Artikel der Freiheit" gesetzt hatte, in welchem die Ermordung von Cavendish und Bourke gebilligt war, wird den meisten Lesern des " Sozialdemokrat" schon durch die Tagespresse bekannt sein; wir halten es aber für unsere Pflicht, diesen Sch and aft englischer Rechts"- pflege hier ausdrücklich zu registriren.

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Der Prozeß Schwelm   gereicht zwar auch noch andern Leuten als der englischen   Regierung zur Schande darüber indeß ein anderes Mal. In ihrem letzten Flugblatt verkündet die Sozialrevolutionäre Londoner  Richtung, daß nun die Zeit der Worte für sie vorüber sei und die " Zeit der Thaten" beginnen werde. Man hätte nun billigerweise auch endlich einmal die angekündigten Thaten erwarten dürfen, indeß

Was find Hoffnungen, was find Entwürfe,

Die der Mensch, der vergängliche, baut!

Die Thaten find, abgesehen von der schleunigen Abreise einiger ,, Männer der That", ausgeblieben und die Worte einstweilen wieder in ihre Rechte getreten. Mit dem neuen Quartal ist auch die Freiheit" wiederum er­schienen. Ihre erste Nummer enthält sowohl die bisher beliebten Revolutions­bramarbafirereien als auch die noch beliebteren Verdächtigungen des Sozial­demokrat", sowie der Vorkämpfer der deutschen   Sozialdemokratie. Wir find also in der Lage, bestätigen zu können, daß weder in der prinzi­piellen" noch in der formellen" Haltung des Blattes eine Aenderung eingetreten ist.

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Korrespondenzen.

Lemgo   in Lippe  . Den verschiedenen Zustimmungen zur Schreibweise des Sozialdemokrat" können wir uns nur anschließen. Dieselbe ist durchaus den Umständen angemessen und die passendste Ant­wort auf die Provokationen unserer Gegner.

Bei einem am 4. Juni hier abgehaltenen Kriegerfeste rief der Bürger­meister König von hier in seiner Ansprache aus: daß die inneren Feinde zertreten werden müßten." Solche Worte vor Krieger­bereinen und von einem König" gesprochen, lassen nicht viel zu deuten übrig. Es ist die nackteste Aufforderung zur Revolution. Wohlan denn, wenn sich unsere Gegner in die Offensive stellen, wir können abwarten. Zunächst tämpfen wir mit scharfen geistigen Waffen. Könige, so heißt es schon nach der Bibel, wurden gewählt, als das Volk noch nicht reif, das heißt klug war, sondern übermüthig. Unser Bürgermeister ist noch jung, er fann auch noch flug werden. Verschiedene sozialistische Schriften, welche unserm Reichstagskandidaten W. Strothmann beschlagnahmt wurden, werden zur Aufklärung hoffentlich das ihrige thun.

Unser Wahlkreis war bisher vom Sozialismus noch wenig belect. Kurz vor dem Ausnahmegesetz unternahm es unser Genosse W. Stroth­mann, einige Volksversammlungen abzuhalten. Es wurde ein Wahl­verein gegründet, und waren so die einleitenden Schritte geschehen. Die letzte Reichstagswahl brachte uns Gelegenheit, unsern Gegnern zu be­weisen, daß das Sozialistengesetz nicht dazu da ist, die Sozialdemokratie verschwinden zu machen. Stürme machen bekanntlich die Bäume zäh. In einer der Wahl vorausgehenden Besprechung, bei der aus fünf ver­schiedenen Orten Genossen anwesend waren, wurde einstimmig unser Genosse W. Strothmann aus Lemgo   als Kandidat zum Reichstag auf­gestellt, und bewies derselbe in zwei nachfolgenden Volksversammlungen in Lemgo  , daß der Sozialdemokratie die Zukunft gehöre. Es hieße aber vor allen Dingen nicht lässig sein; die Partei sei im wahren Sinne des Wortes eine Partei des Kampfes. Kampf gegen die Macht des Kapitalismus als letzte Autorität, welche es zu untergraben gelte. Sowie Jesus von Nazareth   den Hochmuth des pharisäischen Judenthums durch seine Lehre zu brechen, sowie Luther   die Auswüchse einer bornirten Ablaßkirche beseitigt, sowie die deutschen   Fürsten  , welche ihr Land vom Kaiser doch nur zum Lehen erhalten, selbigen soweit demüthigten, daß fie sich zu souveränen Herren des doch nur verliehenen Landes machten, sowie die deutschen   Fürsten   die Landesvertretungen soweit untergruben, bis sie, ohne dieselben zu fragen, Steuern einzusäckeln vermochten und nach Gutdünken regierten, sowie die Macht der deutschen   Fürsten   vor der Macht der Hohenzollern   erbleichen mußte und die Bourgeoisie vollends dieselbe soweit erschütterte, daß diese Fürsten   nun ohne Volksvertretung nicht weiter regieren können, sowie die Macht der Zunst- und Innungs­meister vom Liberalismus untergraben worden ist, so würde auch die Sozialdemokratie die Macht des Kapitalismus untergraben.

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Nun gelte es vor allen Dingen, weiter zu kämpfen, und die Reichs­tagswahlen geben uns dazu die Gelegenheit. Die Versammlung, welche überfüllt war es waren cirka 500 Personen anwesend folgte dem etwa fünfviertelstündigen Vortrag mit der größten Ruhe und Aufmerk­samkeit, nur am Schluß, als der Referent dabei anlangte, daß die Un­bildung der Massen auf das Konto der Gebildeten zurückzuführen sei, wurde von einigen fortschrittlichen eingebildeten Gebildeten" Störung und Unruhe verursacht. Ueberhaupt ist der hier dominirenden Fort­schrittspartei unser Auftreten am meisten an die Beine gefahren. Bei jeder Kundgebung von unserer Seite erschienen in ihrem Käseblatte Schmähungen über Schmähungen der Sache wie Personen, der beste Beweis, daß sie über kurz oder lang das Terrain an uns abtreten muß. Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht unterlassen, den besseren Elementen der Fortschrittspartei zuzurufen: Werdet ehrlich! Tretet zu uns als zur nächststehenden Partei, wie Joh. Jakoby auch, welcher zu einem Freunde in Königsberg   sprach: Ich habe es immer für ehrenvoller gehalten, von rechts nach links zu gehen, als von links nach rechts. Meines Erachtens ist der Zeitpunkt da, daß die Fortschrittspartei vor die Alternative ge stellt ist: entweder hinüber oder herüber. Hinüber zum reaktionären Lager, oder herüber zu uns. Sowie die einstmals nationalliberale Partei das Zeitliche gefegnet, so wird die Fortschrittspartei zum Be­fennen ihrer Sünden gezwungen werden, und das Fazit wird sein: Auflösung. N. D.  

Greiz  , 1. Juli. Na chruf. Wir halten es für unsere Pflicht, im Parteiorgan zweier treuer Genossen zu gedenken, welche der unerbitt­liche Tod aus unserer Mitte gerissen hat.

Der erste ist

Christian Mädler,

dessen Leben ein plötzlicher Schlaganfall jäh abschnitt, als er gerade einen Freund besuchte. Mädler war ein unerschrockener Kämpfer für unsere Partei, er war stets einer der Ersten, wenn es galt für die Sache einzu­treten. Furchtlos vertrat er stets seine Meinung seinem Prinzipal gegen­über, und trotzdem er Sozialdemokrat war, so fonnte ihn derselbe doch nicht entbehren, denn Mädler war ein geschickter und fleißiger Arbeiter, wie er auch für seine Familie stets wie ein richtiger Sozialdemokrat gesorgt hat.

Die Greizer   Genossen legten Mädler einen Lorbeerkranz mit großer rother Schleife auf die Bahre, ferner haben die Rothenthaler, Dölauer und Elsterberger   Genossen noch je einen Kranz mit ebenfalls rother Schleife, welche den Pfaffen furchtbares Kreuzleuchten in den Augen ver­ursachte, gewidmet. Gegen alle Gewohnheit stellte sich der Mann Gottes verkehrt hin, nur damit er das Rothe" nicht erblicke. Was ich zu meinem Bedauern bemerken mußte, ist die Thatsache, daß der Leichenzug vorwiegend aus Frauen bestand, und mit noch größerer Verwunderung habe ich bemerkt, daß ans der betreffenden Fabrik nicht ein einziger Arbeiter seinem Kollegen die letzte Ehre erwiesen hat, obwohl viele seiner Gesinnungsgenoffen dort arbeiten.

Der zweite Genosse, dessen Tod wir beklagen, ist August Poehler,

ein ebenfalls tüchtiger Genosse, der nach langwierigem Krantenlager vom Tod erlöst wurde. Bei der letzten Reichstagswahl wurde er sehr oft vermißt, denn er war trotz seines hohen Alters unermüdlich thätig in Wort und That.

Beide Kämpfer werden den Genossen unvergeßlich bleiben. Soweit mir bekannt ist, find sämmtliche Genossen hier mit der Haltung des Parteiorgans einverstanden, das beweist auch das fortwährende Steigen der Abonnentenzahl.

Einer von dem Faßbinder Orden.

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Mainz  , 2. Juni. Seit unserm letzten Bericht ist schon eine ge­raume Zeit verstrichen und wollen wir deshalb wieder einmal über die hiesige Situation berichten, umsomehr als dieselbe eine sehr günstige zu nennen ist. Die Partei ist nicht nur die alte geblieben, sondern die Genossen schließen sich immer fester zu einem kämpfenden Ganzen zu­sammen. Hatte man früher mit der Landbevölkerung, diesem wichtigen Theil des sozialen Körpers, wenig Verbindung, so wird dieselbe jetzt immer mehr und immer inniger hergestellt. Nur noch einen Schritt, und der wackere Pfälzer   ist, wenigstens soweit der Wahlkreis Mainz   und dessen nächste Umgebung in Frage kommt, wieder so revolutionär, wie in der Sturm und Drangperiode der Jahre 1848 und 49. Alles arbeitet aber auch fleißig mit, und zwar vom höchsten Regierungsbeamten bis herunter zum Nachtwächter. So hatte unser bigottischer Provinzial­direktor den genialen" Gedanken bekommen, die Landleute auf den alten chriftlichen Standpunkt von Anno dazumal zurückzuführen, indem er ein Bolizeigesetz aus der Reaktionsperiode der 30er Jahre wieder aufsuchte, das dem Bauer am Sonntag den Wirthshausbesuch vor Beendigung des Nachmittagsgottesdienstes verbietet. Derartige schlaue Streiche" fönnen uns natürlich nur nützen, denn die Leute sehen, wie mächtig der Reaktion bereits der Kamm geschwollen ist. Damit aber die Pfälzer nicht um ihren Frühschoppen kommen, wird einfach ein Spaziergang ins nächste Dorf gemacht, und man ist alsdann zum Aerger aller Pfaffen und Mucker vor jeder Strafe sicher, da sich das Verbot nur auf die Ortseingesessenen, nicht aber auf Fremde beziehen kann.

In der Stadt Mainz   selbst sorgen wieder andere große" Geister für neue Kämpfer zum großen Befreiungskriege des Proletariats gegen die jetzigen Zustände und ihre Repräsentanten. So erhalten unter Anderem die Straßenreinigungsarbeiter seit einem Jahre 20 Pf. pro Tag weniger, weil ein aus Sachsen   hierhergekommener Beamte den 2 Mt. betragenden Lohn pro Tag für noch zu hoch hielt und eine Reduktion beantragte. Alsbald verkündeten die ergebenen Organe die dadurch erzielten Er­sparnisse, die dann selbstverständlich in der richtigen Geldmännermanier wieder verwerthet werden.

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So bekam unser Stadtbaumeister, der sich mit dem kläglichen" Ge­halt von 8000 Mart begnügen mußte abgesehen von den vielen Akzidenzien, die ihm durch die Leitung von Privatbauten eingehen, welche ihm erlaubt ist alsbald 2000 Mark Zulage, so daß der Herr das kleine Sümmchen" von ungefähr 15000 Mart jährlich zu verzehren hat, ein Kapital, mit welchem mehrere Dutzend Arbeiterfamilien sich durchschlagen müssen. Da aber die Wählerschaft bei derartiger so sehr in die Augen springender Mißwirthschaft keinen Spaß versteht, so ist zu erwarten, daß bei der nächsten Stadtrathswahl Männer dorthin kommen, welche diese Sippschaft gehörig ins Gebet nehmen werden.

Von der Polizei ist, mit Ausnahme einer auf Grund des Unterstützungs­wohnsitzgesetzes versuchten Ausweisung des Berliner   Ausgewiesenen Ge­noffen Berger, dermalen wenig zu berichten. Es scheint, daß man be­griffen hat, daß Haussuchungen und dergleichen Chikanen nur unsere Reihen fester schließen.

Auf dem Gebiete der Lohnbewegung sind zwei Schreinerstreiks zu ver­zeichnen, die in den zwei größten hiesigen Möbelfabriken ausgebrochen find. In beiden Fällen blieben, Dank ihrer Einigkeit und Ausdauer, die Arbeiter in allen Punkten Sieger.

Die Situation ist im Augemeinen für uns günstiger als je, und wenn die Genossen fernerhin so brav und opferwillig für ihre Sache einstehen, so wird bei der nächsten Reichstagswahl der Lohn nicht ausbleiben, und auch Mainz   durch einen sozialistischen Abgeordneten im Reichstag   ver­treten jein.

- Pforzheim  , Ende Juni. Demnächst steht hier ein großer Sozialistenprozeß in Aussicht. Neun Männer und eine Frau sind der Verbreitung verbotener Schriften angeklagt. Sieben der Angeklagten gehören der Most'schen Richtung an, die drei anderen, Lehmann, Schachinger und Dittus unserer Partei. Lehmann und Schachinger sigen gegenwärtig wegen gleichen Vergehens eine Strafe von fünf, resp. vier Monaten ab. Das Vergehen soll im Jahre 1879 geschehen sein. Der be­rüchtigte Denunziant Meier( Mostianer) hat nämlich seine eigenen Freunde denunzirt, weil sie sich von ihm zurückgezogen haben, wodurch diese Anklage möglich wurde. Besten Gruß!

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0.

Mannheim  , 20. Juni. Unsern Gegnern gereicht der jetzige Stand der Dinge zu großem Vortheile, denn wir hätten täglich Gelegen heit, ihre erbärmliche Feigheit, gepaart mit schmutziger Selbstfucht, ans Brett zu nageln; so aber ist der Raum des Organs, das zudem auf die Volksmasse zu wenig direkten Einfluß ausübt zu beschränkt, und muß somit das Meiste ad acta gelegt werden. Haben wir in der letzten Zeit wenig von uns hören lassen, so sind wir doch unermüdlich thätig, denn wir sind uns wohl bewußt, daß es auch gilt, die Lücken der Ausgefallenen wieder zu füllen. Zu einer öffentlichen Thätigkeit haben wir auch nicht die geringste Gelegenheit, denn mehr noch als die Polizei haben wir hier die jesuitisch- demokratische Sippschaft in den Flanken, die uns mit großer Sorgfalt überwacht.

Die Haltung derselben in der bekannten Saalbauversammlung wurde bereits besprochen, es ist wirklich belustigend zu sehen, welch' possirliche Burzelbäume die Herren schlagen, nur um der Polizei und dem hiesigen Philisterthum zu beweisen, wie blutwenig sie mit den Proletariern ohne Glacéhandschuhe" zu schaffen haben, was natürlich uns nur lieb sein kann, denn es würde schlimm um uns bestellt sein, wollten wir an den schäbigen Rockschößen solcher Gesellen etwas erringen; es kann uns viel­mehr nur zur Ehre gereichen, daß der Spalt ein unüberbrückbarer ist. Dieser Gesellschaft ist es zu unangenehm, daß das Volk von unten herauf fich allmälig mehr uns zuneigt und uns sogar in die Gemeindevertretung entsendet. Dem muß ein Riegel vorgeschoben werden, und so sehen wir die Freiheitshelden um eine andere Klassenwahlgeometrie betteln, die be zweckte, daß wir in der zweiten und dritten Steuerklasse von ihrem Philisterthum überstimmt werden sollen; trotzdem sie ihr Mittel erreichten, werden wir ihnen zeigen, daß es nicht dem Zwecke entspricht voraus­gesetzt, daß wir es überhaupt für angebracht halten, die Komödie mitzu­machen.

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Während unsere Demokraten" sich so zu Hause als traurige Busch­flepper zeigen, spielen sie nach außen die demokratische Flöte. Beinahe wäre ihnen im badischen Kammerkonzert ein furchtbares Malheur passirt, denn sie operirten dortselbst, wissend, daß es ja doch blos pour le roi de Prusse gewesen, mit dem gleichen direkten Wahlrecht, die anderen Par­teien spielten ihnen nun den Schabernack und nahmen es in erster Lesung an. Darob großer Schreck bei den biederen Volksmännern, die es ja blos theoretisch" wollten, und so ging es andern Tags schleunigst den Weg allen Fleisches. Die biedere ultramontan- konservativ- demokratische Frak­tion wird sich hitten, je wieder mit dem Feuer zu spielen.

Genau in dem Sinn unserer Demokratie hält sich auch deren Organ; die ehemaligen, jetzt abgepfründeten Philisterredakteure mußten zwei­deutigen katilinarischen und wuchernden Existenzen Platz machen, wes­halb es durchaus nicht zu verwundern ist, daß deren Hauptwaffe das gemeinste aller Mittel die Denunziation ist. Keine deutsche Stadt wird wohl armseliger in Punkto ihrer Presse bestellt sein, als gerade Mannheim  . Die Zeit des Sozialistengesetzes genügte, aus derselben eine Mord- und Todtschlagsschundpresse zu machen, die unsere Polizei­pascha's zu ihren besten Mitarbeitern zählt.

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Daß die Reaktion nichts unversucht läßt, uns Arbeiter zu födern, ist leicht erklärlich, die tölpelhafte Weise, in der es geschieht, zeigt, wessen Geisteskinder die Leute sind. Erst wird ein liberal- konservativ ultramontan­Soziales Organ geschaffen, es zieht nicht; jetzt schießt wieder ein klebriger Pilz aus dem Boden, in Gestalt des christlich regierungssozialen a nt-> tisemitischen Mannheimer Boten", aber wir können mit Freuden konstatiren, daß sich der gesammte Arbeiterstand der bis ins Mark verfaulten Sippschaft fernhält.

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Zu unserm großen Bedauern müffen wir an der Etappe der Aus­wanderung wahrnehmen, daß dieselbe zu einer förmlichen Völkerwanderung zu werden droht. Wohl ist es wahr, unsere ökonomischen Verhältnisse gestalten sich täglich ungünstiger, das deutsche Polizeiknüppelleben efelt uns immer mehr an, dennoch möchten wir wenn nicht unbedingt zwingende Gründe veranlassen- abrathen, den heimischen Boden gerade jetzt zu verlassen. Die durch die letzte Volkszählung konstatirte Bevölkerungsabnahme ist in fast allen badischen und pfälzischen Orten ganz enorm.

Leider wurde durch die Wanderlust auch Mannheim   sehr schwer be­troffen; haben uns während der letzten zwei Jahre eine ganze Reihe tüchtiger Genossen verlassen, so mußten wir letzte Woche abermals mehreren unserer besten Mittämpfer ein Lebewohl zurufen. Namentlich wird sich das Scheiden der Genossen Mai und Sensbach sehr fühlbar geltend machen; indeß sie haben hier brav und redlich lange Jahre ge­

fämpft, wir quittiren dankend und empfehlen sie den Genoffen jenseits des Ozeans auf's Wärmste.

In die eben geschilderte trübe Stimmung tam wieder neues Leben und Begeisterung durch die kernige Jungfernrede des Genossen Voll­mar im Reichstage. Bei uns herrscht darüber nur eine Stimme, und zwar daß wir lebhaft in das Bravo zur Rede einstimmen. Wir wünschen von Herzen, daß ohne Schnörkel und Rückhalt unverblümt unsern Geg­nern gesagt wird, was wir denken und wollen, und ist unser Wunsch, daß unsere gesammten Vertreter im Reichstage im nämlichen Sinne und ebenso entschieden unsern Standpunkt vertreten.

Wie schon berichtet, schließen wir uns aus vielfachen Gründen dem Vorschlage der Abhaltung eines Parteikongresses an und erwarten, daß er unter allen Umständen noch im Laufe dieses Jahres stattfinde. Des­gleichen begrüßen wir den Vorschlag betreffend Errichtung eines Partei­archivs und werden nicht ermangeln, unser Scherflein auch dazu beizu­tragen.

Auch der Hamburger Vorschlag bezüglich der zukünftigen Agitations­weise hat bei uns lebhafte Sympathie gefunden, zudem da wir schon länger diese Frage ventilirten. H. H.  

Sprechsaal.

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An die Redaktion des Sozialdemokrat". New York  , 168 Avenue B., 28. Mai 1882. Geehrte Redaktion! In neuerer Zeit erhalte ich so zahlreiche Briefe von deutschen   und schweizerischen Parteigenoffen, welche auszuwandern wünschen, daß ich nicht im Stande bin, dieselben einzeln zu beantworten, und Sie deshalb bitten muß, die nachstehende Generalantwort in Ihrem Blatte zu ver­öffentlichen. Ich kann mich auf spezielle Antworten um so weniger ein­lassen, als damit eine gewisse Verantwortlichkeit verbunden ist, die ich nicht tragen kann, weil es mir an Zeit und Gelegenheit gebricht, in jedem Falle genaue Erkundigungen über die Lage der verschiedenen Arbeitsbranchen, denen die Fragesteller angehören, einzuholen.

Ganz abgesehen von dem Umstande, daß das Parteiintereffe fordert, es solle Jeder bleiben wo er ist, wenn dies irgend möglich erscheint, ist vor Auswanderung nach Amerika   immer zu warnen, wenn der Aus­wanderungsluftige noch irgend Aussicht hat, in der Heimath sein Leben zu machen. Hier regiert die kapitalistische Produktionsweise in höchster Entwickelung, und es wird für einen Sozialisten nicht schwer sein, sich die nöthigen Folgen dieser Thatsache zu vergegenwärtigen. In zahl reichen Branchen werden gute Löhne gezahlt, dafür sind die Geschäfts­stockungen häufig, in der Hauptsache aber wird dem Arbeiter nur gewährt, was er zur Noth braucht, oft weniger, und viele unserer Freunde be­finden sich hier in sehr schlechten Verhältnissen, manchem ist es gut er­gangen, für feinen gibt es eine Sicherheit der Eristenz.

Wir haben zur Zeit keinen schlechten Geschäftsgang, aber es fehlt des­halb doch nicht an Angebot von Händen, so daß die Löhne wesentlich herabgehen müssen, wenn die Arbeiterorganisationen nicht einen groß­artigen Aufschwung nehmen, wozu es vorläufig nicht den Anschein hat. Ich kenne aus persönlicher Erfahrung nur die New- Yorker Verhältnisse, nach allem, was ich höre, steht es auch im Westen und Süden nicht günstiger; wenn hier und da die Lebensbedürfnisse billiger find, so wer­den auch niedrigere Löhne gezahlt.

Daß es sich empfehlen würde, wenn unsere Freunde Farmarbeit suchten, glaube ich nicht; von sachverständiger Seite wurde mir gesagt, daß das Loos eines solchen Arbeiters, ja selbst des kleinen Farmers, ein sehr hartes sei, das nur von einem richtigen Bauer getragen werden könne. Nun find freilich die wirthschaftlichen Verhältnisse in Deutschland   so überaus traurige, daß, vorläufig wenigstens, der Auswandernde, welcher dort gar nichts verliert, immerhin zu der Hoffnung berechtigt ist, seine Lage hier wesentlich zu verbessern. Daß viele Eingewanderte dauernd arbeitslos geblieben wären, habe ich noch nicht gehört, sie haben aber sehr oft un­geeignete und sehr schlecht bezahlte Arbeit annehmen müssen. Hauptsache ist, daß der Einwandernde, besonders wenn er mit Familie kommt, soviel Geld in Händen hat, daß er wenigstens einige Wochen ohne Verdienst eristiren und sich eventuell im Innern des Landes Arbeit verschaffen kann; denn es ist selbstverständlich, daß die Hafenstädte, und insbesondere New- York  , die Massen der Einwanderer( durchschnittlich etwa 3000 täg­lich in New- York  ) nicht unterbringen können. Auf Unterstützung haben die ankommenden Parteigenossen hier nicht zu rechnen, da die Partei durchaus nicht genügende Mittel hat, für Alle zu sorgen.

Wenn möglich, sollte jeder Auswanderungsluftige, ehe er die Aus­wanderung feft beschließt, sich genau über den Stand seiner Branche informiren; die Anfragen müßten aber an spezielle Freunde gerichtet werden, welche Zeit haben, die nöthigen Erfundigungen einzuziehen, nicht an mich, der ich ganz außer Stande bin, derartigen Anforde rungen zu entsprechen.

Mit besten Grüßen!

Julius Vahlteich  .

Druckfehler- Berichtigung.

Vorsicht ist zwar nach einem bekannten Sprichwort der bessere Theil der Tapferkeit, aber daß Vorsicht auch eine der nothwendigsten Eigen­schaften des echten Helden sei, das zu entdecken, blieb dem hämischen Druckerteufel überlassen, der uns in unserm letzten Leitartikel( in einem Theile der Auflage) Standhaftigkeit, Entschloffenheit, Vorsicht und Kühnheit" als die Eigenschaften, welche den Kämpfer zum Helden stem­peln", bezeichnen läßt. Wir bitten die geneigten Leser, Nachsicht zu üben und an Stelle der Vorsicht allen Helden in spe u msicht anzu­empfehlen.

Ferner ist es zwar unzweifelhaft richtig, daß die verschiedenen Parteien in den Vereinigten Staaten   nicht daran denken, sich gegen Irland   in einen Krieg zu verwickeln", unser Londoner   Freund hat uns aber nicht mit dieser hochinteressanten Mittheilung überraschen wollen, sondern ein­fach konstatirt, daß sie nicht daran denken, sich wegen Irland   in einen Krieg zu verwickeln". Dies zu verbessern und den Druckerteufel zum Teufel zu wünschen, erbitten wir gleichfalls von allen Lesern, die es wohl mit uns meinen.

Briefkasten

der Expedition. Catilina  : Fr.-, 40 f. Schft. erh. Schorse: Lesen Sie das Kopfstück von Nr. 29. Bericht wog 30 Gramm, fostet deshalb 50 Cts. Strafporto! T. 2c. besorgt. C. Shum. Cincinn.: Fr. 100,-( Doll. 19,75) à Cto. Ab. u. Schft., sowie Bf. v. 3./7. erh. H. J. Ve.: Fr. 2,10 Ab. 3. Qu. erh. Rothbart: Fr. 234, à Cto. Ab. Mz. erh. Sttgt. Mt. 11,85 beim Abschd. d. Gen. H.

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f. d. Ausgew. ges., dkd. erh. Ebenso Weiteres. J. H. Abg. i. Sch.: Mt. 5,- pr. Ab. 3. Qu. u. Schft. erh. Mt.-40 d. Ufds. dkd. zugew.

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Hull. M. 4,50( Fr. 5,52) Ab. 3. Ou. u. Schft. erh. Nachlfg. 2c. fort. Bundschuh: Bf. v. 13. erh. u. am 17. beantw. Ch. Wblgr. Frfld.: Fr. 2,70 Ab. Juni 1 Expl. u. 1 Expl. 3. Qu. erh. tiger: Mt. 10,- pr. Agtfds. dkd. erh.

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Blu­U. a. D.: Mt. 24,50 Abon.

3. Qu. durch Freundeshand erh. Wandervogel Danzig  : Mt. 15,- pr. Ufds. durch R. dkd. erh.

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Rthr.

Der Rothe: Mt. 15,- p. Ufds. dkd. erh. Sturmvogel: Sch. H. O.: Mt. 4,40 Ab. 3. Du. erh. Mt. 3,10 A6. 3. Qu. erh. 27 nachgel. F. M. M.: Fr. 4,25 Abon. 3. Qu. u. Strafporto eth. Notiz dkd. vermerkt. J. W.   Lbt.: Fr. 3,10 Ab. 3. Qu. erh. Sdg. ab Nr. 29. R. Hoffm. Halifax  : M. 3,50 Ab. 1 Expl. Mai Juni u. 1 Expl. 3. Qu. erh. Haben keine Addr. dorthin. Wenden Sie sich an unsern Verein in London  . Gruß erwidert! Frg  : Fr. 20 f. Schft. erh. Rother Franz: Fr. 18, am 17/7 eingetr. Wenn für E. It. Bf. v. 4/4, davon Fr. 12,50 bestimmt sind, so bleiben für's" r." nur Fr. 5,50. Lifte weist Fr. 5,75 auf. Pickelhaube: Wie Figura zeigt, hat Rthr. Frz. die Sache soweit geord­Marat: ow. fl. 3,40 Ab. 3. Qu. erh. Flgbl. folgen mit 30. Weiteres notirt. Dittersbach I.: M. 3, Ab. 3. Qu. erh. 100 A.-S. foften M. 3,-, 200 M. 5,- baar voraus.+++ himmel--: M. 27, an D. ausbez. u. pr. Ufds. Rückzhlg. belastet. Störung 23 durch Zwschhd. verschuldet. Gewünschtes abgg. Weiteres notirt. Blanc M. 10,- à Cto. erh., ebenso M. 3,-, welche H. R. sandte, dazugebucht und dens. zum Gros verwiesen. Bug: Fr. 25,85 erh. u. nach Vorschr. pr. Ab. 3. Qu. 2c. verwendet. Weiteres besorgt. Dtsch. Verein Zürich  : Fr. 2,40 f. Schft. erh. Dtsch. Ver. Baden: Fr. 1,20 f. Schft. u. Retourfdg. erh.

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Schweizerische Vereinsbuchdruckerei Hottingen  - Zürich  .