Bravo , Herr Graf! Ein wahreres Wort haben Sie nie ausgesprochen!| Bolfsparteiler für ihre Selbstkastrirung zum erlittenen Schaden auch noch Das Vieh läßt sich von Joresgleichen regieren, denkende Menschen, d. i. den wohlverdienten Spott. Sozialdemokraten, nicht. Eben weil sie denkende Menschen und nicht Vieh find!
Aber haben Sie auch gemerkt, Herr Graf, daß Sie mit diesem Wort sich selber und Ihr ganzes System enthüllt und an den Pranger gestellt haben? Haben Sie gemerkt, daß Sie das Geheimniß Ihrer Regierungsfunft verrathen haben? ,, Vieh läßt sich regieren, diese Leute nicht." Das heißt doch nichts anderes als: Wir wollen um jeden Preis regieren. Ueber denkende Menschen können wir nicht regieren. Ergo müssen wir die Menschen zum Vieh degradiren und alle Diejenigen, die sich dem widersetzen, verfolgen, unterdrücken, womöglich ausrotten!" Haben Sie das begriffen, Herr Graf?
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Sie haben es nicht sonst hätten Sie das Wort nicht ausgesprochen. Für Ihre unfreiwillige Aufrichtigkeit danken wir Ihnen von Herzen. Das Wort ist uns unschätzbar. Nie ist das herrschende System, das System der Klassenherrschaft schärfer charakterisirt, grausamer gebrandmarkt worden, als durch das verrätherische Wort des sächsischen Kreishauptmanns, und es soll niemals von uns vergessen werden, nicht vergeffen werden bis zum Tage des jüngsten Gerichts, dieses:
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Das Vieh läßt sich regieren, diese Leute nicht." Preußische Rache. Daß das Verbot des Nürnberger Notizkalenders vom Berliner Spigelminister Madai ausgegangen ist, ist bekannt. Den Vorwand mußten die in dem Geschichtskalen der aufgeführten Attentate abgeben. Puttkamer's rechte Hand hat sich da als gelehrigen Schüler des schuftigen napoleonischen Polizeiministers Fouché gezeigt, dem Urheber des berüchtigten Diktums:„ Gebt mir nur drei Zeilen Geschriebenes von Jemandem und ich bringe ihn an den Galgen", zu dessen Befolgung durchaus kein Scharfsinn, sondern nur die nöthige Dofis Niedertracht gehört. Diese liegt auch hier vor, denn die telegraphische Anweisung nach Nürnberg , den Kalender zu verbieten, erfolgte noch in derselben Stunde, in der Grillenberger seine markige Rede gegen die Berfiner Polizei beendet hatte. Buttkamer war in die Enge gejagt, er konnte sich und seine Polizeisubjekte nicht mehr herausreden, was also nun thun? Auf diese Frage ist eine preußische Polizeiseele gewiß nie verlegen
Gemein und schmutzig der Wanzerich, Wie Wanzen pflegen rächte er sich.
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Kann ich dem Kerl nicht offen zu Leib, so will ich ihm hinterrücks Eins versetzen hat er uns politisch blosgestellt, so werden wir ihn geschäftlich schädigen, und flugs heckte man das Verbot des Notiztalenders aus.
Den Menschen erkennt man an der Art, wie er sich rächt. Gibt es eine niedrigere Art, sich zu rächen als die obige?
Wir haben Luft auf die Antwort einen Preis auszusetzen.
Protest gegen die Einführung der Arbeitsbücher, das ist die Tagesordnung mehrerer in der vergangenen Woche in Berlin abgehaltenen Versammlungen. Hier und da haben die Hirsch Dunker'schen Gewerkvereinler die Sache in die Hand genommen, was sich denn auch in den Resolutionen abspiegelt. Sehr gut ist dagegen eine in Stuttgart an Stelle der Hirsch- Dunker'schen angenommenen Rejolution.„ Liebesbriefe werden lang, Absagebriefe kurz geschrieben", rief Genosse Kayser in der betreffenden Versammlung den Harmonie duslern sehr treffend zu. Diese Resolution, welche wir nur empfehlen fönnen, lautet:
,, An den hohen deutschen Reichstag!
Die unterzeichneten Arbeitnehmer von Stuttgart und Umgegend ersuchen, den von dem Abgeordneten Ackermann und Genossen zur Gewerbeordnung gestellten Antrag auf Einführung obligatorischer Arbeitsbücher abzulehnen und zwar aus folgenden Gründen:
1) Durch Einführung der Arbeitsbücher wird die ohnehin große Abhängigkeit des Arbeiters von seinem Arbeitgeber noch erhöht und aus dem Arbeitsverhältniß ein Dienstverhältniß, aus dem Arbeiter ein Knecht gemacht.
2) Die Einführung der Arbeitsbücher gibt den Behörden, besonders der Polizei, Handhabe zur Bevormundung des Arbeiterstandes. 3) Durch die Einführung der Arbeitsbücher würde ein neues Ausnahmegesetz gegen den Arbeiterstand geschaffen und der Arbeiter zum Menschen zweiter Klasse berabgesetzt. Aus diesen Gründen ersuchen die unterzeichneten Petenten um Ablehnung des erwähnten Antrages."
Die Unterschriftensammlung unter die Proteste nimmt namentlich in Berlin großen Umfang an.
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Ein Merk für Leisetreter. Ueber die Niederlage der Bolksparteiler bei den Schwäbischen Landtagswahlen wird der„ Kölnischen Zeitung " geschrieben:
,, Sonst haben die Demokraten gerade dadurch sich viel geschadet, daß fie draußen bei den Bauern von ihren gewaltigen radikalen Forderungen gar viel abließen, so daß diese auf den schlauen Einfall tamen, dann lieber einen wirklichen Konservativen zu wählen“.
Wenn wir der„ Kölnischen" noch nie geglaubt haben, diesmal hat sie Recht. Diese niederträchtige Rechnungsträgerei vor den Wählern, das Abschwächen der eigenen Forderungen muß das Volk schließlich denen, welche am Ruder sind, in die Hände führen. Und so haben die Herren
Dieser Hannover 'sche Freischärler ist auch einer jener namenlosen Helden", die sich im Pantheon der Völker einen Platz erkämpft haben. Das ist aber die historische Gerechtigkeit". Die Namen der falschen Gözen werden in goldenen Reklamelettern unserem Gedächtniß eingeprägt
die Märtyrer der Freiheit sind meist unbekannt. Freilich nicht zum Verwundern wird doch die Geschichte vorläufig noch von den Unterdrückern des Volkes geschrieben!
Von welchem Stoff die badischen Soldaten, insbesondere die Artilleristen, waren, erhellt aus einem kleinen Vorgang, den der tonservative Tagebuchschreiber also erzählt: 681
Eines für diese Zeit immerhin schönen Zuges habe ich zu erwähnen. Eine Anzahl Kanoniere hatten sich uns angeboten, die während der Beſchießung gefährdete Bibliothet des gy Lyceums in den Kasematten zu sichern,
und forderten durch Maueranschlag ihre Kameraden hiezu auf. Als wir hierfür dankten, weil denn doch die Gefahr der Verschleppung zuletzt so groß war, als die der etwaigen Beschädigung, stellten sie eine Wache im Lyceum auf, die Wasserkübel zu vertheilen und bei etwaigem Vorkommnisse zu löschen. Das hätten wir denn doch nicht vermuthet."
Die preußische Armee, unter dem Kommando des Prinzen von Preußen, hatte freilich andere Grundsätze.
Hören wir unseren Tagebuchschreiber:
Lieute den
" Der schöne Bahnhof steht in Flammen( in der Nacht des 21. Juni - als die Uebergabeverhandlungen so gut wie beendigt waren). Ungeheure Entrüstung ergreift die Gemüther. Bald glaubt man, die Kanoniere, bald die Bolaten und Schweizer , bald rachsüchtige Bürger hätten die That verübt, um das Friedenswerk zu stören. Erst später erfuhr ich von den Preußen, daß sie selbst nant Hennig vom 31. Landwehrregiment wird angegeben Bahnhof angestedt hätten, um den Belagerten einen Schlupfwinkel zu benehmen, von welchem aus das Belagerungswerk gestört werden konnte. Jedenfalls ist der unnöthige materielle Verlust zu bedauern. Des folgenden Abends wurde das Zerstörungswert fortgesetzt und beendigt. Das Schießen von den Wällen galt indeß auch dem Gefolge des Prinzen von Preußen, dessen Rekogno8zirungsritt bemerkt worden war."
Er, Wilhelm der Milde, war bei der schönen That also zugegen.
Gelegentlich werden die Erinnerungen" fortgesetzt.
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Bravo ! Unsere Dresdener Genossen haben in der Neujahrsnacht ein Flugblatt, welches die Briefe von Paul und Weller an Schmidt mit kräftigem Kommentar enthält, in 40,000 Eremplaren verbreitet. Von den 400-500 Verbreitern wurden nur zwei abgefaßt.
Die Dresdner Presse mit Ausnahme eines unbedeutenden Blättchens hatte die ganze Affäre todtgeschwiegen. Jetzt haben unsere Genossen dafür gesorgt, daß die Dresdener Bevölkerung erfahre, wie zwei Kriminalbeamte mit einem steckbrieflich verfolgten Verbrecher in intimen Briefwechsel stehen, anstatt für seine Verhaftung zu sorgen, und wie diese Beamten, trotzdem dieser Briefwechsel zur Kenntniß der Oberbehörden gelangt ist, ruhig im Amte verbleiben dürfen als Säulen der Ord
nung.
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Das Flugblatt wird seine Wirkung nicht verfehlen.
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Glückliches Offenbach! Der„ Voigtländische Anzeiger" in Plauen druckt mit innigem Behagen folgende dem feudaljunkerlichen ,, Deutschen Tageblatt" zugehende Korrespondenz aus Sachsen " ab:„ Stadtrath Brink in Plauen ist zum Oberbürgermeister von Offenbach in Hessen- Darmstadt gewählt worden. Herr Brink gehört einer entschieden nationalen Richtung an. Offenbach ist bekanntlich Liebknechts Wahlkreis. Der energischen Persönlichkeit Herrn Brinks traut man die Fähigkeit zu, auf seine Umgebung in weiteren Kreisen einen günstigen Einfluß(?) zu gewinnen. Der neue Oberbürgermeister von Offenbach zeichnet sich nebenbei auch durch Körperkraft und seltene Gewandtheit aus. Sie hat ihm vor einigen Jahren das Leben gerettet; denn als ein aus dem serbisch - türkischen Kriege zurückgekehrter Abenteurer einen Mordversuch gegen ihn in seinem Zimmer unternahm, überwältigte und band ihn Herr Brink ohne fremde Hülfe".
Zu der besonders rühmlichen, törperlichen Gewandtheit und Stärke des Hru. Oberbürgermeisters in spe, schreibt man uns aus Plauen , tömmt auch noch seine gewaltige Stimme. Wenn er es also in Offenbach ebenso treibt wie in Plauen , wo er des Nachts in angetrunkenem Zustande und vom Wein„ begeistert" zurückkommt in seine Wohnung und seine Löwenstimme weithin durchs Fenster in die Nacht hinaus erdröhnen läßt, dann kann Offenbach sicher sein, daß das Kapitel vom, nächtlichen Unfug und Ruheftören" baldigst außer Kraft gesetzt wird, der ehrsame Offenbacher Spießbürger aber dafür Gelegenheit erhält, zu beobachten, wie man einen Sozialdemokraten aus seinem Wahlkreise hinaus brüllt beim Wein i
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Herr Putkamer hat, wie aus unserem Leitartikel ersichtlich, den Adlerorden erster Klasse erhalten. Man weiß nicht, ob nur für seine geistreiche Belagerungszustandsrede oder ob auch für die Beförderung des Zuchthäuslers( von Rechtswegen) Bennigsen Förder zum Zucht haus direktor. Verdient hat er den„ Rothen" durch die eine Heldenthat, ebensogut wie durch die andere. Herr v. Nostiz- Wallwitz soll vor Neid die Gelbsucht bekommen haben. Hoffentlich werden sich die Berliner Ordensverleiher des„ kleinen Buttkamer" erbarmen und an ihm eine Wunderkur bewirken, indem sie ihn ähnlich verzieren wie den großen", d. h. langen Buttkamer.
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Sächsische Gemüthlichkeit. Liebknecht, der am 17. Dezember nach zweimonatlicher Haft aus dem Gefängniß entlassen wurde, bekam nicht einmal die Erlaubniß, seine Familie zu besuchen wurde sofort aus dem Gefängniß nach dem Bahnhof geleitet. Albrecht, aus Neuschönefeld bei Leipzig , jetzt in Dresden , verdient in seinem Geschäft er ist Maurer nur 8-9 Mart wöchentlich( weil die Polizei ihn aus allen guten Stellen vertrieben hat) und kann also seine noch in Neuschönefeld befindliche Familie nicht zu sich nehmen. Die Gemeindebehörden haben ihm nun gedroht, falls er seine Familie nicht zu sich nehme, werde man ihn in's Arbeitshaus stecken! Das Arbeithaus ist betanntlich schlimmer als das Zuchthaus, was am besten durch die notorische Thatsache bewiesen wird, daß von Insassen der Arbeitshäuser zahlreiche Verbrechen( Brandstiftung u. s. w.) verübt zu werden pflegen, in der ausgesprochenen Absicht, durch Verurtheilung zu Zuchthaus die Be freiung vom Arbeitshaus zu erwirken. Und einen braven Mann, der sich den Haß der Gewalthaber zugezogen hat, weil er auf die Beseitigung ihrer Mißwirthschaft hinwirkt, will man, unter dem Vorwand, er vernachlässige seine Familie, in's Arbeitshaus stecken, nachdem man ihn materiell zu Grunde gerichtet und der Mittel, für seine Familie zu sorgen, beraubt hat.
-Bom sozialistischen Kampfplage. In Nürnberg sind bei den Arbeiterwahlen zum gewerblichen Schiedsgericht die Kandidaten unserer Partei nahezu einstimmig gewählt. In Gablenz bei Chemnitz errangen bei den Stadtverordnetenwahlen aus der Klasse der Unan fäffigen die Kandidaten unserer Partei einen glänzenden Sieg.
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Zur Börsensteuer. Die Handelskammer in Pitts burg hat ein Gutachten abgegeben es sei unmöglich zu sagen, wo der Das rechtmäßige Handel aufhöre, und wo die Spekulation beginne". haben, fügt die" New- Yorker Volkszeitung" hinzu, auch wir immer gesagt. Unter dem kapitalistischen System ist dies unmöglich. Das Börsenspiel zu verbieten, so lange der gefeßmäßige Handel ein gesetzlicher Raub ist, bleibt Unsinn. Man muß allen gesetzlichen Raub abschaffen.
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Oesterreich. Nachdem die Ermordung Wilhelm Oberdants denn man mag über die irredentistische Bewegung und das Triester Komplott sonst denken wie man will, die Hinrichtung Oberdants, der nur ein Attentat vorbereitet, nicht aber ausgeführt hatte, ist nichts anderes als eine offizielle Ermordung nachdem diese also im italienischen Volke einen Sturm gerechter Entrüstung hervorgerufen, hat die österreichische Regierung das Glück" gehabt, von dem zweiten Attentäter" ohne ihr direktes Zuthun erlöst zu werden. 2. Contento ist im Untersuchungs- Gefängniß an der Auszehrung gestorben worden. Wer dieses Wort zu hart findet, der lese nur, wie es im zivilisirten Wien , dem der anständigen Gesellschaft angehörigen liberalen Schriftsteller Gilles erging, der von Deutschland aus wegen Bismarckbeleidigung verfolgt wurde.
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,, Gilles wurde bei seiner Verhaftung", so schreibt man der ,, Frankfurter Zeitung ", alsbald einer Leibesdurchsuchung unterworfen, die damit endete, daß man ihn seines Geldes, seiner Brieftasche, seines Messers 2c. entledigte. Nachdem er so gefangenmäßig" zugeftutzt war, wurde er in ein finsteres Loch geworfen, wo er in Gesellschaft von einem Vagabunden und einem Betteljungen bis zum andern Morgen zubringen mußte. Sodann wurde er im Schubwagen nach dem Landesgericht gebracht, wo er die erste Zeit, bis seine Angelegenheit an den Untersuchungsrichter gelangte, abermals in unheimlicher Gesellschaft zubringen mußte. Auf die Bitte, sich selbst beköftigen zu dürfen, wurde, da die Polizei das beschlagnahmte Geld nicht mitgeschickt hatte, nicht eingegangen. Gilles mußte in Reih und Glied mit allen möglichen Verbrechern zweimal am Tage, halb 7 und halb 12 Uhr, mit dem Blechgeschirr in der Hand, die Gefangenkost faffen. Seine Lage wurde nicht unbedeutend besser, als er vor den Untersuchnugsrichter gelangte und dieser erkannte, daß man es mit einem anständigen Menschen zu thun habe. Gilles wurde in eine beffere Zelle, die er mit drei gebildeten Arrestanten theilt, geführt. Er erhielt ferner die Erlaubniß, sich selbst beköstigen zu dürfen, was ihm dadurch, daß die Polizei sich auf Requisition des Landesgerichtes zur DesHerausgabe des konfiszirten Geldes entschloß, auch möglich war. gleichen ward ihm gestattet, fortan bis 9 Uhr aufzubleiben und sich Tags über mit Schreiben und Zeichnen zu beschäftigen; doch wurden ihm die legtgenannten Vergünstigungen erst zu Theil, nachdem er sich bereits
sechs Tage in Haft befunden hatte. Auch ist die Gefängnißordnung, der er unterworfen ist, eine sehr strenge; so ist es ihm beispielsweise nicht erlaubt, sich beim Essen eines Messers und einer Gabel zu bedienen; er muß Alles, auch den Braten, mit einem Löffel verzehren".
So wird in Wien gegen einen ,, a nständigen" Menschen verfahren, man kann sich daraus ein Bild machen, wie in Triest mit dem armen Proletarier, der den ominösen Namen Contento( zufrieden) führte, verfahren sein wird.
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- Dänemark . Aus Kopenhagen , den 30. Dezember, schreibt man uns: Was die Bewegung hier betrifft, erfreuen wir uns eines steten Wachsthums. Da ist zunächst unser Organ, der Sozialdemokraten". Kurz vor dem 1. Dezember machten wir gehörige Anstrengungen, um Abonnenten zu gewinnen; dieses glückte so gut, daß das Blatt vom 1. Dezember ab in bedeutend vergrößertem Formate erscheinen konnte.*) Letzten Herbst hätten wir beinahe eine Bresche in das dänische Landsthing( Oberhaus) geschoffen, wenn die Gegner nicht geradezu durch Betrügerei uns um den Sieg beschwindelt hätten und nicht durch Landsthingsbeschluß Sanktion für ihre Wahlschwindeleien erhalten hätten. Die Sache ist kurz die folgende:
Kopenhagen wählt in seinen 9 Kreisen 7 Landsthingsmitglieder; berechtigt, seine Stimme abzugeben, ist ein jeder Wähler zum Folkething, d. h. ein jeder unbescholtene dreißigjährige Mann, gleichviel ob er Steuern zahlt oder nicht. Die Wahlhandlung dauert von Vormittags 10 Uhr bis Nachmittags 1 Uhr und muß nach dieser Zeit fortgesetzt werden, solange noch Wähler anwesend sind, die ihre Stimme abgeben wollen. Als es 2 Uhr, hatten wir im 5. Bezirk die Majorität; um uns jedoch den Sieg zu vereiteln, sandte der Wahlkommissär seine Stimmenfänger aus und ließ seine säumigen Parteigenossen holen. Wir thaten natürlicherweise dasselbe; 2 Minuten vor 6 Uhr schloß der Vorsitzende jedoch die Wahlhandlung, obgleich noch ein Theil Wähler sich im Vorzimmer befanden; kurz darauf kamen noch Hunderte von Arbeitern die Treppe herauf, um ihre Stimme für unsere Liste abzugeben. Aber der Streich war gelungen. Der Vorsitzende hatte durch seinen berechneten Schachzug seiner Partei eine Majorität von 37 Stimmnn zugeschwindelt. Es wäre ja auch eine Schande gewesen, wenn ein einfacher Arbeiter als„ räudiges Schaf" in die Heerde der privilegirten Ausbeuter gerathen wäre! Dies mußte durch Betrug verhindert werden!
Neulich hatten wir eine gut besuchte öffentliche Versammlung, in der Protest gegen die Todesstrafe erhoben wurde. Anlaß dazu gab eine vor einigen Wochen hier vorgekommene grauenhafte Schlächterei, wobei der Henker drei Mal zuhieb, ehe er den Kopf des Verurtheilten vom Rumpfe
trennte.
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Holland . Am 24. Dezember fand in Rotterdam der Rongreß unserer holländischen Genossen statt. Derfel be war von einigen zwanzig Delegirten besucht und verlief in bester Ordnung. Der Bericht des Parteikomites konstatirt einen erfreulichen Fortschritt unserer Bewegung in Holland . Dank dem vortrefflich redigirten Parteiorgan, Recht voor Allen"( Recht für Alle) schreitet unsere Partei wenn auch langsam, so doch stetig vorwärts.
Beschlossen wurde u. A., eine allgemeine Streitunterstüßungskasse zu gründen, um den streifenden Arbeitern aller Länder zu Hülfe kommen zu können; ferner Sammlungen zur Errichtung einer eigenen Druckerei zu veranstalten.
Als Sitz des Parteivorstandes wurde der Ha a g, der Wohnort unseres ausgezeichneten Genossen, des in Rede und Schrift unermüdlich für den Sozialismus wirkenden F. Domela Nieuwenhuis gewählt. Ueber die Anfrage, ob es nicht möglich sei, den Streit zwischen Anarchisten und Sozialisten zu schlichten, wurde einstimmig zur Tagesordnung übergegangen weil 1) es in Holland keine Anarchisten gibt und 2) es sich überall gezeigt hat, daß mit diesen Leuten kein Unterhandeln möglich ist.
Unsere flämischen Genossen waren auf dem Kongresse durch Genosse E d. van Beveren vertreten, als Beweis für das brüderliche Band zwischen ihnen und den holländischen Sozialisten.
Auch wir senden unsern holländischen Genossen nachträglich unsern herzlichsten Brudergruß zu ihrem Kongresse.
Frankreich . Leon Gambetta hat seinem Vaterlande zum neuen Jahre einen großen Dienst erwiesen: er ist in der Neujahrsnacht 1882/83 gestorben.
Wir wollen die Verdienste dieses Mannes um die Zertrümmerung der napoleonischen Herrschaft über Frankreich , um die Vertheidigung seines Landes im Momente der höchsten Gefahr, sowie um die definitive Errichtung der Republik nicht verkleinern, aber da war Gambetta's Mission auch beendet: der ehrgeizige, zu Macht und unerhörtem Einfluß gelangte ehemalige Volksmann war zuletzt nur noch ein Hemmschuh für die gesunde Entwickelung seines Landes.
Er war die Verkörperung des bornirten Revanchegedankens gegen Deutschland die Fäden der nationalen Hezpolitik liefen in seiner Hand zusammen. Aber indem er die Militärmacht seines Landes stärkte, war er auch die Veranlassung, daß die andern Länder, insbesondere Deutsch land , ihre Kriegsmacht fortdauernd verstärkten. Der Hinweis auf das in Gambetta verkörperte Frankreich genügte, um dem deutschen Spießbürger stets neue Millionen für den Militarismus zu entlocken. Der Erdiktator hat den deutschen Machthabern wenig, dem deutschen Volfe viel Schaden zugefügt. Er hat die freiheitliche Entwickelung in Deutschland untergraben, den Militärdespotismus errichten helfen.
Gambetta's maßloser Ehrgeiz, der ihn nicht davor zurückschrecken ließ, fich zur Stärkung seiner persönlichen Macht mit Gesinnungslumpen aller Art zu verbinden, ist eine der Hauptursachen, daß die Republik bis jetzt nur der Form, nicht aber dem Wesen nach in Frankreich herrscht. Der Vertheidiger Delescluze's kompromittirte schließlich in den Augen wirtlicher Republikaner jede Reform, zu der er die Initiative ergriff man vermuthete und mußte vermuthen, daß er sie für seine persönlichen Zwecke durchführen wollte.
Gambetta's Einfluß ist es auch zuzuschreiben, daß die französische Republit, um mit den despotischen Regierungen leichter Bündnisse eingehen zu können, sich noch nicht einmal dazu hat aufschwingen können, ein sicherer Zufluchtsort für verfolgte Freiheitskämpfer zu sein. Auch hier zeigte er, wie beschränkt im Grunde sein politischer Gesichtskreis war. Er zog es vor, auf Verlangen despotischen Regierungen Liebesdienste erweisen zu müssen, und damit seine Sache in den Augen jedes Freiheitsmannes zu kompromittiren, anstatt Frankreich durch demokratische Juftitutionen gegen solche Zumuthungen ein für allemal zu schützen, denn er wollte die Machthaben, sich durch gelegentliche Liebesdienste solcher Art Gegendienste zu erkaufen. Er schacherte mit der Freiheit.
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Wir haben hier nicht von Gambetta's Privatleben, seiner Völlerei 2c. zu reden das find untergeordnete Dinge, welche hier nicht in Betracht tommen.
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France , débarasse- toijdes[ individus! Frankreich , befreie dich von den Persönlichkeiten! so rief der Hebertist Anacharsis Cloots einmal aus, und in der That ist diese Mahnung nirgends mehr am Blaze als in Frankreich , dem Lande des ausgeprägtesten Subjektivismus. Kein Volt ist so geneigt, große Männer" zu machen, sei es durch seine Verehrung oder durch seinen Haß, als das französische, und in keinem Land haben die großen Männer" mehr Unheil angerichtet als in Frankreich . Mit Gambetta verschwindet ein solches„ Individuum" und er hinterläßt keinen Nachfolger. Wir gratuliren dem französischen Volke zum Tode dieses großen Mannes"!
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*) Des, Anarchisten" Fleuron- Petersen, Proletarier" ist längst zur Ruhe eingegangen.