen, indem es ihn wegen der falschen Firma zu drei Monaten Gefängniß verurtheilte, während sonst in gleichen Fällen stets nur auf 10 Mt. Geldstrafe erkannt wurde. Auf solche Weise
Dies mag sehr undemokratisch klingen, aber die Nothwendigkeit wird uns dazu zwingen.
Das industrielle Proletariat als herrschende Klasse ist aber ein Widerspruch, der selbst zu seiner Auflösung drängt. Das siegreiche Proletariat kann nur zweierlei thun: entweder es eignet sich die Kapitalien an und macht die bisher herrschenden Klassen zu seinen Knechten: dies wird von gelehrten und ungelehrten Eseln als das Ziel unserer Bewegung hingestellt, obgleich schon die geringe Zahl der Besitzenden im Vergleich zu der der Besitzlosen das Absurde einer solchen Behauptung darlegen sollte. Die Unmöglichkeit dieses uns von unsern Gegnern untergeschobenen Zieles braucht hier wohl nicht weiter ausgeführt zu werden. Ist aber dies unmöglich, so kann das siegreiche Proletariat seine Macht als herrschende Klasse nur dazu benußen, die klassenunterschiede möglichst rasch zu beseitigen.
Eine revolutionäre proletarische Regierung kann in ihrem Vorgehen den anderen Klaffen gegenüber also nur einen Zielpunkt haben: den, dieselben nicht zu Knechten, sondern aufzulösen. Die Klassen, deren Interessen denen des Proletariats diametral entgegenlaufen, das große Kapital und der große Grundbesitz, werden direkt vernichtet, d. h. ihr Besitz unmittelbar zum Eigenthum der Gesammtheit gemacht werden müssen, was auch ohne Köpfen der Besitzer möglich ist, da der Besitz die angenehme Eigenschaft hat, mit der Person des Besitzenden nicht unzertrennlich verbunden zu sein. Mit dem kleinen Grundbesitz und dem fleinen Kapital wird man verfahren, je nachdem sie sich zu uns stellen, wahrscheinlich durch einen Kompromiß ihre Auffangung durch die herrschende Klasse anbahnen.
Dieß wird die Aufgabe der revolutionären Regierung sein, welche sie erforderlichenfalls wird mit Gewalt durchsetzen müssen. Daß diese Aufgabe nicht mit einem Schlage gelöst werden kann, daß die Mittel zu ihrer Durchführung je nach den politischen, sozial n und technischen Verhältnissen wechseln müssen, ist klar. Wie aber auch immer diese Verhältnisse sich gestalten mögen, eines ist sicher: Die Interessen des Proletariats erfordern es, daß es so schnell als möglich die anderen Klassen aufsauge. Je länger das Proletariat herrschende klasse ist, desto weniger wird es berrschende klasse sein. bis schließlich alle Klassenunterschiede verschwunden sind.
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