badisches Gebiet zu verschleppen, wo er von preußischen Häschern er­griffen wurde.

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Wedecke nicht der Prinz wurde in Berlin   wegen Sittlich teitsvergehen angeklagt und in geheimer Sitzung, in welcher nicht einmal nichtfungirende Richter zugelassen wurden, zu Gefängniß verurtheilt. Niemals ist das Urtheil publizirt worden. Nach einigen Tagen fand man Wedecke, unter Umständen, die den Selbstmord ausschlossen, im Gefängniß aufgehängt. Der Mann wußte zu viel. Diese Sachen paffirten in den 40er und 50er Jahren.

Anfangs der sechsziger Jahre wußten Berliner   Zeitungen von einem Kaufmann zu berichten, der wegen Mißbrauch eines minderjährigen Mädchens angeklagt war und fich zum Beweise seiner Unschuld oder vielmehr dafür, daß das Mädchen nicht mehr unschuldig gewesen sei, auf das Zeugniß eines Prinzen des Königlichen Hauses berief." Ueber den Ausgang des Prozesses verlautbarte nichts weiter. Er wurde nieder­geschlagen.

Bezüglich der in voriger Nummer erwähnten Jagd des Prinzen auf Ron­firmandinnen, namentlich der in der Nähe seines Palais gelegenen Dreifaltigkeitskirche, waren die betreffenden Prediger durchaus nicht im Unklaren, und sollen sich die ehrenhaften unter ihnen sehr erbittert da­rüber geäußert haben. Aber ihr Zorn war ohnmächtig, denn die Obrigkeit ist von Gott  ".

Berlin   weiß noch Manches vom Prinzen Karl zu erzählen, indeß das Vorausgeschickte mag genügen. Das Gesammturtheil über den Prinzen faßt das Berliner   Volk in folgende Worte zusammen: Es gibt keinen Paragraphen des Strafgesetzbuches, welchen derselbe noch nicht ver­letzt hat."

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Dieses Urtheil ist ungerecht. Wir wissen nämlich aus sicherer Quelle, daß Prinz Karl weder silberne Löffel gestohlen, noch Wechsel gefälscht hat er hatte das freilich nicht nöthig. Ueberhaupt enthalten die von uns mitgetheilten Erzählungen Berlin's keine für einen Prinzen ftrafbare Handlung. Wäre Prinz Karl bürgerlich geboren ja Bauer, das wäre dann allerdings etwas anderes!

Wäre Prinz Karl bürgerlich geboren! Wir haben in voriger Nummer die Antwort mitgetheilt, welche Friedrich Wilhelm IV. selbst auf diese Frage gab:

,, Wären wir bürgerlich geboren, so würde ich wahrscheinlich Künstler, mein Bruder Wilhelm Unteroffizier geworden sein, Karl aber wäre wahrscheinlich im Zuchthause gestorben."

Und mit diesem königlichen Ausspruche, der zugleich eine vortreffliche Kritik des monarchischen Systems enthält, wollen wir unsern Artikel schließen. Er faßte eben in knappen Worten alles zusammen, was sich Berlin   vom Prinzen Karl erzählt.

Die Sozialdemokratie

und die Ausnahme­Gesetze.

Aus der Rede Liebknechts vom 11. Januar 1883. ( Dem stenographischen Bericht entnommen.)

( Schluß.)

Da kommen denn zunächst die gegen die katholische Kirche   gerichteten Ausnahmegesete. Meine Herren, in dieser Beziehung habe ich prinzipiell nichts weiter anzuführen; was prinzipiell gegen ein Ausnahmegesetz zu sagen ist, ist auch gegen das andere zu sagen. Ueberdies hat, als dasjenige unter den Gesetzen gegen die katholische Kirche  , welches dem Unverstand wohl am sym­pathischsten war, das Gesetz gegen die Jesuiten  , im Jahre 1874, wo es im Reichstag zur Berathung fam, unser Freund Bebel dieses Gesetz in einer sehr eingehenden Rede bekämpft, welche den Standpunkt unserer Partei gegenüber allen Ausnahmegesetzen und selbstverständlich auch den die katholische Kirche   betreffenden zu vollem Ausdruck bringt. Damals schon erklärte unsere Partei durch den Mund ihres Sprechers auf der Rednerbühne des Reichstages, daß wir prinzipiell je des Ausnahmegesetz verurtheilen, und daß wir auch für die katholische Kirche  die vollkommenste Freiheit wollen, wenn wir auch nicht auf demselben Standpunkt stehen, wie die katholische Kirche  , ja überhaupt einen kirchlichen Standpunkt nicht einnehmen und der Ansicht find, daß der Staat feinen religiösen Charakter haben soll.

Und nun zu den Jesuiten  . Ich für meinen Theil bin Protestant von Geburt, und auch nicht katholisch geworden, aber ich ge stehe, daß ich die Angst nicht begreife, die in gewissen Kreisen vor dem Jesuitismus besteht. Ich habe die Geschichte des Jesuiten  ordens studirt, und dabei bin ich häufig geradezu mit Bewunderung erfüllt worden durch das, was dieser Orden geleistet hat, durch die ge­waltigen Ideen, wenn auch meiner Ansicht nach auf falsche Ziele ge­richtet, durch die wahrhaft großartige Organisation des Ordens, und durch die Selbstlosigkeit der Mitglieder. Ich muß gestehen, was das geistige Leben betrifft, so habe ich bei den Jesuiten   nicht weniger Wissen­schaftlichkeit gefunden, als z. B. im Protestantismus, und selbst in solchen protestantischen Kreisen, die noch obendrein sehr mit ihrer Freifinnigkeit tokettiren. Aber, meine Herren, glauben Sie nicht, daß ich ein An­hänger der Jesuiten   bin; ich will im Gegentheil den Jesuitismus au 8- rotten, ich will noch viel mehr aus rotten als den Jesuitis mus, aber die Religion und die religiösen Ideen kann man nicht mit Gewalt, nicht durch Ausnahmegesete beseitigen, da muß das Volt erzogen werden, das ist Sache der Schule. Jeder Gedanke und sei er noch so falsch, der gewaltsam bekämpft wird, gegen den man mit brutalen Machtmitteln losgeht, ist stärker als die stärkste Faust, jeder Gedanke die Weltgeschichte zeigt

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das in Tausenden von Beispielen, den man gewaltsam zu ver­nichten versucht, stärkt sich durch die Versuche, ihn zu unterdrücken. Die falschen Jdeen, die Utopien zeigen sich erst in ihrer Falschheit und Uto­pisterei durch die Praxis, die Praxis ist der Prüfstein dafür, ob eine Idee richtig oder falsch ist.

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Das haben wir an einem großen Beispiele gesehen, das mich eigentlich in dieser Beziehung zum ersten Male ich will es fagen flug gemacht hat, in den Kämpfen der französischen  Revolution gegen die katholische Kirche  . Ich habe mich Jahrzehnte lang eifrig mit dem Studium der französischen   Revolutions­geschichte beschäftigt. So lange ich jung war, gehörte ich zu denjenigen, welche glauben, man fönne vermittelst energischer Maß­regeln mit der Kirche leicht fertig werden, da lernte ich aber aus der Geschichte der französischen   Revolution, wie von dem Moment an, wo die revolutionäre Regierung anfing, den Katholiken in das Gewissen ein­zugreifen, ihr religiöses Gefühl zu verlegen, der Widerstand gegen die Revolution zunahm, wie die Vendée   geschaffen wurde, wie trotz der tita­nischen Gewaltanstrengungen der Republit, welche obendrein die modernen Jbeen in ihrem Dienste hatte, es doch vollständig unmöglich gewesen ist, der katholischen Kirche  , des Katholizismus Herr zu werden. Die höl­lischen Kolonnen" des Konvents, die Diayançais" zogen durch die Vendée   sengend und brennend. An der Spize ihrer Bajonnette trugen sie die Ideen der Revolution, glaubten sie, das Recht zu tragen. Wer ihnen entgegentrat, wurde vernichtet, sie rotteten die Gegner aus, und was haben fie ausgerichtet? Tausende und Tausende von ein­geäscherten Häusern schickten ihren Rauch zum Himmel, die Vendée   war war faft enivölkert, und als der Vertilgungskrieg scheinbar fiegreich be­endet war, da waren die Vendéer wieder da, die katholische Kirche  stand aufrechtste war unbesiegt. Kurz, mit der Schneide des Schwertes, mit Polizeimaffen, felbst wenn hinter ihnen die großartigen Ideen der französischen   Revolution stehen, tann man gegen Ideen, auch wenn diese Ideen falsch sind, nichts ausrichten, geschweige denn, wenn die Jdeen des Junker und Polizeiftaates, die doch wahrhaftig feine modernen Kulturideen sind, und gewiß nicht im Stande sind, irgend Jemand zu begeistern und irgend Jemanden einen Glauben zu er setzen, dahinterstehen. Wir verlangen also ebenso die Aufhebung der ver­schiedenen Ges.ge gegen die tatholische Kirche als wie die Aufhebung des Gesetzes gegen die Sozialdemokratie. Em drittes Gesez, dessen Aufhebung wir beantragen, ist der fog naunte Dittaturparagraph, welcher Elsaß Lothringen  

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betrifft. Dieser Paragraph ist ein Ausnahmegesetz im schlimmsten Sinne des Wortes.

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Bereits im Jahre 1870, als die Frage der Annexion von Elsaß- Lothringen   uns im norddeutschen Reichstag beschäftigte, habe ich mit meinen Parteigen offen gegen die Annerion von Elsaß- Lothringen  protestirt. Ich sagte damals, die Annexion von Elsaß Lothringen   sei nicht bloß ein Verbrechen an der Humanität, ein Verbrechen am Selbstbestimmungsrecht der Völker, sondern sie sei auch auch ein großer politischer Fehler; und ich führte aus, daß das annet­tirte Elsaß- Lothringen   ein Pfahl im Fleische Europas   sein werde, daß in Frankreich   die Revancheidee erwachen müßte, daß eine Aussöhnung zwischen Deutschland   und Frankreich   auf lange, lange Zeit hin unmöglich gemacht, und daß Frankreich   geradezu genöthigt werde, sich mit Rußland   zu alliiren, und daß das Gespenst der russisch­französischen Allianz uns nicht werde zur Ruhe kommen laffen. Damals wurde ich hier im Hause und zwar auf der linken so gut wie auf der rechten Seite ausgelacht. Nun, meine Herren, jezt haben Sie das offiziöse und offizielle Geständniß, daß die Situation in Europa   in den letzten Jahren durch die Befürchtung eines russisch­französischen Bündnisses beherrscht worden ist.

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Ich bin der festen Ueberzeugung, daß der Tag, an dem Elsaß­Lothringen ich will nicht sagen an Frankreich   zurüdgegeben wird; denn die Franzosen haben eben so wenig ein Recht, ein Land zu besigen, die Autonomie der Bevölkerung anzutaften, als wir ich bin überzeugt, daß der Tag, an welchem dieser Pfahl nicht mehr im Fleische Europas   ist, der Tag, an welchem das Prinzip der Autonomie der Nationen zur Anerkennung gelangt, ein Tag des Segens sein wird für Deutschland   und für Europa  .

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( Bravo  !)

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Da kommt von Zeit zu Zeit so etwas, was man einen kalten Wasserstrahl" nennt, Krieginsicht- Artikel", wie wir sie z. B. erst neulich erlebt haben, wo plöglich, während Deutschland   gerade daran war, nachdem die Krisis so lange gedauert hat, endlich einmal in Frieden ein gutes Weihnachtsgeschäft zu machen, wo dann plötzlich so ein talter Wasserstrahl fam, zwar nicht nach Paris   und Petersburg  , wo man über diese Kindereien sehr gelacht haben wird, aber auf die deutsche Geschäftswelt. Kindereien? nein, Bübereien, um den richtigen Ausdruck zu gebrauchen! Millionen und Millionen sind durch diese Hezartikel dem deutschen   Volke verloren gegangen; und wie viel gewisse Personen durch diese vollständig unbegründeten, geradezu frevelhaften Artikel an der Börse gewonnen haben, das weiß ich nicht, aber der eine oder andere wird vielleicht näheres darüber sagen fönnen.

Die Herren, die diese Krieginsicht- Artikel periodisch verbreiten laffen­das ist vielleicht das zehnte oder zwölfte Wial- und die außerdem zu den Sprüngen eines gewissen Hofpredigers, zu der antisemitischen Be­wegung u. s. w., in einer Art von Patronatsverhältniß stehen, haben meiner Ansicht nach tausendmal mehr Unruhe in der Bevölkerung erzeugt als diejenigen, gegen welche die Ausnahmegesetze gerichtet sind.

Man spricht von schneidiger Handhabung". Gut, dann sei man schneidig gegen die wahren Ruheftörer. Wir haben aber nicht gehört, daß man gegen sie eingeschritten ist und hier mache ich Sie auf eins aufmerksam: wann ist die antisemitische Bewegung entstanden? In dem Moment, wo die sozialdemokratische Bewegung unterdrückt wurde. Die ganze antisemitische Bewegung, die eine Schmach für unser Jahrhundert, mag sie in pfäffischer Weise noch so mit christlichem Del übergossen werden, diese Bewegung ist erst möglich geworden unter dem Schutz des Ausnahme­gesetzes! Da haben Sie noch eine Frucht des Ausnahmegesetzes! Die freiheitliche Bewegung, die gesetzliche Reformbewegung machen Sie un möglich, und diese Giftpflanzen werden gehegt und gepflegt. Ein Moment der Freiheit und dieser abscheuliche Unfug wird durch die sittliche Entrüstung des Volfes von der Oberfläche weggefegt!

Wie schon gesagt, wir stellen uns auf das prinzipielle Gebiet. Das Prinzip ist untheilbar! Der Antrag bleibt so, wie er ift. Derjenige, welcher vielleicht gern für die Abschaffung des einen Ausnahmegesetzes stimmen möchte, aber sich scheut, für die Abschaffung eines anderen Gesetzes, z. B. des Jesuitengesetzes, zu stimmen, derjenige, der vielleicht gern für die Abschaffung des Jesuitengesetzes stimmen möchte, aber nicht für die des Sozialistengesetzes stimmen will, wird durch seine Abstimmung gegen den Antrag einfach zeigen, daß er nicht auf dem Boden des Prinzips der Gerechtigkeit, des gleichen Rechts für alle steht.

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Man wird möglicherweise der Abstimmung auszuweichen suchen, man wird sagen, es ist keine passende Gelegenheit zu einem Votum des Reichstags. Nun, meine Herren, qui s'excuse, s'accuse, wer sich ent schuldigt, zeigt, daß er nicht für den Antrag ist; wer sich der Ab­ftimmung enthält, stimmt auch! Wir wollen, daß Farbe be­tannt wird, und wer sich vor dem Farbebekennen scheut und sich drückt - bekundet dadurch genügend um den Ausdruck zu gebrauchen seine Stellung zu diesem Antrag und zu dem darin enthaltenen Prinzip. --In Deutschland  , das muß ich allerdings sagen, ist der Haß, der durch das Sozialistengesetz erweckt worden ist, in mancher Beziehung noch tiefer als der Haß, der in Frankreich   durch die Mezeleien der Kommune erzeugt worden ist. Es ist eine bekannte That­sache, daß beständige Nadelstiche, beständige Nörgeleien, systematische Ver­folgungen, die sich über einen langen Zeitraum fortsetzen, mehr erbittern, mehr Empörung erzeugen, als die ä gften nach einem heißen Kampf in der Leidenschaft verübten Grausamkeiten. Solche Grausam feiten fönnen weit eher verziehen werden als systematische Berfolgungen, denen, wie es in Deutschland   der Fall, kein die Leidenschaften entfesseln­der Kampf vorausgegangen ist, die methodisch, in aller Ruhe und mit dem vollkommenen Bewußtsein, daß es sich gar nicht um eine Gefahr für die Gesellschaft handelt, betrieben, wenn Eristenzen zertreten, Tausende und Hunderttausende geächtet, gehetzt furz, so bebandelt werden, als ob sie keine Menschen wären, sondern wilde gemeinsd, ädliche Thiere. Das erzeugt allerdings einen furchtbaren Haß.

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Die Provinzial Korrespondenz, ein Organ der Regierung, hat einmal gelegentlich der Reformgesetzgebung von dem Fürsten Reichs tanzler gesagt. Der Reichsfanzler tann nicht warten. Das mag sein: er rechnet vielleicht blos mit der Dauer seines Lebens. Wir tönnen aber warten. Wir können es aushalten. Wenn gegen uns haben, so haben wir noch

Tausend und einen gegen

Sie noch Tausend Schachzig wir werden mit Ihnen fertig. Die Taktik wird bei fortschreitendem Kampf sich allmählich verändern, die Verschiebung unseres Schwerpunktes nach links wird weitergehen, aber die Partei als solche wird durch keine Maßregel, die Sie gegen uns ergreifen tönnen, in ihrer Existenz geschädigt, in ihrem Bestande erschüttert werden; und Jeder von uns weiß, daß wir sie gen werden. Die Mühler der Geschichte mahlen zwar mitunter langsam, aber sie malen sicher. In Frankreich   haben wir das zweite des Staats­

Kaiserreich gehabt. Es wurde geboren mit dem Bürgern, bie das

streiches vom Dezember. Tausende von Gesetz gegen die Gewaltthat von oben vertheidigt haben, sind in's Eril geschickt, zu Grunde gerichtet worden. Nun, meine Herren, das Kaiserreich ist gefallen und die französische Republik ent­schädigt in diesem Augenblid die Opfer des fran­ zösischen   Kaiserreichs. Diese Thatsache zeigt Ihnen recht deutlich die Nemesis in der Geschichte. Wer nach dem Staatsstreich von 1851 vorausgesagt hätte: die Volksvertretung wird einst beschließen, daß die Opfer dieses schmachvollen Verbrechens, der Vergewaltigung von oben, durch den Staat Entschädigung erhalten müssen, dem hätte man vielleicht mit ebenso ungläubigem Lächeln zugehört, wie die meisten von Ihnen mir zuhören werden, wenn ich sage: die Zeit wird kommen wir sind dessen gewiß wo die deutsche Volksvertre tung den Beschluß fassen wird, daß die Urheber des Sozialisten gefeges mit ihrer Person und ihrem Vermögen für das ungeheure Unrecht und für den ungeheuren Schaden, für alle die Frevel, die sie ver. anlaßt haben und die in ihrem Nicht Andere ſollen haft­Namen verübt worden sind, haftbar gemacht werden.

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bar gemacht werden; nicht, wie man in Frankreich   gethan gat, soll der Staat die Entschädigung bezahlen, denn ras hieße nur, daß das Volk selbst für den Frevel, der am Volke verübt worden ist, aufzu tommen hätte. Man muß sich an die Schuldigen halten, und Sie tönnen überzeugt sein, in Teutschland wird das Rechtsgefühl der Nation verlangen, daß diejenigen für die Folgen auf­

zukommen haben, welche für die fluchwürdige Maß­regel verantwortlich sind. Und nun, meine Herren, wählen Sie!

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dem ich übrigens

( Bravo  ! bei den Sozialdemokraten.) Präsident: Wenn ich den Herrn Redner die weitesten Schranken gelaffen habe recht verstand, so bezeichnete er foe ben ein gegenwärtig geltendes Gesetz als eine fluchwürdige Maßregel". Diesen Ausdruck kann ich nicht paffiren lassen. Ich rufe den Herru Abgeordneten Liebknecht deswegen zur Ordnung.

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( Bravo  !)

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich  , 1. Februar 1883.

Aus dem deutschen   Reichstage. Die Spezialberathung des Reichsetats ist von unseren Genossen im Reichstage mehrfach benutzt worden, an verschiedenen Reichsinstitutionen" scharfe Kritik zu üben. Sehr schneidig ging am 22. Januar Vollmar gegen die Mißhand­lung der Soldaten durch höhere und niedere Vorgesetzten vor. Nach Kon­ftatirung unseres prinzipiellen Standpunktes jeder Bürger Soldat und deswegen jeder Soldat Bürger" Zustand, wo die Soldaten, die sogenannten Gemeinen" als Prole­tarier des Staates erscheinen, entgegenstellte, sagte Vollmar:

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den er dem heutigen

,, Wenn ich und meine Partei unter den heutigen Umstän den auf das Militärbudget Einfluß hätten, so würden wir jedenfalls die ganze Geld- und Naturalverpflegung der Truppen bei Weitem er­höhen, selbstverständlich mit den nöthigen Abschnitten nach oben hin. Ich glaube, wenn man bei den Geschäften der Herren vom Major an aufwärts gehörig den Rothstift handhabt, würde Geld genug übrig bleiben, um den Soldaten eine wesentlich bessere Stellung zu geben, als fie gegenwärtig haben."

Dann bei Besprechung des Kapitels vom höheren Ehrgefühl":

" Ich meine nun aber, wenn ein Stand so überaus empfindlich ist im " Ehrenpunkt", so sollte man doch billig annehmen müssen, daß derselbe eine Handlung, welche ich als die infamste betrachte, die ich überhaupt tenne, nämlich die Mißhandlung eines Menschen, der sich nicht wehren kann unbedingt nicht als eine ehrenhafte betrachten würde;

( sehr richtig!)

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ich habe aber noch nicht gehört, daß irgend eines der Offizierkorps, von denen man so oft hört, daß sie mit dem oder jenem Offizier wegen oft geringer Verflöße nicht mehr zusammen dienen zu können erklären, ich habe, sage ich, nicht gehört, daß ein Offizierkorps erklärt hätte: Wir dienen nicht mehr zusammen mit einem Menschen, der die Infamie bes ging, einen wehrlosen Menschen zu mißhandeln.

Nun wurde vorher von dem Herrn Kriegsminister erklärt, daß das verfassungsmäßige Reichsoberhaupt sich fortlaufend Bericht erstatten lasse über die Strafen, welche für Soldatenmißhandlungen ergehen, und Herr von Kameke glaubte in diesem Umftande einen großen Schutz zu erblicken. Ich muß jedoch Herrn Richter darin beipflichten, daß in dieser Bericht­erstattung keinerlei ernste Garantie liegt."

Vollmar schloß mit folgenden Worten:

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,, Man spricht so viel von dem hohen Beruf der Vertheidigung des Vaterlandes, von unseren Heldensöhnen, von dem Stolz, der den jungen Deutschen   beseelen soll, in das Heer einzutreten u. s. f. Wenn man aber so spricht, dann sollte man doch alles Mögliche thun, damit nicht an die Stelle dieser Gefühle die Furcht tritt, welche diesen wie Sie meinen Stolz nicht aufkommen läßt und verhindern muß, daß die jungen Leute eintreten mit dem Bewußtsein, ihre Dienste dem Vaterlande zu weihen. Wenn die Rekruten aber von ihren Vorgängern erfahren, in welcher Weise der ,, Vertheidiger des Vaterlandes" gedrillt und disziplinirt wird, dann kann wahrhaftig von dem verlangten sittlichen Bewußtsein" nicht allzuviel vorhanden sein.

Für mich sind die Soldaten Angehörige des Volkes, auch wenn sie augenblicklich ein anderes Kleid tragen und in der Kaserne wohnen, und als Angehöriger der Arbeiterpartei, der sozialdemokratischen Partei, halte ich darauf, wie für alle Unterdrückten, so auch für die Söhne des Volkes einzutreten. Ich weiß wohl, daß man denselben systematisch ein Bewußt­sein zu geben sucht, was dem Volfe entgegensteht, daß man in ihnen einen Begriff großzuziehen sucht, der sie aus dem Volke heraushebt und sie zu einem Körper macht, welcher dem Volke in seinen Bestrebungen feindlich gegenüberstehen soll. Das fann mich aber nicht abhalten, diesen Söhnen des Volkes meine Sympathie zu beweisen. wie es schon

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Und damit mir nicht wieder entgegengehalten wird wiederholt, namentlich vom Herrn Dr. Windthorst, geschehen ist daß meine Partei sehr häufig die Sache, welche sie vertheidigen will, verderbe dadurch, daß fie in gehässiger Weise vorginge, so kann ich nur erklären, daß es mich freuen sollte, wenn Sie die Waffen, welche uns Beschwerde­punkte, wie die von mir angeregten, gegen Sie geben, in Zukunft aus den Händen winden würden dadurch, daß Sie den Angehörigen des Volkes, die kraft ihrer gesetzlichen Zwangspflicht in das Heer eingereiht sind, eine bessere, menschenwürdigere Behandlung schaffen, als ihnen bis­her leider sehr häufig zu Theil geworden ist."

Dem feudalen Herrn von Malzahn- Gülz, der sich über die Bezeichnung: Das verfassungsmäßige Reichsoberhaupt" sehr entrüftet geäußert hatte und außerdem die Selbstmorde in der Armee uns in die Schuhe schieben wollte, weil wir den Glauben an den lebendigen Gott den Menschen nehmen", antwortete Vollmar sehr gut:

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" Der Herr Abgeordnete v. Malzahn Gülzz hat mir insinuirt, daß ich die Bezeichnung Gemeine" für die Soldaten in einem gewiffen verächt lichen Sinne gebraucht hätte. Das ist selbstverständlich durchaus nicht der der Fall. Wenn man in dem erwähnten Wort einen solchen schimpflichen Sinn entdecken zu können glaubt, so sollte man eben den Soldaten einen anderen Namen geben. Solange aber der ordonnanzmäßige Ausdruc , Gemeiner" ist, muß auch ich denselben gebranchen können.

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Zum zweiten hat der Herr Abgeordnete von Malzahn Gülzz bemängelt, ,, verfassungs­daß ich den Ausdruck wie er sagte, das Neutrum mäßiges Reichsoberhaupt" gebraucht habe. Dieser Ausdruck ist vollständig parlamentarisch zulässig; er bezeichnet eine Person, bezw. eine Institution, welche nach der Verfassung Oberhaupt des Reiches" ist. Ich kann mir nicht das Recht nehmen lassen, diese Person oder Institution so zu nen­nen, wie ich es für gut halte, glaube übrigens auch nicht, daß dieselbe durch die Bezeichnung, Neutrum" eine besondere Erhebung erfahren habe.

Drittens hat der Herr Abgeordnete v. Malzahn- Gülz behauptet, daß gerade ich und meine Partei dadurch, daß wir den Menschen den Gott rauben" zur Steigerung der Selbstmorde im Allgemeinen und der Selbst­morde in der Armee ganz besonders beitragen. Ich bezweifle, ob es sehr angebracht war, Derartiges hereinzuziehen, denn ich kann ihm darauf zurückgeben, daß nicht wenig Selbstmorde gerade aus religiösem Wahn­finne entstehen. Uebrigens sehe ich in der Bemerkung des Herrn Abgeord­neten v. Malzahn- Gülz nur eine Bestätigung des alten Sazes, daß man gerne Sünden bekannter Personen auf eine beliebige unbekannte Größe 011( 1) abzuwälzen fucht."

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Zum Marine Etat brachte Blos eine ganze Anzahl Beschwer­den gegen das arbeiterfeindliche Verhalten der Werftdirektion in Wil­ hemshaven   vor, die z. B. Arbeiter von über 40 Jahren nicht ein­stellt, ganz unerhört niedrige Löhne zahlt, ihre Arbeiter politisch schuhriegelt, furz ein wenig einladendes Bild der Bismarck'schen Sozialreform" dar­bietet. Es bilden diese Einrichtungen" sagte Blos, die Kehrseite der Medaille zu den hübschen Versprechungen und schönen Schlagworten, die wir mehrfach von den Sizen der Minister zu hören bekommen haben; allein das kann ich Sie versichern, das arbeitende Volt", wie sich jetzt der Herr Minister von Butttamer auszudrüden pflegt, fühlt sich ebenso wenig verpflichtet, sich seine politische Gesinnung vorschreiben zu lassen, wie die Angehörigen aller anderen Voltetlaffen."

Der Justizetat gab Bollmar Gelegenheit, mit dem bieberen Reichsgericht eine kleine Abrechnung zu pflegen, indem er dessen Verhalten bei den bekannten Hochverrathsprozessen gebührend brand­