auch im höchsten Grade unpraktisch, und würde genau das Gegen­theil des beabsichtigten Zweckes erreichen. dingthe Nehmen wir an: das Merstallinger- Attentat würde von den Sozial­demokraten aller Länder nachgeahmt; man griffe fich überall wohlhabende Bourgeois heraus( nicht arme Teufel wie den Schuster Merstallinger), und das gestohlene Eigenthum" würde zurückgenommen" was wäre die Folge?

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Daß die Sozialdemokraten aller Länder von Allen, die etwas besitzen, oder unter dem geistigen Einfluß der Besitzenden stehen das heißt von neun Zehnteln aller Menschen für Räuber und Mörder er­klärt und wie wilde Thiere mit dem Lasterknüppel( der dann Wirklichkeit wäre) todtgeschlagen würden.

Und das von Rechtswegen.

Ein anderes Beispiel.

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Unsere Armee ist die Stütze der heutigen Staats- und Gesellschafts­ordnung. Nichts Ehrenvolleres und Nützlicheres als die Armee und mit der Armee die heutige Staats- und Gesellschaftsordnung, sei es im Straßenkampf, sei es im offenen Feld, überwinden. Da dies nun seine Schwierigkeiten hat, so fonnte man nach der Merstallinger- Attentats- Logik auf die Idee verfallen, die Armee, welche man als Ganzes nicht zu überwinden vermag, im Detail zu vernichten, d. H. die einzelnen Soldaten zu ermorden. Das ist möglich. Wer wollte es leugnen? Was würde jedoch die Folge sein? Noch ehe man den hundertsten Soldaten aus der Welt geschafft hätte, wäre die Empörung und nicht bloß der Herrschenden Klaffen so groß, daß kein Sozialdemokrat fich mehr auf der Straße sehen laffen könnte, ohne gelyncht zu werden. Und das von Rechtswegen!

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im

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fie führen

Der einzelne Soldat ist für das System, welches er stützen muß, ge­rade so wenig verantwortlich, wie der einzelne Bourgeois für die Sünden der Bourgeoisie und der kapitalistischen   Produktion.holid Der gemeine Spitbube, der Straßenräuber fie führen in ihrer Art auch Krieg gegen die bürgerliche Gesellschaft, und dieser ihr Krieg hat insofern seine Berechtigung, als er durch die Mängel und Schäden der heutigen Gesellschaftsordnung hervorgerufen ist. Aber es ist doch wahrhaftig fein revolutionärer Krieg.

Revolutionär wird der Kampf gegen die heutige Staats- und Gesellschaftsordnung erst dadurch, daß er sich gegen die Träger und Stützen dieser angeblichen Ordnung richtet, und nicht gegen einzelne Personen, durch deren Tod sie nicht im Mindesten berührt würde. Das Wesen des revolutionären Kampfes das was ihn zum revo­Intionären Kampf macht, ist: daß er die radikale Vernichtung der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung zum Ziel hat, und, wenn siegreich, auch dazu führen muß.

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Fällt aber die bürgerliche Gesellschaft über den Haufen, wenn ein Reisender in den Appeninnen zusammengeschossen, oder wenn ein arm­seliger Schuster in Wien   chloroformirt und halbtodt geprügelt wird?

Das Proletariat, wo es wirklich und ernsthaft in Aktion trat, hat diesen Unterschied zwischen revolutionärem Kampf und unrevolu­tionärem Detail fampf sehr wohl begriffen und die Grenzlinie ftets scharf gezogen. Die Männer des Detailkrieges, das heißt in gewöhnlicher Sprache: die Räuber und Spitzbuben hat es einfach gehängt oder füfilirt. Les voleurs sont mis à mort! war in den Februartagen von 1848 an den Mauern von Paris   zu lesen. Und es war blutiger Ernst, und revolutionärer Ernst.*)

Selbstverständlich unterließ es die Bersammlung nicht, dem Andenken von Karl Marg eine feierliche Ovation zu bringen.]

Außerdem verdient noch der kernige Apell Conzett's an die an­wesenden Schweizer  : mit aller Kraft, wenn nöthig, mit Freiheit und Leben, für das Palladium der Schweiz  , das Asylrecht, einzutreten, der mit einer wahren Beifallssalve aufgenommen wurde, besondere Erwäh­nung.

Die sozialistische Breffe aller Länder würdigte die Erinnerung an den 18. März durch Festgedichte und Festartikel.

Und wo es den Sozialisten nicht vergönnt war, sei es in Wort oder Schrift, der Erinnerung an die Märztage, und der durch sie geweten Empfindungen Ausdruck zu geben, in Gefängnisfen und in den Ländern, die nur Ein großes Gefängniß find, da haben sie im Stillen der früheren Kämpfe gedacht und sich gelobt, dem Andenken ihrer gefallenen Vor­kämpfer durch unentwegtes Festhalten an den erhabenen Grundsätzen unserer Lehre gerecht zu werden. Kein Sozialist, der den 18. März un­beachtet vorübergehen läßt. Der 18. März ist, wie fein zweiter Tag, ein internationaler Festtag des Sozialismus geworden, er ist im wahren Sinne des Wortes ein Festtag des Jnternationalismus!

Die Politiker der Furcht hatten in den letzten Tagen wieder einmal das Wort. Das Londoner   Dynamitattentat hat verschiedene hohe und allerhöchste Gemüther ganz außer Rand und Band gebracht- wenn nur das Wort Dynamit tönt, so fallen heute sämmtliche regierenden Häupter Europas   in Ohnmacht! und so ging denn wieder einmal die Hetze los. Selbst die nüchternen Engländer beginnen, wie aus dem Briefe des Genoffen Garcia ersichtlich, den Verstand zu verlieren. Denn ist es nicht geradezu blödsinnig, aus der Dynamitexplosion auf die Noth­wendigkeit von Unterdrückungsmaßregeln gegen die revolutionären Elemente in Staat und Gesellschaft zu schließen? Ist doch gerade das Dynamit die Reductio ad absurdum, der Nachweis der Lächerlichkeit aller politischen Unterdrückungsmaßregeln. Das Dynamit sett ja gerade die unterdrückten und verfolgten Parteien in die Lage, sich trotz alle­dem" Gehör zu verschaffen. Das Dynamit ist ohnmächtig, eine Revolution zu machen, es ist aber ein wirksames Bertheidigungsmittel im politischen Kampf. Wider das Dynamit kein Kraut gewachsen ist.

Anstatt aber diese natürliche Konsequenz zu ziehen, schreien die poli­tischen Jammerknaben nach schärferen Maßregeln gegen die staatsgefähr­lichen Umsturzmänner. Die alte Erscheinung, wen die Götter verderben wollen, den schlagen sie mit Blindheit.

Was nun das Dynamitattentat in London   im besonderen anbetrifft, so sind auch wir der Ansicht Garcia's, daß es entweder das Werk eines Schurken oder das eines Verrückten gewesen ist. Aber wenn wir es auch vom Standpunkt der Taktik verwerfen, so müssen wir doch sagen, daß wir die ungeheure Entrüstung, mit der die Liberalen und Konservativen aller Nationen darüber losziehen, weder theilen noch als berechtigt an­erkennen können. Die Herren, die kein Wort darüber verlieren, wenn im Kriege Hunderttausende von Menschenleben geopfert, ganze Dörfer und Städte verwüstet werden, sollen doch ganz ruhig sein. Der Straß burger Münster ist von den Preußen unter dem Jubel der ganzen Bildungs- und Kulturmeute bombardirt worden, und zwar um eines Zweckes willen der Eroberung von Elsaß- Lothringen  - der wahrhaftig nicht edler war als der Zweck, dem angeblich zu Liebe das englische Ministerialgebäude theilweise zerstört wurde. Nur keine politische Heuchelei, Ihr Herren!

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-Beitweilige Geistesstörung  ." Jn Petersburg hat der Staatssekretär und ehemalige Minister Madow in Folge zeitweiliger Geistesstörung" sich eine Kugel vor den Kopf geschoffen oder vergiftet- es gibt zweierlei Lesarten also melden die Zeitungen. Daß in dem

Es wird uns vielleicht eingewendet, daß in Rußland  , in Irland  der revolutionäre Kampf sich allerdings gegen einzelne Personen richtet. Gut, gegen einzelne Personen! Diese einzelnen Personen haben fich jedoch sämmtlich an dem Kampf gegen das unterdrückte Volt aktiv betheiligt, sei es als Gutsherren, welche ihre Pächter von Haus und Hof trieben, oder als Beamte, welche die Vertreter der Volksrechte niederträchtig verfolgten. Die Opfer der agrarischen Verbrecher" Irlands   Ressort des braven Staatssekretärs und ehemaligen Ministers ein Defizit

oder der Nihilisten Rußlands   waren ausnahmslos oder doch fast aus­nahmslos attive Feinde des Voltes, die angreifend vor­gegangen waren und in ihrer eigenen Münze Bezahlung empfangen haben.

Von dem armen Schuster Merstallinger oder dem Gros unserer Klein­bürger, Bürger und Bourgeois wird aber doch Niemand behaupten wollen, sie hätten das Proletariat zu Racheakten und Repreffalien ge­zwungen; und ihr Tod durch Proletarier hand bringe der Sache des Pro­letariats Vortheil! Genug die Bourgeoisie und die heutige Staats- und Weltordnung wollen wir in ihrer Gesammtheit, als Ganzes, ber­nichten und umstürzen das ist revolutionär.

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Die Bourgeoisie im Detail vernichten, ist wie die Dinge liegen weder revolutionär noch ehrenhaft.

Das Privateigenthum im Großen und Ganzen abschaffen, ist revo­lutionär. Das Privateigenthum im Detail abschaffen, ist Regel nach Spizbubenpraxis.

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V. Combattant.

Sozialpolitische Rundschau.

Zürich  , 21. März 1883.

der

Der 18. März ist in allen Ländern, wo überhaupt den Arbeitern die Möglichkeit gegeben ist, ihre Gedenktage feftlich zu begehen, auch diesmal in der üblichen Weise gefeiert werden. Am großartigsten in Paris  , wo zwar angesichts des unerhörten Aufgebots von Polizei und Militär und der offenkundigen Absicht der Regierung, den geringsten Anlaß zu gewaltsamen Einschreiten zu benutzen, von allen Straßen­demonftrationen abgesehen wurde, wo aber in 21 Versammlungen- theils Banketten, theils Boltsversammlungen der Kommune, ihrer Rämpfe und ihrer Kämpfer in feurigen Reden und Gesängen gedacht wurde. Die zahlreichen Verhaftungen und Verurtheilungen der letzten Tage hatten nur dazu beigetragen, den Ernst der Feier zu erhöhen. Ebenso fanden in Frankreich  , in fast allen größeren und mittleren Ortschaften der Provinz Banketts und Feierlichkeiten zu Ehren der Kommunekämpfer ftatt.

In der Schweiz   wurde die Erinnerung an die Märztage in Basel  , Bern  , Chur  , Genf  , Zürich   2c. feftlich begangen. In Zürich   war der Besuch ein überaus glänzender, dem auch die feftlich gehobene Stimmung entsprach. Genoffe Grillenberger hatte die Feftrede übernommen, die natürlich an den Tod unseres großen Vorkämpfers Karl Marx   an­tnipfte, deffen Leben und Wirken er in martigen Linien kennzeichnete. Die eigentliche Feftrede durchzog als rother Faden die Schilderung des Gegensatzes von Bourgeoisie und Proletariat, der in allen Revolutionen, in allen politischen Kämpfen des 19. Jahrhunderts mit steigender Schroff­heit zu Tage tritt und mit dem Untergang der Bourgeoisiegesellschaft enden muß. Unter stürmischem Beifall schloß Grillenberger mit den Worten des kommunistischen   Manifestes: Mögen die herrschenden Klaffen vor einer kommunistischen   Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen."

Wenn die franzöfifchen Arbeiter bei jeder Revolution an die Häuser schrieben: Mort aux voleurs! Tod den Dieben! und auch manche er­schossen, so geschah das nicht aus Begeisterung für das Eigenthum, son­dern in der richtigen Erkenntniß, daß man vor Allem sich diese Bande vom Hals halten müsse." Fr. Engels, Vorrede zum Deutschen Bauern­trieg."

Daß die Taktik der Bourgeoisberaubung uns aber gerade diese Bande auf den Hals laden würde, liegt auf der Hand. Anm. d. Red.

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von etlichen Millionen entdeckt worden ist, hat mit dem Selbstmorde nichts zu schaffen. Das hätte den braven Staatssekretär und ehemaligen Minister nicht im Mindesten genirt, wenn er in vollem Besitz seiner geistigen Fähigkeit gewesen wäre. Was heißt ein paar Millionen stehlen? In Rußland   stiehlt Alles bis hinauf zum Zaren, und der stiehlt erst recht. In anderen Kultur- und Halbkulturländern wird auch nach Noten ge­stohlen, und bildet der Diebstahl in Form der kapitalistischen   Ausbeutung sogar die heilige" Grundlage der gesammten Staats- und Gesellschafts­ordnung. Und die großen Diebe( zu denen der brave Staatssekretär und ehemalige Minister Mackow sich gewiß rechnen konnte) werden ja sprich­wörtlich nicht gehängt, sondern meist noch mit Ehren überhäuft, haben sonach keinen vernünftigen Grund zum Selbstmord. Wenn ein solcher Millionendieb im vollen Besitz seiner Geistesfähigkeiten ist, dann stiehlt er gemüthlich weiter und, wird er erwischt, so arrangirt er entweder die Sache oder macht eine kleine Justizfarce, genannt, Prozeß", durch und stiehlt in beiden Fällen gemüthlich weiter. Sind aber seine geistigen Fähigkeiten gestört, so bekommt er einen Anfall von Schamgefühl und Neue und schießt sich todt oder vergiftet sich, wie der brave Staatssekretär und ehe­malige Minister Mackow. Kurz solange der brave Staatssekretär und Erminister Mackow stahl, war er geistig gesund, als er aber in einer Anwandlung von Schamgefühl die nach nicht verbourgeoisirten Moralbegriffen erfte und einzige anständige Handlung seines Lebens beging und die Welt von einem großen Spizbuben und Hallunken be­freite, war er im Zustand zeitweiliger Geistesstörung"! Sie ist köftlich, unbezahlbar, diese zeitweilige Geistesstörung". Den geistreichen Vertretern der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung, von welchen die Rede­wendung herrührt, danken wir von Herzen für das föftliche und unbe­zahlbare Wort. Niemals ist eine beißendere, vernichtendere Satire gegen die heutige Staats- und Gesellschaftsordnung mit ihrer privilegirten Moral geschleudert worden, als diese Redewendungen von der zeitweiligen Geistesstörung" des braven Staatssekretärs und Erministers Macow. Enrichissez- vous!*) Bereichert Euch! Beutet Eure Mitmenschen aus! Stehlt! Stehlt! Stehlt, solang Ihr stehlen könnt! La propriété c'est le vol! Das recht- und ordnungsmäßige Eigenthum ist Diebstahl! Glaubt an die Heiligkeit des Eigenthums und folglich des Diebstahls! Laßt Euch nicht durch alberne Gewissensskrupel beirren! Seid erhaben über jene findischen Naivetäten, welche das dumme Volt und das Volk der Dum­ men   Scham- und Ehrgefühl nennt! Könnt Ihr Euch über solche Strupel und Naivetäten nicht hinwegsetzen je nun, so seid Ihr nicht würdig, in unseren Reihen, unter den Stüßen und Zierden der heutigen Staats­und Gesellschaftsordnung, zu wandeln fort mit Euch! Und habt Ihr schon zu uns gehört, in unserer Mitte geglänzt, wie der brave Staats­sekretär und ehemalige Minister Mackow, dann zucken wir mitleidig die Achseln und erkennen Euch, aus alter Freundschaft, die mildernden Um­ftände zeitweiliger Geistesstörung" au!

Vogue la galère!

Das ist die Moral dieser zeitweiligen Geistesstörung" des braven Staatssekretärs und ehemaligen Ministers, des biederen Millionendiebs geschoffen hat. Mackow, der sich in einem Anfalle von Scham- und Ehrgefühl todt­

Auch ein Beispiel christlicher Liebe. Das antisemitisch- kon­fervative Familienblatt ,, Daheim" hat eine Rubrik ,, Rechtsrath", die bestimmt ift, auf Anfragen Auskunft über Rechtsfragen zu ertheilen. In einer der jüngsten Nummern dieses ur christlichen Blattes nun befindet fich folgende charakteristische Anfrage:

Ein erst kürzlich konfirmirter Hütejunge wird von seinem Pfarrer wegen ungehörigen Betragens zurechtgewiesen; von diesem Zeitpunkt ab grüßt der Junge( wahrscheinlich auf Antrieb seines Brodherrn) den Pfarrer nicht mehr: ist nun der Pfarrer strafbar,

*) Der berüchtigte Zuruf Guizot's  , des Bürgerkönig- Ministers, an die französische   Bourgeoisie.

wenn er den Schlingel das nächste Mal, wo er nicht grüßt, züchtigt, und kann er gerichtlich be­langt werden?

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Natürlich kann er das, und mit Recht. Was aber ist die Antwort der Redaktion des" Daheim"? Weift der konservative Rechtsrath" ben Mann Gottes, der diese Anfrage sicher selbst gestellt hat, mit den Worten des Evangeliums: Liebet Eure Feinde, segnet die Euch fluchen" 2c. in seine Schranken zurüid? O, nein, er antwortet noch charakteristischer:

" Das Büchtigungsrecht des Pfarrers gegenüber einem der Schul­pflicht entlassenen Burschen ist nicht unzweifelhaft.(!) So sehr es unbefangener Beurtheilung einleuchten mag, daß im vorlie­genden Falle der Pfarrer zu einer angemessenen Züchtigung berech­tigt sein muß(!!), so ist es doch nicht sicher, ob die Gerichte nicht das Büchtigungsrecht verneinen und demgemäß den Pfarrer wegen Mißhandlung bestrafen möchten. Uebrigens müßte unseres Erachtens schon der§ 233 des Strafgesetzbuchs( Wenn Beleidig­ungen mit leichten Körperverletzungen auf der Stelle erwidert werden, so kann der Richter mildere oder überhaupt keine Strafe eintreten laffen") den Pfarrer vor Strafe schützen, denn das demonstra tive Richtgrüßen des Pfarrers ist offenbar die Berweigerung der schuldigen Achtung, ia offene Darlegung der Mißachtung, also Beleidigung. ( Welch Prachtstüd von jesuitischer Auslegungskunst! Hängt Euch, Jünger Loyola's  ! dieser protestantische Mucker ist Euch über.) Ein Gericht würde seine Aufgabe verkennen(!!), wenn es die natürliche Autorität des Pfarrers einem halbwüchsigen Burschen gegenüber nicht schützen wollte."

Die brutale Dentweise, welche in dieser Auskunft zu Tage tritt, richtet fich von selbst. Sie ist der klassische Beweis für die veredelnde Wirkung der Religion", an welche selbst sonst vorurtheilsfreie Leute leider noch immer gern glauben. Schwindel, Schwindel und noch einmal Schwindet!

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Ein Wunder und doch kein Wunder. In dem christlich­tonservativen Deutschen Tageblatt" finden wir folgende Notiz:

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" John Bright   über den Eid. In einem an die Parlamentarische Debatten- Gesellschaft in Hobden- Bridge gerichteten Schreiben hat sich John Bright   in der folgenden Weise über die Eidesfrage geäußert: ,, Es ist wohl nichts im Neuen Testament   so nachdrücklich verurtheilt und verboten als das Schwören. Das Beschwören einer Thatsache schafft zwei Arten der Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Wenn der Eid den Nugen hat, die Wahrheit zu bekräftigen, so vermindert er dafitr in gleichem Maße den Werth der gewöhnlichen Aussage und der Wahrscheinlichkeit ihrer Wahrhaftigkeit. Wenn unwiffenden Leuten nicht ein Eid abgenommen wird, so glauben sie, ungestraft lügen zu dürfen, und ihre Lügenhaftigkeit scheint ihnen keinen Vorwurf zu verdienen. Ich glaube, daß das Schwören und die Eides ablegung mehr gethan haben als irgend etwas, die Wahrheitsliebe zu erschüttern und den Glauben an das Manneswort zu untergraben." Eine gewisse Berechtigung wird man diesen Anschauungen des Eng­länders nicht absprechen können."

In einem Blatt, welches mit ganz besonderem Aplomb für den chrift­lichen", d. h. den konfessionell- chriftlichen, Charakter des Staates eintritt, plöglich ein solches Zugeständniß zu finden, nicht wahr, das sieht wirklich einem Wunder so ähnlich wie nur etwas? Und doch ist es kein Wunder, denn die obige Notiz befindet sich zwar im Deutschen Tageblatt", aber unterm Strich, im Feuilleton. Was aber da unten steht, unterm ,, Vermischten", wird nicht für voll angesehen, da bringt man den größten Unsinn, oder wenn es der Zufall, d. h. die Scheere einmal will, auch hie und da etwas Vernünftiges. Und das ist unter Umständen noch ein wahrer Segen, denn gerade von dem Deutschen Tageblatt" gilt der bekannte Spruch: Was unterm Strich ist, ist zuweilen lesbar, was aber über dem Strich steht, das ist immer unter der Kanone.

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Fein umschrieben. Der Handelstheil der Frankfurter Zeitung  " veröffentlichte jüngst den Bericht der Spinnerei und Weberei Hüttenheim Benfeld, ein ehedem verkrachtes Etablissement, das von den Herren von Erlanger und Söhne im Konkurs angekauft wie theuer, ist nicht angegeben- und in eine Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 2,500,000 Mart umgewandelt worden ist. Der Bericht ist ganz Wonne und gipfelt in der erhebenden Mittheilung, daß bereits eine Divi­dende von 8 Prozent vertheilt werden konnte. Dieses ,, günstige Ergebniß verdankt die Gesellschaft, heißt es da...

3) einer rationellen Bemessung der Arbeits­löhne."

Wie schön das klingt: rationelle Bemessung! Rationell heißt vernunft­gemäß, vernünftig; was ist also gerechtfertigter als eine vernünftige Bemessung der Arbeitslöhne? Sicherlich haben die Spinner und Weber vorher unvernünftige, d. h. unvernünftig hohe Arbeitslöhne bezogen, die nun, Dank der weisen Verwaltung, vernunftgemäß" her abgesetzt worden sind; die Herren Barone von Erlanger   haben bei dieser Grün­dung sicherlich auch nur vernunftgemäße Profite eingeheimst!

So löst sich Alles zum Besten auf- Lohnherabsetzung und Dividenden­schinderei in der guten Frankfurter Zeitung  ". D. h. im Han­delstheil, den die Arbeiter nicht lesen oder, wenn sie ihn lesen, wegen seines Kauderwälsch nicht verstehen.

Ein hübsches Wort, das notirt zu werden verdient, finden wir in der Weftlichen Poft" von St. Louis  . In diesem Organe des Herrn Karl Schurz   schreibt, anläßlich des Todes des Prinzen Karl, ein Berliner   Korrespondent jam Schlusse eines im Wesentlichen mit dem von uns gebrachten übereinstimmenden Nachrufe:

Als ich in diesen Tagen mit einem alten Kriminalrichter an dem neuen Justizpalast vorbeiging, und wir von dessen Thürmen die zu Ehren des verstorbenen Prinzen auf Halbmast aufgezogenen Fahnen auf und herabwehen sahen, meinte der alte Herr ironisch: " Themis  ( die Gerechtigkeit) trauert, daß ihr ein Opfer unbestraft entgangen it."

Sehr gut. Wenn jedoch Themis bei jedem vornehmen Schurken, der ihr in Breußen unbestraft entgeht, Trauer anlegen wollte, dann käme die schwarze Fahne das ganze Jahr nicht herunter. Zum Glücke aber thut sie das nur bei Mitgliedern des regierenden Hauses.

- Jesto von Butttamer, des preußischen Ministers Söhnchen, über deffen Fahrten" wir neulich berichteten, ist unter die Journa listen gegangen; in Bodenstedt's Täglicher Rundschau" strahlt uns sein berühmter Name hell entgegen. Aber was schreibt er? Nun, sagt die ,, Newyorker Volts- Zeitung", der wir diese Notiz entnehmen, was ein

preußischer Junker im allergünstigsten Falle zu schreiben versteht, über Pferderennen und Maskenbälle. Sein Aufsatz ist betitelt: Der Kar­neval in Nizza  ".

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Wozu radikale sozialistische Flugblätter gut sein können, ersehen wir aus der Budapester ,, Arbeiter Wochenchronit". Aus den Salmschen Eisenwerken bei Blansko  ", schreibt unser Bruderorgan, wird von einer anarchistischen Bewegung unter den Arbeitern berichtet. Die Veranlaffung hiezu scheint das auch in Proßniz zur Vertheilung gelangte böhmische Flugblatt gegeben zu haben. Die Arbeiter, die nichts weniger als Anarchisten sind, nützten diese Angst­meierei zu einer 30 prozentigen Lohnverbesserung aus, welche ihnen auch gewährt wurde." Recht so.

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Oesterreich. Der Prozeß Merstallinger ist in dem Augenblick, da diese Nummer in die Preffe geht, noch nicht beendet. Fünf der Angeklagten, unter ihnen Motz und Führer, mußten indeß schon im