glauben, daß die Zustände hier viel besser feien als in Deutschland  . That­sache ist, daß hier verschiedene Freiheiten, als da sind: Vereins- und Versammlungs-, Preß- und Redefreiheit und dergleichen bestehen; daß aber diese Freiheiten durch die soziale Abhängigkeit des Einzelnen und der Arbeiter im Allgemeinen theilweise aufgehoben werden, ist ebenfalls Thatsache. Dabei versteht es das Volk nicht einmal, die bestehenden Freiheiten zu benutzen, denn in derselben Weise wie es frei sein könnte, bindet es sich selbst das Joch auf den eigenen Nacken, indem es sich ein Kirchenregiment schafft, das aller Beschreibung spottet. Religionssekten gibt es hier in so großer Anzahl, daß man kaum alle ausfindig machen fann; die größte Anzahl Derjenigen, welche die Vereins- und Versamm­lungsfreiheit benutzen, reduzirt sich auf religiöse Körperschaften. Es mag wohl die Verschiedenheit der Nationalitäten viel dazu beitragen, aber auch die deutschamerikanische Bevölkerung ist sehr stark und ich möchte fagen zum weitaus größten Theil dabei vertreten. Da Kirche und Religion hier in keinem Verhältniß zum Staate stehen, so muß Jeder, der einer Kirche beitritt, eine ansehnliche Summe jährlich zur Erhaltung des Priesters, sowie der kirchlichen Angelegenheiten im Allgemeinen beisteuern, dazu zählt eine Stadt von nicht ganz 50,000 Einwohnern über 40 Kirchen und Bethäuser.

Daß der Schulbesuch hier viel zu wünschen übrig läßt, erhellt wohl ziemlich aus dem Vorhergehenden, denn eine gebildete Bevölkerung hat weniger Neigung zur Religion, wie eine mangelhaft oder gar nicht gebildete. Ein Schulzwang besteht hier in Pennsylvanien   nicht, und die ziemlich gut eingerichteten Schulen mit freiem Unterricht werden von einer großen Zahl Arbeiterkinder wenig oder gar nicht besucht. Wo aber von einem Schulbesuch überhaupt noch die Rede sein kann, da hört dieser mit dem 11. oder 12. Lebensjahre schon auf. Da nun die richtige Ent­wicklung eines Kindes erst mit diesem Alter beginnt, so läßt der vorüber­gehende Besuch der Schulen in Bezug auf Kenntnisse keine großen Erfolge zurück. Wenn man nun der Sache etwas näher auf den Grund geht, so findet man leicht heraus, weshalb so wenig Werth auf den Besuch der Schulen gelegt wird. Die meisten Eltern hier im Lande haben das Bedürfniß, ihre Kinder so früh wie möglich zur Arbeit zu verwenden, und da von Rechtswegen oder von Seiten des Gesetzes diesem Bedürfnisse nichts im Wege steht, so machen die Eltern, die keine Idee von den wirthschaftlichen Gesetzen haben, von dieser vermeintlichen Vergünstigung den größtmöglichen Gebrauch. Mädchen von 6-7 Jahren werden schon in Fabriken und Knaben von 8-9 Jahren schon in Kohlenbergwerken beschäftigt. Daß dies aber nicht für die Eltern, sondern für die Fabrik­und Werkbesitzer ein Vortheil ist, indem die Kinder ihren eigenen Vätern Konkurrenz machen, daran wird im Entferntesten nicht gedacht. Hier tommt noch in Betracht, daß die Kinder die volle Arbeitszeit wie Er­wachsene beschäftigt werden. Dabei besteht kein Schutz für Leben und Gesundheit, Jeder ist angewiesen auf sich selbst zu achten, und man muß hier die traurige Wahrnehmung machen, daß Kinder sowohl wie Erwach sene mit verstümmelten Gliedmaßen umherlaufen, wofür ihnen kein Mensch die Verantwortung abnimmt. Mit einem Worte, die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist hier in einem Maße vorhanden, wie in feinem anderen Lande.

Dabei wage es aber keiner, die bestehenden Verhältnisse mittels der bestehenden Rede- und Preßfreiheit anzugreifen, er würde zwar nicht ausgewiesen wie in Deutschland  , aber viel besser ginge es ihm auch nicht. Da die ganzen Kompagnien eine Bruderschaft sind, so würde es Dem­jenigen, der sich einen solchen Eingriff in die Freiheiten" erlaubte, un­möglich gemacht, in der Stadt wieder Arbeit zu bekommen, und er müßte wandern wie die, deutschen   Ausgewiesenen, denn die Kompagnien haben ihre Schweißhunde ebensogut wie die deutsche   Polizei, und die­selben sind auch ebensogut dressirt. Ich könnte bezüglich der amerika­ nischen   Freiheiten" noch sehr, sehr viel schreiben, indeß das nächstemal mehr. Mit sozialdemokratischem Gruß! Scranton  , im März 1882.

"

Korrespondenzen.

Rothbart.

Erfurt  , 24. April. Der Geburtstag des deutschen Kaisers von Gottes Gnaden, Kartätschenprinz genannt, wurde, wie überall, so auch hier in efelerregender Weise gefeiert, und daß es nicht an den gemeinsten Schandthaten gefehlt hat, mögen folgende Thatsachen beweisen. Am Abend des 22. März geht ein älterer Mann durch die große Arche am Gasthaus zum deutschen Kaiser vorüber, und als ihm die Fülumination und die sonstigen Dekorationen auffielen, so sagte er hörbar: Was ist denn das für ein Schund? Ein nahestehender Offizier hörte die Worte, zieht blank und schlägt mit dem Säbel dreimal über den Kopf des Wehrlosen, daß der bejahrte Mann blutend zusammenstürzte; während der Zeit kommen einige Soldaten aus dem Lokal, die von diesem Vor­gang nichts gehört noch gesehen hatten, der Offizier aber ruft ihnen zu: Ihr habt's gehört, was der gesagt hat! Und die Soldaten antworten pflichtschuldigst: Jawohl, Herr Offizier! Darauf wurde der Mann arre­tirt und zur Hauptwache geschleppt. Schade, daß nicht Männer des Voltes zugegen waren, die dem rohen Säbelhelden den verdienten Lohn bezahlt hätten!

Auf der Johannischaussee taumelten ein paar Soldaten betrunken da­her, daß sie kaum stehen konnten; mehrere Knaben machen sich hierüber lustig, sofort gehen die Vaterlandsvertheidiger mit blanken Säbeln auf die Knaben los, und wenn die Knaben nicht tüchtig laufen konnten, so hätten wir hier ein Seitenstück zur Affäre Werner gehabt.

Auf der bei Erfurt   gelegenen Saline wurden zwei Arbeiter beauf­tragt, zu Ehren des deutschen   Kaisers die Fahne aufzustecken, wobei der eine herunterstürzte und nach wenigen Stunden verschied. Derselbe war Vater von fünf Kindern.

Wer wagt es noch, Deutschland   als einen zivilisirten Staat hinzustellen? Wie bei einem Neger- oder Indianerjefte Menschenleben geopfert werden, so werden bei uns Menschen gemordet!

Aber über solche Schandthaten schweigt die konservative, liberale, ultramontane, fortschrittliche und sezessionistische Presse einstimmig, und darum soll es durch den Sozialdemokrat" in die Oeffentlichkeit dringen und zur Aufklärung des gesammten unterdrückten Volkes beitragen, damit der Tag der Erlösung nicht mehr lange auf sich warten läßt.

Ein echter Rother.

- Halle a./S. Wie die Ausbeuter Leben und Ge­sundheit der Arbeiter preisgeben. Den Lesern dieses Blattes wird wohl der Bericht über den Tod des aus Leipzig   und Berlin   ausgewiesenen Formers Anlauf noch erinnerlich sein. Anlauf war in der Dehne'schen Eisengießerei und Armaturfabrik in Halle in Arbeit getreten, aber schon am Ende der ersten Woche, Dank der Hetzerei der Polizei, wieder entlassen worden, welche Maßregel in Berbindung mit der aller Menschlichkeit hohnsprechenden Behandlung von Seiten der Fabrikverwaltung, seinen Tod zur Folge hatte. Die Letztere ließ den innerlich schwer verletzten Anlauf über zwei Stunden hilflos auf dem Fabrikhof auf einem Bund Stroh an einem Stoß Roheisen liegen, ehe sie ihn nach der Klinik überführen ließ, wo nach einigen Stunden dann Anlauf's Tod erfolgte.

Dies geschah im Monat Juli 1881. Seitdem sind kaum neun Monate verflossen, und schon sind aus dieser Fabrik eine ganze Reihe sogenannter Unglücksfälle, richtiger Verbrechen, zu berichten.

Ein Tischler, an der Hobelmaschine beschäftigt, büßte seinen Finger ein, einem anderen Arbeiter wird beim Eisenfahren der Fuß zerquetscht, ein Former fällt mit einer Pfanne Eisen und bricht den rechten Arm Alles das sind in den Augen der Herren nur Kleinigkeiten. Die Fabrikanten sagen bei einem derartigen Fall: Das ist ja nicht so schlimm, das wird schon wieder geheilt, seid nur in Zukunft etwas vor­fichtiger, und wie diese Redensarten sonst noch lauten.

Nach dem nichtswürdigen Vorkommniß mit Anlauf waren die Fabrik­Inspektoren für Halle aufgefordert worden, dafür zu wirken, daß die Fabrik, in welcher so viel Arbeiter in der gefährlichsten Weise beschäftigt werden, Vorkehrungen treffe, daß bei etwaigen Unglücksfällen für schnelle

Ueberführung der Verunglückten in ein Krankenhaus gesorgt sei, daß zum Wenigsten ein Kranten Transportforb geschafft werde.

-

a n=

Gewiß ein berechtigtes Verlangen, wenn man bedenkt, daß es sich um den Schutz für über 400 Arbeiter handelt. Wie oft so ein Korb ge­braucht worden wäre, haben die Leser gesehen. Aber, kaum glaublich und doch wahr, es ist absolut nichts derartiges geschehen. Und so ist denu am 6. April wiederum ein Arbeiterleben der niederträchtigen Rück­sichtslosigkeit der Kapitalhyänen zum Opfer gefallen. Dem Gußputzer Friedrich hatte ein herabfallender Laufkrahn beide Beine zerschlagen, und da es an jedem Transportmittel fehlte, so mußte auch er hilflos liegen bleiben, bis man eine Droschke geholt hatte, und zum Glück war der Kutscher diesmal ein fühlenderer Mensch, als der, welcher Anlauf hatte fortfahren sollen und dies mit der Motivirung verweigert hatte, er dürfe einen solchen Menschen in seinem Fuhrwerk nicht aufnehmen. Indeß, es war schon zu spät und unter gräßlichen Schmerzen büßte auch Friedrich mit seinem Leben die Rohheit seiner Ausbeuter! Der Verunglückte war Vater von sechs Kindern ist es nöthig, noch mehr zu sagen? Welche Unsummen von Elend decken sich da vor unsern Augen auf!

O, Ihr Blutsauger von Fabrikanten, wann endlich wird Eure Stunde einmal schlagen!

Dehne, falter, gefühlloser Profitmensch, den Geldsack, der bei Dir an Stelle eines Herzens sist, sollte man Dir bei lebendigem Leibe aus der Brust reißen! Wie lange sollen wir noch ruhig zusehen, wie Euer Treiben von einer feilen Presse gelobhudelt wird? Merkt es Euch, Ihr Menschenschinder, wir kennen Euch und werden Euch zu finden wissen, vor uns sollt Ihr Rechenschaft ablegen!

Nicht wie Ihr uns durch Eure Pfaffen glauben machen wollt, daß Ihr im Himmel am jüngsten Tag Rechenschaft über Euer Thun und Nein, nein, das könnt Ihr uns nicht mehr Lassen abgeben müßt. vormachen. Das glaubt Euch der Dümmste unter uns nicht mehr! Wir wollen auf Erden einen jüngsten Tag haben, und da soll ein Heulen und Zähneklappern über Euch und Eure Mitschuldigen kommen. Für jeden von Euch verschuldeten Blutstropfen, für jede durch Euch verursachte Thräne wird man Euch zur Verantwortung ziehen. Für jeden durch Eure unersättliche Habsucht zum Krüppel gewordenen, um sein Leben bestohlenen Arbeiter schwören Hunderte einander zu, Ver­geltung zu nehmen.

-

Die Rache ist mein, ich will vergelten, spricht der Herr" fort mit der Leimruthe, damit fangt ihr feinen mehr! Wir werden Vergeltung verlangen für den Mord, den Ihr fortgesetzt an uns, an unseren Kameraden verübt! Ein Unversöhnlicher.

Mülhausen  ( im Elsaß  ), 19. April. Seit unserem letzten Be­unser sehr richte hat sich hier mancherlei von Interesse zugetragen strenger Herr Kaltenbach, Polizeidirektor hier, hat sein Möglichstes aufgeboten, um den Sozialdemokraten endlich einmal den Garaus zu machen, es hat ihm aber trotz aller seiner Anstrengung nicht gelingen

wollen.

Anfangs ds. Js. freilich schien ihm das Glück einen Augenblick hold zu sein. Es kam nämlich ein Paket mit 200 Stück Sozialdemokrat" ( Nr. 1 und 2) hier an, an einen der Polizei ganz unbekannten Mann adressirt. Auf der Post wurde es nach echt preußisch- deutscher Sitte durch­schnüffelt, dann aber scheinbar regelmäßig abgeliefert, während vier Poli­zeispitzel in der grimmigsten Kälte die ganze Nacht Wache halten mußten, um endlich einmal die rothe Bande abzufassen. Vergebens! Und als man des anderen Tags beim Adressaten Haussuchung hielt, war das Paket gänzlich verschwunden; der Genosse, welcher das Paket dorthin hatte adressiren lassen, war früher aufgeftanden, und als die Polizei kam, war jede Nummer schon am bestimmten Ort.

Das war der letzte Erfolg unseres Kaltenbach; denn während er ganze Nächte Jagd auf uns machte, machte ein sehr eifriger Reichsfreund Jagd auf seine Frau, und war dabei glücklicher, so daß Kaltenbach unmöglich mehr hier bleiben konnte und einen Urlaub von einem Jahre, angeblich nach Rumänien  , nahm, thatsächlich aber nach der Schweiz  ging, wo er noch weilt, da er die Sozialdemokraten in ihren Höhlen selbst aufsuchen will.

Der Nachfolger des Herrn Kaltenbach, Kriminalkommiffarius Zahn, lieferte uns gleich bei seinem Antritt einen Beweis dafür, daß, was nachkommt, selten etwas taugt. Kaltenbach hielt sich bei all' seinen Schnüffeleien immer noch in gewissen Schranken und ließ es in der Regel bei Haussuchungen bewenden, aber schon am ersten Tage nach seiner Abreise hätte man hier glauben können, man befinde sich in Peters­ burg  . Haussuchungen links und rechts, bei Arbeitern wie bei Bourgeois, wie blind wurde dreingeschlagen, Alles, was in die Hände fiel, wurde arretirt, sogar schwer franke Personen mußten in's Gefängniß wandern, 14 Bürger wurden von 14 Tagen bis zu 5 Wochen ohne jegliche Ver­dachtsmomente festgehalten, da man nur bei 2 oder 3 einzelne Nummern der Sozialdemokrat" gefunden hatte, und schließlich war das Resultat der ganzen Geschichte, daß alle unschuldig erklärt wurden bis auf Genossen Nuber, von welchem ein Verräther Namens Laible sagte, er habe Zeitungen erhalten. Nuber saß 2 Monate in Untersuchungshaft und wurde noch zu 6 Monaten Gefängniß die höchste gesetzlich zulässige Strafe verurtheilt.

"

-

Doch ist es damit noch nicht genug. Zahn, welcher in der Unter­suchung geäußert hatte, Kaltenbach wäre zu dumm gewesen, er, der Herr Kriminalkommiffarius, werde die ganze Bande bald haben, läßt seinen Spitzeln seither feine Ruhe( sie selbst beklagen sich öffentlich darüber). Sogar Frauen wurden arretirt, darunter eine hochschwangere, und mußten sich, damit die Schändlichkeit vollkommen sei, bis auf die Haut entkleiden und von der Pförtnerin des Gemeindehauses dreimal durchsuchen lassen. Eine andere Frau, welche jede Stunde auf ihre Niederkunft harrte, verlangte vergebens ihren Mann, welcher im Gefängniß war.

Kurz, Herr Zahn( oder vielmehr sein Vorgesetzter, der Herr Kreis­direktor) läßt fast keinen Tag ohne Haussuchungen oder Arrestationen vergehen. Aber alles ist umsonst, noch wurde nichts gefunden, trotzdem Jedermann, der von hier nach Basel   geht, genau beobachtet wird. Alle Stationen der Eisenbahn werden streng bewacht, ebenso erfreuen sich ver­schiedene Personen der zartesten Fürsorge der Polizei, sie können Abends ruhig ihr Haupt niederlegen, es wird ihnen nichts geschehen der Kaiser von Rußland   könnte froh sein, wenn er sich so sicher fühlte, wie diese bösen Sozialisten.

"

Zum Schluß bemerken wir noch, daß wir vollkommen mit der Re­daktion des Sozialdemokrat" einverstanden sind, denn wenn man solche Schändlichkeiten sieht wie hier, ist an eine Mäßigung des Blattes gar nicht zu denken.

-

Genf  , 4. Mai. Es wird für manchen Genossen von Interesse sein, von Genf  , wo eine zeitlang Windstille herrschte, wieder etwas zu erfahren. Außer den Gewerkschaften, welche noch eristiren, besteht hier die politische Arbeiterpartei, deutscher sowie französischer Zunge, welche aber leider in zu viel kleine Gruppen gespalten ist.

Der fantonale Arbeiterbund mit dem Zentralkomite hat sich in aller Stille aufgelöst. Unsere Partei war, obwohl es ihr nie an Anhängern fehlte, nicht organisirt, um geschlossen auftreten zu können, was sich als ein Fehler herausstellte. Daher iraten im Januar d. J. eine Anzahl Genossen zur Gründung einer Mitgliedschaft der deutschen sozialistischen  Arbeiterpartei zusammen. Diese Mitgliedschaft macht gute Fortschritte, und in ihrer letzten Generalversammlung haben sich die Mitglieder des deutschen Arbeitervereins mit großer Majorität für unsere Organisation erklärt, so daß wir mit dem Resultat unserer bisherigen Thätigkeit zu­frieden sein können.

Am 24. April d. J. hatten wir eine öffentliche Volksversammlung im Salon Schieß, Place des Alpes, mit der Tagesordnung: Die sozial­politischen Zustände in Deutschland  . Referent: Reichstagsabgeordneter, Genosse Vollmar.

In zweistündigem Vortrage schilderte derselbe die Zustände in Deutsch­ land   und die Veränderung der Verhältnisse durch das Ausnahmegesetz. Die liberale Bourgeoisie habe aus Furcht vor der Sozialdemokratie und dem nach Freiheit ringenden erwachenden Volksgeist sich blindlings der Säbelherrschaft in die Arme geworfen, in jeiger Weise alle Maßnahmen derselben sanftionirt, und wird auch in Zukunft Alles bewilligen, was die Regierung von ihr zur Unterdrückung der Rechte des arbeitenden Volkes verlangt, unter Umständen auch noch mehr. Das Sozialisten­gesetz werde in schamlosester Weise und mit der infamsten juristischen Schurkerei gehandhabt, so daß administrative Verbannungen und der­gleichen berüchtigte Maßregeln gleichgesinnter Regierungen überflüssig und. Bismarck   spielt durch seinen Staatssozialismus mit einem ihm

und seinen Freunden sehr gefährlichen Feuer, das er nicht mehr dämpfen fann, wenn es zum Ausbruch kommt. Das Volk wird durch die fort­gesetzten An- und Ausschröpfungen in Form von Steuererhöhungen revo­lutionirt, wie man es besser gar nicht wünschen kann. Es muß betont werden, daß wir mit dem heutigen Staat keinen Frieden machen können, der die Gewalt in allen Formen an die Stelle des Rechts gesetzt hat. Das Volk muß unerschütterlich festhalten an seinen Forderungen trog Ausnahmegesetz und sich, sobald der richtige Moment gekommen, durch die Gewalt seine Rechte erobern.

Brgr. Werner sprach sich dagegen aus, daß man jetzt noch mit Bourgeois, Pfaffen und Regierungsbeamten im Parlament size, da dort nicht der Ort sei, wo das Joch, welches auf dem Volke lastet, ge­brochen werden kann, und stellt einen diesbezüglichen Antrag, der aber nur 9 Stimmen erhielt. Es sprachen dann noch der Referent, der die Ausführungen Werner's mit treffenden Worten widerlegte, sowie einige Genossen, worauf folgende Resolution mit allen gegen 9 Stimmen an­genommen wurde:

" Die heutige Versammlung erklärt sich mit den Ausführungen des Genossen Vollmar einverstanden, und in Erwägung, daß der Kampf der deutschen Sozialisten ein sehr schwerer ist, drücken wir denselben unsere volle Sympathie aus und erklären, die deutschen Genossen mit allen Kräften zu unterstützen."

Mit frischem Muth, Genossen, müßt Ihr an unserm Werk weiter wirken bis die alte Gesellschaft zusammenstürzt.

-

sn.

Warnung. Der Kommunistische Arbeiterbildungs­verein in London  , 49 Tottenham Street, bittet uns, die deutschen Parteigenossen vor Zuzug nach London   zu warnen. Es find in neuerer Zeit viele Ausgewiesene in der Hoffnung dorthin gekommen, sofort Arbeit und Unterkunft zu finden; sie haben sich aber getäuscht, und der Verein ist nicht im Stande, auf die Dauer alle Unterstützungsbedürf­tigen zu unterstützen. In London   sind die Erwerbsverhältnisse jetzt äußerst ungünstig und deutsche Arbeiter haben wenig Aussicht, sich eine Eristenz zu schaffen. Nirgends in der Welt ist der Hungertod so häufig wie in London   und die deutschen Landsleute stellen zu dessen Opfern ein be­deutendes Kontingent. Gehe deshalb keiner nach London  , ohne vorher Verbindungen angeknüpft und sich guter Aussichten auf eine Stelle ver­sichert zu haben. Die Auswanderung nach Amerika  , so sehr wir davon abrathen müssen, ist immerhin noch weniger riskant, als die Wanderung nach London  . Wer also keine Verbindungen, wer teine Mittel und feine Kenntniß der englischen Sprache hat, geht, wenn nicht besondere Glückzu­jälle eintreten, in London   einer traurigen Zukunft, wo nicht dem Untergange entgegen.

Finkenlied.*)

Es wollt ein König schlafen In seinem Garten schön, Die Ritter und die Grafen, Von ferne durften steh'n.

Er lag in Sammt und Seide, Doch nicht in süßer Ruh; Wohl thut der Mann mir leide, Doch trug sich's öfter zu:

Ein Finke saß verwogen Dem König nah und sang, In freier Luft erzogen, Sein Lied zum Herzen drang. Sein Lied, es klang so helle, So stolz und schön und frei, Daß man gehört zur Stelle Nie solche Melodei.

Der König mocht's nicht hören: Wie? Soll der freche Sang Mein frommes Volk bethören? Das Lied, es macht uns frank. Sie mochten fluchen, toben, Der König und sein Knecht, Sie mochten schmeicheln, loben: Der Finte sang sein Recht. Da ist sein Lied verklungen, Der König schlug ihn todt; Der Fink hat seine Jungen, Brum hat es keine Noth!

W. P.

*) Aus der Deutschen Reichsspinnstube", Jahrgang 1875, Nr. 1. Herausgegeben von John Reitenbach- Plicken, Gumbinnen  .

Briefkasten

der Redaktion: Rother Hahn in Meerane  : Daß die Genossen in Gl. zu feige" seien, das Parteiorgan zu lesen, können wir unmöglich annehmen, ebensowenig, daß sie mit der Schandwirthschaft im Reich einverstanden seien. Es müssen also doch wohl andere Gründe sein, weshalb sie so gar nichts von sich hören lassen und nicht einmal die Polizei- und Gerichtsschurkereien, unter denen sie so schwer zu leiden haben, im Parteiorgan gebührend brandmarken. H. Gr. in P.: Rede von Brief empfangen, den an O. s. 3t. pünktlich abgeliefert. J- w. kommt noch gelegentlich zum Abdruck; Rede S.'s unterblieb nur, weil sie inzwischen die Runde durch die Tagespresse gemacht hatte Be­rücksichtigt nur, daß wir hier im Fett" fast ersticken. Besten Gruß!

-

-

der Expedition: Rother Hans: Nein. Die 500 extra fämen auf M. 25,-. Weiteres auf M. 5,-, welche voraus erbitten müßten. Unversöhnlicher Lpzg.: Hatte Verspätung durch Zwischenhand. Wird besorgt. Addr. A. J. D.-W. erloschen. X. X. Mr.: Außer Sophia Rother Albertinus: Perowskaja teine. Kostet 40 Pf. Alles besorgt. Titelfritze: Bfe. v. 12. und Geschah irrthümlich. Dünnes folgt stets. 13/5. erh. Weiteres besorgt u. erwartet.. Krauskopf i. G.: Auskunft erh. Auch was Geschriebenes fordert der Pedant? Jedenfalls ist hier die Mutter des Porzellanschrankes" sehr am Blaze. Cochenille? J. Rtb. Obstr.: C. Siegel: M. 2,40 f. Schft. v. Jgdl. erh. Fr. 17, Ab. 2. Qu. f. 5 Erpl. erh. J. Kr. Schfshin: Fr. 2,-

-

-

-

-

A. Tsch. W.:

f. Schft. erh. Sdg. fort. J. M. Kphgu: Fr. 5,50 f. 1 Lssgr. 2c. erh. Rothbart: Fr. 160,- à Cto. Ab. erh. Sdg. abgg. W. Pf. Hg.: M. 1,50 Ab. bis Ende M. 2,- Ab. Mai- Juni erh. A. Stzg. Luzern  : Fr. 4,80 Ab.- Rest 1. Qu. u. 2. Qu. Juni erh. Schorse: erh. Michel Stieber: M. 48,- à Cto. erh. Bf. erwartet. O. E. B.: M. 50,- dem Fr. 171,50 à Сto. eingetr. Bf. erwartet. Üfds. dkd. zugew. Bfl. mehr. Fr. Bloch: Notiz v. 11./5 beachtet. ,, Republikaner  " längst vergriffen. Br. Lbrs. Haag: Fr. 18,55 Ab. 2. 3. u. 4. Qu. 82 u. Schft. erh. H. R. London  : Fr. 50,40 á Cto. 2. Qu.( wovon Fr. 7,50 A. Cto.) erh. J. H. Gdn.: öw. fl. 2,- 2. B. Pz. M. 3,- Ab. 2. Qu. erh. Ihnen 30 Kr. gut per 3. Qu. Ab. 2. Qu. erh. Alles glatt. H. J. Vevey  : Fr. 3,20 Ab. 2. Ou. erh. A. Höhne N.- York: Beter: Fr. 13,25 à Cto. erh. Bf. erwartet. Fr. 50,65 à Cto. u. Bf. v. 29/4 erh. Mehrbstllg. folgt. Mt. 17,95 Ab. 2. Du. u. Schft. erh. Nr. 13 Betrffds. wird besorgt. Erwartetes ging nochmal auf bekannter Route. Muß jetzt dort sein. W. Sbr. Paris  : Bf. v. 14/5 Hier wird stets prompt expedirt.

-

"

-

Weckuhr:

u. Fr. 2, erh. Wofür? P. M. London  : Bumbum wird sich dem­nächst mit den Verläumdern befassen, jo ungern er's auch thut". Endliche Einkehr bei sich selbst. Wahrscheinl. hat ihm ,, Kollege Wolf" seine famosen ,, Memoiren" dedizirt.

Schweiz  . Bereinsbuchdruckerei Hottingen- Zürich  .