Dieses Ende ist der ganzen Gerichtskomödie würdig, die man da auf­geführt hat.

Auch sonst zeigen sich unsere Rechtsverdrehungs- Justitute ihrer hohen Aufgabe würdig. Bis jetzt galten die im Parlament gehaltenen Reden für immun( straffrei). Das Ober- Landesgericht belehrt uns jetzt eines Besseren, indem es die Konfiskation des Abdrucks einer Rede Schönerer's bestätigt. Der eine Grund der Konfiskation ist nicht originell, er ist in Deutschland   bereits wiederholt angewendet worden: Die Immunität er­strecke sich blos auf den Abdruck von ganzen Verhandlungen, nicht aber von einzelnen Reden. Der zweite Grund ist aber originell. Auch der wahrheitsgetreue Abdruck der ganzen Parlamentsverhandlungen kann fon­fiszirt werden, da ihre Immunität blos eine subjektive, nicht aber eine objektive sei, d. h. es kann Niemand wegen der Verbreitung einer solchen Verhandlung bestraft, wohl aber sie selbst konfiszirt werden!

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Angesichts solcher österreichischen Gemüthlichkeit" im Handhaben der Gesetze sind hier Ausnahmegesetze wohl überflüssig. Wir bleiben in der Beziehung den Deutschen   immer noch über.

Wir würden uns kaum mehr wundern, wenn auch die in der Staats­druckerei erscheinenden stenographischen Protokolle der Reichsrathsver­handlungen eines schönen Tages konfiszirt würden.

Daß so schamlose Beamtenkerle dort, wo ihnen Niemand auf die Finger sieht, d. h. in Bosnien   und der Herzegowina, noch viel schamloser vor­gehen als bei uns, ist einleuchtend. Die Debatte im ungarischen Abgeord­netenhause über die bosnischen Kredite hat da ganz sonderbare Thatsachen an's Tageslicht gebracht. Die äußerste Linke in Ungarn   will nämlich die bosnischen Kredite nicht bewilligen und verlangt die Räumung der offu­pirten Provinzen, an deren Festhaltung Oesterreich   kein Interesse habe. In der aus Anlaß dieser Haltung entstandenen Debatte wurde nun dar­gethan, daß der Ausstand wesentlich der Habsucht, Niederträchtigkeit und Dummheit der österreichischen Bureaukratie zuzuschreiben sei, welche das Volk in der schamlosesten Weise aussaugte, ihm unser ganz unverständ­liches und unzweckmäßiges Recht aufoftroyirte und endlich die Großgrund­besitzer, die Aga's, in ihrem Besitze schützte. Die Latifundien sind in gleicher Weise in den okkupirten Provinzen wie in Irland   die Ursache steter Unruhen. Zeitigt doch dieses Grundbesitzsystem auch in Italien   den Brigantaggio und ebenso in Südungarn das Räuberwesen. So wenig als es dort durch das Standrecht beseitigt werden kann, so blutig auch letzteres gehandhabt wird, ebensowenig in Bosnien   und der Herzegowina. Die Leute verhungern und haben demnach keine andere Wahl als Auf­stand oder Räuberei", und so, wie sie sich gegen die Türken erhoben, mußten sie sich gegen die Desterreicher erheben und werden es gegen jede nachfolgende Regierung thun, solange Grund und Boden dem Volke nicht zurückgegeben worden.

Daß der panslavistische Zarismus diese Zustände für sich ausbeutet, ist sicher, aber ebenso unbestreitbar ist, daß dem Aufstande in erster Linie agrarische, also soziale Ursachen zu Grunde liegen. Desterreich hat selbst dem Panslavismus da unten ein willkommenes Objekt des Wühlens geliefert. Es ist bezeichnend, daß der Aufstand in den Provinzen aus­brach, in denen die Bureaukratie am meisten in die Agrikulturverhält­nisse sich einmischte natürlich zum Schutze der Agas. Gerade in den drei insurgirten Bezirken der Herzegowina find unter dem Einflusse  " 4000 an der Zahl- ge­der Beamten die meisten Pachtkontrakte schlossen worden.

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Was die Krivoschje anbelangt, so hätte sich die nie erhoben, wenn sie nicht an der Herzegowina und Bosnien   einen Rückhalt, gehabt hätte. Ebenso schuftig und dumm, als man den Aufstand heraufbeschwor, sucht man ihn jetzt zu unterdrücken. An den Eigenthumsverhältnissen darf nicht gerüttelt werden also macht man das Land lieber zur Wüste. In allen Dörfern des insurgirten Gebietes, die zu entlegen oder exponirt sind, um dauernd von den Truppen besetzt werden zu können, werden sämmtliche Häuser und Zisternen(!!) mittelst Dynamit gesprengt. Natürlich, wo Niemand wohnen fann, fann es auch keine Aufständischen geben. Von den Zisternen hängt in jenen wasserarmen Gegenden die Kultur ab, die meisten derselben sind uralte Bauten, zum Theile noch aus der Römerzeit stammend, heilig jedem Bewohner; sie haben unverletzt alle die Invasionen der Barbarenschwärme der Völkerwanderung über­dauert jetzt werden sie von den Kultur nach Osten Trägern" für immer vernichtet.

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So pazifizirt man in Desterreich!

T

B. J.

Unsere Vertretung im Reichstage. Rede unseres Genoffen Vellmar   über das Tabakmonopol, gehalten am 12. Mai 1882.

( Abdruck aus dem stenographischen Bericht.) Angesichts des Interesses, welche die Rede Vollmar's verdienter­maßen allgemein erregt hat, haben wir uns entschlossen, sie ihrem vollen Wortlaute nach im Parteiorgan zum Abdruck zu bringen, womit wir unsere Leser einverstanden hoffen. Dasselbe hoffen wir von unserem Entschluß, die Rede in einer Nummer, als ein Ganzes, zu bringen, trotz des Raumes, den sie beansprucht.

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Meine Herren, meine Partei, die Sozialdemokratie, ist in diesem Kampfe um das Monopol so oft für und wider angezogen worden, und über ihre Stellungnahme haben so viele Zweifel geherrscht, daß ich Ihnen wohl ansinuen kann, selbst bei der vorgeschrittenen Stunde mir einige Aufmerksamkeit für meine, allerdings von den Ihrigen wesentlich abweichenden, Gründe zu schenken.

Meine Partei hat beschlossen und sie hat es es schon in der vorigen Session versprochen die Vorlagen, welche von der Regierung an uns kommen würden, ruhig und sachlich zu prüfen. Ich muß Ihnen nun gestehen, daß bei der gegenwärtigen Vorlage diese ruhige und sachliche Prüfung für uns etwas sehr Schwieriges ist, und zwar um deswillen, weil mir die Vorlage in allen ihren Berechnungen und Aufstellungen von einer wahrhaft großartigen Oberflächlichkeit zu sein scheint. In früheren Sessionen ist uns oft gesagt worden, daß wir nur eloquente Streber" seien wie sich unter anderem der Herr Reichskanzler einmal ausdrückte, daß wir in der Politik eigentlich nur Dilettanten seien, die wenig von der Sache verstehen. Nun, ich muß Ihnen auf Grund meiner Erfahrungen sagen: wenn Sie diese Tabakvorlage von einem be­liebigen Arbeiterverein hätten machen lassen, so versichere ich Sie, daß Sie keine so unreife Vorlage bekommen hätten, wie es diese und eine Reihe von anderen Gesetzentwürfen sind.

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( Sehr richtig! links.)

Wenn ich nun die Sache an sich beurtheile, so nehmen ja wir Sozial­demokraten, wie gewöhnlich, eine wesentlich von allen Parteien abgeson­derte Stellung ein. Daß wir mit der Regierung in dieser Sache nichts zu thun, nichts mit ihr gemein haben, das versteht sich wohl ganz von selbst. Aber ebenso wenig haben wir in Bezug auf die Gründe, die uns zu unserem Votum bewegen, zu thun mit den bürgerlichen wie wir es thun, so oppo­Parteien. Wenn wir opponiven niren wir dabei keineswegs als Anhängsel der alten bürgerlichen Parteien, sondern aus ganz anderen Gründen.

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Sie alle, die Sie gegen das Tabakmonopol find, Sie sind ob Sie es nun wissen oder nicht wissen, ob Sie es zugestehen wollen oder nicht Sie sind dagegen wesentlich aus privatrechtlichen Gründen, wesentlich deshalb, weil das Monopol einen großartigen gewaltigen Eingriff in das Privatrecht darstellt. Wenn ich nun von meinem Stand­punkt aus nur diesen Grund in Betracht ziehen wollte, so muß ich Ihnen sagen, daß ich aus diesem Grunde für das Monopol wäre. Abstraft, an sich genommen, müßten wir Sozialisten ja für das Monopo ein gewisses Faible( Schwäche) haben, denn das Monopol ist entschieden ein Stück gesellschaftlicher Gütererzeugung, es zeigt deren Mög lichkeit und Wirthschaftlichkeit und es stellt im Brinzip wenigstens den Staat auf als den allein berechtigten Anordner der Produktion. ( Hört, hört! links.)

Es wird durch das Monopol ob man das nun zugestehen will oder nicht im Prinzip festgestellt, daß dem öffentlichen Interesse gegenüber ein berechtigtes Privatinteresse in Bezug auf die Gütererzeugung überhaupt nicht besteht,

( Sehr richtig! links)

und das heilige unverletzliche Eigenthum", wegen dessen Bekämpfung wir so häufig bestraft worden sind, dieses heilige unverletzliche Eigen­thum" bekommt durch das Monopol einen gründlichen Stoß.

( Sehr wahr! links)

Kurz und gut, wenn Sie heutzutage irgend ein Monopol einführen gleichviel welches, so wandeln Sie auf sozialistischen   Wegen.

Richtig ist ferner von unserem Standpunkte aus ganz entschieden die Behauptung in den Motiven welche allerdings von der Regierungs­bant aus mich sehr frappirt hat richtig ist, daß den Leuten, welche von dem Erwerb in der Tabakindustrie hinweggedrängt werden, kein Rechtsgrund auf Entschädigung zur Seite stehe. Dieser Grundsatz ist ein durchaus sozialistischer.

( Heiterkeit links.)

Nach unseren Grundsätzen gehört der Gesellschaft die Gütererzeugung und die für sie bestimmten Werkzeuge, und die Entfremdung irgend eines Theiles derselben kann niemals durch Wirkung der Zeit rechtmäßig ge­macht werden. Wir stehen nicht auf dem Standpunkte der erworbenen Rechte", und aus diesem Grunde ist für uns ein Rechtsanspruch auf ein Ausbeutungsrecht überhaupt nicht vorhanden. Aus diesem Grunde werden Sie es wohl selbstverständlich finden, daß wir nicht den Grund­satz des Rückk aufs aufstellen, sondern einfach den Grundsatz der Rücknahme.

( Lachen links. Bewegung.)

Höchstens können dabei politische" Gründe, oder wie der Regierungs­entwurf uns sagt Gründe der Billigkeit mitsprechen in Bezug auf das llebergangsstadium.

Für Sie, meine Herren, sind allerdings derartige Theorien, wie mir scheint, sehr gefährlich. Der Begriff des Eigenthums, dieser Begriff, der heute ohnehin schon sehr streitig ist, tommt dadurch immer mehr ins Gedränge ( sehr wahr! links),

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und wenn die Herren auf der Rechten wie ja schon vorhin gesagt worden ist von einem Redner auf der linken Seite glauben, daß es ungefährlich sei, das Prinzip des Eigenthums in der Gestalt der Jndu­strie zu verletzen, so täuschen sie sich darin ganz gewaltig.

( Hört! hört! links.)

Es gibt Leute, die Logik genug besitzen, um die nöthigen Konsequenzen hieraus zu ziehen, Konsequenzen, welche den Herren da drüben( rechts) nichts weniger als erfreulich sein werden.

( Heiterkeit links.)

Welchen Grund immer man anführen möge für das Tabakmonopol, auf alle Fälle wirken Sie dabei destruktiv, ich gebrauche ein Wort, was gewöhnlich uns gegenüber gebraucht worden ist destruktiv für das Eigenthum, und Sie kommen dabei aufdieschiefe Fläche, welche zu uns führt.

( Heiterkeit links.)

Wenn Sie, wie geschehen ist, den Profit als maßgebend betrachten, ich meine, wenn Sie die Behauptung aufstellen: weil das Tabakmonopol so viel Profit abwirft, deshalb habe der Staat das Recht, diesen Fabri­fationszweig in seine Hände zu führen, nun, so muß ich sagen, daß Sie in all unserem Wirken niemals einen so grob materiellen Grund finden können. Uns ist es niemals eingefallen, zu sagen, wir wollen deswegen den Uebergang der Güterzeugung in die Hände des Staates, der All­gemeinheit, weil sich dabei Profit herausschlagen läßt. Nein, wir haben einen anderen idealeren Grund aufgestellt, den ich Ihnen schon vorhin andeutete, und den ich deshalb nicht nothwendig habe, zu wiederholen. Aber, meine Herren, wenn Sie diesen Grundsatz des Profits einmal aufstellen, so frage ich Sie, wohin Sie dann eigentlich kommen? Ich denke doch, mit ganz demselben Rechte und demselben Grunde können Sie jedes übrige Eigenthum entreißen, sobald es verspricht, dem Staate Gewinn einzubringen.

und

Ganz dasselbe ist der Fall in Beziehung auf den Schutz vor Aus­beutung", von dem hier gesprochen wurde. Es hat geheißen: es ist besser, man führt die Tabakindustrie in den Staatsbesitz über, weil dann weniger Fälschungen vorkommen. Nun, ganz derselbe Grund das hat, wie mir scheint, schon der Herr Abgeordnete von Stauffenberg überzeugend nachgewiesen ganz derselbe Grund läßt sich anführen in noch viel berechtigterer Weise für eine ganze Reihe anderer Industrien. Warum geht man denn zuerst an ein Genußmittel, welches doch bis zu einem gewissen Grade ein Lurus ist, insofern als es entbehrt werden fann, warum geht man da nicht viel lieber an die absolut nothwendigen Lebensmittel? Ich verweise Sie da z. B. hin auf den Getreidehandel warum tommen Sie nicht auf den staatlichen Getreidehandel und anderes mehr?

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( Zustimmung links.)

Der Rechtsgrund, welcher allen diesen Gründen für das Monopol zu Grunde liegt, ist immer wie­derum, daß die Gesellschaft allein die Quelle alles Rechtes sei, und wir Sozialisten können selbstverständlich nur zu­frieden sein, wenn wir hören, wie Grundsätze, welche man an unseren Personen Jahrzehnte lang gestraft, theilweise siegreich geworden sind und ihren Weg zu den Bundesrathsseffeln gefunden haben.

( Große Heiterkeit und Bravo links.)

Meine Herren, wir haben, wie Sie bei mir und bei uns ganz von selbst voraussetzen werden, keine Ursache, für das bedrängte Kapital einzutreten; im Gegentheil. Wenn wir Bosheits- und Gefühlspolitik treiben wollen, so würden wir bei der vorliegenden Bekämpfung des Kapitals eher helfen, denn die bürgerlichen Parteien haben uns ja auch alle Zeit her nicht sehr glimpflich behandelt; Sie brauchen da blos an die Geschichte des Sozialistengesetzes zurückzudenken.

Aber meine Herren, wir treiben keine Gefühlspolitik, und das bestimmt uns, entschiedene Gegner dieses Gesetzes zu sein. Ich will Ihnen die einzelnen Gründe sagen, die uns dazu bestimmen.

Der erste Grund ist ein ökonomischer. Nach unseren Grund­sätzen müssen zuerst die konzentrirten Betriebe in das Eigenthum und den Betrieb des Staates übergeführt werden. So z. B. die Bahnen, die Bergwerke, die Stahlindustrie, die Zuckerfabrikation u. s. w.; vor allem gehört hierher auch der Großgrundbesitz.

( Sehr gut! links.)

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Man zäumt das Pferd nicht beim Schwanze auf; man darf nicht an­fangen bei zersplitterten Betrieben, welche zur Ueberführung in den Staatsbetrieb noch wenig geeignet sind, sondern man muß beim Groß­betrieb beginnen, und es ist ja auch in den Motiven wiederholt an­geführt, daß die Tabakindustrie wie es thatsächlich der Fall ist noch eine der zersplittertſten ist. Aber wir sehen, wie allenthalben, so auch hier wiederum die Tendenz, den Kleinen bluten zu lassen, nicht aber den Großen; von unserem Standpunkt aber soll das umgekehrt sein. Dann, meine Herren, kommen die politischen Gründe. Zunächſt erscheint uns der Grund des Be­was ja auch zugestanden ist

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strebens der Ueberführung der Tabakindustrie in das Staatseigenthum vor allem als ein fiskalischer. Es handelt sich darum, eine gewal tige Geldquelle zu bekommen und dabei nebenbei auch die Einzelstaats­laften, im wesentlichen die preußischen Staatslasten, auf das Reich abzu­wälzen. Wir haben ja die bekannten 116 Millionen, welche schon recht vielversprechend find! Außerdem sind schon eine ganze Reihe von neuen Ausgaben bereit; die Motive sprechen verständlich von den wachsenden Bedürfnissen des Staats- beziehungsweise des Reichsetats, und ich bin sehr zweifelhaft, wenn die Regierung all das Geld wirklich bekäme, das sie sich verspricht, ob sie damit weit reichen würde. Ich glaube, es würde das wahrscheinlich eine zweite Auflage des bekannten Milliarden­topfes werden. Was uns betrifft, so sind wir keineswegs von denen, welche stets und an sich schon gegen wachsende Staatsbedürfnisse schreien. Ich meine das von dem Standpunkte aus, daß die wirth schaftliche Entwicklung dahin drängt, immer weitere Betriebe aus den

Händen der Privatthätigkeit in die der öffentlichen Thätigkeit überzu­führen, woraus sich von selbst ergibt, daß sich die öffentlichen Ausgaben stets steigern müssen. Das sind aber kulturelle Ausgaben, gegen die nichts einzuwenden ist. Aber hier handelt es sich um solche kulturelle Ausgaben in feiner Weise, wenigstens hat man bis jetzt noch nichts davon bemerkt, und die Erfahrungen, die wir bis jetzt gemacht haben, bewegen uns am allerwenigsten dazu, derartiges anzunehmen.

Es handelt sich eben in erster Reihe wiederum um die bekannte Hauptreichsausgabe, das Militär. Da allerdings würden die Herren sehr zufrieden sein, wenn sie noch mehr Geld zur Verfügung bekämen, und die neuen Regimenter und die neuen Kanonen würden sich mit Schnelligkeit finden und alles absorbiren.

Daß wir hierfür nicht eintreten, ist klar, und das bekannte Cliché des Herrn Staatssekretärs Scholz von der Bedrohniß von außen, von einer äußeren Gefahr, mag seine Freunde im Hause finden, bei uns verfängt es in feiner Weise. Wir wissen ganz genau, daß, wenn von einer Bedrohung die Rede ist, diese viel mehr aktiv von uns ausgeht, als daß sie uns leidend trifft; zudem ist der Zustand der Armeen in den beiden vor allem in Frage kommenden Staaten, in Frankreich   und in Rußland  , kein derartiger, daß wir uns darob besonders graulich machen laffen sollten.

In diesen Ausgaben fiegt überhaupt der Haken des Ganzen, und da muß ich Ihnen allerdings sagen, daß, wenn man sich auf den Stand­punkt derjenigen Herren auf allen Seiten des Hauses stellt, welche fortwährend zum Theil leichten Herzens, zum Theil mit Wider­streben zu bewilligen bereit sind, daß man es dann allerdings be­greiflich finden muß, wenn man auf alle möglichen Abwege geräth, um sich Geld zu verschaffen. Wenn man es einmal als eine feststehende Thatsache annimmt, daß Geld überhaupt nothwendig ist, dann kommt das Mittel zur Herbeischaffung nur erst in zweiter Linie. Wer es also unmöglich machen will, daß überhaupt in Zukunft derartige Anforde rungen gestellt werden, diese Mahnung wird bei den Herren ja nicht verfangen, ich weiß das wohl- der hat auch die Pflicht, die Ausgaben zu beschränken. Wir sind gegenwärtig hierzu natürlich nicht in der Lage; wären wir es, Sie sollten sehen, daß es gar nicht nothwendig wäre, Tabak  - und andere Monopole einzuführen.

Sodann ist anzuführen, daß wir gegen die indirekte Be= steuerungsform überhaupt sind. Die Regierung führt ja selbst an, daß das Monopol eigentlich nichts weiter als eine andere Form der Steuererhebung sei. Es ist angeführt, um uns das Tabak­monopol genießbarer zu machen, daß wir in Deutschland   im Vergleich mit anderen Kulturstaaten in der indirekten Besteuerung noch sehr zurück­geblieben seien". Meine Herren, ich meine nun, wenn man schon ein­mal einen Blick über die Grenzpfähle hinweg auf andere Kulturstaaten richtet, daß man ganz andere Dinge zu lernen hätte, als die indirekte Besteuerungsform. Geben Sie uns z. B. von Frankreich  herüber die Republik   oder von der Schweiz   die direkte Gesetzgebung des Volkes, geben Sie uns politische Freiheit dann, meine Herren, werden wir viel­leicht weiter über diesen Punkt mit Ihnen sprechen. Vorläufig aber glauben wir, daß man um der indirekten Besteuerung willen nicht nach dem Ausland zu sehen habe.

Nun hat der Herr Staatssekretär Scholz vorgestern etwas angeführt, was mich sehr erstaunen gemacht hat, weil es nicht stimmt zu dem, was sonst immer als Grund für die indirekte Steuer gesagt wird. Es ist heute wiederholt worden: eigentlich wird diese indirekte Besteuerung wesentlich zu Gunsten des armen Mannes eingeführt, dem soll es recht gut gehen, der soll womöglich gar keine Steuern bezahlen und dergleichen mehr. Vorgestern aber hat der Herr Staatssekretär Scholz wahr scheinlich in Folge vielfacher Beschäftigung ganz darauf vergessen, daß dies einer seiner Hauptgründe sein sollte, und hat dabei aus der Schule geplaudert, daß sich hauptsächlich auch um deswillen die indirekte Besteuerung empfehle, weil bei der direkten Besteuerungs­form man die armen Leute nicht auspfänden könne, weil man sie stets fruchtlos exekutiren müsse. Ich fonstatire hiermit zur Erbauung des arbeitenden Volkes in Deutschland  diese so arbeiterfreundliche" und volksfreundliche" Anschauung des Herrn Staatssekretärs.

Ich habe auch eine Bemerkung zu machen in Bezug auf das Wahl­recht, und das bezieht sich auf eine Aeußerung des Herrn Abgeordneten Windthorst. Herr Windthorst hat den Ausspruch gethan, daß er es für nothwendig halte, das Wahlrecht in eine direkte Verbindung zur Steuer­fähigkeit des Bürgers zu bringen, ich glaube wohl, ich habe da nicht falsch verstanden. Herr Windthorst ist da ganz und gar auf die Sprünge derer gekommen, welche eine Korrektur des allgemeinen Wahlrechts" für nöthig halten. Ich will darauf nicht eingehen, sondern begnüge mich damit, das für eine spätere Gelegenheit zu konstatiren.

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Ein zweiter politischer Grund, den wir gegen das Tabakmonopol haben, ist die kolossale Machtvermehrung, welche die Regierung hieraus ziehen würde. Politisch genommen, ist dies indirekte Steuersystem nichts anderes, als der Kampf der Monarchie gegen die steuerbewilligende Bour­geoisie. Es wird das zwar vielfach verkannt, aber es ist nichts desto weniger so; es dreht sich hauptsächlich darum, von dem unangenehmen Kontrolrecht nicht des Volkes, denn das ist sehr wenig daran be­theiligt aber dem des Bürgerthums sich loszumachen. Wir haben nun allerdings, wie ich vorher schon sagte, gar keinen Grund, der Bourgeoisie als unserer besonderen Freundin zu helfen durchaus nicht; wir könnten schließlich eher höhnisch lächeln, wenn das Bürgerthum mit den von ihm selbst geschmiedeten, von ihm selbst der Regierung gelieferten Waffen einiger­maßen gezüchtigt wird. Aber auch für uns ist es wichtig, daß der Regierung, die jetzt schon zum Theil die ganze Gewalt des Staates, die möglichsten Hilfskräfte der Nation zur Verfügung hat, die jetzt schon übermächtig ist, in keiner Weise noch mehr Macht zur Verfügung ge ftellt wird.

Wenn Sie das Tabakmonopol und andere Dinge werden nicht verfehlen, bald hinterher zu kommen bewilligen, wenn die Regierung einmal Geld genug in Händen hat, dann, meine Herren, dürfen Sie doch nicht glauben, daß der Reichstag   etwa mächtiger wird, als er es jetzt ist. Ihre Macht ist ja schon nicht sehr bedeutend, aber dann werden Sie noch weit weniger nothwendig sein, als es bisher der Fall ge­wesen ist.

zusammengenommen würden in direkte,

Kommt ferner hinzu die ganze Gewalt, welche die Regierung gegen die im Tabakmonopol Beschäftigten in ihrer Hand hat. Die Tabat arbeiter, die Tabakverschleißer und Tabakbauer wohl über eine halbe Million der Bevölkerung unerhörteste Abhängigkeit zur Regierung kommen. Auf Einzelheiten will ich mich nicht einlassen

es ist das ja theil­

weise bereits von anderen Rednern geschehen und wird wohl auch noch weiter geschehen. Ich will mir nur noch erlauben, Ihre Aufmerksamkeit auf zwei Punkte hinzulenken.

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Da haben wir zunächst den Tabatarbeiter. Die Begründung einige sagt uns, daß in Deutschland  - so viel ich mich erinnere neunzigtausend Arbeiter vorhanden seien, von denen ca. achtzigtausend im Monopol beschäftigt würden. Meine Herren, ich mache nicht den An­spruch auf Unfehlbarkeit, den die Herren auf der Ministerbank zu machen scheinen, ich kann demnach nicht behaupten, daß meine Zahlen genau sind, denn eine sichere Statistik existirt darüber überhaupt nicht; aber so viel ist zweifellos, daß die Zahl der Tabakarbeiter in Deutschland   eine bei weitem größere ist als die von der Regierung angegebene, und daß dem­nach die Zahl derer, welche durch das Monopol ihre Arbeit verlieren würden, ganz bedeutend höher wäre. Nehmen wir noch hinzu, daß beim Monopol ganz dieselben Grundsätze herrschen müssen, wenn Sie Profit machen wollen und die ganze Geschichte läuft doch nur darauf hinaus daß Sie ganz dieselben Grundsätze annehmen milffen, welche in Frant­reich und Destereich bestehen; und in dieser Beziehung weiſe ich ganz besonders auf etwas hin, was noch nicht erwähnt worden ist das ist die Frauenarbekt. In Frankreich   und Desterreich besteht der weitaus überwiegende Theil der Arbeiter aus Frauen, und nur eine geringe Anzahl von Männern sind in den Fabriken beschäftigt. Oder nehmen Sie doch einmal die berühmte Versuchsstation des Tabakmonopols an, die Straßburger Manufaktur, in welcher fünf Sechstel der Arbeiter Frauen und nur ein Sechstel Männer sind.

( Hört! hört! tints.)

Wenn Sie sich nun denken, was entstehen würde nach Einführung des Monopols, und im weiteren Verlauf, wie viele Arbeiterentlassungen da erfolgen müßten, so wird das Resultat keineswegs so optimistisch aus­sehen, wie die Herren es uns vorgeführt haben. Was soll mit den