Kindern zu zwei Jahren Zuchthaus verurtheilt worden ist, wurde feifellos nach Waldheim transportirt.

Daß Vollmar's Rede über das Tabatmonopol der schärffte| gefahren. Ein gewiffer Steinbach z. B., der neulich wegen Unzucht mit Angriff war, den dieses im Reichstag auszuhalten hatte, wird all­seitig zugestanden; die heftigsten Gegner desselben, die Fortschrittler und Sezessionisten, tamen daher auch nach Vollmar's Rede zu unseren Ge­noffen und boten ihnen einen Sitz in der Kommission an, welches menschenfreundliche Anerbieten aber selbstverständlich keine Gegenliebe fand. Unsere Abgeordneten verzichteten auf die Ehre, einer Kommission anzugehören, deren Aufgabe es ist, Bismarck Rathschläge zu ertheilen, wie er am schmerzlosesten dem Tabat ,, Blut" abschröpfen kann.

Wir bemerken noch, daß neben den in voriger Nummer Genannten auch die Genossen Diez, Rittinghausen und Stolle gegen die Kommission stimmten.

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich , 23. Mai 1882.

Ein allerliebstes Geständniß. Der Streit um das Tabakmonopol fördert doch für einen Sozialisten wahrhaft herzstärkende Dinge zu Tage, wir können unserm Freunde Bismarc oder Bucher ? gar nicht dankbar genug sein, daß er der Bourgeoisie diese Frucht vom Baum der sozialistischen Erkenntniß vorgesetzt hat.

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Am 12. Mai hatte im Reichstag Herr von Stauffenberg mit fittlicher Entrüstung darüber losgedonnert, daß im preußischen Volks­wirthschaftsrath einige Baumwollspinnereibesitzer für das Monopol ge­ftimmt hatten, und ihnen zugerufen: Wie würde Euch zu Muthe sein, wenn der Staat die Baumwollspinnerei monopolisirte! Flugs kommt nun einer dieser baumwollenen Monopolfreunde, der Volkswirthschaftsrath Wolff, mehrfacher Fabrikbesitzer und Kommerzienrath und antwortet dem bayrischen Freiherrn in der Norddeutschen Allgemeinen":

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,, Dieses kann sich nur auf den Herrn Dr. Jansen und mich beziehen, es scheint mir somit eine Pflicht der Schuldigkeit(?) zu sein, dem Herrn von Stauffenberg diese Frage zu beantworten, und die( die Frage?) geht dahin, daß, trotzdem in den Spinnereien wieder mit Nutzen gearbeitet wird, ich gern bereit bin, unter den Bedingungen, wie sie beiden Tabakindustriellen vorgesehen sind, mich jederzeit mono­polisiren zu lassen, weil, nun, weil der neue Zolltarif die Aufnahme vieler Fabrikationszweige ermöglicht, welche mit größerem Nutzen als eine Baumwollspinnerei zu betreiben sind, welche aber vor der Zollreform lediglich im Auslande betrieben wurden. Ob Tabakindustrieller oder Baumwollspinnerei Besizer, als Unternehmer sind nicht immer Fachkenntnisse nothwendig, besser ist allerdings besser."

Nicht wahr, ein reizendes Geständniß? Herr Wolff ist Großunternehmer und spricht natürlich vom Standpunkte eines solchen aus.

Ob Tabakindustrieller oder Baumwollenspinnereibesitzer, als Unter­nehmer sind nicht immer Fachkenntnisse nothwendig" was ist das anders als eine Bestätigung dessen, was wir Sozialisten immer gesagt und vertreten haben! Das nicht immer" ist natürlich nur eine be­schönigende Beigabe für den dummen Plebs denn soviel sieht jeder Denkende ein, daß es hier nur ein Entweder Oder gibt, entweder Fach­fenntnisse sind nothwendig oder nicht. Herr Wolff, selbst Unternehmer, läugnet Ersteres und gibt also Letzteres zu. Im Eifer, Bismard seinen Dank für die Garnzölle abzutragen, reißt er sich und seinen Genossen den strahlenden Nimbus, mit welchem die bürgerliche Dekonomie sie zu eingeweihten umgeben liebt, vom Haupt und präsentirt sie der Welt als ganz gewöhnliche profitwüthige Kapitalisten. Der Unter­nehmergewinn zerfließt in sein Nichts, er löst sich auf in den zwar weniger lieblich daftenden, aber doch sehr angenehm schmeckenden( non olet!) Kapitalprofit. Vom Unternehmer bleibt nur übrig der Spekulant, der heute in Tabak, morgen in Baumwolle, übermorgen in Schiefer ,, macht", alles lebrige besorgen Angestellte: Techniker oder Chemiker, Direktoren oder Werkführer, und die eigentlichen Arbeiter.

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Unter den antisemitischen, argrarischen und kleinbürgerlichen Sozial­quacksalbern ist es seit einiger Zeit Mode, auf den Kapitalgewinn 108­zuschlagen, den Unternehmergewinn aber als berechtigt hinzustellen. Hier fommt nun ein Unternehmer und erklärt mit dürren Worten beide für identisch sollen wir dem Manne, welcher ihm dieses für uns Sozialisten so werthvolle Geständniß entlockte, nicht vom Grunde unseres Herzens aus dankbar sein?

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Wir denken, ja!

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Aus Dresden , 19. Mai, wird uns geschrieben: Heute vor acht Tagen( durch ein bedauerliches Mißverständniß wurde sofortiger Bericht verhindert) wurde an einem unserer Parteigen offen wieder eine jener Schandthaten verübt, welche das Rennomee der Dresdener Justiz und Polizei begründet haben. Die Leser erinnern sich des schmachvollen Prozeßes wegen des ersten Wahlflugblattes im Dresden - Neustädter Kreis. Unter den zahlreichen Verurtheilten befindet sich auch Pflaum, ein hiesiger Hausbesitzer, der als Verbreiter" des Flugblattes eine Ge­fängnißstrafe von sechs Monaten erhielt. Der größte Theil der Strafe daß der Mann Fluchtgedanken hegen könne, ist ein­ist jetzt abgesessen fach undenkbar. Wohlan vorige Woche bekam Pflaum einen im Auf­trag seiner Frau geschriebenen Brief, in welchem ihm deren schwere ärztlich bezeugte! Erkrankung gemeldet und er gebeten wurde, in Anbetracht ihres hülflosen Zustandes und außerdem zur Regelung einer wichtigen Geldangelegenheit, sich einen kurzen Urlaub zu erwirken. Pflaum, dessen Gemüthszustand man sich vorstellen kann, suchte um einen drei­stündigen Urlaub nach, der ihm auch bewilligt ward. Heut vor acht Tagen Vormittags trat er demgemäß in Begleitung eines Beamten der Staatsanwaltschaft den Weg vom Gefängniß nach seiner Wohnung eine Entfernung von mindestens 20 Minuten. Ein Parteigenosse, der ihm begegnete, sah, daß Pflaum etwas schwerfällig ging; er blickte näher, und überzeugte sich, daß demselben eine eiserne Rette um den Leib gelegt und die rechte Hand angeschlossen war. Pflaum bestätigte dies; ein Gespräch verhinderte der Beamte. Hunderte von Menschen haben das schmachvolle Schauspiel mit angesehen. Sollten die Behörden Ableugnungsversuche machen, so haben wir eine Anzahl von Zeugen.

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Also geschlossen wurde Pflaum zu seiner schwerkranken Frau geführt. Wie der Anblick auf sie gewirkt hat, das brauche ich nicht auszumalen. Das arme Weib war so erschüttert, daß, statt der erhofften Besserung, eine wesentliche Verschlechterung ihres Zustandes eingetreten ist.

Natürlich mußte Pflaum auch den Rückweg in Ketten zurücklegen. Die Kette, mit der er geschlossen war, ist von dem nämlichen Kaliber und der nämlichen Konstruktion, wie jene, die zu Anfang dieses Jahres auf dem Tische" des Landtags deponirt war, um den Herren Volks­bertretern ad oculos zu demonftriren, daß das niedliche Spielzeug, von welchem unser braver Herr Justizminister in einem Anfall von unfrei­willigem Humor gesprochen hatte, eine ganz ächt eiserne Kette ist, würdig, den Reliquien der Marterkammern des 16., 17. und 18. Jahrhunderts angereiht zu werden.

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Die Jujamie des Vorgehens gegen Pflaum ist um so größer, als das Schließen beurlaubter Gefangenen durchaus nicht Regel ist. In allen Fällen, wo kein Fluchtverdacht vorliegt und, wie gesagt, bei Pflaum, der nur noch zwei Monate zu fizen" hat, und durch Familie, Geschäft, Hausgrundstück an Dresden gebunden ist, kann ein Fluchtgedanke auch von dem argwöhnischsten Staatsanwalt nicht vorausgesetzt werden allen Fällen, wo kein Fluchtverdacht besteht, werden die Gefangenen nicht gefesselt. Dem Sozialdemokrat gegenüber wurde also eine Ausnahme gemacht. Sozialdemokraten verdienen keine Rücksicht, haben keine menschliche Behandlung zu beanspruchen.

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Ja wäre Pflaum ein gemeiner Verbrecher. Hätte er gestohlen, be­trogen oder ein Sittlichkeitsverbrechen verübt dann wäre er besser

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Es ist das charakteristisch für das herrschende System, daß es den gemeinen Verbrecher humaner behandelt als den sogenannten politischen Verbrecher. In letzterem erblickt es- mit Recht! seinen Feind, den es zu vernichten sucht; in dem gemeinen Verbrecher dagegen erkennt es seinen eigenen Sohn, für den es seine Sympathien nicht ver­leugnen fann.

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- Polizeiliches aus Thüringen . Genosse Hermann Fischer aus Gera ist wegen Verbreitens des Flugblattes An das deutsche Volk", dessen Verbot ihm nicht bekannt war, nach 84tägiger Untersuchungshaft zu fünf Wochen Gefängniß und Tragen sämmt­licher Kosten verurtheilt worden. Was in Fischer's Heim nicht niet- und nagelfest war, wurde von den polizeilichen Langfingern beschlagnahmt", mit besonderer Haft die Bilder von Bebel, Liebknecht , Hepner, Geib, Freiligrath u. f. w. Die lange Untersuchungshaft wurde von der Polizei dazu benutzt, wo es ihr paßte, Haussuchung abzuhalten, unter dem lüg­nerischen Vorwand, daß nach Fischer's Angaben an den betr. Orten sich verbotene Schriften befänden. Für Verpflegung in der Untersuchungshaft wurden Fischer von dem ihm ges- eßlich abgenommenen Gelde pro Tag 1 Mt. 98 Pfg. in Abzug gebracht. Wie billig!

Jn Ger a hatte die Hochlöbliche unserem aus Leipzig ausgewiesenen Genossen Fink auf Grund des§ 24 des Sozialistengesetzes die Be­fugniß zur gewerbsmäßigen oder nicht gewerbsmäßigen öffentlichen Ver­breitung von Druckschriften, sowie die Befugniß zum Handel mit Druck­schriften im Umherziehen" entzogen. Da sie Fink nicht gleichzeitig das Rezept verabfolgte, gleich Heinrich XXII . ohne Arbeit leben zu können, so trat derselbe nunmehr bei seiner Frau, welche das Geschäft übernommen, als Prokurist ein. Das paßte aber den Staatsrettern von Gera nicht in den Kram, der gefährliche Fink sollte mit Gewalt ausgehungert werden, man verknurrte ihn also wegen Zuwiderhandelns gegen eine auf Grund von 2c. erlassene Verfügung zu einem Monat Gefängniß. Fink a p- pellirte an das Reichsgericht, und da es sich um eine in das bürgerliche Geschäftsleben einschneidende Frage handelte, so hatte dieses ein Einsehen es gibt also noch ein Reichsgericht und hob das Urtheil der Geraer Staatsretter auf.§ 24 betreffe nur den Gewerbebetrieb im Umherziehen.

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Indeß, Gott verläßt die Seinen nicht. Jetzt ist Fink wegen Beleidi gung des Staatsanwaltes angeklagt worden, dessen bei Gelegenheit der Haussuchung bei Fink ausgestoßene Drohungen, wie u. A., daß er es versuchen will, Fink auf Grund des Sozialistengesetzes hineinfallen zu lassen u. s. w.", dieser in der Gerichtsverhandlung festgenagelt hatte. Für dies hochverrätherische Vergehen wird Fink demnächst vor der Geraer Gerechtigkeit sich zu verantworten haben, die guten Seelen können also hoffen, daß die irdische Nemesis den Gottlosen doch noch erreicht. Fink ist zwar so ver­rucht, daß er den Staatsanwalt schon zu dem Geständniß gezwungen hat, es sei ,, möglich", daß er ähnliche" Worte gebraucht habe, indeß guter Rath kommt über Nacht.

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Es geht uns folgender Aufruf zur Veröffentlichung zu: Aufruf der sozialistisch revolutionären Gruppe der Hochschule zu Paris. Bürger, Kommilitonen!

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Die sozialistischen Studenten zu Paris, von dem Wunsche beseelt, an der großen sozialen Bewegung ihrerseits mitzuwirken, haben sich seit ihrer zu Ehren der Proklamirung der Kommune von Paris stattgehabten Manifestation zu einer sozialistisch- revolutionären Gruppe konstituirt. Wir wenden uns heute an alle unsere revolutionären Kameraden Frankreichs und des Auslandes und laden sie ein, auch ihrerseits sich in Gruppen zu organisiren.

Wir bitten Euch um Euren brüderlichen Beistand in unserem Be­streben nach Gründung einer ausgedehnten internationalen Federation aller sozialistischen Studenten. Wir drücken Euch brüderlichst die Hand. Hoch die soziale Revolution! Die sozialistisch revolutionäre Gruppe der Pariser Hochschule.

Alle Mittheilungen und Beitrittserklärungen wolle man an den Sefre­tär der Gruppe Quai St. Michel 9, Paris-adressiren.

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England. Nichts kennzeichnet besser die verzweifelte Situation der englischen Regierung als ihr Vorgehen gegen die Londoner Freiheit". In England, dem Lande der Preßfreiheit par excellence, wird ein deutsches, also der großen Masse des englischen Volkes nicht einmal verständliches Blatt verfolgt wegen eines Artikels, der bei Weitem noch nicht das Schärffte enthält, was in dieser Richtung schon geschrieben und gesagt wurde. Aber freilich, der Artikel betraf englische Verhältnisse, und das Klatschblatt Ihrer Majestät der Königin", die St. James Gazette", hatte ihn denunzirt. Folglich mußte Etwas" gethan" werden. Und ein deutscher Spitzel ob auch von der deutschen Polizei bezahlt, wird nicht hinzugefügt begab sich in die Druckerei und verhaftete in Ermangelung einer anderen Person den Setzer des Blattes. Zu einer Neuauflage des Prozesses Most dürfte es wohl nicht kommen, denn schon ist Mertens der verhaftete Setzer gegen Raution auf freien Fuß gesetzt worden.

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Die Reaktionäre sind sich doch überall gleich. Sobald es sie betrifft, schreien sie bei der geringsten Veranlassung heuchlerisch über Gewalt, sie selbst aber brennen vor Begierde, gegen ihre Gegner die äußerste Gewalt anzuwenden. Unter den Mitgliedern der englischen Regierung vertritt Herr Chamberlain den Standpunkt einer Versöhnungspolitik den Frländern gegenüber, ihm schreibt man die Abmachungen mit Parnell zu, und gegen ihn richtet sich natürlich der Haß der reaktionären Meute. Nun, in einer fürzlich stattgehabten konservativen Versammlung in Bolton rief der Friedensrichter(!) Pennington: ,, Wenn Joe( Abkürzung für Joseph) Chamberlain im Phönir- Bart ermordet worden wäre, so wäre ihm nur geschehen, was er verdient! Und als ihm seine konservativen Zuhörer- alle natürlich Feinde der Gewalt" und Freunde des Gesetzes". applau dirten, fügte er hinzu, daß es zwecklos sei, die Dinge zu bemänteln." Und nun bedenke man, daß Frland großentheils von Friedens­richtern regiert wird, gegen welche dieser Pennington noch ein Engel an Sanftmuth ist, und welche sich nicht auf fromme Wünsche beschränken, sondern die Macht, die sie haben, auszunutzen wissen, und man wird die Stimmung des irischen Volkes begreifen, man wird ermessen können, was es mit den irischen Greuelthaten" auf sich hat!

Die Unterdrückungsbill ist auch in zweiter Lesung angenommen worden, aber die Minorität gegen dieselbe ist eine größere als in der ersten Lesung. Neben den irischen Deputirten stimmten auch acht englische Radikale gegen dieselbe. Die irischen Deputirten erklärten durch ihr Mitglied Serton, daß es von der Art der Anwendung des Unter­drückungsgesetzes abhänge, ob sie noch länger die parlamentarische Ver­antwortlichkeit auf sich nehmen könnten, oder ob es ihre Pflicht sein werde, die Regierung und das irische Volk sich Aug in Auge gegenüber­stehen zu lassen. Die Entscheidung über den Gang der Ereignisse liegt also bei den irischen Revolutionären.

Wir führten in unserer vorlegten Nummer auch Michel Davitt als Anhänger des privaten Grundbesitzes auf. Es war das ein Frrthum. Dawitt ist ein Anhänger der Ueberführung des Grund und Bodens in den Gesammtbesitz des Volkes, und wird sogar als solcher demnächst eine Agitationsreise durch England und Schottland unternehmen.

Korrespondenzen.

Großenhain, 18. Mai. Unsere Fortschrittler

6 Mann und

feine Männer wollten heute ihren großen Trumpf ausspielen. Der große Eugen Richter war zu einem Vortrag in einer öffentlichen

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Versammlung des fortschrittlichen Wahlvereins" geladen und auch ge­tommen nachdem die Reklametrommel tüchtig gerührt worden war. Natürlich waren wir sehr erfreut, einmal den großmäuligen Eugen, der in Berliner und anderen Volksversammlungen unseren Agitatoren" stets so sorgsam aus dem Wege gegangen, vor die Klinge zu bekommen, Liebknecht, von dem freudigen Ereigniß in Kenntniß gesetzt, eilte sofort hierher, um mit seinem alten Bekannten einmal ,, parlamentarisch" abzurechnen.

und

Das war nun freilich nicht nach dem Geschmack des Herrn Eugen und seiner fortschrittlichen sechs Mann.

Die Versammlung war auf halb 6 Uhr anberaumt. Da die Nachricht der bevorstehenden Redeschlacht sich weit verbreitet hatte, war der Ver­sammlungssaal schon um 5 Uhr überfüllt, wobei unsere Genossen mindestens eine Zweidrittelmajorität bildeten.

Da die Fortschrittler nur eine öffentliche Versammlung ihres Wahl­vereins, nicht eine allgemeine Wählerversammlung angekündigt hatten, so verzichteten wir auf die Bureauwahl. In unserem Namen aber meldete sich Genosse Preißer zur Geschäftsordnung ums Wort, um anzufragen, ob nach Richter's Vortrag eine Diskussion gestattet sei.

Darob sittliche Entrüstung des Richter und seiner 6 Mann. Fort schrittliche Rufe: Hinaus mit dem Ruheftörer! Das ist Hausfriedensbruch! u. s. w. Wir bestanden aber auf Antwort. Ein Versuch gewaltsamer Ermission scheiterte unter homerischem Gelächter an der fatalen Thatsache, daß bei Fortsetzung des Versuchs der Spieß umgedreht und die 6 Fort­schrittler sammt ihrem verdutzten Eugen elegant an die Luft gesetzt"

worden wären.

Herr Eugen macht mehrmals vergebliche Anstrengungen, seinen Vor­trag vom Stapel zu laffen. Die gewünschte Diskussion zu gestatten, fällt der biederen Fortschrittsseele gar nicht ein.

Und da mußte deun das Verhängniß die fortschrittlichen Herren Bauern­fänger ereilen: der überwachende Polizeibeamte erklärte die Versammlung für geschlossen!

Und betrübt zogen die Herren Fortschrittler in das beste Hotel, wo sie beim besten Wein einigen Trost gefunden haben mögen.

Einer der Herren Fortschrittler, ein Fabrikant, bereitete sich in seiner Wuth noch das kindliche Vergnügen, Preißer durch einen Stadtpolizisten verhaften zu lassen. Das kindliche Vergnügen dauerte jedoch blos eine Minute, denn der konservative, also über das fortschrittliche Fiasko feineswegs entrüftete Bürgermeister von Großenhain, der sofort von dieser skandalösen Gesetzesverletzung in Kenntniß gesetzt ward, eilte herbei, verordnete die augenblickliche Freilassung Preißer's und ertheilte dem Stadtpolizisten einen tüchtigen Rüffel vor Zeugen.

Der Schlachtplan der Herren Fortschrittler wurde uns nachträglich ver­rathen. Herr Eugen wollte um 8 Uhr wieder nach Berlin zurückfahren. Wäre nun Alles programmmäßig gegangen, so hätte er seinen Vortrag um 6 Uhr begonnen, bis halb 8 Uhr perorirt und dann, nachdem er mit einem Knalleffekt geschlossen, die Uhr herausgezogen und gesagt: Meine Herren, ich bedauere, Sie so früh verlassen zu müssen; aber meine Zeit ist mir zugemeffen ich muß mich unverzüglich nach dem Bahnhof be­geben. Ich danke Ihnen von Herzen für die freundliche Aufnahme!" der Vorsitzende erklärte die Versammlung für geschlossen, und wir hätten das Nachsehen.

Gerade die Herren Fortschrittler haben sich mit besonderer Vorliebe auf diese Taktik geworfen, sie wiederholt gegen uns ausgeübt und eine bedeutende Virtuosität darin erlangt. Die Herren werden nun gelernt haben, daß ihre Bauernfängerkniffe an uns nicht verfangen.

Im Ganzen steht es im Kreise gut für unsere Sache. Die Genossen Vollmar, Kräcker und Frohme haben hier, in Riesa und in Meißen in mehreren fortschrittlichen Versammlungen geredet, und überall mit Erfolg. Die letzten Tage werden wir uns noch gehörig in's Zeug legen und bei der uns günstigen Stimmung erwarten wir fest, in die Stichwahl zu kommen. Und dann haben wir die besten Aussichten auf einen definitiven Wahlsieg.

Warnung.

Vor einiger Zeit trieb sich hier ein Subjekt herum, welches auf den Namen unseres Genossen W. Hasenelever die hiesigen Genossen zu brandschatzen suchte, aber großentheils abblißte. Auch bei der Frau unseres verstorbenen Genossen W. Bracke versuchte sich derselbe als der Reichstagsabgeordnete Hasenclever einzuführen. Von derselben, welche Hasenclever persönlich kennt, der Lüge geziehen, erklärte der Schwindler, der Bruder Hasenclever's zu sein und bettelte um eine Unterstützung. Da der selbe sich von hier verduftet hat, so wird er wahrscheinlich versuchen, an anderen Orten sein Manöver fortzusetzen und sich bei den Genossen dadurch einzuführen suchen, daß er ihnen vorspiegelt, in einer geheimen Mission zu

fommen.

Signalement: Kaden, Zigarrenarbeiter aus Magdeburg, mittlere Statur, melirter Vollbart, schiefer Mund.

Wir ersuchen die Genossen, eventuellen Falles dem 2c. Kaden die nöthige Unterstützung angedeihen zu lassen.

Die Braunschweiger Genossen.

Berichtigung. Der harmlose Fortschritts- Richter, der den unsterblichen Majestätsbeleidigungsprozeß dritthalb Jahre post festum bekommen hat, ist nicht der Hamburger, sondern der Bunzlau- Lübbener Richter, was übrigens auf dasselbe hinauskommt, bloß der historischen Genauigkeit wegen fonstatirt wird.

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Briefkasten

der Redaktion: Raummangels halber mußte ein Theil der Rund­schau, verschiedene Korrespondenzen für die nächste Nummer zurückgelegt

werden.

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der Expedition. Baron Juchzer: W. sendet keine Addr., deshalb liegen 3 Sogn. fest in Zwischenhand. Bitten Abhilfe! G. L. St. Gilles: Fr. 2,50 Ab. 2. Qu. erh. Rest auf 1. Qu. war nur Fr.-, 85. Der Bekannte i. G.: Mt. 20,40 à Сto. Ab. erh. Frrthum unerklärt. 16 hatte Aufenth. bei Zwischenhand. Unserseits wird stets prompt spedirt. H. F. Ebg.: Mt. 3,25 Ab. 2. Qu. erh. u. nachgeliefert. Sdg. an H. H. abgg. Rother Hans: Mt. 13,70 Ab. Mai u. Schft. erh. Bfl. mehr. Rothschwanz: Mt. 15,50 Ab. u. Schft. erh. Sdg. T. Liège: abgg. S. u. D." folgt später." D." nochmals beordert.- Fr. 29,25 erh., f. Ab. Fr. 18,75, Reſt dem r.+" Liste 392 dfd. zugew. Mahnung erfolgte irrthümlich. H. Besenstiel in Knopfloch: Mt. 2, Ab. Mai u. Juni durch C. erh. Ag. d. Br. M.- pillen: Mt. 12,- Ab. 2. Qu. erh. R. gelöscht. Weiteres besorgt. J. P. Luzern: Fr. 1,40 Ab. 2 Mt. erh. Beilage der Red. behändigt. P. Sch. Brpp.: Mt. 1,80 Ab. u. Schft. erh.

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A. Kettenleimer: Mittheilung betr. der

?

,, rothen Pl." zu harmlos. Rother Franz: Alles beachtet. Was sollen wir mit der Liste ohne Roland Erste Antwort durch Zwischenhand verhaut. Weiteres nachgeholt It. Bf. v. 20/5. Mt. 15,- à Cto. Ab. eingetr. Rothbart: Nachr. v. 19. ds. erh. u. Räthsel" briefl. aufgeklärt. Ferdinand: 3 Bf. in Sachen M." u. C. G." prompt eingetr. 2 beantw. Von Dz. ohne Lebenszeichen, trotz brfl. Enld. G. Bayr. Hiesel: Mt. 14,40 Ab. 2. Qu. erh. Weiteres wird be­sorgt. Schorse: Belasten für L. ab März u. 2. Qu. Mt. 4,- u. für D. 1. u. 2. Qu. Mt. 6.- Weiteres Ilt. Bf. v. 20. ds.-+++ himmel Brn. fand frdge. Aufnahme. Weiteres an E. besorgt. Mit dem Leib­moniteur" für Tte. haperts noch immer. Ei, ei! K. Worms: Bf. v. 20/5 nebst Beil. erh. Ldrb. u. Katalog mit 19 abgg. Ltfch. Warum gebt Ihr keine Antwort an St.?

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Ulm. u. Fldhptm.: Ersatz M. B. B.:

20 abgg. In St. nochmals betr. Jhrb. I/ 1. reklamirt. Mt. 3, Ab. 3. Qu. erh. Fliegender: Mt. 47,- für das bek. Kleeblatt abgerundet", den Flgfds. dkd. zugew. Ab. Opf. pr. 1882 damit ausgeglichen. F. Sz. Mrn.: Fr. 3,57 Ab. 1. Qu. erh. Restirt 2tes. D. Mhrt. Amsterdam: Druckfehler. Sie haben 2. 11. Schnürung: Nachr. v. 19 hier. Sonstiges erwartet. Bf. v. 19. erh. Weiteres gewärtigen u. notiren wir. Von deutschen Turnern auf einer Turnfahrt gesammelt: Fr. 5,- ( Mt. 4,-) d. Ufds dkd. zugew.

3. Qu. bez.

Or.:

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Gustav Faust, Schneider, gebürtig aus Greiz, Fürstenthum Reuß, sich aushaltend in England oder Amerika, ist gebeten, seine Adresse an seinen Bruder Louis Faust, Weber, Schleifetobel, Horgen ( Schweiz) zu senden. [ 100

Schweizerische Bereinsbuchdruckerei Hottingen- Zürich.

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