Wie aber steht es in Deutschland ? Auch die Kämpfe des März waren nicht vergebens gewesen, mancher veraltete Zopf hatte in die Rumpelfammer fliegen, manche dem Polizeiftaat theuer gewordene Einrichtung den Weg alles Jrdischen wandern müssen. Zuviel war jedoch von ihm noch übrig geblieben; das Gottesgnadenthum blieb unangetastet, und in seinem Schatten sammelte fich all das lichtscheue Pad, welches die Märzsonne verscheucht hatte. Je stärker das Königthum wurde, um so breiter machten sich seine Schüßlinge, Junker und Pfaffen. An­fangs fanden sie in der Bourgeoisie einen erbitterten Feind, als diese aber aus Furcht vor der Arbeiterbewegung gleichfalls unter die schützenden Fittige des Königthums flüchtete, da war es mit der Todfeindschaft aus, man schloß Frieden, und die Kosten be­zahlte das Volf.

Ein Recht nach dem andern hat man dem deutschen Volke gestohlen, unter dem Titel von Reformen ihm Steine statt Brod gegeben. Nie hat in Deutschland die Polizei so unumschränkt geherrscht als heute, nie die Denunziation und Spionage, diese Sumpfpflanze jedes verkommenen Staaatswesens, so üppig in Blüthe gestanden als jetzt. Jeder Tag bringt neue Beweise junkerlichen Uebermuths und pfäffischer Anmaßung. Schon Schon schwingen prügelwüthige Gutsbesitzer hoffnungsvoll die Peitsche, um fie bemnächst auf den Naden arbeitsloser Proletarier oder nicht ganz willenloser Landsklaven herabsausen zu lassen, schon reiben augenverdrehende Mucker sich schmunzelnd die Hände ob ber Hoffnung, daß dem niederen Volke das Studium der gott­losen Naturwissenschaften verboten werde, und der ausbeutegierige Fabrikant kann den Augenblick kaum mehr erwarten, wo dem Ar­beiter auch der letzte Rest von Koalitionsrecht genommen sein wird. Und das Volk hungert und darbt; wer es wagt, seine Stimme zu erheben, wird eingekerkert, ausgewiesen, wie ein Aus­fäßiger von Ort zu Dit gejagt. Das ist das Vild, welches Deutschland heute bietet, fünfunddreißig Jahre nach der hoffnungs: reichen Märzrevolution!

Owär' der Grimm, der rothe Grimm dem Lande so geblieben- fingt Freiligrath in seinem herrlichen Gedichte Die Todten an die Lebenden". Hätte damals die Revolution nicht auf halbem Wege Halt gemacht, es wäre vieles heute anders und besser. Unter den Folgen der damaligen Halbheit leidet die ganze poli­

( lands) und endlich das vom König als Vertreter des ganzen Volfes in Anspruch genommene Volks- Gemeinland, hier also konungs almänningar genannt. Aber sie alle, auch das fönigliche, hießen ohne Unterschied almänningar, Gemein­ländereien.

Wenn die altschwedische, in ihrer genauen Unterabtheilung jedenfalls einer späteren Entwicklungsstufe angehörige, Ordnung des Gemeinlandes in dieser Form je in Deutschland bestanden hat, so ist sie bald verschwunden. Die rasche Vermehrung der Bevölkerung erzeugte auf dem, jedem einzelnen Dorf zugewie­senen sehr ausgedehnten Landstrich, der Mark, eine Anzahl von Tochterdörfern, die nun mit dem Mutterdorf als Gleich­berechtigte oder Minderberechtigte eine einzige Markgenossenschaft bildeten, so daß wir in Deutschland , soweit die Quellen zurück­reichen, überall eine größere oder geringere Anzahl von Dörfern zu Einer Markgenossenschaft vereinigt finden. Ueber diesen Verbänden aber standen, wenigstens in der ersten Zeit, noch die größeren Markverbände der Hundertschaft oder des Gaus, und endlich bildete das ganze Volk ursprünglich eine einzige große Markgenossenschaft zur Verwaltung des in unmittelbarem Volksbesitz gebliebenen Bodens und zur Oberaufsicht über die zu seinem Gebiete gehörigen Untermarken.

Noch bis in die Zeit, da das fränkische Reich sich das ostrheinische Deutschland unterwarf, scheint der Schwerpunkt der Markgenossenschaft im Gau gelegen, der Gau die eigent­liche Markgenossenschaft umfaßt zu haben. Denn nur daraus erklärt sich, daß so viele alte große Marken bei der amtlichen Eintheilung des Reichs als Gerichtsgaue wieder erscheinen. Aber schon bald darauf begann die Zerschlagung der alten großen Marken. Doch gilt noch im Kaiserrecht" des 13. oder 14. Jahrhunderts als Regel, daß eine Mark 6 bis 12 Dörfer umfaßt. Dies Fortbestehen der größeren Marken ist ein wesent­licher Unterschied des deutschen Gemeineigenthums vom heutigen russischen; in Rußland hat jede Dorfgemeinde ihr eigenes, gesondertes Gemeinland, soweit es ihr nicht vermittelst Ab­lösung der Leibeigenschaft ab- und dem Gutsherrn zugesprochen ist.*) ( Fortsetzung folgt.)

bayerischen und österreichischen Bfaffen#berlaffen, Angriffe auf die acht­iährige Schulzeit zu machen.

Wir hatten uns geirrt. Auch einer der renommirtesten Führer der liberalen Parteien ist unter die Dunkelmänner gegangen, nnd betheiligt fich an diesen Angriffen. Nur in einem Punkt unterscheidet er sich von den bayrisch österreichischen Pfaffen: während diese das achte( lette) Schuljahr beseitigen möchten, will er das erste, nein, auch das zweite die ersten paar Jahre" beseitigen die Kinder erst später in die Schule gehen lassen.

Wenn wir die Zwangswahl zwischen beiden Abkürzungen hätten, würden wir unbedingt die der bayrisch- österreichischen Pfaffen vorziehen. Denn, wie jeder praktische Pädagog uns zugeben wird, kann der Unter­richt des letzten Schuljahres leichter ersetzt werden, als der des ersten. Gerade das erste Schuljahr ist für die ungeheure Mehrzahl der Kinder, d. h. für alle diejenigen, deren Eltern kein ordentliches Heim und kein normales Familienleben haben, von außerordentlicher, oft entscheidender Bedeutung, und absolut unentbehrlich. Wenn heute in etwas gefehlt wird, so ist es nicht darin, daß die Kinder zu früh, sondern daß sie zu spät in die Schule kommen. Die besten Pädagogen befürworten deshalb die obligatorische und allgemeine Einführung der Kinder­gärten( freilich nicht ganz nach dem stark veralteten Rezept Fröbels) und deren Einverleibung in den Volksschulplan, so daß die Kindergärten sozusagen die Vor- Volksschule bilden würden.

Herr Rickert, der große liberale Parteiführer, denkt anders, die Schul­zeit ist zu lang.

Freilich, er ist zu liberal, um auszuplaudern, daß das Volk ihm zu viel lernt. Im Gegentheil: wenn man die Schulzeit nach unten" ab. gekürzte, würden die Kinder mehr lernen, meint der biedere liberale Führer, die Kinder würden dann nicht die ersten paar Jahre in dumpfem Hinbrüten unter den Kindern der älteren Jahrgänge zubringen."

Wir reiben uns die Augen. Bringen denn in deutschen, in preußischen Volksschulen die Kinder ihre ersten Jahre in dumpfem Hin­brüten" zu? Sind nicht die ersten Jahre die anregendsten, in denen notorisch die größten Fortschritte gemacht werden? Oder beabsichtigte Herr Rickert etwa ein Pasquill auf die preußische Volksschule? Es ist ja wahr, gleich der heutigen Volksschule überhaupt, taugt sie verteufelt wenig und gibt uns nicht das mindeste Recht, andere Nationen, z. B. die Engländer und Franzosen , auf diesem Gebiete über die Achseln an­zusehen. Aber an ein solches Pasquill kann Herr Rickert nicht gedacht haben, denn sonst hätte er, statt der Verkürzung der Schulzeit, die Ver­besserung der Volksschule, statt des Sparens" an Lehrern und Schulhäusern, die Anstellung von mehr Lehrern, die Errichtung von mehr Schulen, und die hebung des gesammten Volksunterrichts fordern müssen.

tische Entwicklung Deutschlands . Wer die Schuld daran trägt, Die Kultur und die herrschenden Klassen. Das fällt Herrn Rickert nicht ein. Die moderne Bourgeoisie ift, in

haben wir oben gezeigt, es ist die feige heuchlerische Bourgeoisie, welche damals die Sache des Volkes verrieth und ste stets ver: rathen wird.

Tu aber Volt, arbeitendes und hungerndes Proletariat, u hast die Erbschaft der Kämpfer von 1848 angetreten. Die Revo­lution ist Dein Erbtheil und, fürwahr! ein besseres Erbtheil als jenes verlogene Erbtheil der Enterbten, von dem Deine Unter drücker Dir vorflunkern. Du hast Dir den Grimm, den rothen Grimm", von dem der Dichter spricht, bewahrt, und Du wirst dereinst zur Wahrheit machen, was er die Todten des März prophetisch voraussagen ließ:

"

Vor einigen Tagen schrieb Herr Bismard, der Abgott unserer herrschenden Klassen( wenn sie auch zum Theil jetzt mit ihm schmollen) einen Schreibebrief über die Vivisektionsfrage, in welcher er der modernen Wissenschaft den Fehdehandschuh hinwarf und als An­walt der Dummheit unter heuchlerischen Humanitätsbetheuerungen die Schonung der Thiere predigte er, der Hunderttausende von Menschen auf die Schlachtbank geführt, und Millionen von Menschen ins Unglück gestürzt hat. Die Priester des Alterthums, die Päpste des Mittelalters, welche aus Haß gegen die Wissenschaft und aus blindem Aberglauben das anatomische Studium verboten, haben im Kanzler des an der Spitze der Zivilisation( im Stechschritt) marschirenden deutschen Reichs ein würdiges Seitenstück erhalten. Dieser thiermitleidige Biedermann ist abgesehen von den schon angeführten Hunderttausenden auf die Schlachtbank geführter Menschen gleich sämmtlichen Machern der Bewegung" gegen die Vivisektion ein strammer Verehrer des moralifirenden Henkerbeiles und des zivilifirenden Haselstocks. Heuchelei muß sein und nicht blos politische, zu der er sich ausdrücklich bekannt hat.

Zu viel des Hohns, zu viel der Schmach wird täglich Euch geboten: Euch muß der Grimm geblieben sein beiläufig o, glaubt es uns den Todten! Er blieb Euch! ja, und er erwacht, er wird und muß erwachen! Die halbe Revolution zur ganzen wird er machen!

Er wartet nur des Augenblicks, dann springt er auf allmächtig; Gehobuen Armes, weh'nden Haare, dasteht er wild und prächtig! Die rost 'ge Büchse legt er an, mit Fensterblei geladen, Die rothe Fahne läßt er wehn hoch auf den Barrikaden! Sie fliegt voran der Bürgerwehr, sie fliegt voran dem Heere Die Throne gehu in Flammen auf, die Fürsten fliehn zum Meere! Die Adler fliehn, die Löwen fliehn, die Klauen und die Zähne! Und seine Zukunft bildet selbst das Polk, das souveräne!"

Die Mark.*)

In einem Lande wie Deutschland , wo noch ungefähr zwet Drittel der Bevölkerung vom Landbau leben, ist es nothwendig, daß die sozialistischen Arbeiter und durch sie die Bauern er­fahren, wie das heutige Grundeigenthum, großes wie kleines, entstanden ist; nothwendig, daß dem heutigen Elend der Tag löhner und der heutigen Verschuldungsknechtschaft der Klein­bauern entgegengehalten werde das alte Gemeineigenthum aller freien Männer an dem, was damals für sie in Wahrheit ein ,, Vaterland", ein ererbter freier Gemeinbesitz war. Ich gebe daher eine kurze geschichtliche Darstellung jener uralten deutschen Bodenverfassung, die sich in fümmerlichen Resten bis auf unsere Tage erhalten, die aber im ganzen Mittelalter als Grundlage und Vorbild aller öffentlichen Verfassung gedient und das ganze öffentliche Leben, nicht nur in Deutschland , sondern auch in Nordfrankreich, England und Skandinavien durchdrungen hat. Und dennoch konnte sie so in Vergessenheit gerathen, daß erst in der letzten Zeit G. 2. Maurer ihre wirkliche Bedeutung von neuem entdecken mußte.

Zwei naturwüchsig entstandene Thatsachen beherrschen die Urgeschichte aller oder doch fast aller Völker: Gliederung des Volkes nach Verwandtschaft, und Gemeineigenthum am Boden. So war es auch bei den Deutschen . Wie sie die Gliederung nach Stämmen, Sippschaften, Geschlechtern aus Asien mit­gebracht hatten, wie sie noch zur Römerzeit ihre Schlachthaufen so bildeten, daß immer Nächstverwandte Schulter an Schulter standen, so beherrschte diese Gliederung auch die Besitznahme des neuen Gebietes östlich vom Rhein und nördlich von der Donau . Auf dem neuen Sig ließ sich jeder Stamm nieder nicht nach Laune oder Zufall, sondern, wie Cäsar ausdrücklich angibt, nach der Geschlechtsverwandtschaft der Stammesglieder. Den näher verwandten größeren Gruppen fiel ein bestimmter Bezirk zu, worin wieder die einzelnen, eine Anzahl Familien umfassenden Geschlechter sich dorfweise niederließen. Mehrere verwandte Dörfer bildeten eine Hundertschaft( althochdeutsch huntari, altnordisch heradh), mehrere Hundertschaften einen Gau ; die Gesammtheit der Gaue war das Volk selbst. Der Boden, den die Ortschaft nicht in Beschlag nahm, blieb zur Verfügung der Hundertschaft; was dieser nicht zugetheilt war, verblieb dem Gau ; was dann noch verfügbar war meist ein sehr großer Landstrich blieb im unmittelbaren Besitz des ganzen Volfs. So finden wir in Schweden alle diese verschiedenen Stufen von Gemeinbesitz neben einander. Jedes Dorf hatte Dorfgemeinland( bys almänningar) und daneben gab es Hundertschafts( härads), Gau oder Landschafts­

*) Aus Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissen schaft von Fr. Engels.

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Dieser Tage hatte sich der Sozialdemokrat" mit Herrn Virchow, diesem wissenschaftlichen Vertreter unseres Bürgerthums, zu beschäftigen, welcher der Wissenschaft Schranken ziehen will und einem Stöcker gegen­über die Konsequenzen der wissenschaftlichen Forschung feige verleugnet und verräth.

Und heute haben wir einen anderen Vertreter der herrschenden Klasse, ebenfalls einen Liberalen ", und zwar einen vom reinsten Wasser" zu brandmarken, der ein schmachvolles Attentat auf die Volks­schule verübt, und einer Verkürzung der ohnehin viel zu spärlich be­messenen Schulzeit das Wort geredet hat. Wir meinen den Freund und Kollegen Eugen Richters, den Pollux dieses Castor, den großen Frei­händler und Sezessionistenführer Rickert. Der genannte Herr sagte in der Sigung des preußischen Landtags vom 7. ds. Mts. nach dem steno­graphischen Bericht der( sezessionistischen, dem Redner also parteigenös­fischen) Magdeburger Zeitung" wörtlich:

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,, Auf die Schulunterhaltungspflicht will ich, mit Rücksicht auf die Geschäftslage nicht eingehen; nur einen Punkt möchte ich noch hervorheben. In der Deutschrift des Herrn Kultusministers über das Volksschulwesen ist gesagt, daß an der obligatorischen Schulzeit von 8 Jahren nichts gekürzt werden soll, und an diesem Grundsaze hält auch diese Seite des Hauses feft. Ich persönlich bin das wird vielleicht als nicht liberal erscheinen nicht der Ansicht, daß eine Abkürzung der Schulzeit eine Verringerung der allgemeinen Bildung zur Folge habe. Ich glaube, es ließe sich ohne Scha den etwas an der Schulzeit fürzen, aber nicht nach noben, sondern nach unten zu. Wenn die Kinder erst später als gleich nach Vollendung des sechsten Lebensjahres in die Schule eintreten, würden sie mindestens dasselbe als jetzt lernen können, wahrscheinlich aber mehr, da sie nicht die ersten paar Jahre unter den Kindern älterer Jahrgänge in dumpfem hinbrüten zubringen müßten. Durch dieses Mittel ließe sich in geeig ueter Weise an Lehrern und Schulbauten sparen." Herrn Rickert's Wink wird hoffentlich von der Reichsregierung ver­standen. Wir hatten früher geglaubt, in Preußen gäbe es nicht genug Lehrer und Schulen, und nun erfahren wir von Herrn Rickert, daß es deren zu viele gibt. Ein paar Milliönchen ließen sich auf diese Weise ersparen" und könnten dem Fiskus zu gut kommen. Welch nützliche Entdeckung für den preußischen Militärstaat auf Kosten des Intelli­genzftaats".

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Doch Scherz bei Seite! Man traut seinen Augen kaum, wenn man Solches als Aeußerung eines liberalen Parteiführers liest.

Wir hatten bisher immer geglaubt, die 8jährige Schulzeit wäre das dentbar niedrigste Minimum. Alle namhaften Pädagogen ohne Aus­nahme sind einig darin, zu erklären, daß eine 8jährige Schulzeit nicht ausreicht; und man ist deshalb allgemein, oder doch wenigstens in den meisten Staaten Deutschlands , auf das Auskunfts- und Palliativmittel verfallen, durch Fortbildungsschulen das, was die Volksschule versäumt hat, nothdürftig nachzuholen.

Herr Ridert ist anderer Meinung: die 8jährige Schulzeit ist ihm zu lang.

Wir hatten bisher geglaubt, die Angriffe auf die 8jährige Schulzeit gingen ausschließlich von Pfaffen, Reaktionären und sonstigen verrufenen Dunkelmännern aus. Wir hatten gedacht, es bleibe den

*) Den Hinweis auf diesen, in seinen geschichtlichen Folgen höchst wichtigen Unterschied verdanke ich Marx, der in Allem, was die Urzu­stände der menschlichen Gesellschaft angeht, unbedingt die erste Autorität ist. Hoffen wir, daß der zweite Band des Kapitals", worin bei Gelegen­heit der Grundrente auch das Grundeigenthum zur Behandlung kommt, wenigftens die Hauptresultate seiner Forschungen mittheilen wird.

Folge der sozialökonomischen Entwicklung der Neuzeit, reaktionär geworden, und indem der große liberale Führer, Herr Ridert, Hand in Hand mit den bayrisch- österreichischen Pfaffen und sonstigen Reaktionären und Dunkelmännern die Verkürzung der Schulzeit verlangt, ist er der echte, ehrliche Repräsentant der reaktionär und kultur­He. feindlich gewordenen Bourgeoisie.

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich , 14. März 1883.

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- Ein deutsches Kulturbild. Jn Bockenheim wurde am 9. März der aus Berlin ausgewiesene Genosse Möbius- ,, ein armer Schneidergeselle", heißt es in den Zeitungen beerdigt. Jur Leichenfeier waren erschienen fieben Leidtragende, sieben berittene Schuleute, eine Menge Schuleute zu Fuß und einige Polizisten in Zivil. Ein Freund des Verstorbenen aus Frankfurt a. M. hatte einen Kranz mit rother Schleife mitgebracht. Die rothe Schleife wurde von einem Schutzmann tonfiszirt, d. h. gestohlen.

Diese Notiz empfehlen wir als Motto für ein etwaiges Geschichtswert über das zweite deutsche Kaiserreich, das dem zweiten französischen an Niedertracht wahrhaftig nicht nachsteht.

Wie herrlich weit wir es gebracht haben! Ein für den Wind, der in Preußen heute weht, höchft charakteristischer Vorgang macht gegenwärtig die Runde durch die liberale Preffe. Im landräthlichen Bureau in Nam8lau( Schlesien ) war der Regierungsassessor Graf Dohna mit dem Gemeindevorsteher Gottlieb Fuhrmann aus dem Dorfe Deutsch Marchwitz in Disput gerathen, wobei Fuhrmann die unerhörte Frechheit beseffen haben soll, zu behaupten, er, als Bewohner des ge­nannten Dorfes, kenne die Verhältnisse dort besser als der Herr Assessor. Ueber den Streit kam der Stellvertreter des Landrathes, der Herr Baron von Ohlen Adlerstron in das Zimmer und fuhr, als er hörte, daß ein Bauer es wage, einem Grafen Opposition zu machen, auf Ersteren mit den Worten los: Wo seid Ihr her?" Fuhrmann aber, dem diese Anrede nicht paßte. sämmtliche Gemeindevorsteher des antwortete dem Herrn Baron gebührender­Kreises waren Zeugen maßen: Wo seid Ihr denn her?" Und als ihm der Baron erwiderte: Ich bin der stellvertretende Landrath Baron Ohlen", bekam er zur Antwort: Und ich bin der Gemeindevorsteher Fuhrmann aus Dentsch- Marchwit!"

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Bis dahin wäre an der Sache wenig Besonderes. Der Baron war mit seiner Anmaßung an den Unrechten gekommen und hatte den gebüh renden Rüffel erhalten. Nun kommt aber das Schönste.si

Nach einiger Zeit verkündet das Namslauer Kreisblatt", daß gegen Fuhrmann Disziplinarverfahren auf Amtsentsegung eingeleitet worden und derselbe vorläufig seines Amtes enthoben sei. Es findet im Kreisausschuß Verhandlung statt, und da erklärt der Ankläger, der königliche Oberförster Störing, u. A.:

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Es rühre aus der Feudalzeit her, daß der Bauer von Herren per Ihr angesprochen werde, und von einem Herrn, wie der Herr Baron v. Ohlen einer sei, hätte der Angeklagte das Wort Ihr wohl annehmen

fönnen."

Ein recht lieber Mann, dieser Herr Oberförster, nicht wahr? Fuhrmann aber, der nicht auf den Kopf gefallen zu sein scheint, ant wortete ihm, daß er nicht der Feudalzeit angehöre, daß Deutsch - Marchwiz niemals einen feudalen Herrn gehabt habe, und daß man dort schon seit einem halben Jahrhundert so gebildet sei, die Leute mit Sie" anzureden.

Er wurde aber trotzdem verurtheilt, nicht nur zur Amtsentsez ung, sondern auch zur Erstattung der Auslagen, weil er( so heißt es wörtlich):

,, 1. die Pflichten seines Amtes, unter denen der Gehor fam(!) obenan steht und zu denen selbstverständlich auch ein respettables Benehmen gegen Vorgesezte gehört, gröblich verlegt und

2. fich durch sein Verhalten im Amt des Vertrauens, welches sein vorgesetzte Behörde zu ihm hegen muß, unwir big gezeigt habe, inden er einen Aft der Jndisziplin beging, der für seine Vorgesetzten eir weiteres amtliches Verkehren mit ihm verbietet und geeignet ist, wen nicht oder auch nur milde bestraft, den Gehorsam und die Dis ziplin der mit ihm gleichstehenden Beamten zu untergraben un das Fortbestehen einer gedeihlichen Selbstverwaltung geradezu un möglich zu machen.

"

Ferner heißt es in dem Urtheil des hochkonservativen Kreis ausschusses, er verkenne zwar nicht( wie gnädig!), daß Fuhrmann burd