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infam war, den zweiten auf solche Weise in seinen Besitz gelangten Brief sofort der Polizei zu der erste war ihm unverständlich überliefern. Sehr bezeichnend auch für den Freifinn der polnischen Bourgeoisie!
Recht erfreulich ist das männlich entschiedene Verhalten unserer Genossen vor Gericht. Kein Wort von dem in den inkriminirten Flugblättern Gesagten wurde zurückgenommen, vielmehr lieferte Kräcker in längerer, zum Theil sehr erregter Rede den Nachweis für die volle Richtigkeit der in denselben gefällten Kritik, wobei er, wie später auch 3 im mer, vom edlen Vorsitzenden mit dem Bemerken unterbrochen wurde, er könne die Schmähung einer staatlichen Institution( nämlich der Polizei) nicht dulden. Genoffe Feltenberg, Zigarrenmacher, proteftirte ganz ener gisch gegen die Ausführungen des Staatsanwalts, daß er und der mitangeklagte Genosse Kultmann, Tischler, lediglich Strohmänner seien. Er übernahm die volle Verantwortlichkeit für den Inhalt des Flugblattes, dasselbe gebe nur seiner innersten Ueberzeugung von der gegenwärtigen schlechten wirthschaftlichen und politischen Lage der Arbeiter Ausdrucf. Wenn es meiner Partei von Nugen ist," jagte er, so will ich gerne die für mich beantragten 3 Monate Gefängniß absitzen.( Bravo !) Fast möchte ich auf die Vermuthung tommen, ich sie nicht wegen des strafbaren Inhalts des Flugblattes, also nicht wegen Verletzung des§ 131, sondern um deswillen hier, weil ich Sozialdemokrat bin."
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Der Vorsitzende verbietet den Angeklagten, hier in diesem Tone zu sprechen, die Anklagebehörde in solcher Weise herabsetzen zu wollen(!).
,, Nun gut", sagte Feltenberg mit höhnischem Lächeln, ich sehe ein, ich bin hier, weil ich auf Grund von§ 131 des Strafgesetzbuches angeklagt wurde. Ich fühle mich unschuldig, deshalb erwarte ich meine Freisprechung."
Daß diese nicht erfolgte, sondern daß unsere Genossen schuldig erklärt und verurtheilt wurden, haben wir schon in voriger Nummer gemeldet, ebenso die Namen der Verbrecher am Rechte. Wir werden sie uns merken!
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Ein Pflichtvergessener", gelinde gefagt, ist der Artilleriehauptmann a. D. von Ehrenberg. Dieser Verräther" an der Sache des heiligen Militarismus hat jüngst eine Arbeit veröffentlicht, in nachwies, daß selbst unter - ,, o der Schmach und Schande!" den heutigen Verhältnissen Millionen und Abermillionen am Militäretat erspart werden könnten, wenn man nur auf gewiffe alberne Spielereien, namentlich was die„ Jarde" anbetrifft, verzichten wollte. Ersparungen am Militäretat? Dieser Hauptmann ist ein Vaterlandsverräther", erscholl es sofort soweit der Preuß' Soldaten drillt und' s Fluchen als Kommando gilt", und sofort wurde vom preußischen Kriegsministerium ein Rezer pardon Kriegsgericht über den Schändlichen eingesetzt. Dieser aber setzte seiner Verworfenheit die Krone auf und bestritt die Zuständigkeit des preußischen Militärgerichts, da er als geborener Badenser durch die bekannte Militärkonvention seiner Zeit in eine Zwangslage versetzt worden und daher nicht freiwillig in preußische Dienste getreten sei.
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Damit fam er natürlich schön an. Ohne Angabe von Gründen wurde die Berufung von höchster Stelle Wilhelm der, Gerechte". abgelehnt und der Verbrecher von dem Preußischen Kriegsgericht in Kassel ,, wegen Beleidigung des Kriegsministers, der Garde, des Regiments der Garde du Corps dessen vollständige 3wedlosigkeit er nämlich nachgewiesen der Offiziere in besonderer Stellung in Bezug auf ihren Beruf, sowie wegen Verspottung von Anordnung der Obrigkeit zu drei Monaten Gefängniß und in die Kosten verurtheilt, welchem Urtheil Wilhelm der Mildherzige sofort seine oberkriegsherrliche Santtion ertheilte. Außerdem ist der pflichtvergessene Hauptmann wegen seiner vaterlandsverrätherischen Kritik der weißen Helmbüsche und anderer schöner Einrichtungen aus der Offiziersliste gestrichen worden.
Zu letzterer Maßregel könnte man Herrn von Ehrenberg, der, wie wir hören, auch sonst seinem Namen Ehre macht, nur gratuliren. In die Gesellschaft gehört ein Mann wie er nicht hinein.
Ist doch eine nette Gegend, dieser heilige preußische Militarismus! Uebt einmal ein gewöhnlicher Sterblicher Kritik an derselben, so brüllt das ganze Spießbürgerchor: Davon verstehst Du nichts, Moltke weiß das besser, und kommt ein Fachmann und legt die kritische Sonde an, so läßt ihn Moltke durch seine Kreaturen einsperren. Und da schimpft man noch auf die katholische Kirche mit ihrer päpstlichen Unfehlbarkeit!
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Bestialisch!„ Die Kaiserin von Oesterreich ", schreibt der ,, Vorbote", ritt bei ihrer ersten diesjährigen Fuchsjagd in England ihr Roß, eine dunkelbraune Stute, 1 Stunde und 20 Minuten lang in so furchtbarem Tempo über Stock und Stein und Gräben hinter dem Fuchs her, daß das Pferd zusammenbrach und getödtet werden mußte! Die letzten Sprünge der brutalen Amazone waren so verwegen, daß ihr nur drei von allen Fuchsjägern zu folgen wagten." Und das läßt sich von dem speichelleckerischen Literatentroß als Muster holder Weiblichkeit" anfingen!
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Ueber die Affaire des„ einäugigen Wolf" wird uns aus Deutschland geschrieben: Während sich sonst Richter, Staatsanwälte und Polizei trefflich in die Hände arbeiteten, ist es jetzt zur Abwechslung einmal passirt, daß sie einander in die Quere gekommen sind und auch leicht sich in die Haare gerathen können. Der Lumpazius Wolf( weiland wegen Spitzbüberei in Desterreich inhaftirt, nach längeAufenthalt in Leipzig , wo die Genossenschaftsbuchdruckerei ihm das
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den einzig wahren Gott, Schöpfer Himmels und der Erden, und bei der Annahme der dem Judenthum ursprünglich fremden Unsterblichkeit der Seele. So begegnete sich die monotheistische Vulgärphilosophie mit der Bulgärreligion, die ihr den einigen Gott fix und fertig präsentirte. Und somit war der Boden präparirt, auf dem bei den Juden die Verarbei tung ebenfalls vulgarisirter, philonischer Vorstellungen das Christenthum erzeugen und das einmal erzeugte bei den Griechen und Römern Annahme finden konnte. Daß es popularisirte philonische Vorstellungen waren, und nicht Philo's Schriften unmittelbar, aus denen das Christenthum hervorging, ist bewiesen dadurch, daß das Neue Testament den Haupttheil dieser Schriften fast vollständig vernachlässigt, nämlich die allegorisch- philosophische Deutung alttestamentlicher Erzählungen. Es ist dies eine Seite, die Bauer nicht hinreichend beachtet hat.
Wie das Christenthum in seiner ersten Geſtalt ausgesehen hat, davon tann man sich eine Vorstellung machen, wenn man die sog. Offenbarung Johannis liest. Wüster, verworrener Fanatismus, von Dogmen erst die Anfänge, von der sog. christlichen Moral nur die Fleischesabtödtung, da gegen Visionen und Prophezeihungen die Menge. Die Ausbildung der Dogmen und der Sittenlehre gehört einer späteren Zeit an, in der die Evangelien und sog. Apostolischen Episteln geschrieben wurden. Und da wurde für die Moral wenigstens die stoische Philosophie und namentlich Seneka ungenirt benutzt. Daß die Episteln diesen oft wörtlich abschreiben, hat Bauer nachgewiesen; in der That, die Sache war schon den Rechtgläubigen aufgefallen, aber sie behaupteten, Seneka habe das damals noch gar nicht verfaßte Dogmatik entwickelte sich einerseits in Verbindung mit der sich bildenden Neue Testament abgeschrieben. Die evangelischen Legende von Jesus , anderseits im Kampfe zwischen Judenchristen und Heidenchriften. ( Schluß folgt.)
an seiner Stelle gelesenen Wortes Adonai . Dies lasen die Späteren dann Jehovah. Dieses Wort ist also nicht der Name eines Gottes, sondern einfach unmöglich.
Gnadenbrod gab, in Hamburg zum preußischen Spitzel geworden) ist den Genossen sattsam bekannt. Wohlan, im Auftrag seiner Berliner Brodgeber, die ihm ein regelmäßiges Gehalt zahlen, hatte der saubere Kum pan, da er bei den deutschen Sozialdemokraten kein Geschäft machen konnte, für die Londoner Freiheit" zu forrespondiren und dieselbe mit Berichten im Sinne und Interesse der Puttkamer, Madai, Bismarck und Konsorten zu versorgen; und außerdem auf Grund seiner Verbindungen mit der Freiheit" einige Gimpel auf den anarchistischen" Leim und in einen„ Geheimbund" zu locken. In Folge allzu lauten und renommiftischen Vorgehens des der Flasche oft start zusprechenden„ Einäugigen" wurde die in das Geheimniß nicht eingeweihte Hamburger Polizei und Staatsanwaltschaft auf ihn aufmerksam. Allerhand gravirende Thatsachen tamen an den Tag; namentlich entdeckte man die Spuren verdächtiger Geldsendungen, die laut schriftlichen Angaben, für Rechnung der Londoner Freiheit" von Berlin aus an Wolf gegangen waren, der daraufhin, nach Verständigung mit der Berliner Staatsanwaltschaft, nach Berlin abgeliefert wurde.
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Da sitzt er nun, und wenn es Herrn v. Madai nicht gelingt, seinen Schüßling und Stipendiaten durch irgend einen Koup aus der Schlinge zu befreien, oder sich à la Leipziger Reichsgerichts- Hochver mit Staatsanwälten und Richtern zu verständigen, so rathsprozeß wird die nicht gerade für die weiteste Oeffentlichkeit geeignete Thatsache amtlich an's Licht der Sonne gezogen werden, daß die angeblich von der Londoner Freiheit" herrührenden Geldsendungen direkt aus dem Berliner Polizeipräsidium stammen.
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Daß diese Geschichte nicht blos spaßhaft, sondern auch nach mancher Richtung hin lehrreich ist, brauchen wir nicht besonders auseinanderzusetzen."-
Ob aber die Lehre gerade von Denen, welche sie zunächst angeht, be= griffen wird, ist eine andere Frage. Wahrscheinlicher ist, daß man, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt, den gläubigen Lesern auseinandersetzt, daß Wolf gleich Nathan Ganz nur ein unglückliches Produkt der Verhältnisse" ist, und daß, da alle Moral wandelbar ist, sehr wohl auch die Zeit kommen fann, wo Verkäuflichkeit und Verrätherei als ehrenhaft gelten werden, Wolf somit im schlimmsten Falle nur seiner Zeit voraus ist. Es wäre das Aergste, was man von der Seite seinem Bublikum geboten und was dieses auch geduldig hingenommen hat.
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Wie die Sozialdemokratie ihrer Vorkämpfer gedenkt. Während die in New York lebenden Berliner Ausgewiesenen unsern verstorbenen Genossen Heinsch und Dentler Kränze mit erhebenden Inschriften auf das Grab legen ließen, haben die Berliner Arbeiter durch regen Besuch der Gräber an den Todestagen der Betreffenden gezeigt, daß sie noch von den gleichen Gesinnungen beseelt sind, wie damals, als sie den Leichenzügen unserer zu früh verstorbenen Freunde folgten. In Breslau ist am 11. April trotz strömenden Regens das Grab Lassalle's sehr zahlreich von unsern Genossen besucht worden. Unsere Braunschweiger Genossen gingen am 27. April, am Todestage W. Bracke's zum Grabe des wackern Kämpfer's, dasselbe mit Kränzen und Schleifen zu schmücken. Am 1. Mai war der Geburtstag unseres unvergeßlichen Vorkämpfers Johann Jacob y. Die deutschen Sozialisten Zürichs ließen dem Vater der Demokratie in Preußen einen Kranz mit großer rother Schleife, auf der eine entsprechende Widmung gedruckt war, auf das Grab legen.
Mögen diese Manifestationen zu Ehren unserer Vorkämpfer die lebende Generation anfeuern, ihnen nachzueifern in Aufopferung und Prinzipien treue!
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An den Schandpfahl! Ju Gera hat der Scheermeister Karl Wünschmann, ein Schmarozzer und Liebediener niederträchtigster Sorte, einen an den Arbeiter Emil Friedrich, mit dem er sich überworfen, gerichteten Brief, in welchem er den„ Sozialdemokrat" witterte, hinterrücks erbrochen, um Friedrich und dessen Logiswirth Goßler durch Denunziation bei dem Fabrikbesitzer außer Arbeit zu bringen. Wir überantworten dieses Subjekt unsern Geraer Genossen zur gebührenden Züchtigung.
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Oesterreich . Was in unserem Leitartikel bereits angedeutet, ist inzwischen wirklich eingetroffen. Der Streik der nordwestböhmischen Kohlenarbeiter ist erdrückt werden; die Arbeiter sind geschlagen. Zuletzt hat auch noch der Arbeiterfreund" Taafe seine arbeiterfreundliche Gesinnung dadurch dokumentirt, daß er ankündete, er werde, wenn der Streit nicht binnen zwei Tagen zu Ende ist, über den ganzen Distrikt den Belagerungszustand verhängen. Thatsächlich ging es übrigens so arg her, daß es unter dem Belagerungszustand kaum schlimmer werden konnte.
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Die Arbeiter sind geschlagen, ihre Besten sitzen im Gefängniß oder find auf die Straße geworfen dem Hunger überliefert, mit dem in den Augen der Bourgeoisie todeswürdigen Stigma der Auswiegelei" behaftet. Ihr Elend soll eine Warnung sein für die gnädig" ins alte Joch Aufgenommenen.
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Wird es ihnen eine Warnung sein? Werden sie aus dem Loos ihrer Brüder lernen, was sie von den heutigen Machthabern, vom heutigen Staat, dem angeblichen Schutz der Schwachen, zu erwarten haben? Wird es ihnen den Gedanken nahe legen, das nächstemal wirksamere Kampfmittel anzuwenden? Wird ihnen der Gedanke kommen, daß Pulver und Dynamit nicht blos zum Sprengen von Felsstücken gut sind? Die Arbeiter sind geschlagen
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wehe den Siegern!
Jn Brünn fand während der Ostertage ein von 35 Orten durch 60 Delegirte beschickter mährisch schlesischer Arbeitertag ſtatt. Derselbe nahm einen ausgezeichneten Verlauf, czechische und In deutsche Arbeiter tagten in brüderlicher Eintracht neben einander. längerer Schlußresolution sprach sich der Kongreß für allgemeines Wahlrecht, Preß-, Vereins- und Versammlungsfreiheit, Normalarbeitstag, Haftpflichtgesetz, Hilfskaffen mit Selbstverwaltung der Arbeiter, achtjährige Schulpflicht bei Uebernahme aller Schulauslagen durch den Staat, Abschaffung des stehenden Heeres, der indirekten Steuern, Einführung der progressiven Einkommensteuer, Errichtung von Produktivgenossenschaften mit Staatshilfe und Anstrebung internationaler Fabrikgesetzgebung aus. Der Kongreß empfahl die Unterstützung der Arbeiterbildungsvereine, Fachvereine und Gewerkschaften, das Halten der Arbeiterblätter, und verurtheilte alle nationalen und religiösen Hetzereien als einer nach Freiheit und Aufklärung ringenden Partei unwürdig.
Diese Resolution wurde in einer acht Tage später in Brünn stattgehabten, von ca. 5000 Personen besuchten Volksversammlung einstimmig gutgeheißen.
In Prag wurden in einem vom 11. bis zum 17. April geheim geführten Monftreprozeß 23 Genossen wegen Geheimbündelei zc. abgeurtheilt. 11 Angeklagte wurden schließlich freigesprochen, die andern bis zu sechswöchentlichem Gefängniß verurtheilt. Und der Staat war wieder einmal gerettet!
Ueber das entschiedene Eintreten der Wiener Arbeiter gegen den Versuch, die Antisemitenbewegung auch dort zu importiren, ist in der Die Herren Schönerer Tagespresse ausführlich berichtet worden. und Konsorten haben wider ihren Willen unserer Sache einen guten Dienst geleistet, sie haben unseren Genossen Gelegenheit zu glänzenden Demonstrationen gegeben.
Im Uebrigen find in Desterreich Haussuchungen, Konfistationen, Ber
ben einfach ein grober grammatischer Schnißer: es ist im Hebräischen haftungen sc. nach wie vor an der Tagesordnung.
- Frankreich . Die sozialistische Arbeiterpartei hat am letzten und vorvorigen Sonntag bei den Gemeinderathsersatzwahlen noch weitere Erfolge errungen. In Roanne ist die Liste unserer Genossen vollständig durchgedrungen. In Bessèges siegte der Sozialist Jourdan
mit 1308 gegen 958 Stimmen, in Alais in der Stichwahl der Sozialist Lala uge mit 1254 gegen 918 Stimmen.
Nachdem die Provinz so siegreich vorangegangen, ist auch Paris nicht zurückgeblieben. Am letzten Sonntag fand im 18. Arondissements ( Wahlkreis Clemenceau's) im Viertel Grand Carrière Nachwahl für den Gemeinderath statt. Die sozialistische Arbeiterpartei hatte Genosse Joffrin aufgestellt, gegen ihn kandidirte der Radikale Simonneau und der Kandidat der sozialistisch- republikanischen Allianz, L. Lucipia, letzterer lebhaft unterstützt von Clemenceau's Justice", also ein nicht zu unterschätzender Gegner. Und das Resultat? Joffrin erhielt 1246 Stimmen, Simonneau 1139 und Lucipia nur 1070. Bei der Nachwahl im Dezember vorigen Jahres hatte die Arbeiterpartei in diesem Viertel nur 918 Stimmen erhalten. Man sieht, es geht wacker vorwärts.
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Die van der Bourgeoispreffe vielbesprochene Kandidatur Florion war nicht von der sozialistischen Arbeiterpartei, sondern von den Blanquisten ausgegangen. Es war eine sogenannte Protestkandidatur.
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Spanien . Die Aufregung in Katalonien ist noch immer nicht vorüber. Die katalonische Bourgeoisie, Groß- wie Kleinindustrielle, wollen es aufs Aeußerste ankommen lassen, ehe sie auf Schutzölle verzichten, und drohen daher mit dem Ruf: Losreißung von Spanien . Sie werden sich indeß noch sehr besinnen, ehe sie ihre Drohung zu verwirklichen versuchen werden.
„ Wir wissen sehr wohl", schreibt ein sehr guter Kenner der spanischen Verhältnisse in der„ Egalité", daß einerseits das von den Bourgeoistheoretikern des Federalismus und den Anarchisten und sogenannten Arbeiterautonomisten in die Massen geworfene Schlagwort: 20sreißung" die Geister für die Idee eines katalonischen Einzelstaates bearbeitet hat, indem man die provinziellen Eifersüchteleien und Gehässigkeiten schürte, welche seinerzeit die ehemalige demokratische Partei und dann die Internationale zu beseitigen versucht hatten." Andererseits sind die Karlisten( Ultraklerikale), die in den Bergen Kataloniens noch viel Anhänger haben, sofort bereit, mit den Federalisten Hand in Hand zu gehen.
„ Aber die Gesetze der modernen Produktion, die Intereffen der Produzenten, sind der Autonomie der Provinzen in so hohem Grade entgegen fie werden es bald auch der Autonomie der Nationen sein daß die Leiter der gegenwärtigen Bewegung, wenn sie nicht blind oder politische Abenteurer find, über kurz oder lang den Wahnsinn ihres Beginnens einsehen und vor der Gefahr, Alles das zu verlieren, was sie heute nur zum Theil risfiren, zurückschrecken werden.
,, Nehmen wir an, daß vermittels eines Bürgerkrieges oder eines mehr oder weniger langen Kampfes mit der Zentralregierung ein Vertrag der verschiedenen spanischen Provinzen untereinander zu Stande käme und die Katalonier ihre politische und ökonomische Unabhängigkeit, ihre ,, theuere" Autonomie, erhalten würden. Da nun die Interessen der fatalonischen Industrie zur Zeit den Jnteressen der anderen spanischen Distrikte gegenüberstehen, was würde die Folge sein?
,, Diese Provinzen würden sich natürlich das Recht vorbehalten, die ausländischen Produkte zollfrei über ihre Grenzen zu lassen, und Kata lonien würde, Dank seiner ,, Unabhängigkeit", den doppelten Vortheil haben, einen Wall von Zollwächtern an den Pyrenäen aufstellen zu können und am Ebro eine noch schwerer zu passirende Mauer aufgerichtet zu sehen: Die ausländische Konkurrenz, gegen welche, nach dem eigenen Geständniß der Schutzzollapostel, die katalonische Industrie nicht aufzukommen vermag; ihnen bliebe nur ein Trost, ihre Produkte selbst zu verbrauchen. " Zu solch blödsinnigen Konsequenzen führt die Theorie von der Autonomie. ,, Was die so zahlreiche, so intelligente, im ökono mischen Kampf so erfahrene Arbeiterklasse Kataloniens anbetrifft, so wiederholen wir, daß sie sich nicht von den autonomistischen Deklamationen und Emanzipationsvorspiegeleien- womit die Emanzipation ihrer Ausbeuter gemeint ist- täuschen lassen würde, auf Grund deren sie nur noch mehr unterdrückt, noch schamloser ausgebeutet würde als zuvor; sie weiß zugut, daß sie sich allein nicht befreien kann, daß Alles, was sie von ihren Brüdern in den andern Provinzen trennt, nur ihr Befreiungswerk aufhält, daß dasselbe nicht im Kantonalismus der bürgerlichen Autonomie, sondern in der Zentralisation und der Arbeiter solidarität liegt."
So die„ Egalité". Wenn trotzdem hier und da noch von Arbeitertumulten aus Barcelona berichtet wird, so betrifft das nur die unorga nifirten, den demagogischen Aufheizungen der Bourgeoisie leichter zugänglichen Elemente. Die klassenbewußten, organisirten Arbeiter geben sich zu diesen Manövern nicht her. Und diese geben in Barcelona den Ausschlag.
Die gewerkschaftliche Bewegung macht in Spanien große Fortschritte. Während der Ostertage fand in Reus ( Katalonien ) ein Kongreß der spanischen Manufakturarbeiter statt, der von 47 Delegirten besucht war, die 8549 organisirte Manufakturarbeiter( davon 6216 Männer und 2333 Frauen) vertraten. Er beschloß die Gründung eines Manufakturarbeiterbundes, der sich an den allgemeinen Arbeiterbund von Spanien anschließen soll. Zum 17-19. Mai ist nach Madrid ein allgemeiner Metallarbeiterkongreß, nach Barcelona ein Kongreß des Bauarbeiterverbandes einberufen. Letztere Organisation zählt bereits 62 Mitgliedschaften.
Korrespondenzen.
Wenn vom hiesigen
Hannover . Situationsbericht. Orte nur höchst selten ein Bericht im Parteiorgan erscheint, so wolle man daraus nicht schließen, daß wir hier auf der Bärenhaut liegen und den Herrgott" und seinen" Propheten" Bismarck gute Leute sein ließen. Im Gegentheil: es herrscht unter den hiesigen Genossen eine rührige Thätigkeit; allein es gibt bekanntlich Dinge im Himmel und auf Erden", von denen sich nicht blos unsere Philosophie", sondern auch unsere Polizei nichts träumen" läßt. Letztere ist bekanntermaßen sehr neugierig; wir dagegen haben keine Neigung, ihr Dinge auf die Nase zu binden, die sie nichts angehen. Aus diesem Grunde müssen wir auch darauf verzichten, unsere Thätigkeit hier im Zentralorgan näher darzulegen; denn man kann heute mit einer leichten Veränderung der Göthe'schen Verse sagen:
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Den Stieber sind wir los, Die Stieber sind geblieben.
Es ist im gesegneten Zeitalter des neuen heiligen preußisch- deutschen Reiches der„ Gottesfurcht und frommen Sitte" glücklich so weit gkommen, daß man keine zehn Schritt mehr machen kann, ohne über einen Polizisten zu stolpern oder auf einen Gensdarmen zu spucken. Es ist nur zu wahr, das Wort unseres Parteigenossen Liebknecht , welches dieser im Dezember 1870 im Reichstage sagte:„ Die Krönung des modernen Kaisers, um ihr eine symbolische Bedeutung zu geben, fie wäre vorzunehmen da draußen auf dem Gensd'armenmarkt. Das ist der passendste Ort für die Krönung des modernen Kaisers, denn dieses Kaiserthum tann in der That nur durch den Gendarmen aufrecht erhalten werden." Wenn es in der bisherigen Weise fortgeht, so kann es noch dahin kommen, daß jeder„ Reichsbürger " von einem eigenen Polizisten auf Schritt und Tritt beaufsichtigt wird.
Doch nun zur Sache.
Da wir seit der be- rühmten. Stöckerversammlung im März v. J. nichts von uns haben hören lassen, so beginnen wir unsern Bericht mit In nur wenigen besonders gottder letzten Reichstagswahl. begnadeten" Städten und Wahlkreisen des preußisch- deutschen Reiches gibt es ein so buntes Gemisch von Parteien wie hier in der alten Welfenstadt Hannover . Welfen, Nationalmiserable, Konservative, Fortschrittler und Sozialdemokraten ringen hier um die Palme des Sieges: fehlen blos noch die Sezessionisten, dann ist das halbe