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Man kann aber, wenn wirklich eine kleine Schädigung der Industrie eintreten sollte, hier vorbeugen, durch Anbahnung einer internationalen Fabrifgesetzgebung, eines internatio­nalen Schutzes für die Arbeit. Das ist von   der Schweiz, die ihren Nor­malarbeitstag eingeführt hat, angeregt worden, hat aber leider bei der deutschen Reichsregierung sehr wenig Entgegenkommen gefunden. Man erzählt doch uns, die wir als Reichsfeinde und sogar als Vaterlands­feinde betrachtet werden, so viel in den patriotischen Zeitungen von der großen Macht und Herrlichkeit, die das deutsche Reich errungen hat durch seine militärischen Erfolge, daß es überall im Auslande gefürchtet sei, wie man überall darauf achte,   was Deutschland wolle, um dem entgegen­zukommen, und wie die schönen Dinge mehr heißen mögen. Meine Her­ren, wenn man zu diplomatischen Zwecken bald einen kalten Wasser­ftrahl"   nach Paris   oder Rom schicken kann, so hätten wir nichts dagegen, wenn man einmal einen solchen falten Wasserstrahl loslassen wollte, um einen kleinen Druck auf die fremden Regierungen zu üben zur Anbahnung eines Arbeiterschutzgesetzes. Man gebraucht immer die Dienstleistungen der Diplomatie zu Kriegszwecken und ähnlichen Geschäften oder um Unter­handlungen mit dem Papste anzuknüpfen; warum benutzt man die Diplo­matie, diese Verbindungen mit dem Auslande, nicht auch einmal dazu, um Schutzmaßregeln für die Arbeiter anzubahnen? Es wäre sehr am Platze, daß die Frage einer internationalen Arbeiter­schutzgesetzgebung ganz energisch und ernsthaft in Angriff genommen würde, davon habe ich aber gestern weder von dem Herrn Interpellanten, noch vom Herrn Reichskanzler, noch von Seite des Herrn Richter  ( Hagen) etwas gehört; das ist ein Ding, das in den Kreisen der Arbeiter jeden­falls eine größere Befriedigung hervorrufen würde, ale wenn man ihre Gewerkschaften auflöst und sie dadurch zu Vagabonden macht und auf die Landstraße hinauswirft.

Wir würden ferner vorschlagen, daß die Frage der Arbeiterfam­mern wieder angeregt wird. Anstatt des total verpfuschten Volks­wirthschaftsrathes wäre es viel gescheidter, Arbeiterkammern zu errichten, wie sie von unseren Abgeordneten gelegentlich der Einbringung des sog. Arbeiterschutzgesetzes im Jahre 1877 verlangt worden sind. Es eristiren  in Deutschland Anwaltskammern, Handels- und Gewerbekammern, warum sollen nicht auch die Arbeiter ihre Kammern haben? Derartige Arbeiter­kammern, hervorgegangen aus allgemeinen Wahlen, würden nicht auf ein solches Mißtrauen stoßen wie der Volkswirthschaftsrath, in dem eine Masse Großgrundbesitzer, Fabrikanten und Kaufleute und nur drei oder vier Arbeiter sitzen, von denen einer sich Webermeister" schimpfen läßt, während er thatsächlich Fabrikant ist, der 30-40 Arbeiter beschäftigt.

Ferner ist von Herrn Richter gesagt worden, daß man dem Manchesterthum den Vorwurf mache, daß es, oder die Richtungen, die ihm anhängen, für die Arbeiter nichts thue, und da glaubte er einen besonderen Trumpf auszuspielen, indem er darauf hinwies, daß gerade das Land des ausgeprägtesten Manchesterthums, England, es sei, welches die beste der jetzt bestehenden Fabrikgesetzgebungen habe, und daß die dentsche Gewerbegesetzgebung eigentlich blos ein Abbild oder ein Ertrakt der englischen Fabrikgesetzgebung sei. Ja, meine Herren, das ist zum Theil richtig, aber ich erlaube mir darauf hinzuweisen, daß diese englische Fabrikgesetzgebung nicht von dem Kapitalistenparlament Englands frei­willig gegeben worden ist, sondern daß sie dem englischen Parlamente von den Arbeitern unter den schwierigsten Verhältnissen abgerungen wer­den mußte mit Zuhilfenahme sogar von geheimen Gesellschaften, deren Angehörigkeit mit Zuchtshausstrafe bedroht war.

Also die Manchestermänner als solche brauchen sich auf   die englische Fabrif- und Gewerbegesetzgebung ganz und gar nichts zu Gute zu thun.

Ich habe die einzelnen Punkte, welche in der Interpellation des   Frei­herrn v. Hertling berührt werden, im Großen und Ganzen hier aufge­führt; ich habe mich ausdrücklich und absichtlich ent­halten, weitergehende Forderungen hier vorzubrin gen, damit es nicht wieder heiße, wie das bei früheren Gelegenheiten der Fall gewesen ist, es sei uns nicht darum zu thun, etwas Praktisches, Positives für die Arbeiter zu erlangen, sondern blos, die eine bekannte sozialdemokratische Rede" hier zu halten; ich habe Ihnen im Gegentheil nachweisen wollen, daß wir das, was man im landläufigen Sinne praktisch nennt, ebensogut sind wie die anderen Parteien, daß wir nicht mit dem Kopf durch die Wand rennen wollen und daß wir auch Ab­schlagszahlungen unter den gegenwärtigen Verhältnissen recht gerne an­nehmen wollen.

Zu gleicher Zeit habe ich aber die Erklärung abzugeben, daß wir damit von unserem Endziele auch kein Jota abgehen, daß wir diese Abschlagszahlungen entgegennehmen, um für die Arbeiter etwas Positives aus der gegenwärtigen Gesetzgebung herauszuholen, daß wir aber nach wie vor darauf stehen bleiben, daß die soziale Frage mit derartigen kleinen Mittelchen nicht gelöst werden kann, sondern nur mit Einführung des Sozialismus, an dem wir mit allen möglichen Mitteln seitens unserer Partei weiter arbeiten werden.

Sozialpolitische Rundschau.

3ürich, 18. Januar 1882. Das zweite Blattaus unserm ,, Verbrecher album" tam diesmal recht Apropos. An demselben Tage, an welchem unsere vorige Nummer in die Presse ging, haben   die Stuttgarter Rechtstreter unseren Genossen Dietz in skandalösester Weise verhaften lassen. Da Die Reichstagsabgeordneter ist, so kam der mit gewohnter Frechheit verübte Gewaltakt diesmal direkt vor diese erleuchtete Körperschaft und somit auch zur allgemeinen Kenntniß des Publikums. Gottlieb Köhn und sein Spießgeselle Schönhardt haben uns auf diese Weise wider Willen einen Dienst erwiesen, denn, um sich nicht gar zu sehr bloszustellen, muß   der Reichstag die ,, Angelegenheit Diet" näher unter­suchen, und das gibt auf jeden Fall Gelegenheit, die unerhörte Willkür, mit der die sogenannten ,, Wahrer des Rechtes" heute gegen Alles vor­gehen, was nach Sozialismus riecht, an einem typischen Beispiel zu kenn­zeichnen. Daß Diet widerrechtlich saß, steht schon fest. Wäre er aber nicht Abgeordneter und tagte nicht gerade jetzt   der Reichstag, so fäße er natürlich noch heute und wochenlang. Denn daß   die Stuttgarter Rechts­pfaffen sich um das geltende Recht, wenn es gegen uns geht, den Teufel scheeren, geht schon aus dem Umstande hervor, daß sie selbst den Verfas­fungsparagraphen, der die Abgeordneten schützt, mit Füßen treten.

Das wird lange Gesichter geben, wenn aus der vielversprechenden kron­prinzlichen Chrysalide ein ganz gemeiner Kohlweisling,   auf Berlinisch ,, Kalitte" genannt, auffliegt!

Uebrigens sind wir keine Unmenschen. Auch wir wollen unser Mög­lichstes thun, damit dem Kronprinzen sein Amt recht leicht gemacht werde. Es wird eine wahre Freude sein!!

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Ausbeuterkniffe. Wenn zwei Spitzbuben sich streiten, so kommt der ehrliche Mann zu seinem Recht, sagt das Sprichwort. Die Reichstagsdebatten der letzten Tage hatten wenigstens das eine Gute, daß in dem unausgesetzt wogenden Kampfe zwischen Freihändlern und Schutzzöllnern, zwischen Sozialreformpfuschern und Manchestermännern sich die Herren gelegentlich gründlich die Wahrheit sagten und ganz gehörig aus der Ausbeuterschule schwatzten.

Herr Schorlemer- Alst, der   in Bochum Gewählte, erzählte bei der Hertling- Debatte einige recht artige Stückchen, wie man günstige Lohnstatistiken anfertigt. Die rheinischen Montanindustriellen, welche den Löwenantheil der neuen Wirthschaftspolitik davongetragen haben, behaupten bekanntlich, daß auch die Arbeiter jetzt höhere Löhne beziehen( man vergl. die Statistik in Nr. 50 des Sozialdem." vom vor. Jahre). Wie aber hat man diese Lohnstatistik gemacht? Man höre Herrn Schorlemer selbst:

,, Man hat sie gemacht, indem man erstlich einmal die durchschnitt­lich hohen Löhne der Beamten bei der Zusammenstellung mit­gerechnet hat; man hat sie gemacht, indem man die Doppelschichten und Ueberschichten nicht besonders angegeben hat ( hört, hört!)

wo im Lohnbuch 24 Schichten stehen, sind 28 und 30 gemacht, und nun ist der höhere Lohnertrag ausgerechnet, wie wenn er mit 24 Schichten erreicht wäre."

Recht artig, nicht wahr? In den Gründerjahren machten bekanntlich die Liberalen ähnliche Wizze, wenn sie über die hohen Löhne der Arbeiter lospolterten. Bei den Bauarbeitern, die in der Regel nur monatlich abrechneten und sich in der Zwischenzeit wöchentliche Abschlagszahlungen geben ließen, wurden die am Schluß der Abrechnungswoche ausgezahlten Beträge als Wochenlöhne ausgegeben und ähnliche harmlose Scherze mehr. Jezt freilich haben die Herren ein Interesse daran, in Bezug auf die Lage der Arbeiter grau in Grau zu malen, d. H. einmal die Wahr­heit zu sagen.

Diesmaljindeß noch etwas aus Schorlemer's Rede: Wie, frei" die Arbeiter heute den Ausbeutern gegenüberstehen, zeigt sich aus der Art, Gründen überredet". wie man sie zu Ueberschichten mit zwingenden Entweder heißt es: wenn Ihr nicht Ueberschichten machen wollt, werdet Ihr entlassen." Oder aber:

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,, man greift zu den kleinlichsten Mitteln, daß man den Leuten, die nach Beendigung der Schicht ausfahren wollen, sagt: Ja, Ihr könnt aus­fahren, aber den Förderkorb könnt Ihr nicht benutzen, dann müßt Ihr so weit gehen."

Es kommt aber noch besser, oder vielmehr noch infamer:

Durch Einführung der sogenannten Ausgleichungsmethode, d. h., daß die Arbeiter Prozentwagen liefern müssen, hat man erhebliche Lohn­verkürzungen bewirkt. Und

,, die betragen auf einzelnen Zechen so viel, daß die Arbeiter statt 100 Wagen 109 bis 110 liefern müssen; auf einzelnen Zechen kommt es sogar vor, daß der Arbeiter den zehnten Wagen um sonst arbeiten muß."

( Hört! links.)

" Dazu kommt ferner die Zurücksetzung von Wagen, weil einzelne Steine sich in der Ladung finden, oder die Ladung nicht eine vollständig richtige ist. Die Brückenkontroleure haben allein das Recht, zu entscheiden, ob ein Wagen zurückgesetzt, d. h. gestrichen wird; der Arbeiter wird gar nicht gehört. Die Wagen werden massenhaft den Leuten gestrichen, so daß auf eine Schicht 20 bis 40 Wagen kommen. Nun werden diese gestrichenen Wagen den Arbeitern einfach in Abzug gebracht, sie werden außerdem bestraft mit einer Strafe von Mt. 1,50 für verkehrte Ladung, aber diese Wagen werden nachher von den Zechen doch sehr häufig mitverladen und verkauft oder wer­den für die Zeche benutt; nur der arme Arbeiter geht leer bei der Geschichte aus. ( Hört! links.)"

So geht's luftig weiter. Wagen, die den Arbeitern von den Herren Kontroleuren als Klein kohle angerechnet werden, werden nachher ganz ruhig zur Wäsche geschickt und sortirt, d. h., der Arbeiter verliert auf den Wagen 25 Pfg., die er sonst mehr verdient haben würde. Und bei alle­dem sind die Strafgelder, die früher nach Höhe der Löhne bemessen wurden, heute noch ebenso hoch als zur günstigsten Zeit.

Die Kanaillen aber, die den Arbeiter so schinden, das sind die guten Freunde, die eifrigsten Anhänger des großen Kanzlers, sie sind, wie er, gute Christen, schwärmen mit ihm für die christliche Grundlage des heutigen Staates, sie werden von ihm mit besonderer Vorliebe zu Rathe gezogen, wenn es gilt, die soziale Frage im ,, chriftlichen Sinne" zu lösen, und ihrem Einfluß ist es auch zweifels­ohne zu verdanken, daß der große Arbeiterfreund" bei der Interpellation Hertling plötzlich talte Füße triegte, und sich so überaus jämmerlich zurückzog, daß er keine der wirklichen Arbeiterforderungen erfüllen zu fönnen erklärte, sondern lediglich nebelhafte Versprechungen für eine noch nebelhaftere. Zukunft hatte.

Wer nach dieser Rede des mächtigen Kanzlers noch glaubt, von ihm auch nur einigermaßen nennenswerthe Maßnahmen im Interesse der Arbeiter erwarten zu dürfen, dem ist allerdings nicht zu helfen, der ist werth, von ihm an der Nase herumgeführt zu werden. Seht Euch die Rathgeber und Freunde Bismarck  's bei Lichte an, wie sie ihren Ar­beitern bei jeder Gelegenheit am Lohne abzwacken, wie scham- und ge­wissenlos sie ihre Ausbeuterkniffe in Werk setzen, und dann sagt uns: Kann, was von der Seite als Sozialreform angepriesen wird, Anderes sein, als der elendeste Humbug, den je die Welt gesehen? Und ohne diese Herren oder gar gegen sie   kann Bismarck, selbst wenn er es wollte, Nichts ausrichten. Aber er denkt, auch gar nicht daran.

In wie weit bei den beiden Verbrechern am Rechtsgefühl überhaupt Wie unsere Leser unter England ersehen werden, finden daselbst noch von Ehr gefühl gesprochen werden kann, darauf wollen wir uns fast auf der ganzen Linie Lohn bewegungen unter den Ar­hier nicht einlassen, gegen die Riesenblamage, die sie sich diesmal zuge­beitern statt; die Arbeiter sind auf dem Posten, um den besseren zogen, schützt auch das dickste Rhinozerosfell nicht. Die heutige Gesell­schaft verträgt eine gute Portion Niedertracht, wenn sie nur mit der Geschäftsgang für sich auszunützen. Wie sieht es dagegen   in Deutsch= land aus? Dort hält man die Arbeiter mit großen Worten von nöthigen Schlauheit und Frechheit gepaart ist; ist sie aber mit einer so bodenlosen Dummheit gepaart, wie bei dem obengenannten Brüderpaar, sozialen Reformen" und dergleichen hin und übt dabei einen Druck aus, dann Herr Staatsanwalt und Mitglied des Schillervereins Schön- wie er infamer nicht gedacht werden kann. In Schalke war ein hardt, dann gibt es einen bösen Klang!

Und Du alter Freund Gottlieb, mit dem Staatsretten war's wieder einmal Essig, wie wäre es denn jetzt mit einem Plätzchen im, Bry­tanäum"  ? Winnenden ist nicht weit, und an guten Douchen fehlte es daselbst nicht. Also nur nicht blöde, ansonst

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Der Größenwahn, der Größenwahn Noch viel Verdruß Dir bringen kann!

Noch etwas vom ,, liberalen Kronprinzen". Unter den Arrangeuren des verunglückten Fadelzuges zu Ehren des Bismard­Wilhelm'schen Utases befindet sich auch der Versicherungsdirektor und frühere Pastor Schiffmann   aus Stettin. Wenn wir uns nicht sehr irren, so ist dies der berühmte Freimaurer und Protestantenvereinler ,, Bruder" Schiffmann, der freisinnige" Vertrauensmann des, freisinnigen" Kronprinzen. Seine ganze Rede lief auch darauf hin­aus, man solle fest zum Kaiser stehen, damit auch seinem Nach- folger das Amt nicht zu schwer gemacht werde. Der Knabe scheint sich schon zu fühlen und beginnt daher die Entpuppung.

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flerital- konservatives

Arbeiterblatt erschienen, sofort wurde, wie der Allgem. Anzeiger   für Rheinland und Westphalen" triumphirend mittheilt, dasselbe im Interesse der öffentlichen Sicherheit" inhibirt! Wer da inhibirt hat, ob die Polizei oder die selbstherrlichen Kapital­protzen, wird nicht gesagt, zweifelsohne waren es die Letzteren. Der Allgem. Anzeiger" ist gemäßigt liberal", wie man sieht, war die Entrüstung der Herren gegen Ehren- Stumm seiner Zeit nur politische Heuchelei.

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- Ist die Scham zu den Hunden entflohen? Folgende, die Verkommenheit unseres bürgerlichen Preßbanditenthums und die un­verhüllte Brutalität unserer Polizeischergen gleich bloßstellende Notiz durchlief in den letzten Tagen die rheinische Presse:

Von der reichsländischen Gensdarmerie wurde laut der Saar­  brücker Zeitung" am 4. Januar ein   aus Frankreich ausgewiesener Russe hier eingebracht. Derselbe soll wegen einer Majestäts­beleidigung   aus Rußland zur See   nach Frankreich geflüchtet, von dort aber wegen gänzlicher Mittellosigkeit ausgewiesen worden sein. Die beleidigenden Aeußerungen will der Mann, der dem

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Arbeiterstande angehört, in der Trunkenheit gethan haben. Was die Herren Franzosen von fremden Gesindel nicht wollen, das paßt uns auch nicht, und so wird denn der Mann von der West­an die Ostgrenze des deutschen Reiches dirigirt und über die russische Grenze gebracht werden."

Das heißt, er wird den russischen Henkern über­liefert werden. Und kein Wort der Entrüstung was sagen wir! kein Wort des leisesten Tadels, des schüchternsten Bedenkens" begleitet diese infame Polizeinotiz. Ja, als es sich noch um die Heroen ihrer Klasse, um die Kossuth, Mazzini 2c. handelte, wie wäre damals die edle Bourgeoispresse übergeschäumt vor sittlicher Entrüstung! Aber hier handelt es sich nur um einen Arbeiter, einen Mann, den die ehren­  werthe französische Bourgeoisrepublik wegen gänzlicher Mittellosigkeit" abgeschoben hat! Um einen Habenichts. Was soll man mit ihm lange Umstände machen? Abschieben, abschieben, abschieben! bis hinein in die   Bergwerke Sibiriens!

Es ist ja nur ein armer Proletarier!

Und so werden sie ihr schmachvolles System fortsetzen, die heutigen Machthaber, unbekümmert um die Entrüstung aller unabhängig Gesinnten bis eines Tages diese Entrüstung sich umsetzt in einen lebendigen Protest, in einen Protest, vor dessen Argumenten ihnen die Augen übergehen werden! Wir aber wollen unablässig Unterschriften sammeln für diesen Protest, jede Nummer unseres Blattes muß ein Sammelbogen sein in der Hand unserer Genossen, jeder Tag als ein verlorener gelten, der der Masse der Protestirenden nicht neuen Zuwachs liefert!

- Nur ein Vorfall". Am Samstag Nachmittag, kurz nach 3 Uhr, so erzählt die Konstanzer Zeitung" vom 9. Januar, ereignete sich hier ein Vorfall, der in der Bevölkerung nicht ohne Aufregung zu verursachen vorüberging. Der aus dem Festungsgefängniß   in Ulm entsprungene, zu mehrjähriger Festungsstrafe verurtheilte Militärgefangene Rieg( ein Württemberger) war in der Gegend   von Lörrach aufgegriffen worden und traf mit dem Gefangenentransportwagen am Samstag Nachmittag 2 Uhr 50 Min.   von Lörrach kommend hier ein. Derselbe wurde durch den Sergeanten Ruck mich und einen Gefreiten, beide von der 2. Komp. des hiesigen Regiments vom Bahnhof abgeholt, um am Sonntag früh mit dem ersten Schiff   über Friedrichshafen   nach Ulm transportirt zu werden. Da der Arrestant als fluchtverdächtig signalisirt worden war, versäumte der Sergeant nicht, demselben mittelst eines Kettchens die Hände zu fesseln, auch lud er, sowie der begleitende Ge­freite vor seinen Augen das Gewehr. Bei der Petershauser Kaserne ( gegenüber dem Offizierkasino) angekommen, zerriß der Sträfling plötzlich die Kette und suchte zu entfliehen. Als, wie erzählt wird, der Sträfling auf dreimaliges Rufen nicht stehen blieb, gab der Sergeant Feuer und der Arrestant fiel, durch den Kopf getroffen, sofort todt zu Boden.

Todt! Todt! Ein Menschenleben vernichtet. Und doch nur ein ,, Vorfall". Gerade so, als ob ein Pferd durchgegangen, oder ein Ober­bürgermeister wegen Unterschlagung in Untersuchung gezogen worden wäre. Eigentlich auch das nicht einmal, denn Letzteres verursacht wenigstens große Aufregung".

Uns aber schreibt ein Augenzeuge dieses Vorfalls":

Der Soldat wurde in unmittelbarer Nähe der Kaserne erschossen. Hart an der Straße fließt   der Rhein, auch war der Arme kaum 10 Schritt von seinem Verfolger entfernt, der ihn beinahe mit dem Gewehr hätte erreichen können; ein Entweichen war kaum möglich; da ziemlich viel Leute in der Nähe waren, war ein weiteres Unglück nicht ausgeschlossen. Einige Zivilisten, die ihrer Entrüft­ung offen Luft machten, wurden in die Kaserne geschleppt, wo man den Versuch machte, sie einzusperren. Daß Rieg die Fesseln zersprengt habe, wird allgemein bestritten."

Trotzdem ist der betr. Sergeant vom Kriegsgericht freigesprochen worden! Wahrscheinlich wird er noch wegen seiner Tapferkeit belohnt werden. Denn was er gethan, gehört zum System der heiligen Ordnung des Reiches der Gottesfurcht und frommen Sitte! Da heißts für jeden Beamten:   Fürchte Gott, Ehre den König und trete das Volk!  

Aus Sachsen, 13. Jan. Was   in Berlin im Großen sich voll­zieht, versucht man   in Dresden im Kleinen nachzuahmen. Auch hier versuchen Angehörige reaktionärer Parteien die Arbeiterfrage an die Hand zu nehmen, um sie zu Gunsten des Klasseninteresses der Bourgeoisie mit leeren Phrasen todt zu machen, und auch hier bildet sich ein kleiner, von maßloser Eitelkeit geplagter Staatsminister ,, zum absoluten Herrgott heraus. Seit langen Jahren hat die Sozialdemokratie ihre mahnende Stimme zum Hinweis auf das Bergarbeiter- Elend erhoben, welches   in Sachsen noch verschlimmert wird durch eine miserable Knappschaftstassen­Gesetzgebung, die   dem Bergmann das Geld aus der Tasche stiehlt und ihn zum Sklaven der Werkbesitzer macht. Die Stimme der Sozialdemo­fratie, welche Reform des Berggesetzes verlangte, ist nicht beachtet worden, selbst nach dem   schrecklichen Zwickauer- Unglück nicht, da der Geldsack der Kohlen- Pascha's bei der bestehenden miserablen Wirthschaft am schnellsten gefüllt wurde. Nun ist endlich die Frage der Reform unabweisbar ge­worden, und es gilt, wirkliche Maßregeln zu treffen. Da wendet man sich nicht an die Vertreter der Arbeiter oder an die Bergarbeiter selbst, sondern es kommen zwei Vollblut- Bourgeois, nämlich der famose Fort­schrittler" Streit, der Kneipkumpan   der Zwickauer Kohlen- Barone, und Stephani,   der Leipziger Schweinsknochen- Liberale, und stellen einen Re­form- Antrag, der so urkomisch bescheiden ist, daß man sich eigentlich wundern muß, wie er ernsthaft debattirt werden konnte. Der Landtag wird ersucht, die Regierung zu ersuchen, ob sie nicht vielleicht in Erwägung ziehen wolle, inwieweit es möglich sei, das Berggesetz dahin zu ändern, daß unverschuldet außer Arbeit gekommene Bergarbeiter einen Theil ihres in die Kassen eingezahlten Geldes entweder heraus­bekommen, oder wenigstens für ihre Invalidität oder für ihre Nach­tommen sichergestellt erhalten. Damit soll die brennende Bergarbeiter­frage gelöst werden! Die Landtagsdebatte bewies auch, wie wenig ernst man es mit dem Wohl der Arbeiter meint.   Der Zwickauer Bürger­meister Streit sagte, es sei besser, den Arbeitern das Geld nicht in die Hand zu geben, denn sie wußten nicht mit Geld umzugehen. Gegen diese Beleidigung des Arbeiterstandes protestirte unser Genosse Bebel ganz energisch und entrollte die Forderungen, welche die Arbeiter in dieser Frage zu stellen haben, wie er auch rügte, daß die Sache so un­verhältnißmäßig in die Länge gezogen werde. Unser kleiner Bismard, Herr Hermann von Nostiz- Wallwitz, hielt den Augenblid für günstig, die  atheistische Republik gegen die Reform der Bergarbeiterfrage in's Feld zu führen. Er sagte, für Arbeiter, welche   diese Republik ein­führen wollten, habe er keine Sympathie. Als ob das Wohl des Volkes von den Sympathien des Ministers abhängen müßte! Nachdem Bebel ihn darauf aufmerksam gemacht, daß er hier als Minister und nicht als Partei- Agitator stehe, fühlte er sich auch noch beleidigt und klagte über die schlechte Behandlung, die ihm, als einem Minister, Bebel zu Theil werden lasse. Die beiden Clowns des Landtags, Dr. Heine und Roth, sprangen ihm auch bei und lamentirten über die Reden, die Bebel für die Arbeiter hält. Der Fortschrittler Streit that noch ein Uebriges durch etne Verdrehung. Bebel hatte gesagt, der Bergbau solle Staatssache werden. Er hatte damit sich vollständig auf den Boden des heutigen Staates gestellt, indem er als Beispiel das heutige Eisenbahnwesen an­führte. Streit sagte aber, wenn Bebel die Bergwerke für den sozialen Staat reklamire, könne er sich freilich nicht wundern, daß die Werk­besitzer auf seine Reform nicht eingehen. Wo solle dann der soziale Staat das Geld hernehmen, um alle Werke zu erpropriiren. Unser Vertreter schlug jedoch alle derartigen Einwände nieder, zeigte den Klassen­Egoismus, der unter elenden Ausflüchten das bestehende Unrecht zu er­halten sucht und nahm die Bergarbeiter gegen die Beleidigungen Streit  's in Schutz, dabei die Manipulationen enthüllend, welche die Werkbesitzer