Rücksicht auf seine im Saal anwesende laut schluchzende Mutter, daß er seine That bereue.
Die Sympathie für Fournier war allgemein im ganzen Auditorium. Da wußte der öffentliche Ankläger den Bourgeoisgeschworenen mit einem furzen Satze ihre Klassenstellung ins Gedächtniß zurückzurufen. Es gilt, rief er aus, die Arbeiterklasse, die aufschäumt, mit einigen Tropfen talten Wassers zu begießen. Das fruchtete, Fournier wurde des überlegten Mordanfalls für schuldig erkannt under, fast noch ein Kind zu acht Jahren Strafarbeit verurtheilt.
Das Scheusal Bréchard aber, die Ursache des Elends, der Verzweif lung, welche Fournier zu seiner That getrieben, ist und bleibt ein Ehrenmann. Das ist Recht und Gerechtigkeit in der Bourgeoisgesellschaft! Die Bataille" hat eine Subskription zu Gunsten der armen Mutter Fournier's eröffnet, welche lebhaften Anklang findet. Die„ Abkühlung" vermittelst welcher der strebsame Vertreter der Ordnung die französischen Arbeiter zur„ Raison" zu bringen gemeint hatte, wird die entgegengesetzte Wirkung haben, sie zeigt den Arbeitern mit nicht zu verkennender Deutlichkeit, wo der Krebsschaden in der heutigen Gesellschaft liegt.
Die Streitbewegung geht noch immer in hohen Wogen. Der Streik der Raffineure ist zwar so gut wie beendet, und zwar, wie in derartigen Branchen gewöhnlich, zu Un gunsten der Arbeiter, dagegen dauert der Streit der Schuhmacher noch fort und nimmt bis jetzt einen günstigen Verlauf, ferner sind von bedeutenderen Streiks zu melden: in Paris Streit der Schreiner, der Zuschneider und Töpfer, in Marseille Streit der Schreiner , die eine Lohnerhöhung von 15 Prozent beanspruchen. In Rouen haben die Gießer ihren Streit um eine Stunde Arbeitsverfürzung fiegreich durchgeführt.
In Nièvre Departement, Arrondissement Cosne , wurde am 25. Juni F. Gambon, ehemaliges Mitglied der Pariser Kommune , zum Deputirten gewählt.
Seit Kurzem hat sich in Paris ein polnischer Arbeiterverein gebildet. In seiner jüngsten Sizung beschäftigte sich derselbe mit dem infamen Bofener Sozialistenprozeß und beschloß eine fortlaufende Sammlung für die Opfer desselben( welche sich bekanntlich jetzt in Blößensee befinden d. R.). Der erste Ertrag ergab 8 Fr. Wir hoffen auf eine stete Zunahme des jungen Vereins und auf den brüderlichsten Verkehr der polnischen und deutschen Sozialisten.
Kein flüchtig Haupt hat Engelland
Von seiner Schwelle noch gewiesen
fang Ferdinand Freiligrath vor 36 Jahren. Seitdem hat Europa große Fortschritte gemacht, und auch England hat sich, aufgerüttelt durch die irische Revolution, dem Geist der Zeit angepaßt. Vor einem Jahre machte der Prozeß Most einen Riß durch die englische Preßfreiheit, der sich seitdem recht hübsch erweitert hat, und nun liefert das irische Vorbengungsgesetz passende Gelegenheit, dem Asylrecht Englands den Garaus zu machen. Auf Antrag des„ Liberalen " Morgan wurde der Passus, wonach es der Regierung freisteht, für den öffentlichen Frieden gefährliche Ausländer aus Frland auszuweisen, auch auf England ausgedehnt. Das ist der erste Schritt zur vollständigen Aufhebung des Asylrechtes, und wie bekannt ist es nur der erste Schritt, der Ueberwindung kostet.
Die alte Gesellschaft fühlt, daß ihr der Boden unter den Füßen wankt, daher diese krampfhaften Maßnahmen, ihr dem Untergang geweihtes Dasein um jeden Preis aufrechtzuerhalten. Je größer die Gewaltmittel, zu denen sie greift, um so augenscheinlicher dokumentirt sie das Gefühl ihrer eigenen Schwäche.
Serbien . Milan, der neugebackene König, hat sich schnell beeilt, seinem verrufenen Gewerbe Ehre zu machen. Nachdem seine demagogischen Künfte beim Volke nichts gefruchtet, und dieses gerade diejenigen Abgeordneten wiedergewählt hatte, welche er auf seinen Rundeiner derselben, reisen als seine persönlichen Feinde bezeichnet hatte,
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den die Bauern an die Spitze einer Empfangsdeputation, die dem ,, Kral" die Wahrheit sagen sollte, gewählt, und den Milan zu empfangen, sich geweigert hatte, wurde mit nahezu Stimmeneinheit gewählt sucht er nunmehr mit brutaler Gewalt sein Ziel zu erreichen. Unterstützt von der gefügigen Kammermehrheit Fortschrittler nennen sich diese Gesellen erklärte er in einem Ukas die aufs Neue ihr Mandat niederlegenden radikal- sozialistischen Abgeordneten für nicht wiederwählbar, und als das Volk sie dennoch trotzdem die Wahl nur vier Tage vorher ausgeschrieben war wiederwählte, einfach ihre Gegenkandidaten für gewählt. Von der auf solche Weise beschlußfähig" gemachten Kammer läßt er sich nun nach dem Muster seiner erlauchten Vettern em Ausnahmegesetz gegen die Bresse apportiren
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Die Stimmung im Volfe ist äußerst revolutionär, es wird zu harten Kämpfen kommen, denn die Bauern, wenn sie einmal oppofitionell find verstehen keinen Spaß.
Unsere Leser werden von jetzt ab durch Originalberichte über den Gang der Dinge in Serbien unterrichtet werden.
Rußland. Es wird über allerhand großartige Verhaftungen, entbeckte Verschwörungen 2c. berichtet. Uns kommt das ziemlich verdächtig oder mindestens übertrieben vor. Nicht als ob wir glaubten, es schliefen die russischen Revolutionäre gegenwärtig den Schlaf der Gerechten , aber die Nachrichten flingen ganz merkwürdig offiziös, und vor Allem mach t uns stuzzig, daß bei den Verhafteten eine Liste gefunden worden sein solle. Mit Listen haben sich unsere russischen Genossen bisher nicht abgegeben.
Amerita. Die gewaltigen Streits, welche gegenwärtig in den großen Industriezentren ausgebrochen sind, nehmen, Dank der vortrefflichen Organisation der Arbeiter, fast durchgängig einen für die Letzteren günstigen Verlauf. Hierzu kommt noch, daß der Geist, welcher in den Arbeiterkreisen herrscht, ein den Ausbeutern höchft fataler, der Sache der Unterdrückten aber sehr günstiger ist. Die Versuche mit„ Scabs"( Nichtgewerkschaftsmitgliedern) zu arbeiten, mißlangen fast durch die Bank. Entweder erwiesen sich diese Scabs" als vollkommen unverwendbar oder aber und das ist das Erfreuliche sie machten, gleichviel.
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welcher Nation fie angehörten, sobald sie merkten, um was es sich handelt, mit den Streifern gemeinsame Sache. Der Gedanke der internationalen Solidarität der Arbeiter ist viel tiefer in die Volksmaffen eingedrungen als unsere Staatsweisen wähnen.
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Originell und für die Ausbeutersippschaft sehr wenig erfreulich ist folgende Maßregel der Pennsylvanischen Kohlengräber- Gewerkschaft. In Mac Donald, in der Nähe von Pittsburg , streifen ca. 600 Kohlengräber der Pan Handle Gesellschaft, welche in derselben gehörigen Häusern wohnen. Um sie zur Nachgiebigkeit zu zwingen, hat die Gesellschaft den Arbeitern die Wohnungen aufgekündigt. Was thut die Gewerkschaft? Sie läßt, da sie über genügende Mittel verfügt, Zelte errichten, in welchen die Streifer während des Ausstandes Quartier nehmen werden. Der Einzug in dieselben erfolgt unter festlichem Gesange.
Auf die höchst interessanten Berichte, welche die„ New- Yorker Volkszeitung" über die Arbeiter- Organisationen in den großen Industriezentren veröffentlicht, kommen wir noch gelegentlich zurück.
Korrespondenzen.
Frankfurt a. M., Mitte Juni. Das deutsche Reich hat eine Stüße, unser Rumpf einen Kollegen verloren: Horsch hat sich zu feinen Stiebern versammelt! Die im Interesse der Staatsrettung erlittene
Haft hatte dem ohnehin Brustkranken vollends den Garaus gemacht, er starb hier im Spitale. Schande seinem Angedenken! Doch die Schurken werden nicht alle: Horsch ist gestorben! Es lebe Sahm!
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Dieses Individuum, welches in den Kreisen der hiesigen Parteigenoffen vorzüglich dadurch bekannt, wurde weil seine Tochter in den von Genossen veranstalteten Theateraufführungen mitwirkte natürlich vor 1878! war früher als Lakirer in der Werthheim'schen Nähmaschinenfabrik beschäftigt, später fing er einen Cigarrenhandel an, viele Genossen tauften bei ihm und da er sich immer noch als Sozialdemokrat gerirte, so faßte unser thätige Genosse Radke Vertrauen zu ihm, als er sich zur Empfangnahme von Sendungen mit verbotenen Schriften bereit erklärte. Eigentlich hätte er jetzt schon denunziren können, hat es vielleicht auch schon gethan, aber nicht aus Angst, wie es schon vorgekommen, sondern um Geld, wie er selber erzählte, oder um eine städtische Nachtwächterstelle, wie die hiesigen Blätter berichteten. Sei dem nun, wie ihm wolle, man hätte sich höchstens an Radke halten können, und daß mit diesem ohne thatsächliche Beweise nichts anzufangen wäre, wird Herr Rumpf wohl aus Erfahrung gewußt haben. Oder wollte er vielleicht einen Hauptfang machen und die Abholer in Empfang nehmen? Wer weiß es! Kurzum, Radke blieb ungeschoren, reiste aber in einiger Zeit, nachdem er wegen Verleitung zum Meineid" auch bezüglich Parteifachen in Anklagezustand versetzt war, zum großen Leidwesen des Herrn Rumpf ab, ohne von unserer Löblichen Abschied zu nehmen oder das Ziel der Reise anzugeben.
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Unterdessen war der Sahm' sche Laden zum Aufenthaltsort für arbeitschenes Gesindel, auch Kriminalpolizisten, Spigel oder Zwanziggroschenjungens" genannt, geworden. Sie harrten dort tagelang der Dinge, die da kommen sollten. Endlich kam die heißersehnte Kiste. Daß dieselbe mit affenartiger Geschwindigkeit ihres Inhaltes entleert und derselbe dem Oberschergen übergeben wurde, kann sich Jeder denken, der schon mit einer Haussuchung beehrt war und gesehen hat, mit welcher Gier dieses Gefindet sich auf jedes Stückchen Papier , auf jede Pillenschachtel stürzt. Und hier hatte man eine ganze Kiste voll Umsturzbestrebungen, man hatte endlich einen Erfolg! Jetzt braucht man aber noch einige Umstürzler zum Verknurren, wie friegen wir die? Die Schriften bekamen wir durch Verrath, dieses war leicht! Da die Verbreiter sich nicht sehen. laffen, um Nachfrage zu halten, müssen wir dieselben suchen; zum Suchen und noch mehr zum Finden gehört Scharfsinn, den wir zwar auch befizzen( aber leider Scharfsinn ohne r), da wir beim Suchen aber immer Bech haben und immer den Unrechten erwischen, so wollen wir mal wieder tappen, das heißt, wir nehmen den ersten Besten, welcher fommt und wie ein Sozialdemokrat aussieht.
Das Unglück führte bald unseren Genossen Säng in die Cigarrenfalle. Vermuthlich sahen sie es diesem an der Nase an, daß er Sozialdemokrat ist, denn er wurde verhaftet, trotzdem er gar nicht nach der Kifte fragte, ja von deren Dasein nicht einmal etwas wußte. Später kam Genoffe Kirste, um einige Zigarren zu kaufen. Jetzt versuchte Sahm zu provoziren, indem er auf eine bei ihm angekommene Kiste anspielte und den Wunsch aussprach, dieselbe möge abgeholt werden, Alles natürlich, indem er die Spitzel im Nebenzimmer versteckt hielt, so daß dieselben Alles hören und sehen konnten. Kirste verstand ihn nicht und entfernte sich, wurde jedoch durch einen ihm nachfolgenden geheimen Schutzengel verhaftet. Herr Rumpf konnte jedoch trotz eifrigen Suchens keine Schuld an ihm entdecken, und so wurde dieser wieder entlassen, nachdem er anderthalb Tage im Loche zugebracht. Säng wurde, nachdem er drei Wochen in Untersuchung gesessen, zu vier Wochen Gefängniß verurtheilt. Was hatte er begangen und auf welches Beweismaterial hin wurde er verurtheilt? Nur auf die Aussage des, 3eugen" hin, welcher bei der Hauptverhandlung, also öffentlich, angab: Säng habe ihm erzählt, er( Säng) verbreite in Sachsenhausen den„ Sozialdemokrat". Unser Genosse stellte dies entschieden in Abrede, natürlich, ohne daß es ihm etwas nützte, unsere Richter schenkten nur den Worten des bezahlten Denunzianten Glauben und Säng wurde verdonnert.
Am nämlichen Abend, als Säng und Kirste verhaftet wurden, waren auch drei Genossen, die von den erfolgten Verhaftungen nichts wußten, in dem Laden des Sahm erschienen, um wirklich nach der Kifte zu fragen.. Die Spitzel, die schon getappt hatten, waren zufälligerweise schon abgezogen, um auf ihren Lorbeeren zu ruhen und bei dem sauberen LotalReporter, Müller Renz" ihr neuestes Heldenstückchen zu erzählen, natürlich nur gegen so und so viele Glas Bier; je mehr sie aufschneiden, desto mehr Bier gibt es, und desto schöner fällt nachher der Artikel in den hiesigen Tagesblättern aus:„ Unserer äußerst rührigen und äußerst findigen Polizei ist es wiederum gelungen" u. s. w. Sahm versuchte die drei Genossen mit Gesprächen hinzuhalten, dieselben hatten jedoch gleich gemerkt, daß etwas nicht richtig sei, und entfernten sich sofort wieder, Sahm das Nachsehen überlassend.
Ich hätte diese Sache nicht so ausführlich beschrieben, wenn Sahm nicht die Frechheit gehabt hätte, an die Redaktion des„ Sozialdemokrat" zu schreiben, sich dort für einen guten Parteigenoffen auszugeben und die Sache so hinzustellen, als ob er an dem ganzen Verrath unschuldig sei. Die Beweise für seine Schuld sind der Redaktion ja schon längst durch uns zugegangen.
Ich bezweifle keinen Augenblick, daß der Brief nach einem von Rumpf entworfenen Konzepte geschrieben ist, denn Sahm erklärt der Redaktion, daß er über den wahren Sachverhalt, wie die Kiste in die Hände der Polizei gekommen sei, nur den drei Männern, welche nach der Kiste gefragt, Auskunft geben könne. Lieber Freund Rumpf! Hast Du denn immer noch nicht gelernt, daß die Frankfurter SozialSemokraten auf solch' groben Leim nicht gehen! Mit uns fängst Du nichts an! Kommt Dir und Deinen Spießgesellen Alles auffällig vor, so geht es uns ebenso. Auffällig ist es uns auch, daß der erwähnte Brief direkt an die Redaktion des„ Sozialdemokrat" adressirt und auch richtig befördert wurde. Wäre er ohne Dein Mitwissen geschrieben, derselbe wäre nicht weiter als bis zum Closernhof gekommen und der Schreiber auf's Klapperfeld. Würde überhaupt ein Sahm, der bei der erwähnten Gerichtsverhandlung laut und öffentlich erklärte: er gehöre feit Oktober 1878 der sozialdemokratischen Partei nicht mehr an, würde ein solcher, gesezt den Fall, er sei nur ein Angstmeier und kein schuftig berechnender Denunziant, würde ein solcher Angstmeier es wagen, einen mit voller Unterschrift versehenen Brief an die Redaktion des Sozialdemokrat" zu schreiben? Nie!
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Rumpf äußerte sich einmal einem Parteigenossen gegenüber, den er gerade in der Kur hatte: Ihr glaubt schlau zu sein, aber ich bin noch viel schlauer. Möge er nur immer bei diesem Glauben bleiben, desto besser für uns!
Sahm erwähnt ferner noch in seinem Briefe, er sei aus dem Werthheim'schen Geschäfte entlassen worden, weil er Sozialdemokrat sei. Dies muß ich doch ein wenig berichtigen. Er wurde nur aus dem Grunde fortgejagt, weil er zwei dort beschäftigte junge Arbeiterinnen verführt und so in's Elend gestürzt hatte. Dabei war er verheirathet und Vater erwachsener Kinder. Dasselbe Mittel, welches die Kapitalhyänen gegen unsere Weiber und Töchter anwenden und das man Nothzucht ohne Anwendung physischer Gewalt nennen kann, gebrauchte der Schurke den armen Mädchen gegenüber, denn er war Vorarbeiter und die Mädchen seine Untergebenen. Doch genug von diesem Individuum, das jetzt auch zur Staatssäule geworden; sollte ihn sein Gönner Rumpf nicht an den entsprechenden Platz stellen wollen, so kann ich ihm nur rathen, sich an Herrn v. Wurmb in Wiesbaden zu melden; in deffen Vorzimmer ist der passendste Platz für ihn.
Ich glaubte mit diesem Menschen fertig zu sein, erfuhr jedoch soeben durch einen ganz genau informirten Genossen Dinge, die nicht verschwiegen bleiben dürfen. Dieser Sahm hatte wie erwähnt als Lafirermeister mehrere Frauenzimmer zum Maschinenpuzen unter sich. Als eines derselben einstens vom Werkführer Vorwürfe erhielt, weil es schlechte Arbeit liefere, gab es zur Antwort: Seitdem am Stück 5-6 Pfennige abgezogen würde, könne die Arbeit nicht mehr so gut geliefert werden wie früher. Der Werkführer stutte, war ihm doch von einem Abzuge nichts bekannt. Er drang der Sache auf den Grund und da stellte es sich heraus, daß Sahm es gewesen, der jahrelang schon die Frauenzimmer um einen großen Theil ihres Verdienstes betrogen. Er bekam nämlich an den Zahltagen das Geld, um in der Latirerwerkstätte auszuzahlen. Den Frauenzimmern hatte er gesagt, es sei abgezogen worden, so z. B. bei Stücken, für welche früher 18 Pf. bezahlt worden, werde jetzt nur noch 13 Pf. bezahlt, bei andern sei von 11 auf 6 Pf. reduzirt worden. Von der Fabrik aus wurden aber immerfort die alten Preise bezahlt. Der Betrüger wurde mit Schimpf und Schande fortgejagt.
Sahm verlor also seine Stelle aus den beiden angegebenen Gründen, wurde aber nicht, wie er der Redaktion weißmachen möchte, seiner sozial
demokratischen Gesinnung wegen gemaßregelt. Hätte Radke sich bei älteren Parteigenossen erkundigt, er würde mit diesem Patron sicherlich nicht angebunden haben.
Jetzt zu unseren Bornheimern. Die Frau des Schuhmachers Eckardt wurde eines Abends durch den Besuch von sechs Herren überrascht. Dieselben stürzten sich sofort in sämmtliche Räumlichkeiten, um den Sozialdemokrat" zu suchen. Eckardt sollte ein ganzes Paket dieser verbotenen Früchte erhalten haben. Alles wurde durchsucht: alte Hosen, Kaffeedosen, Küche und Keller, Stiefel und Teller, Stube und Kammer sammt Potchambre, Kommodschublade und Retirade. Ob man in der letteren etwas gefunden, kann ich nicht sagen, das Paket gewiß nicht, denn dies soll schon acht Tage vorher abgeholt worden sein. Herr Rumpf betheiligte sich persönlich an der Sucherei und rutschte höchst eigenbäuchig unter den Bettstellen umher. Er glaubte hier eine Hauptniederlage entdeckt zu haben. Eckardt gibt nämlich Mittagstisch für Arbeiter und Rumpf war etwas von einer sozialistischen Tafelrunde zu Ohren gekommen. Mir wird nun aber bestimmt versichert, daß die meisten Mitglieder dieser Runde noch nie ein sozialistisches Blatt in Händen gehabt haben. Macht aber nichts, unsere Polizei tappt eben, wenn sie nichts sieht, gerade wie Rumpf unter der Bettstelle. Eckardt war bei der Haussuchung abwesend, und so mußte die Frau die saubere Gesellschaft bis halb 1 Uhr Nachts bei sich behalten. Als Eckardt nach Hause kam, wurde er sammt seinem Gehilfen verhaftet. Am andern Tage wurde auch bei Genosse Vetter gehaussucht und dieser ebenfalls verhaftet. Dann fanden neue Haussuchungen statt, wieder wurde Alles durchwühlt, aber Allen resultatl08.
Natürlich hatten es Tags darauf unsere Zeitungen wieder sehr wichtig. Sie wußten von aufgefundenen Beweisen dafür, daß die Verhafteten mit den wegen Hochverraths angeklagten Hanauer Sozialisten in Verbindung gestanden, ergo werde auch hier Anklage auf Hochverrath erhoben. Der„ Generalanzeiger" erzählte: Wie gut unsere Polizei unterrichtet war, erhellt daraus, daß, sobald man einen Kleiderschrank abrückte, ein geheimer Wandschrank zum Vorschein kam, in dem die sozialistischen Schätze ruhten, die sammt den Besitzern mitgenommen wurden. Der Wandschrank existirt allerdings, ist aber nichts weniger als geheim, denn die Thüren sind so groß, daß sie von einer blinden Frau mit dem Stocke gesehen werden und waren dieselben auch durch keinen anderen Schrank verdeckt gewesen. Das„ Gut unterrichtet gewesen sein" ist also eine Erfindung.
Was war nun das Resultat der ganzen, mit so großem Applomb in Szene gesetzten Aktion? Nach 21-, resp. 32- tägiger Untersuchungshaft mußten die Verhafteten wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Trot „ redlichen" Bemühens war denselben nichts aufzubringen gewesen, das so gerne ausgesprochene Wort„ Schuldig" mußte ungesprochen bleiben. Die Dresdner Kettengeschichten fanden hier ihr Seitenstück. Auch hier werden die Untersuchungsgefangenen zirka 20 Minuten weit durch den belebtesten Stadttheil zum Untersuchungsrichter und wieder zurückgeführt, geschlossen, versteht sich. Hiebei war einer der Genossen einmal so gefnebelt, daß ihm Arme und Hände anschwollen. Der andere wurde mit einem Raubmörder zusammengeschlossen vorgeführt. Und angesichts solcher Thatsachen, in einer Zeit, da man uns auf alle Art demüthigen und mürbe machen will, sollte das Zentralorgan der deutschen Sozialdemokraten noch gelinde Saiten aufziehen und gemüthlich reden? Nein, nein, nur immer das Kind beim richtigen Namen genannt!
Die hiesigen Genossen faßten darum auch in einer heute abgehaltenen Konferenz folgenden Beschluß:
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" Die heutige Konferenz erlärt sich mit der jetzigen Schreibweise des " Sozialdemokrat" insofern einverstanden, als der Sozialdemokrat" eine der Denkungsweise des deutschen Proletariats angemessene Sprache führt. Wir fordern Jeden, der Sozialist sein will, auf, den Sozialdemokrat" zu abonniren.
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Die hiesigen Genossen entsprechen sich ebenfalls entschieden zu Gunsten eines noch im Laufe dieses Jahres stattfindenden Kongresses aus. Wir fordern die Genossen auf, im Zentralorgan ihre diesbezügliche Meinung fundzugeben. Nur auf einem Kongresse kann die wahre Stimme der Partei, unbeeinflußt von einzelnen Führern", zur Geltung kommen. Für's Volk soll Alles nur geschehen Und durch des Volkes Mehr bestimmt! Die Parteigenossen
Parteigenossen! Vergeßt der Verfolgten und Gemaßregelten nicht!
Briefkasten
der Redaktion. H. H. in Mh m.: Korrespondenz gegen S. P.
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der Expedition. Bstl. Knopfloch: Bf. v. 21/6 erh. Juhalt ver merkt. Garibaldi: Bf. am 22/6 eingetr. u. besorgt. Mt. 40,- Ab. 2. Qu. u. Ggrchng. gutgrbr. Reich suhu: wird aufgefordert, die ihm anvertrauten Üfondsgelder unverzüglich einzusenden, sonstwie erfolgt öffentl. Warnung gegen ihn.-J. R. Heiden: Fr., 70 Ab. Juni erh. Sdg. besorgt. O. F. Genf : Fr. 14, Ab. 2. Qu. erh. Alles besorgt. C. T . Sursee : Fr. 2, Ab. 3. Qu. erh. T. Liege: Fr. 15,- Ab. 2. Qu. d. B. erh. Bundschuh: Vorläufig hoffen die Angelegen heit so am Besten eingeleitet. Weiteres notirt. Bostdieb Klagenfurt: Stehlen Sie zeitweilig den S. um ihn seines interessanten Inhaltes wegen zu lesen, ist Ihnen also vielleicht mit einem Freieremplar gedient, so schicken Sie sichere Adresse! Oder, müssen Sie„ um's liebe Brod" stehlen? Auch dann stellen wir Ihnen genügend Frei exemplare zu Dienst, mit denen Sie ohne Dieberei Ihre Herren Brodgeber, oben" befriedigen können. Dußende Ihrer Zwangsdieb8 Genossen in Desterr. u. Deutschland stehen so mit uns im Cartel u. finden ihre Rechnung dabei. Fragen Sie nur Ihren Weltkongreß" Heuberger" in Wien . Größere Sendungen berechnen zum Selbsttoftenpreis. Schufterle: Betr. Angelegenheit hoffen so am Besten ers ledigt. Bfl. am 21/6 mehr. St. H. a. d. Eider : Bf. v. 26/6 erh. Alles vorgem. Bft. Weiteres. Rother Hans: Mt. 18,60 A6. Juni u. Schft. gutgebr. Smmllst. besorgt. J. J. Fr. 5,- Ab. 3. u. 4. Qu. erh. Desgl. Fr. 7,50 d. Ufds. dkd. zugew. Am 16/1 bestellten für Sie Egalité" Paris 1 Expl. Ausbleiben der Lieferung unerklärlich. Nochmals bestellt. Gruß! J. Sch. Gz.: öwfl. 1,70. Ab. 3. Qu. erh. Rothwein in 3.: Fr. 2, p. Ufds. durch U. dkd. erh. M. T. B.: Mt. 2, Ab. Rest 2. Qu. erh. Zugesagtes erwartet. Schorse: Mt. 80,- à Cto. erh. Mehrbstllg. zc. besorgt. K. Wormser: Bf. v. 23. u. 25/6, sowie Mt. 176,90 à Cto. Ab. 2c. erh. Alles vorgem. Dummer": Rtlg.: Mt. 18,30 b. 1. Qu. pr. St. erh. Mt. 2, d. Ufds. dkd. zugew. Rv. Kfm. Bhd.: Fr. 19,61 pr. Ggrchng. Petzler/ bholg. Ab. 80/81 u. Schft. erh. Desgl. Fr. 12,60 A. V. Paris : Ab. 1.- 4. Qu. 82 u. 1. Qu. 83 bkd. in Baar. Fr. 125,50 à Cto. Ab. eingetr., desgl. Aufstllg. v. 25/6. Mt. 3, Ab. 3. Qu. erh.-h- n: Nachr. v. 25/6 erh. u. beachtet. Agit.-Nr. folgen.-F. S. Arn.: Mt. 3, f. Schft. erh. Sdg. abgg.W. S. W'thur: Fr. 15,35 erh. u. nach Vorschr. verw. Schw. Jackel: Fr. 2,50 Ab. 3. Qu. erh. Blanc: Nachr. v. 26/6 eingg. 7 Fach folgt pr. 1, 2, 3; eins gelöscht. Mbdf. wird durch uns versorgt. Maulwurf Gz.: Mt. 45,- Ab. 3. Qu. erh. für 25 Expl. Alles notirt. Vereinigte Petroleure St. Gallen u. Rorschach : Fr. 5,- pr. Ufds. dkd. erh.h: Bost v. 27/6 hier u. vorgem. Cylinderfrize: Bf. v.
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26/6 eingetr. Alles geordnet. Bstllg. folgt. Blutiger: Mt. 7,88 pr. Schft. u. Mt. 10,- f. d. S. W. pr. Agitfds. dfd. erh. Mt. 5, Ab. 3. Qu. u. Ufds. dfd. erh. Fehlendes gestohlen. Ersatz folgt. Reklamiren Sie die Mt. 3,35 oder Schrft. in N. Wahrscheinlich waltet daselbst Irrthum.„ S.": Mt. 2,80 Ab. Juli/ Aug. erh. Bayr. Hiesel: Alles beachtet. Gruß! V. W.: Bf. am 25/6 erh. Rother Voigtländer : Mehrbstllg. notirt. Bravo! An nichtbenutzte Abr. soll das Ausgebliebene gehen. Neue Reihenfolge bewirkt. Hausschild der Alte: Bf erh. Nur nicht bange. 3. ist eben auch bei Manchem sehr unbeliebt“.
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