Aus der Rede des Abgeordneten Kayser den Unternehmern, nachher nicht durch ein Geſetz dieſe ganze Vereinbar­

über

den liberalen Haftpflicht- Geseh- Entwurf.*)

Gehalten am 19. Januar 1882.

( Nach dem amtlichen stenographischen Bericht.)

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Wir, als Arbeiterpartei, wir sind gestern von dem Herrn Abgeordneten Lasker so geschildert worden, daß wir als Arbeiterpartei nur einseitige Interessen vertreten wir können uns nur freuen, wenn wir diese Rivalität um den armen Mann sehen, wenn wir sehen, wie von rechts und links am armen Mann gezerrt wird, um ihn zu sich herüberzuziehen. Aber das muß ich sagen, daß bis heute für den armen Mann nicht viel Nutzen herausgekommen ist. Wir sehen nämlich den bedauerlichen Zustand, daß die Frage des Arbeiterwohls mitunter eine Frage der parlamentarischen Taktik wird, der Untergrund für die Machtbestrebungen der Parteien, zur Regierung zu gelangen. Es kommt uns mitunter so vor wir haben wenigstens die Empfindung als seien die Arbeiter nicht Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Zweck, und deshalb haben wir schon wiederholt gesagt, daß auf parlamentarischem Wege nicht viel herausspringt, sondern wie das mein Parteifreund Ritting­hausen schon seit Jahrzehnten hervorragend vertritt daß es für den Arbeiter einer direkten Voltsgesetzgebung bedarf, soll wirk­lich seinen Interessen entsprochen werden.

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Wir sehen heute die sogenannte große liberale Partei mit einem sozialen Reformwerk auftreten, und ich muß sagen, ich habe auch da die Empfindung, daß es weiter nichts als eine Paradestück ist, ein Aufmarschiren aller drei ,, Abtheilungen" der sogenannten großen liberalen Partei. Hat uns doch der Abgeordnete Buhl gestern gesagt, daß er nicht mit der anderen Seite übereinstimme in der Verpflichtung im einzelnen Fall, daß er gerade in Bezug auf die Verschuldung des Arbeiters bei einer Begriffsfeststellung, die von außerordentlicher Wichtigkeit dafür ist, ob der Arbeiter bei einer Verunglückung etwas erhält oder nicht-, indem er dem Arbeiter die Verschuldung ausladen will, sich trennt von dem übrigen Theil; und so glaube ich, wenn der Aufmarsch vorüber, die Parade zu Ende ist, daß dann wohl auch wieder der Zwiespalt der Interessen ausbrechen wird. Und dieser Zwiespalt wird gerade in Bezug auf die Einzelverpflichtungen eintreten, so daß zu befürchten steht, daß, täme der Entwurf zur wirklichen Behandlung, der im Entwurf vor­handene Nutzen aus dem Entwurfe alsdann jedenfalls entfernt werden diirfte.

Meiner Freude muß ich dann Ausdruck geben, wenn ich sehe, wie jetzt bei der Regierung sowohl wie bei allen Parteien der Geist Lassalle's eingezogen ist, auch bei dem Abgeordneten Lasker  . Er hat zwar gestern gesagt, er stehe immer nur auf dem Standpunkt der Selbsthilfe. Der Standpunkt der reinen individuellen Selbsthilfe ist aber in dem Augenblick verlassen, wo man sagt: wir können das freie Ver­trags übereinkommen zwischen Versicherungsgesell schaften und Versicherten nicht allein gelten lassen; der Staat muß Ordnungs- und Zwangsmittel für die Versicherungs­gesellschaften feststellen, damit auch der Arbeiter gesichert wird. Das ist immerhin ein Anfang zum Besseren, und ich glaube, wenn man die Nothwendigkeit der Staatshilfe auf der einen Seite bei einem bestimmten Nothstand anerkennt, man auch bei dem allgemeinen Nothstand, welcher herrscht, immer mehr die Neigung zeigen wird, mit Hilfe der Staats­organisation die sozialen Beziehungen zu bessern. Wir können aber auch für uns den Ruhm in Anspruch nehmen, daß es ein Ersatz unserer vorhergegangenen politischen Arbeit war, wenn heute ein großer Theil der Arbeiter selbstbewußt auftritt, mit bestimmten Anforderungen an die Gesellschaft hervortritt, und man deshalb glaubt seitens der Re­gierung, diese Forderungen nicht ganz unberücksichtigt lassen zu können, und ihnen eine sogenannte chriftliche" Rücksicht angedeihen läßt. Ent­schieden muß ich die gestrige Aeußerung des Herrn Abg. Dr. Hirsch für falsch erklären, als ob die Arbeiter irgend etwas, was Beschluß der Gesetzgebung wäre, wo ihnen eine Unterstützung mit Hilfe des Staates und aus Staatsmitteln gesichert werden soll, als Almosen ansehen könnten. So wenig wie man die Pensionen der gewesenen Staatsminister, die Pensionen anderer hoher Beamten für Almosen ansieht, so wenig ist irgend etwas, was der verunglückte Arbeiter nach gethaner Arbeiter empfängt, als Almosen anzusehen, noch je von ihm angesehen worden.

( Sehr richtig! links.)

Meine Herr, wenn ich nun von dieser allgemeinen Einleitung über­gehe zu dem Entwurfe selbst, so muß ich zunächst sagen, daß wir auf dem Standpunkte der Reichsversicherung stehen. Wir können uns mit dem Prinzip der Privatversicherung, das die Vorlage der Liberalen ausspricht, nicht einverstanden erklären aus einem ähnlichen Grunde, wie ihn auch der Herr Ackermann angeführt hat. Nach unserer Auf­fassung soll man nämlich am Unglück des Nebenmenscheu nichts verdienen, und daß die Versicherungsgesellschaften doch Gewinn machen wollen, daß das in dem ganzen liberalen, individualistischen Prinzip liegt, daß man nur aus Nutzen und Gewinn irgend welchen Betrieb über­nimmt, steht unbedingt fest.

( Sehr richtig! rechts.)

Was nun die Rente anlangt, so hat Herr Lasker   gesagt: ja, wir geben deshalb keinen vollen Ersatz, damit das die Entschädigung für den Arbeitgeber ist, weil er allein die Prämie zahlt. Das richtige Prinzip besteht doch darin, daß der völlig erwerbsunfähig Gewordene viele Kategorien hatten einen solchen Anspruch nach dem jetzigen Haft­den vollen Arbeitsverdienst als Entschädigung pflichtgesetz

erhält.

und

In den Motiven zum vorjährigen Regierungsentwurf ist gesagt wor den: ja, der Staatsbeamte u. s. m. bekommt nicht das an Pension, was er sonst an Gehalt bekommen habe, selbst wenn er völlig erwerbsunfähig wäre. Nun liegt aber die Sache so, daß selbst die Motive zum vorjäh­rigen Regierungsentwurf es ausgesprochen haben, daß eine große Anzahl Arbeiter auf dem äußersten Lebensniveau stehen, so daß jede Verringe­rung des Erwerbes sie der absoluten Nothlage aussetzt. Das war wört­lich so in den Motiven, und es wurde als Christenpflicht erklärt, daß man das nicht zulassen dürfe. Nun würden aber alle die Arbeiter, die bei dem vollen Arbeitsverdienst auf dieser Grenze stehen, und 662, Pro­zent ihres früheren Verdienstes bekommen, in eine völlige Nothlage ge­rathen und die Armenpflege würde hier eingreifen müssen.

Ich will nicht zu ausführlich sein, ich will mich nur dagegen aus­sprechen, daß bei einer Wittwe mit vielen Kindern eine Beschränkung eintrete, wie sie dieser Entwurf in Uebereinstimmung mit der Regierungs­vorlage des vorigen Jahres hergestellt hat. Diese ganzen Abschnitte sind einfach dem vorjährigen Regierungsentwurf wörtlich entnommen, und es find diejenigen, die gerade unsere Opposition zu dem vorjährigen Regie­rungsentwurf begründet haben, weil sie den Arbeiter, der jetzt unter dem Haftpflichtgesetz steht, absolut benachtheiligen, weil er den Anspruch, die verringerte Erwerbsfähigkeit völlig ersetzt zu erhalten, verliert, und von nun an sein gewesener Verdienst um bedeutende Prozente verrin gert wird.

Es ist dann als eine vortheilhafte Neuerung des Entwurfes anzusehen, daß der böse Vorsatz des Unternehmers besonders bestraft wird dadurch, daß der Unternehmer nachher den vollen Ersatz für den verlorenen Lohn zu leisten hat.

Meine Herren, wenn wir weiterhin uns ansehen, in welcher Form das Gesetz Sicherung schafft, so muß ich mit dem Herrn Geheimen Regie­rungsrath Lohmann darin übereinstimmen, daß eigentlich nichts Be­stimmtes festgesetzt ist, und die sachlichen Einwendungen, welche gestern der Herr Geheimrath Lohmann gemacht hat, waren so ausführlich und gründlich, daß man dazu nicht viel hinzufügen kann. Ich muß sagen, daß der Entwurf durchaus unfertig, alles dem Bundesrath überlassen Wir wissen nicht, in welcher Weise diese Regelung später geschehen foll, und wir vergessen ganz, daß, wenn die Verordnungen dem Bundes­rath überlassen bleiben und erst später in das Gesetz kommen sollen, wir dann durch diese Verordnungen des Bundesrathes gebunden sind, weil, wenn einmal solche Versicherungsgesellschaften sich vereinbart haben mit

ift.

*) Da der dem ,, Volkswirthschaftsrath" zugegangene Entwurf auch die Unfallversicherung wieder zur Sprache bringt und die Liberalen selbst­verständlich mit großem Geschrei darüber herfallen und sich auf die Brust klopfen werden: Seht, wir Wilden sind doch bessere Menschen, so sehen wir uns veranlaßt, noch nachträglich die Rede unseres Genossen Kayser über das Machwerk der Liberalen zum Abdruck zu bringen. Wir dürfen Niemand zu kurz kommen lassen.

ung aufgehoben werden kann; denn es würde sonst eine zu große Ver­wirrung entstehen.

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Bei dieser Gelegenheit ist von Herrn Lasker darauf hingewiesen worden, daß eine Art von Privatversicherung geschehen könne durch Fabrik. fassen. Ich weiß nicht, wie er sich das eigentlich denkt, denn Fabrik­tassen find doch so ein­und von den Dingen verstehen wir etwas gerichtet, daß nicht der Arbeiter sie in Händen hat, sondern umgekehrt der Fabrikant, ja daß dieser einen Gewinn für sich findet, daß er dem Arbeiter Arbeitsabzüge macht und in seine Kasse, als Fabrikkasse, legt. Alle Arten von Fabrikkassen sind in der Hand des Fabrikunternehmers, und wodurch er Sicherheit bestellt, ist mir nicht recht klar; er zahlt nur an sich selbst und wird höchstens in seinem Geldschrank eine Extraabthei­lung machen mit der Aufschrift: Geld für Unglücksfälle, die in meiner Fabrik entstehen werden.

hts.)

( Heiterkeit rechts.)

Dann ist auch auf die Knappschaftstassen verwiesen worden. Da muß ich sagen, daß die Erfahrung, die wir in Sachsen   mit den Knappschaftskaffen gemacht haben, dieselben, trotz des Widerspruches des Herrn Abgeordneten Ackermann, nicht günstig erscheinen lassen, um diese Art Kassen als Grundlage etwa einer solchen Selbstversicherung anzusehen. Ich kann ja heute nicht auführlich auf diesen Gegenstand zurückkommen, aber anführen kann ich, was der Herr Abgeordnete Ackermann trotz alles Sträubens zugestehen mußte, daß die früher schon hohen Prämien noch erhöht und die Invalidenunterstützungen erniedrigt worden sind, wie auch die neuen. Wir haben wiederholt es in Sachsen   erlebt, Kaffen zu haben, die bei größeren Unglücksfällen zahlungsunfähig wurden.

( Widerspruch des Abgeordneten Adermann.)

Ich weiß, daß in dem Wahlbezirke, den der Herr Abgeordnete Acker­mann vertritt, die Knappschaftskassen in einem besseren Zustande find, wenigstens sind von dort nicht so große Klagen an uns gekommen. Aber in Freiberg  , in Zwickau   sind über die Knappschaftskaffen ganz bedeutende Klagen erhoben worden; bei großen Unglüdsfällen ging stets der Klingel­beutel herum, und überall schaffen sie eine große Bevormundung des Arbeiters. Jetzt hat im sächsischen Landtag eine Erörterung über die Knappschaftskaffen stattgefunden, und der sächsische Justizminister Herr von Nostiz- Wallwitz hat sich schließlich zu dem Zugeständniß genöthigt gesehen, von den sozialdemokratischen Abgeordneten Lieb­ knecht   und Bebel die Einbringung eines Gefeßentwurfs über die Knappschaftskassen zu verlangen, welchem Verlangen diese auch entsprochen haben. Aber eine Zeitlang hat man ruhig einen Noth­stand existiren lassen auf diesem Gebiet, und erst nach vielen Angriffen durch die Sozialdemokratie dagegen wird in Sachsen   unter der ange­rufenen Mithilfe der Sozialdemokraten, indem ihnen der Minister die Funktionen von Geheimräthen vindizirt

( Heiterkeit)

ein Gesetzentwurf vielleicht zu Stande kommen, welcher die Uebelstände mildert.

Sozialpolitische Rundschau.

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3ürich, 8. März 1882.

Attentate und Attentate". Am 13. März ist der Jahrestag der Hinrichtung Alexander's des Zweiten von Rußland  . Welch' ein Unterschied zwischen diesem Attentat und dem jüngst stattgehabten auf die Königin Viktoria  ! Welch' ein Jubel in allen freiheitlich gesinnten Kreisen, als die Nachricht eintraf, daß die Erde einen Tyrannen weniger zählt welche Indifferenz gegenüber dem Pistolenschuß von Windsor! Höher schlug das Herz, als die Namen der kühnen Bombenwerfer und ihrer Freunde bekannt wurden! Man drückte den Braven, die ihr Leben für die Wohlfahrt ihres Volkes, für die Sache des Fortschrittes kühn preisgegeben, im Geiste warm die Hand, mit Ehrfurcht gedachte man ihrer für den Attentäter" Mac Lean hat außer den gewerbsmäßigen Neuigkeitsjägern Niemand Intereffe mit einem Worte, die That am das Katharinenkanal war ein Akt von weltgeschichtlicher Bedeutung ,, Attentat" vom 2. März d. J. gehört von Rechtswegen unter die Rubrik Vermischtes.

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So entrüstet" die englischen Zeitungen auch über die übrigens noch sehr zweifelhaften Versuche, sie ihrer gracious" Mrs. Brown zu be­rauben, sind, daran denkt keine einzige, das abscheuliche" Verbrechen zu fruftifiziren, wie es auch der englischen   Regierung in keiner Weise ein­gefallen ist, durch mysteriöse Andeutungen Stimmung zu machen. Die Untersuchung ist eingeleitet und geht ihren Gang, und das politische Leben wird in keiner Weise davon berührt.

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Wie anders wäre das in Deutschland   gemacht worden! Da augen­blicklich die Fortschrittspartei dem Kanzler einige Schmerzen verursacht, und jeder Hieb auf diese auch die gesammte weiter links stehende Oppo­sition mittreffen würde, so hätte sich unbedingt irgend ein Zusammenhang des Attentäters" mit der Fortschrittspartei herausgefunden. Eine in die Parlamentarische Korrespondenz" eingewidelte Blutwurst hätte ge­nigt, den Zusammenhang des Verbrechers mit den fortschrittlichen Nihilisten" zu konstatiren. Irgend ein königstrener deutscher   Mann" hätte sich erinnert, den Missethäter in einer Versammlung, wo Virchow sprach, nicht schon ein gravirendes Moment! gesehen zu haben, wo er geschlafen habe. Und Pindter, der Norddeutsche, hätte sich hingesetzt und geschrieben:

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Die Verwilderung der Moral, welche Hand in Hand geht mit der Emanzipation der Massen von den ewigen Grundlagen aller zeitlichen Ordnung, hat wie­derum ein Abscheu erregendes Lebenszeichen von sich gegeben"

u. s. w., u. s. w., worauf das übliche Schimpfen auf die verderblichen Volksfreiheiten gefolgt wäre. Glaubt Ihr das etwa nicht? Nun denn, den obigen Satz hat Pindter verübt, und er hat zur " Fruktifikation" des Attentates des Weiteren losgelegt, wie folgt:

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Aus England, der klassischen Heimstatt moderner Volksfreiheiten, kommt die Nachricht von einem wider die geheiligte Person der Souverainin verübten Mordanfalle, der, Dank dem Walten der göttlichen Vorsehung, sein erhabenes Ziel zwar verfehlt hat, aber aufs Neue erkennen läßt, daß den glän­zenden Lichtseiten unserer Zivilisation noch ungleich schwärzere Schatten gegenüberstehen."

Die edle Absicht leuchtet aus jeder Zeile heraus, und wenn sie dem großen Kanzler zum Verdruß diesmal nicht in Erfüllung geht, so ist dies nur dem Umstand zuzuschreiben, daß die beschränkten Engländer für so geniale" politische Kampfmittel kein Verständniß haben.

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Wenn zwei Spizbuben sich zanten. Die Norddeutsche Allgemeine" ist seit einiger Zeit sehr ungnädig auf ihre Spießgesellen von ehedem, die russischen Panslavisten, zu sprechen. Dabei entfahren dem edlen Blatt kostbare Geständnisse. Der Moskauer Telegraph" hatte anläßlich Skobelew's Rede geschrieben:

,, Die Rede des Generals Skobelew   enthält nichts Wunderbares, nichts Tadelnswerthes. Er hat nur das ausgesprochen, was er fühlt und was Millionen verschweigen"

worauf die Norddeutsche" giftig aber treffend erwidert:

,, Dazu möchten wir bemerken, daß wenn man in Rußland   von Millionen Menschen spricht, zunächst an die Bauern zu denken ist, welche die Lasten des letzten Krieges getragen haben und sich nicht bereichern konnten, wie es in der allgemeinen Kalamität nur den Lieferanten, Journalisten und Intendantur- Beamten gelang." Wie gesagt, sehr richtig, und nicht nur für Rußland  . Es sind zwar nicht immer nur die Lieferanten, Journalisten und Intendantur- Beamten, welche sich durch den Krieg bereichern, wie das Organ des jetzt nahezu vierzigfachen Millionärs Bismarck   wissen muß, dagegen sind es stets die großen Massen des Volkes, das ländliche und städtische Proletariat, welches alle Laften des Krieges zu tragen haben, ohne die eventuellen

Vortheile zu genießen. Diese sacken, je nach den lokalen Verhältnissen, immer Andere ein; gewöhnlich, wie die ,, Norddeutsche Allgemeine" sehr richtig bemerkt, die Lieferanten, Intendantur- Beamten und deren hohe und allerhöchste Komplizen.

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Preußisch deutsche Sozialreform. Eine höchst lehr­reiche Aufklärung über dieses mit so großem Pomp ausgeschriene Bis­marc'sche Wunderkind liefert der in den Motiven zum Tabaksmonopol veröffentlichte Voranschlag über die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben der Tabaksmonopol- Verwaltung. Wir finden da unter den Ausgaben:

General Direktion

Fabrit Magazin Verwaltung Arbeitslöhne:

"

Mr.

"

385,000 2,314,000

"

" 1

46,737,000 1,200,000

für 81,000 Arbeiter durchschnittlich 577 Mt. 1000 Arbeiter durchschnittlich 1200 Mt. Das sind Alles in Allem für Arbeiter 2c. Löhne Mr. 50,636,000. Der Reinertrag des Monopols soll nach Abzug der Zinsen des Anlage-, Betriebs, Entschädigungs- und Amortisationskapitals:

Mt. 165,487,907

ergeben. Die Arbeitslöhne, inklusive der Gehalte der höheren" Beamten, machen somit noch nicht den vierten Theil des Reinertrages aus. Die übergroße Masse der Arbeiter wird mit einem Durchschnittseinkommen von 577 Mart, das heißt von 1 Mark 60 Pfennigen pro Tag abgespeist, damit die Gemeinde­und Kreisverbände in den Stand gesetzt werden, die Grund-, Gebäude­steuer herabzusetzen, mit anderen Worten den besitzenden Klassen Steuererleichterungen zu gewähren.

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Ein kleines Restchen wird zu den Reichszuschüssen für die Arbeiter­Unfallversicherung verwendet werden. Und das ist die ganze wohlthätige Fürsorge" des preußischen Reiches deutscher   Nation für die Invaliden der Arbeit. Den Tabatarbeitern wird der letzte Bluts­nein von tropfen ausgepreßt und vom Ertrage dem Raube- ein Theilchen großmüthigft als Geschenk" hingeworfen. Mit Scheffeln gestohlen, mit öffeln gegeben, das ist die deutsche   Uebersetzung des hohenzollern  'schen Suum cuique. Und auf diesen christlichen Handel, bildet man sich ein, werden die deutschen   Arbeiter hineinfallen!

Schon diese Zumuthung ist eine Infamie!

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Aus Berlin   wird uns geschrieben: Auju st, du jammer st mir! möchte man den biederen Seelen im Volkswirthschaftsrath" zu­rufen, wenn man die Berathungen des Tabaksmonopols von Seiten dieser erleuchteten Körperschaft zu lesen bekommt. Eine elendere, hilflosere Rolle als die Bismarckischen Marionetten dort spielen, ist gar nicht denkbar. Am possirlichsten sind natürlich die Kapriolen derer, welche nicht nach der Schnur tanzen wollen, aber durch ihr krampfhaftes Sträuben dem Parade­marsch der wohlabgerichteten Mehrheit nur als Folie dienen. Ja, ich habe doch Bedenken wegen der Verwendung der Erträgnisse, wirst schüchtern ein liberalisirender Rath der Volkswirthschaft" ein. Mach' dir darüber feine Sorgen, lieber Freund, weist ihn Herr Mayr freundlich zurecht, das Geld wird gebraucht, wozu, das geht dich gar nichts an, du haft der Regierung nur vorzuschlagen, wie es am bequemften durch Mehrbelastung des Tabaks beschafft wird. Könnte man denn nicht lieber den Spiritus mehr heranziehen? ruft ein Tabaksfabrikant vom Rhein   wehmüthig aus. O, lieber Freund, fertigt ihn Mayr vorwurfsvoll ab, du erinnerst mich an das verwerfliche Sprichwort:

Heiliger St. Florian, beschütz mein Haus, zünd andere an. Uebrigens sei unbesorgt, der Spiritus kommt auch noch an die Reihe. Und so theilt der biedere Schwabe Jedem eine Gabe aus, Dem Ver­sprechungen, Jenem Hohn. Köstlich ist auch die Abfertigung des Rathes" Kochhann, der eine Lanze für die zum Ruin gebrachten Zwischenhändler einlegte. Für Viele derselben, meinte der neugebackene Unterstaatssekretär, wäre es am Besten, wenn sie eine Schaufel zur Hand nehmen und Kanäle graben würden.

Diesen menschenfreundlichen Rath werden wir uns merken, wenn wir einmal in die Lage kommen werden, verschiedene hente höchst überflüssige Posten abzuschaffen und ihre Inhaber versorgen zu müssen. Dant, Mayr, der du uns das Wort gelehrt!

Für die Arbeiter versuchte der Gewerkvereinler Kamien eine Lanze einzulegen, da er indeß die manchesterliche Rosinante der Staat darf keine Industrie betreiben" ritt, so wurde auch er mit Grazie auf den Sand gesetzt.

Die Norddeutsche" aber ist von dem Volkswirthschaftsrath, der seine jämmerliche Rolle mit so überaus edler Grandezza spielt, ganz entzückt. Er hat's redlich verdient!

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Immer besser. Auch ein neues Unfallversicherungs­gesetz ist dem Bismarc'schen Volkswirthschaftsrath" zur Begutachtung zugegangen. Das Ding weist einen erheblichen Vorzug gegen die frühern Entwürfe auf die armen Fabrikanten kommen bedeutend besser fort, und auch, des heiligen Reiches Mittel werden erfreulichst im Interesse anderer Kulturzwecke, als da sind Krupp'sche Kanonen, Torpedoboote zc., geschont: aus der 4 wöchentlichen Karrenzzeit ist eine 13 wöchentliche geworden. Für die ersten 13 Wochen fällt der verunglückte Arbeiter den obligato­rischen Krankenkassen zur Last, zu denen die Arbeiter zwei Drittel, die Unternehmer ein Drittel beisteuern, letzteres auch nur dann obligatorisch, wenn in ihren Betrieben Dampskessel oder durch elementare Kraft bewegte Triebkräfte zur Verwendung kommen.( Die Bauunternehmer also nicht.)

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Das wären vorläufig so die Hauptschönheiten des, arbeiterfreundlichen" Entwurfes, des großen Reformwerkes". Und damit dieser Wechselbalg in's Leben gesetzt werden, damit die Haftpflicht zum großen Theil auf die Arbeiter abgewälzt werden kann, sollen diese dem Bismarckischen Reiche, welches sie rechtlos gemacht hat, eine Einnahme von über 160 Millionen aus dem Tabaksmonopol bewilligen, von denen höchstens ein ganz verschwindender Bruchtheil zum Erbtheil der Enterbten" verwendet werden soll, wie der Unterstaatssekretär Mayer im Volks­wirthschaftsrath mit zynischer Offenheit konstatirt hat, und wie aus dem obigen Entwurf bis zur Evidenz hervorgeht. Wenn Herr Adolph Wagner   noch einen Funken von Ehrgefühl im Leibe hat, so muß er jetzt mit dem offenen Geständniß: man hat mich zum Besten gehabt! von der Bühne verduften, denn einen schamloseren Humbug, als das durch ihn in den Wahlkampf geworfene Versprechen, das Tabaksmonopol soll das Patrimonium der Enterbten werden, gibt es sobald nicht wieder.

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Aus dem nationalen Zuchthaus. Gegen die drei Unter­zeichner des bekannten Leipziger   Flugblattes über den Belagerungszustand ist nachträglich noch die Anklage auf Beleidigung und Verleum­dung des Bundesrathes erhoben worden. Ob auf Grund an­derer Flugblätter noch besonders gegen Bebel Anklage auf Beleidigung des Bundesrathes erhoben ist, wissen wir nicht. Vorläufig sind unsere Mittheilungen in der vorigen Nummer also wie folgt zu berichtigen: Hasenclever ein§ 131 Vergehen und eine Bundesrathsbeleidigung ( beides hervorgegangen aus dem Leipziger   Flugblatt), Liebknecht zwei § 131- Vergehen, eine Bismarck  , eine Bundesraths- und eine Polizei­beleidigung; Bebel drei§ 131- Vergehen, 1 Bundesraths- und eine Majestätsbeleidigung.

In Großenhain   sollte vergangene Woche eine Volksversammlung zur Besprechung des Tabaksmonopols abgehalten werden; als Referent war Liebknecht   ausersehen. Aus der Versammlung wurde jedoch nichts, wie aus nachstehendem amtlichen Protokoll erhellt:

,, Rathhaus Großenhain, am 16. Februar 1882. An Kanzleistelle er­schien heute Herr Zigarrenarbeiter Hermann Kunze von hier und gab zur Erläuterung der von ihm mitunterzeichneten Anzeige( einer Volksversamm­