schönsten Hoffnungen", zu welchen die neudeutsche Zoll- und Wirthschafts­politik mit ihrer Vertheuerung der Lebensmittel ,, berechtigt", sind ver­stärkte Ausbeutung und verstärktes Elend der Massen, was kann ein Staatsmann noch mehr verlangen, als daß Arbeiter ihm selbst helfen, sie und ihre Genossen zu betrügen. Wir aber werden uns mit diesen schönsten Hoffnungen" in der nächsten Nummer des Sozial­demokrat" eingehender beschäftigen. Für heute wollen wir bei der Petition bleiben.

Daß die geringe Lohnerhöhung, von welcher die offiziösen Berichte so großes Aufheben machen, lediglich eine Folge sind vermehrter Arbeits­leistungen oder, wie es in der Petition heißt, des Umstandes, daß die Bergleute zu leberschichten gezwungen sind", haben wir bereits in Nr. 50 des Sozialdemokrat" vom 8. Dezember v. J. ziffernmäßig nach­gewiesen, und wenn die Arbeiter sich gegen diese Ueberschichten wenden Normalarbeitstag und eine gesetzliche Regelung der Arbeitszeit

verlangen, so ist das durchaus berechtigt. Wenn aber, wie es nach der obigen Petition den Anschein hat, eine Gruppe von Arbeitern einen solchen gesetzlichen Schutz lediglich für sich verlangt, als eine wünschens­werthe Folge dieses Schutzes eine Steigerung der Kohlen­preise hinstellt, d. H. also eine Verschlechterung der Lage der gesammten übrigen Arbeiter, so müssen wir auch dagegen Protest einlegen und kön nen die Arbeiter nur beklagen, die sich von ihren Führern zu solchem Schacher verleiten lassen.

Das fehlte noch, daß der elende Schacher, den die Herren Ausbeuter bei den Zolldebatten im Jahre 1879 so schamlos trieben, daß die Reichs­tagskouloirs noch die Börse überboten, jetzt auch von den Arbeitern nach­geahmt würde! Wenn das christlich sein soll, so mag das auf ein Christenthum passen, welchem der bekannte Spruch:

Heiliger Sankt Florian,

Beschütz' mein Haus, zünd' andere an! entstammt, dann soll man aber das Wort sozialistisch fortlassen und nicht auch dieses ehrliche Wort zu so unsozialistischen Zwecken mißbrauchen. Der Sozialismus hat mit dem Kastengeist, den diese Petition athmet, nichts zu thun!

Was soll überhaupt diese Petition an den Reichskanzler? Wollte man zeigen, daß die katholischen   Arbeiter gegen eine Extravergünstigung zu haben sind? Herr Stöt el ist ja Mitglied des Reichstags, warum verfaßte er nicht selbst einen Antrag auf Einführung eines Normal­arbeitstages? Warum da bitten, wo man ein Recht hat zu fordern?*) Will er die Arbeiter glauben machen, Bismarck   vermöge Wunder­dinge? Will er Bismarck   eine Falle stellen oder will er ihm Gelegen­Bismarc das Beste wolle, und nur heit geben, zu zeigen, daß er der böse Reichstag nicht? Wir verstehen eine solche Diplomatie nicht und haben für dieselbe nur die Frage aus Figaro's Hochzeit: Wen betrügt man hier?

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Bedauerlich ist es, daß sich in der von 3000 Bergleuten besuchten Versammlung nicht eine Stimme gefunden hat, welche den Arbeitern klar gemacht hätte, daß sie mit einer solchen Petition auf dem falschen Wege find, daß eine solche Sprache unabhängig denkender Arbeiter nicht würdig ist. Bedauerlich ist es und zugleich eine Mahnung. Eine Mahnung für die Sozialdemokratie, von dem Wahne abzulassen, den Einzelne in unseren Reihen noch immer hegen und pflegen, als stände Alles in Deutschland   vortrefflich für uns und brauchten wir nur die Hände in den Schooß zu legen und zuzusehen, wie sich die heutige Gesellschaft von selbst abwirthschaftet. Wohl arbeiten die Verhältnisse uns vortrefflich in die Hände, aber wir müssen gerade deshalb um so eifriger selbst die Hände rühren, müssen eine um so rührigere Agitation entfalten, dürfen den günstigen Moment nicht unbenützt vorübergehen lassen, die Arbeiter vor Versumpfung zu bewahren. Jede Unterlassungsfünde unserer Partei hat sich noch bitter gerächt.

Was sollte das Sozialistengesetz, was versprachen sich seine Schöpfer von ihm? Es sollte erstens die aufreizende Art unserer Agitation ver­hindern und zweitens der Weiterausbreitung derselben einen Damm ent­gegensetzen. Nun, wenn wir uns im Bewußtsein unserer guten Sache auf's Ohr legen und anderen Elementen das Feld räumen, dann haben unsere Feinde just Das erreicht, was sie wollten. Mehr verlangten, mehr erhofften sie gar nicht. Einst galt die Sozialdemokratie als das Muster der politischen Rührigkeit, unsere Feinde haben von uns gelernt, hüten wir uns, in ihre Fehler zu verfallen, uns im Siegesbewußtsein zu berauschen und über dem Erreichten das noch zu Erkämpfende zu ver­gessen. Wir sind die Letzten, welche die 12 Reichstagssite, die wir trotz aller Verfolgungen unserer Partei errungen haben, gering schätzen, aber wenn unsere Wahlsiege die Wirkung haben sollten, daß Alles, was nicht direkte Wahlagitation ist, als überflüssig verworfen wird, dann mag sie der Teufel holen, dann wäre sie in der That der Anfang

vom Ende.

Aber glücklicherweise ist das nicht zu befürchten. Die Kölner Korrespon denz in unserer heutigen Nummer ist uns aus der Seele geschrieben. Es ist ein Märchen, daß der Ultramontanismus eine Beschwörungsformel gegen den Sozialismus habe. Er hat ihm nur einige Waffen entlehnt und diese zur Zeit des Kulturkampfes im Feuer der Opposition gestählt. Heute aber, wo der Kulturkampf dem Kulturfrieden weicht, heute ver­lieren auch jene Waffen ihre Kraft, und die Essener Petition zeigt uns, wo wir den Gegner zu packen haben. Es wird eine Leichtigkeit sein, die Arbeiter zu überzeugen, daß Führer, die ihnen derartige Dinge an­empfehlen, nicht die Männer sind, von denen sie ihre soziale Befreiung zu erwarten haben, daß eine solche Denkweise, wie sie diese Petition athmet, im höchsten Grade verderblich ist für die Arbeiterklasse. An das Klassenbewußtsein gilt es zu appelliren, und an der Hand der Statistik den Arbeitern zu zeigen, daß die neudeutsche Wirthschaftspolitik und alle die arbeiterfreundlichen Projekte, von welchen in der Jetztzeit so viel Geschrei gemacht wird, in Wirklichkeit arbeiter feindliche sind, ihnen theils keinen Nutzen, theils direkten Schaden bringen, insgesammt aber den Zweck haben, die Aufmerksamkeit der Arbeiter von der Haupt­und Lebensfrage, der Aufhebung der Lohnsklaverei, abzulenken. Und zu diesem Nachweise unseren agitirenden Genossen ein immer reichhaltigeres Material zu sammeln, muß für die nächste Zeit die Hauptaufgabe des ,, Sozialdemokrat" sein.

An diese Pflicht mahnt uns die obige Petition.

Sozialpolitische Rundschau.

Leo.

Zürich  , 4. Januar 1882.

Protestantischer Jesuitismus. Welch geringes Zu­trauen die Pfaffen zu der Güte ihrer Sache haben, geht am besten aus dem fanatischen Eifer hervor, mit welchem sie an dem religiösen Eide in bürgerlichen und Staats- Angelegenheiten festhalten. Lieber zwingen sie die Menschen, einen Glauben zu heucheln, den sie nicht besitzen, als daß fie sich damit begnügen, ihren religiösen Formelfram auf ihre firchlichen Angelegenheiten zu beschränken. Das ganze Gerede von der Wiederher­stellung des christlichen Staates" hat keinen anderen Zweck, als die Pfaffen da wieder auf Umwegen zur Herrschaft zu bringen, wo sie das Vertrauen des Volkes eingebüßt haben. Das praktische Christenthum", der, christliche Sozialismus" ist das Aushängeschild, Pfaffenherrschaft das wirkliche Ziel.

*) Wir halten es für geboten, hier ausdrücklich zu konstatiren, daß wir damit nicht jede Petitionsbewegung verwerfen wollen. Es kommt Lediglich auf den Charakter an, den dieselbe trägt.

Zu diesen Ausführungen veranlaßt uns ein Artikel in Nro  . 2 von Stöcker's Reichsboten, Religiöser Eid und bürgerliche Rechtslosigkeit" betitelt. Ein schamloserer Jesuitismus ist uns noch nicht vorgekommen. Man lese nur folgenden Satz: Die Obrigkeit befiehlt nicht, daß Gott sei oder daß man an ihn glaube und ihn bekenne, sondern sie wünscht nur beim Eide, daß dies geschehe, um auf Grund dieser religiösen Eide  den Gesetzen Ansehen zu verschaffen, um durch sie die bürgerliche Ord­nung, Sittlichkeit, Vaterlandsliebe, Treue und Wahrhaftigkeit zu beför­dern; sie wendet hier keinen Gewissenszwang, kein Gebot an, aber sie hat ihre Gründe, im Eide  , dessen wesentlichstes Moment der Gottesglaube ist, diesen Gottesglauben als Bedingung gewiffer Rechte zu fordern, indem sie von der Ansicht ausgeht, daß ein gänzlicher Un­glaube für Staat und Sittlichkeit höchst verderblich sein würde: sie be­willigt daher, nur scheinbar im Widerspruch mit dem Art. 12 der Verfassung, nur einem Bürger, der sich zu dem Glauben an Gott  bekennt, gewisse Rechte, Aemter und Vortheile."

Und doch kein Gewissenszwang". Es kommt aber noch besser: ,, Wenn jemand, der jeden Gottesglauben leugnet, erklärt, daß er den Eid in der vorgeschriebenen religiösen Form doch leisten wolle, so liegt in dieser Erklärung nur das gojteslästerliche Bekenntniß der persönlichen Unwahrhaftigkeit und Unaufrichtigkeit, und dürfte er deshalb, um nicht durch grobe Unwahrheiten, Mentalreservationen*) und Heuchelei den Zweck des Schwörens ganz zu vereiteln, gar nicht zum Eide zuge­Tassen werden, sondern müßte als eidesunfähig( eidesfällig im Prozeß) und damit, weil er nicht als zuverlässiges Glied der Staats­gesellschaft angesehen werden kann, geradezu als nicht völlig rechtsfähig betrachtet werden."

Und der ganze Salm läuft auf die christliche" Forderung hinaus: ,, Wer erklärt, keine Religion zu haben, kann nicht als ein zuverlässiges Glied des Staates betrachtet werden und muß sich daher auch den Ver­luft gewisser bürgerlicher Rechte gefallen lassen." Auf gut Deutsch   heißt das: Atheisten, Materialisten, kurz Alles, was nicht an die Lehren von Stöcker und Konsorten glaubt, wird zu Staatsbürgern zweiter Klasse degradirt, politisch und bürgerlich rechtlos erklärt. Und das Alles kein Gewissenszwang!" Wahrhaftig, bei jeder Gelegenheit doku­mentiren diese Ehrenmänner, wie Recht Friedrich II.   mit seinem Aus­spruch hatte: Von allen Jesuiten   sind die protestanti­schen die schlimmsten.

Bismarck's rechte Hand, Herr Lothar Bucher   ist nach Kanoffa, pardon!-- nach Rom   abgereift, um mit der römischen Kurie wegen des Kulturfriedens weiter zu unterhandeln, da die Zentrumsfrak­tion heillose Angst davor hat, das Schicksal des Nationalliberalismus zu theilen und offiziös zu werden; in der Opposition befand sie sich natürlich weit besser. Sie sperrt sich deshalb nach Kräften dagegen, auf Bismard's Lockruf hineinzufallen der Meinungsaustausch mit den Wählern", von dem die Norddeutsche" sich soviel versprach, scheint das entgegen­gesetzte Resultat gehabt zu haben und ohne das Zentrum kann der große Kanzler nicht regieren. Daher abwechselnd bald ingrimmiges Schmeicheln, bald ängstliches Drohen, ein ewiges Hin und Her, welches der politischen Kannegießerei Thür und Thor öffnet. Uns kann die ganze Diplomatisirerei ziemlich egal sein, wie wir auch dem sogenannten Kulturkampf mit größter Seelenruhe zusahen. Der heutige Polizei- und Bourgeoisiestaat kann ohne die himmlische Gensdarmerie nicht auskommen. Das wußten wir längst.

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Immer ergötzlicher gestaltet sich die Diskussion der Frage, Ist die Fortschrittspartei republikanisch oder führen wenigstens ihre Grundsätze zum Republikanismus?" Bisher hatte sich lediglich die offi­ziöse Presse das Vergnügen gemacht, diesen schweren Vorwurf" gegen die Herren Virchow  , Hänel, Richter und Konsorten zu erheben, neuerdings ist aber denselben sehr zu ihrem Leidwesen Freund" Sonne­mann in der Frankfurter 3tg." in den Rücken gefallen und ruft ihnen muthig entgegen: Wozu das Zieren, Freunde, macht es doch wie ich und sagt, daß ihr theoretisch die Republik   für etwas ganz Gutes hält, aber in der Praxis euch auch mit der Monarchie ganz gut abzufinden wißt! Mit solcher Erklärung kommt man durch Dick und Dünn, und in Wahrheit ist uns das Königthum ja doch nur Mittel zum Zwecke!" Aber selbst dieser unschädliche Republikanismus ist den Fortschrittshelden ein Gräuel, und mit dem ganzen Aufwand sittlicher Entrüstung, der ihnen zu Gebote steht, Entrüstung ist bekanntlich ihre Spezialität stürzen sie sich jetzt auf den unbequemen Freund, der ihnen so Entsetz­liches andichtet. Namentlich der große Staatsmann" Hänel weist solche Gesinnungen mit Abscheu" von sich, denn er brennt schon auf den Tag, da seine Majestät, Friedrich Wilhelm V.   von Preußen, ihn als Mann seines Vertrauens in das Ministerium berufen wird, und ein Hohenzoller'scher Minister mit republikanischen Neigungen, das geht ab­solut nicht. Deshalb wird das Doppelspiel mit allen möglichen Glieder­verrenkungen fortgesetzt; der Schlangenmensch, der sich vor einigen Jahren in Deutschland   bewundern ließ, ist eine Holzpuppe dagegen.

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Ueber die allerneueste Auszeichnung, welche Wilhelm dem Buttkamer angedeihen ließ, gehen die Helden des Fortschritts mit ingrimmigem Still­schweigen hinweg, man merkt es ihnen ordentlich an, wie wüthend sie die in der Tasche. Sagt man den Schwärmern für den Faust ballen ,, liberalen" Kronprinzen aber, daß sie auf den Thronwechsel rechnen, so gerathen sie auf's Neue in Extase, und pfui! empörend! schamlos! so zetert der ganze Chorus über den unglückseligen Potsdamer Lohren, der im Reichstag jüngst mit dieser Bemerkung herausplatzte. Aber was wollt Ihr denn eigentlich, liebe Herren, warum denn der Jubel, daß der Kronprinz dem ,, liberalen" Oberpräsidenten von Horn deutliche Beweise seines Ver­trauens gegeben? Wenn unser Fritz" wirklich so liberal" ist, wie ihr ihn ausschreit, warum denn nicht offen eingestehen, daß ihr den Tag nicht erwarten könnt, wo er und mit ihm Eure Freunde, die Dynastie Eulenburg, ans Ruder kommen? Diese Angst, daß man ihnen anmerke, was sie bei jeder Gelegenheit selbst zu verstehen geben, ist wirklich ur­komisch. Und zugleich verächtlich.

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Ein Landesverräther auf der Minister bank. Die Furcht vor der Sozialdemokratie hat unsere Gegner schon so aller Fassung beraubt, daß sie ihr Heiligstes, den Thron und die Monarchie, wegzu­werfen bereit sind, nur um der gerechten Rache des betrogenen Volkes zu entgehen. Und nicht nur Spießbürger und die Nachteulen der politi­schen Polizei nehmen diesen Standpunkt ein; es war ein Bevollmächtigter der sächsischen Monarchie, ein Minister des Königs von Sachsen  , welcher in amtlicher Eigenschaft im Reichstage erklärte: Der atheistisch- sozial­demokratischen Republik   ziehe er die Annexion vor. Diese Alter­native, vor welche der Minister sich selbst stellte, beweist, daß unsere Staatsmänner" an die Fortdauer ihrer Herrschaft selbst nicht mehr glauben und ein Ende mit Schrecken befürchten. Sie wissen, daß das Volt, soweit es überhaupt zu politischem Denken erwacht ist, sozialdemo­kratisch denkt, und daß im gegebenen Falle sich für die Monarchie keine Hand rühren würde. Sie schauen nach Rettung aus und da verfällt der erste Diener eines Monarchen auf die Annexion, d. h. auf den Um­sturz des Thrones und Vernichtung der Verfassung des Landes, als dessen Regierungsvertreter er fungirt. Die Ausführung dieses Umsturzes könnte nun freilich dem Volke sehr gleichgiltig sein, denn das in seiner Majorität sozialdemokratisch gesinnte sächsische Volf wurde ohnedies durch Einführ

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*) Immer Vorbehalt. Eine Mentalreservation, reservatio mentalis, ist es z. B., wenn Stöcker in Zürich   seinen christlichen Sozialismus" mit der Republik   für verträglich erklärt, um ihn in Berlin   als nur durch das soziale Königthum" der Hohenzollern   durchführbar zu erklären. Oder wenn er vor Arbeitern gegen die moderne Kapitalherrschaft eifert, mit dem inneren Vorbehalt, daß er das nur thut, um die mo­derne Kapitalherrschaft gegenüber den Angriffen der Sozialdemokratie zu schitzen.

ung des Sozialistengesetzes unter Zustimmung der sächsischen Regierung an die Reichsbüttelei verrathen und verkauft, und die sächsischen Behörden übertrafen bei Ausführung des gemeingefährlichen Gesetzes vom 21. Oft. an Rohheit und Frivolität bei Weitem die preußischen Polizeihelden. Es kann nun den Sachsen   gleichgültig sein, ob der kleinen heimischen Pascha wirthschaft durch die preußische Säbelherrschaft, der Sachsen   nebenbei schon jetzt mitunterliegt, ein Ende gemacht wird, der Wechsel wäre sogar vortheilhaft, denn es brauchte dann ein Heer von katilinarischen Existenzen nicht ferner aus allgemeinen Mitteln ernährt zu werden aber daß ein Minister diesen Umsturz anregt, daß er gerade seine Hand nach der Krone ausstreckt, daß er die Vernichtung der selbstständigen Landesver fassung des Bundesstaates, dem er dienen sollte, in Aussicht stellt, das ist doch mehr, als selbst der boshaftefte Republikaner   verlangen konnte. Wie haben die sächsischen Partikularisten über Landesverrath ge­schrien, als Professor Biedermann 1866 mit einer Anzahl national­liberaler Biedermänner die Annexion Sachsens   als wünschenswerth pro­klamirte! Und nun wird von dem Vertreter der sächsischen Regierung amtlich im Reichstag derselbe Landesverrath geübt, wird das Todesurtheil der sächsischen Monorchie offiziell unterzeichnet, und der sächsische Premier­minister, Hermann von Nostiz- Wallwitz, welcher kürzlich im Landtage noch so schöne staatserhaltende Lehren deklamirte, reicht den Ber­ liner   Annexionisten auf dem Präsentirteller sein Vaterland zum Ver­schlucken dar. Es wäre urkomisch, wenn das Dargebotene angenommen würde, wenn die sächsischen Minister und Kreispaschas den ausgewiesenen Sozialdemokraten in die Verbannung nachfolgen müßten, um preußischen Landräthen Platz zu machen. Aber die Hoffnung des landesverrätherischen Ministers, daß durch diesen Umsturz mittelst Annexion wenigstens dem Siege der Sozialdemokratie vorgebeugt wäre, ist eitel Wahn. Umsturz von 1866, das Fortjagen des auch legitimen" Königs von Hannover   2c., zur Verächtlichmachung des monarchischen Prinzips unendlich viel beigetragen, so würde auch die Annexion Sachsens   denselben Zweck haben und in ihren Wirkungen sich an der Zentralstelle für Annexion selbst äußern, ja schon die Anregung dieser Eventualität durch einen Vertreter der Monarchie hat die gleiche Wirkung. Das Volk sieht, Alles, was diese Leute von Heiligkeit des Thrones, des Vaterlandes und der Religion deklamiren, ist Flunkerei, der Geldsack, nur der Geld= sack ist ihnen heilig. Wenn die Sozialdemokratie und damit die Beseitigung der heutigen Eigenthumsordnung in Frage kommt, da haben sie nur einen Gedanken: ihr unrechtes Gut zu sichern, da werfen sie Thron und Vaterland, Gott   und König weg, um nur den Geldsack zu retten. Dies ist die Moral der Erklärung des sächsischen Ministers im Reichstag, sie ist gleichzeitig eine Entlarvung der herrschenden Kreise und ganz besonders geeignet, zur Aufklärung immer weiterer Volkskreise zu dienen.

Wie der

Ein echter Staatsretter". Aus Elberfeld   schreibt man uns: Unser Staatsanwalt Uhles hat nicht genug an den Lor­beeren, die er sich seinerzeit in der Hasselmannaffäre erworben! er legt es darauf an, der ganzen deutschen Mitwelt zu beweisen, daß ein öffent­licher Ankläger weder Rechtsgefühl noch Rechtskenntniß, sondern nur eine gute Dosis Frechheit zu besitzen braucht. Den berüchtigten Prozeß In Sachen Hillmann und Genossen", der seit Jahr und Tag schwebt und laut eigenem Geständniß des Untersuchungsrichters Fresten lediglich auf die Aussage eines bezahlten Polizeispitzels begründet ist, hat er glücklich eingefädelt und so weit gefördert, daß jetzt der zusammengeschriebene Berg Akten eine Rundreise durch Deutschland   machen muß. Herr Uhles möchte nämlich gar zu gern alle wirklichen und vermeintlichen Theil­nehmer des Wydener Kongresses auf Grund der§§ 128 und 129 des Strafgesetzbuches ins Loch spediren lassen. Daher seinerzeit die Haus­suchungen in Dresden  , Leipzig  , Fürth  , Nürnberg  , Stuttgart   2c. Der Spitzel nun das ist das Ergötzlichste bei der Sache hat wohl läuten hören, weiß aber nicht, wo die Glocken hängen, und so mird sich Herr Uhles mit seinem Strafprozeß nichts holen, als eine grandiose Monstreblamage. Mit seinem Antrage, verschiedene der von ihm Be­schuldigten in Untersuchungshaft zu nehmen, ist er beim Instruktions­richter, dem die Sache doch zu dumm wurde, gründlich abgeblitzt.

Jetzt sucht er seine Revanche auf einem neuen Gebiet, mit nicht viel mehr Glück. Gegen eine Anzahl Arbeiter, die Wahlflugblätter austrugen und dabei von der Polizei erwischt wurden, hat er Untersuchung ein­geleitet, wobei die eine Serie blos wegen§ 16 des Str.-G.-B., die an­dere wegen gleichen Vergehens, wegen Aufreizung, Beleidigung des Prinzen Wilhelm, Verbreitung falscher Thatsachen, angeklagt werden sollte. Diesmal hatte Uhles bei der Anklagekammer Pech. Paragraph 16 ist nämlich der Sammelparagraph und sollte angewendet werden, weil am Schlusse der Flugblätter aufgefordert war, Gelder für die Wahl zu sammeln. In den Augen eines Uhles ist das selbstredend ein Verbrechen. Darum eine Anzahl von Vorladungen und Verhören, schließlich Antrag auf Eröffnung des. Strafverfahrens. Die Straffammer indeß wollte erst feststellen, ob in unserem Wahlkreise diese Sammlung verboten gewesen sei und zur Verblüffung des übereifrigen Staatsanwaltes zeigte sich, daß dies nicht der Fall gewesen. Selbstredend zerfiel damit das Ge­bäude staatsanwaltlicher Rechtskunde. Auch den größten Theil der son­ftigen Uhles'schen Anklagepunkte gegen die Serie 3 wei wies die An­flagekammer als unbegründet zurück. Die Eseleien dieses Themisjüngers sind haarsträubend; doch bleibt er ruhig im Amte, weil solche Hetzhunde für das System der modernen Ordnung" unentbehrlich sind.

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Daß der Aufschwung in der Montanindustrie, wie wir in unserem zweiten Leitartikel sagten, nicht national, sondern inter­national ist, dafür liefert jeder Tag neue Beweise. Die Zahlen Neumann Spallart's beziehen sich auf das Jahr 1880, aber die Berichte, welche aus dem nunmehr abgelaufenen Jahre 1881 vorliegen, weisen kein anderes Bild auf. Die östereichische Eisenindustrie", schreibt der Frankfurter 3tg." ihr fachmännischer Korrespondent, hatte zu Be­ginn des Jahres 1881 gewiß nicht erwartet, daß der Schluß dieses nun verflossenen Jahres sie in einer so ausgezeichneten Lage antreffen würde, wie dies derzeit wirklich der Fall ist." Und in Bezug auf die Kohlenindustrie Desterreich's wird zwar über den schlechten Absatz von Haus kohlen geklagt theils eine Folge des relativ milden Winters, theils ein Zeichen der schlechten sozialen Verhältnisse dagegen ist der Konsum an Industriekohle ein regelmäßiger und guter." Aus den Berichten des ,, Labour Standard", des Or­gans der englischen Gewerkschaften, geht hervor, daß in der Kohlen- und Eisenbranche nicht nur die Produktion sich fortdauernd hebt, sondern daß auch die betr. Arbeiter diese günstige Lage wahrzuneh­men wissen. Der letzte Bericht der Gesellschaft der Eisengießer ist der ermuthigendste, den sie seit Jahren veröffentlichen konnte." Der Stand der Industrie im Norden ist zufriedenstellend, die Kohlen und Eisen­industrie geht flott. Die Bergleute in den Werken um Barnsley   ver­langen eine den höheren Kohlenpreisen und der besseren Lage der Indu­strie angemessene Lohnerhöhung."" Die Bergleute in den Kohlengruben von Süd- Yorkshire verlangen Lohnerhöhung."( Alles dies aus Nr. 31 vom 8. Dezember 1881.)

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" Die Maschinenbauer in Yorkshire   und im Norden, welche vor drei Jahren auf mehr oder weniger größere Lohnreduktionen eingehen mußten, erhalten diese Reduktionen allmählig zurück."( In Nr. 35 vom 31. Dezember 1881.)

Solche und ähnliche Notizen finden wir in jeder Nummer des ge­nannten Blattes. Und man beachte wohl, die Lohnerhöhungen, welche sich die englischen Arbeiter jetzt erringen, sind wirkliche, denn ihnen sind nicht durch Getreidezölle und durch Erhöhung der indirekten Steuern die Lebensmittel vertheuert worden, wie es in Deutschland   der Fall ist. Was hat somit das schutzöllnerische Deutschland   vor dem freihänd­erischen England voraus, und worin besteht in Wahrheit der Bis­

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