Mark war Viehweide und Eichelmast, daneben lieferte der Wald Bau- und Brennholz, Laubstreu, Beeren und Pilze, das Moor, wenn vorhanden, Torf. Die Bestimmungen über Weide, Holznutzung u. s. w. bilden den Hauptinhalt der vielen aus den verschiedensten Jahrhunderten erhaltenen Markweis-, thümer, aufgeschrieben zur Zeit als das alte ungeschriebne, herkömmliche Recht anfing streitig zu werden. Die noch vor­handenen Gemeindewaldungen sind der kümmerliche Reſt dieser alten ungetheilten Marken. Ein anderer Rest, wenigstens in West- und Süddeutschland  , ist die im Volksbewußtsein tief wurzelnde Vorstellung, daß der Wald Gemeingut sei, in dem Jeder Blumen, Beeren, Pilze, Bucheckern u. s. w. sammeln und überhaupt, so lange er nicht Schaden anrichtet, thun und treiben kann was er will. Aber auch hier schafft Bismarck Rath und richtet mit seiner berühmten Beerengesetzgebung die westlichen Provinzen auf den altpreußischen Junkerfuß ein.

Wie die Genossen gleiche Bodenantheile und gleiche Nutzungs­rechte, so hatten sie ursprünglich auch gleichen Antheil an Ge­setzgebung, Verwaltung und Gericht innerhalb der Mark. Zu bestimmten Zeiten und öfter, wenn nöthig, versammelten sie sich unter freiem Himmel, um über die Markangelegenheiten zu beschließen und über Markfrevel und Streitigkeiten zu richten. Es war, nur im Kleinen, die uralte deutsche Volks­versammlung, die ursprünglich auch nur eine große Mark­versammlung gewesen war. Gesetze wurden gemacht, wenn auch nur in seltenen Nothfällen; Beamte gewählt, Amtsfüh­rung von Beamten kontrolirt, vor Allem aber Recht gesprochen. Der Vorsitzende hatte nur die Fragen zu formuliren, das Urtheil wurde gefunden von der Gesammtheit der anwesenden Genossen.

Sozialpolitische Rundschau.

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Zürich  , 28. März 1883.

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-Der Fenierschreden in England", schreibt uns ein ge­nauer Kenner der englisch  - irischen Verhältnisse, hat glücklicherweise zu Uebertreibungen geführt, die ihn der Lächerlichkeit überliefert und damit seine gefährliche Spize abgebrochen haben. Und das ist einem verrückten aristokratischen Blaustrumpf, der Lady Florence Dixie   zu verdanken. Dieses Frauenzimmer, dessen Wahrheitsliebe im umgekehrten Verhältniß zur Höhe" ihrer Geburt steht, veröffentlichte unmittelbar nach den jüng­ften Dynamit Experimenten in London   eine Jagdgeschichte von entsez­lichen Abenteuern, die ihr widerfahren sein sollten natürlich von Fenischer Seite die sich aber als einfache Lügen herausgestellt haben. Diese Entdeckung hat auf John Bull   sehr ernüchternd gewirkt und den allgemeinen Glauben erzeugt, daß wie die Jagdgeschichte der hochge­bornen Lady Dirie erlogen ist, so auch mindestens neun Zehntel aller anderen über die Fenier umlaufenden Geschichten erlogen seien. Und das ist unzweifelhaft auch richtig. Nicht als ob wir leugnen wollten, daß Frländer Verschwörungen gemacht und blutige Repressalien gegen die englischen Unterdrücker ausgeübt hätten und noch ausüben könnten, allein die Annahme, das gesammte irische Volk sei in einer Mordver­schwörung gegen England vereinigt und die jüngsten Londoner   Dynamit­Experimente seien das Produkt einer ganz Irland   umfassenden Conspira­tion, fängt an, in ihrer Absurdität erkannt zu werden. Hr. O'Donovan Roffa ist ein notorischer Lügner und Renommist, und die übrigen Jr­länder in Amerika  , welche jene Dynamit- Experimente als irische National­thaten bezeichnet haben, sind Geistes- und Gesinnungsgenossen des Hrn. O'Donnovan Roffa. Thatsache ist, daß der irischen Sache durch die jüngsten Londoner   Vorgänge der größte Schaden zugefügt worden ist, und daß die englische Polizei ein weit größeres Interesse an diesen Explosionen hatte, als die Irländer. Wie wir wiederholt andeuteten, liegt die einzige Chance der Frländer darin, daß es ihnen gelingt, sich mit den Engländern, d. h. dem englischen Volk, der englischen Arbeiterklasse, zu alliiren und gemeinsam mit den Engländern den Kampf gegen die Landlords und sonstigen Unterdrücker und Aus­sauger zu führen. Alles, was das englische Volk der irischen Sache ent­fremdet, den Irländern feindlich stimmt, ist im Interesse der englischen Gewalthaber und der irischen Sache von Nachtheil. Es fällt uns nicht ein, auf Männer, die dem Impuls berechtigter Rachsucht gefolgt find, den Stein zu werfen, aber die Leidenschaft, so nothwendig sie zur revo­lutionären That sein mag, ist eine schlechte Rathgeberin, und wer ihr blindlings gehorcht, statt ruhig das Für und Wider abzuwägen und die Folgen und Wirkungen seines Handelns zu berechnen, kann der besten Sache leicht schlimme Dienste leisten.

Wir nannten O'Donovan Rossa einen Lügner und Renommist. Wir hätten mehr sagen können. Ein für allemal kann als feststehend gelten: wer Revolution redet, und mit seinen revolutionären Thaten prablt, ist kein Mann der revolutionären Aktion. Wer Revolution redet, handelt nicht revolutionär; und wer revolutionär handelt, redet nicht Revolution.

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Die rothe Fahne ,, roth, roth, roth, das einige Roth  , kein pruntendes Wappen darauf" hat am Morgen des 18. März an vers schiedenen Orten Deutschlands   luftig im Winde geflattert, zur Erbauung

Feuilleton.  

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Die Kerkermeister des Czaren.

Als Fortsetzung unseres Artikels über die Kerter des Czaren ( Nr. 11 des" Sozialdem.") erhalten wir folgenden Brief, der ein nicht minder ergreifender und empörender Beitrag ist zum Thema von dem Terrorismus der russischen Henterregierung.

Sie brachten vor einiger Zeit aus kundiger Hand Einzelheiten über die Flucht Lopatins aus Sibirien  , die mich veranlassen, ein Streif­licht auf die Beamten zu werfen, denen in Sibirien   das Schicksal jener Unglücklichen anvertraut ist, die aus irgend einem, nach westeuropäischer Anschauung harmlosen politischen Grunde aus der bürgerlichen Gesell­schaft ausgestoßen wurden, und die, da sie fast durchweg Leute von höherer Bildung find, am allerwenigsten in der Lage sind, sich Bestiali­täten gefallen zu lassen.

Da wurde kürzlich der Hauptmann Solomieff zum Befehlshaber über die zu Zwangsarbeiten nach Sachalin   deportirten politischen Ver­brecher ernannt. Dieser Mensch ist ein Mustereremplar des rohesten Schergenthums, nicht nur von Amtswegen, sondern auch aus Liebe zum Berufe. Er gehörte in Sibirien   zu jenen Beamten, denen es ein be­sonderes Vergnügen macht, ihre Opfer so lange zu quälen und zu miß­handeln, bis der Zorn derselben sich durch ein Schimpfwort oder auf irgend eine andere Weise Luft macht, was dem Beamten dann das Recht gibt, das betreffende Opfer binden und in den Karzer sperren zu laffen, es durch Hunger zu quälen u. s. w.

Einige Thatsachen mögen dies illuftriren. bilgi Nom

Ende 1877 tam in das Gefängniß von Irkutsk   ein politischer Verbrecher Namens Telje, der zur Ansiedlung in diesem Gouverne nement verurtheilt war. Damals war es den politischen Verbrechern noch gestattet, jeden Tag eine halbe Stunde frische Luft zu schöpfen. Während eines solchen Spaziergangs fam Solowieff, der in Fr futst angestellt war, nun eines Tages in den Gefängnißhof und be­merfte, daß ein politischer Gefangener mit bedecktem Haupte spazieren ging. Das schien ihm eine Beleidigung zu sein; er sprang zu ihm heran

aller Freiheitsfreunde, zum Entsetzen für das gesammte, leider noch recht zahlreiche Reichsrindvich, in deffen Interesse die heilige Hermandad auch überall bei der Hand war, die fatalen Symbole hochverrätherrischer Ge­finnung schleunigst zu beseitigen. Indeß ging das nicht immer so leicht als man glaubte. So schreibt man der Berliner   ,, Bolts- Zeitung" unterm 19. März aus Stuttgart  ":

Gestern als am Jahrestage der Pariser Kommune  , wurde unsere Einwohnerschaft dadurch überrascht, daß von dem Aussichts. thurm, der sich auf dem die Stadt und Umgegend beherrschenden Hasenberg erhebt, eine mächtige rothe Fahne flatterte. Allgemeine Verwunderung erregte es, daß die Fahne bis gegen Mittag, Jedem und weithin sichtbar, auf dem Thurme verblieb. Wie sich später herausstellte, war hieran nicht etwa die Nachlässigkeit unserer Polizei schuld, denn diese bemühte sich auf's Angelegentlich fte, das ominöse Revolutions banner dem Auge des Publikums zu entrücken. Der oder die Thäter hatten allerlei Vorkehrungen getroffen, das Entfernen der Fahne zu erschweren, und so gelang es erst nach längerer Arbeit, dieselbe herunter zu bringen. Die Eingangsthür zum Thurme war verbarrikadirt und auch die Fenster der ersten Etage konnten aus demselben Grunde nicht als Eingang benutzt werden, so daß erst eine Leiter angeschafft werden mußte, welche bis in den zweiten Stock reichte, und man auf diese Weise ins Innere des Thurmes ge­langte und die Fahne herunterholen konnte. Dieselbe trug, wie uns ein Augenzeuge meldet, die Inschrift: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!" und: Zur Erinnerung an die Pariser Kommune  , 18. März 1871". Unten am Eingang war ein Plakat mit der Inschrift: Warnung vor Dynamit!" angeheftet. Auch war vor demselben Pulver ver schüttet. Der stets unter Verschluß gehaltene Thurm ist jedenfalls durch Nachschlüffel geöffnet worden. Nach dem Thäter wird gespürt, doch fehlen bis jetzt noch alle Anhaltspunkte."

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Bravo  ! Das war einmal ein luftiger Schwabenstreich".

Auch in Barmen wurde der biederen Polizei ein luftiges Stüd ge­spielt. Jm vorigen Jahre hatte dort bekanntlich am 18. März die rothe Fahne vom Thurm des Kriegerdenkmals herabgeweht, weshalb das­selbe von fünf Sergeanten die ganze Nacht vom 1. bis zum 18. März sorgfältig bewacht wurde. Als aber endlich die armen Polizeiknechte schlaftrunken nach Hause wandeln wollten, da erblickten sie zu ihrem Schrecken auf dem Hohenstein von der Spitze der höchsten Pappel herab das verhaßte rothe Banner wehen. Ihr kriegt uns doch nicht unter!" schien es ihnen zuzurufen.

Auch in Ludwigshafen   in der Pfalz   wurde das gehörnte Vieh durch eine rothe Fahne in Aufregung versetzt, die ihm übrigens gar nichts schaden kann.

Wenn diese kleinen Demonstrationen auch weiter nichts beweisen, als daß unsere Genossen im Reich den Kopf oben behalten, und den Kampf nicht nur mit Eatschlossenheit, sondern auch mit dem gesunden Humor des fiegesbewußten Streiters führen, so meinen wir, genügt das schon. Nur teine Kopfhängerei!

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Der Besuch der Gräber der Märzgefallenen in Friedrichshain  bei Berlin   war diesmal, wie die Blätter konftatiren, ein außerordentlich starter; überraschend" start, heißt es im Kleinen Journal. Bravo!

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- Fast die gesammte Presse Europas   hat unserem da­hingeschiedenen großen Vorfämpfer Marx   eingehende Nekrologe ge­widmet, und wenn auch von unsern Gegnern, namentlich von solchen, welche die scharfe Kritik des Verstorbenen an sich selbst kennen zu lernen Gelegenheit hatten, nicht zu erwarten war, daß sie diesem außerordent­lichen Manne in jeder Beziehung Gerechtigkeit wiederfahren lassen würden, so ist doch zu konstatiren, daß kein Blatt seine wissenschaftliche Bedeutung zu leugnen wagte. Man suchte an kleinlichen Dingen herumzumäckeln, tischte zum Theil längst widerlegte Märchen über seinen Reichthum 2c. auf und die Neue freie Presse", das Hauptorgan der Wiener   Korruption, regalirte seine Leser außerdem mit der von Karl Vogt   seiner Zeit kolpor­tirten Plattheit, Mary mache sich über seine eigenen Anhänger luftig und habe nur vor den Aristokraten Respekt. Ein Blick in das Kommuni­stische Manifeft", in das Kapital" 2c. zeigt die Lächerlichkeit einer solchen Behauptung.

Die sozialistische Arbeiterpresse des In- und Auslandes aber legt, mit nur einer Ausnahme, ein glänzendes Zeugniß dafür ab, wie sehr das klaffenbewußte Proletariat den Verlust, den es durch den Tod dieses Mannes erlitten, fühlt, wie sehr es sich über seine Bedeutung flar ist, wie lebhaft seine vorgeschrittenften Elemente fühlen, was sie diesem Manne verdanken. Wir haben die Absicht, diese Stimmen aus dem Proletariat, da uns im Parteiorgan der Raum dazu mangelt, in einem besonderen Gedenkblatt zusammenzustellen, geschmückt mit dem Bilde des unentwegtesten Kämpfer für die Sache der sozialen Revolution. Wohl wissen wir, daß der Mann sich in seinen Werken, in seinen Schöpfungen ein Denkmal errichtet hat, dauernder als Erz und Stein, aber wir glauben auch mit der Masse derer, denen er ein Bahnbrecher war, zu fühlen, wenn wir der Herausgabe einer für das Volk bestimmten Gedenkschrift hier das Wort reden. olis do sido puns

Ueber das Begräbniß von Karl Marx   gehen uns zwei Zuschriften aus London   zu. Der ersteren, von einem Mitgliede des Kommunistischen Arbeiter Bildungsvereins, entnehmen wir, soweit fie nicht das von uns in voriger Nummer Mitgetheilte wiederholen, folgende Stellen:

,, Am letzten Sonnabend hatten wir hier eine traurige Pflicht zu er füllen.

Wir senkten den Leib eines unserer größten Borkämpfer und wissen schaftlichen Begründers des Sozialismus in's Grab.

Noch bevor die betreffende Nummer unseres Organs hier eintraf,

und schrie: Die Mütze ab! siehst Du nicht, wer vor Dir steht?" Der Spaziergänger war Telje. Er antwortete nicht, sondern ging mit be­decktem Haupte langsam weiter. Solowieff wurde wüthend:" Du Schurke!" schrie er, ich laffe Dich mit Ruthen zu Tode peitschen!" Da­bei gebrauchte er einen Ausdruck, den ich hier nicht wiederholen mag. Ruthen! Eisen! Legt diesen Hund in Eisen, schlagt ihm, diesem nichtswürdigen Kerl, die Müze ab!" raste er. Telje vermochte sich nicht mehr zu halten, er ergriff einen Stein und sagte in höchster Erregung zu dem Solowieff: Wenn Du Dir nur noch ein Schimpfwort erlaubt, so zerschmettere ich Dir mit diesem Stein den Kopf!" Solowieff over­schwand; er lief zum Inspektor und bat diesen, Telje mit Ruthen schlagen zu lassen. Der Inspektor ging jedoch nicht darauf ein, sondern berief fich auf einen Paragraphen des Gesetzes, welcher verbot, die Privilegirten d. h. die Edelleute, mit Ruthen zu schlagen, was Solowieff veranlaßte, über die russischen Gesetze, die zu milde waren, zu zetern. Er eilte zum Gouverneur, der Solowieff's Wuth besser begriff und das Gesetz gründ licher tannte. Auf seinen Befehl wurde Telje in die entfernteste Gegend des Gebiets Jatutet, ungefähr 2500 engl. Meilen in das Innere Sibiriens  transportirt.

Ein anderes Bild!

dzsa dapun sid

Im Jahre 1879 erzählte der von Ihnen bereits früher erwähnte Lopatin: Als ich in dem Gefängniß von Irkutst saß, reichten dort die Zellen nicht aus, so daß auch die politischen Gefangenen zu 2 und zu 3 in einer Zelle, die nur für einen bestimmt war, figen mußten. Auch ich theilte meine schmutzige Zelle mit einigen Kameraden. Eines Tages öffnete fich plötzlich die Thüre unserer Zelle, der Aufseher sprang herein und sagte eilig: Machen Sie schnell Ordnung in der Kammer, der Solowieff wird bald da sein, er geht aus einer Kammer in die andere!" Einer von den Kameraden, der frant und sehr nervös war, on ben schlief, und als er durch diesen Lärm aufgeweckt wurde, sagte er dem Aufseher: Geh Du zum Teufel! Für jede Bestie werden wir das Bimmer nicht aufräumen, räume es selbst auf, wenn Du es willst." Der Auffeher ging fort, nach einigen Augenblicken aber ging die Thüre wieder auf, und auf der Schwelle stand Solowieff mit einem ganzen Gefolge von Gefängnißbeamten.

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durchflog die Trauerkunde: Karl Marx   ist todt!" die Reihen der hiesigen Sozialdemokraten, und auf jedem Geficht las man deutlich die Gedanken, welche das Innere bewegten und wohl bei jedem Einzelnen von uns dieselben waren: Wir haben einen herben Verlust erlitten." Doppelt schwer trifft uns der Verlust, wenn Marr sein Werk: Das Kapital  " nicht vollendet hat, war der zweite Gedanke, der in uns auf­tauchte, und man beruhigte sich erst einigermaßen, als man vernahm, daß es unserem Marr trot vielfacher und heftiger Unterbrechung durch Krankheit 2c. möglich geworden sei, sein Werk soweit zu vollenden, daß es nunmehr mit Hilfe seines Freundes Fr. Engels doch wohl wird im Druck erscheinen können.

Sein Werk ist vollendet, sein Geist wird also leben, das mildert unsere Trauer, und am Grabe haben wir uns gelobt, daß wir sein Werk voll­enden und, soviel an uns ist, zum Ziele führen werden.

Wissenschaft und Arbeit vereinigt, find eine unüberwindliche Macht, und diese Vereinigung ist bereits eine Thatsache geworden.

Eine Thatsache, deren Berwirklichung nicht zum geringsten Theile das Verdienst Karl Marx  ' ist.

Wo immer heute ehrliche Männer der Wissenschaft auftreten, sehen wir, daß fie auf Seite der Arbeitersache stehen; und die Arbeiter haben begriffen, daß ihrer Sache nur dann der Sieg gewiß ist, wenn sie gebaut ift auf fester, unumstößlicher wissenschaftlicher Grundlage.

Daß dies so ist und daß es von den Betheiligten begriffen wird, das ist ein erhebendes Bewußtsein und wird unsere Sache sicher zum Ziele führen.

Daß die Vereinigung der Wissenschaft und Arbeit zur Thatsache ge­worden, ist das Verdienst des Dahingeschiedenen, sowie der Sozialistischen Arbeiterpartei.

Diese Vereinigung zeigte sich auch am Grabe unseres Meisters. Gering nur war die Zahl Derer, die das Grab umftanden, aber es war die Wissenschaft und die Arbeit", die am Grab standen und um den Lehrer trauerten.

Da standen um den Sarg: Professor Schorlemer vom Owen's College in Manchester  , Profeffor Ray Lankester   vom Exeter College . B. Aveling von der Universität zu London  ,

zu Orford, Dr. Fr. Engels, Wilhelm Liebknecht   und daneben standen Männer, denen man es auf den ersten Blick ansah, daß sie zu der unterdrückten, beherrschten und ausgesogenen Klasse gehörten, für deren Rechte der Dahingeschiedene gekämpft hatte.

Sie waren gekommen, um im Namen der Arbeit dem Meister der Wissenschaft den Tribut zu zolleu.

Wenige waren es zwar nur, doch das war nicht unsere Schuld. Wie gerne wären wir zu Tausenden an das Grab gezogen, wie gerne hätten wir den Sarg mit unserem rothen Banner überdeckt, wie hätte es uns gefreut, hätten wir den großen Tooten unter dem Klang der Marseillaise  " in's Grab senten können, wie gerne hätten wir Karl Marx  , den Revolutionär, am Sonntag, den 18. März,.am Geburtstage der Revolution, begraben!

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Doch es war uns nicht vergönnt; die Familie hatte beschlossen, jede Demonstration zu vermeiden, und deshalb wohl die Beerdigung auf Sonnabend Nachmittag angesetzt; so waren eben nur wenige von uns anwesend. Genoffe Lemke legte zwei schöne, große Lorbeerkränze mit gewaltigen, hochrothen Schleifen als Zeichen der Liebe und Achtung nieder auf den Sarg, den einen im Namen des Sozialdemokrat", den anderen im Namen der hiesigen Deutschen   Sozialdemokraten."

Bon Paris   aus ging uns noch der spezielle Auftrag zu, im Namen der dortigen deutschen Genossen einen Kranz auf das Grab zu legen, doch traf dieser Auftrag leider einige Stunden zu spät ein; er konnte nicht mehr ausgeführt werden."

Die andere Zuschrift lautet:

,, Von einigen hier lebenden Parteigenossen ist es übel vermerkt worden, daß das Begräbniß von Karl Marx   einen strikt privaten Charakter ge­habt hat. Sie hätten es gerne gesehen, wenn die Gelegenheit zu einer imposanten Maffenkundgebung benutzt worden wäre. Von einer Maffen­fundgebung konnte aber, wie jeder der Tadler bei einigem Nachdenken finden wird, unmöglich die Rede sein. Dem englischen Volt ist Mary noch ein Fremder. Die einzige englische   Arbeiterorganisation, welche man hätte heranziehen können: die Trades- Unions wirken in einem Geiste, welcher den Lehren des großen Denkers und Kämpfers geradezu feindlich ist. Also, wen hätte man zuziehen sollen? Die Londoner   dent­schen Arbeiter als solche? Auch das ging nicht, da man dann Gefahr gelaufen wäre, am Grabe von Mary Elemente zu finden, welche es sich zur Aufgabe gemacht zu haben scheinen, den Sozialismus lächerlich und verächtlich zu machen. Kurz, es blieb, was auch unter anderen Verhältnissen dem Wesen und den Wünschen des Tobten ent­sprochen hätte, der allen Demonstrationen, soweit sie seine Person betrafen, aus dem Wege ging, nur übrig: die Theilnahme an dem Begräbniß auf die Familie und die intimsten Freunde zu beschränken. Und das ist geschehen.

Gerechtigkeit und Vernunft par distance. Das Ferne beurtheilt fich leichter richtig als das Nahe, und vor der eigenen Thüre tehren, ist sprichwörtlich sehr schwer. Im Ausland ist die reaktionäre deutsche Preffe oft ganz vernünftig. So lesen wir jetzt z. B. anläßlich der jüngsten Pariser   Demonftrationen in allen reaktionären Zei­tungen Deutschlands  : wenn es in Frankreich   zu einer Katastrophe täme und die hungernden Arbeiter zur Revolution schritten, so habe die fran­ zösische   Regierung einzig sich selber die Schuld beizumessen; denn, hätte fie rechtzeitig eingegriffen und durch gute Gesetze die Sozialreform an­gebahnt, dann drohte dem Staat Seitens der Arbeiter keine Gefahr. Bravo! Uns aus der Seele gesprochen. Was aber hat die deutsche Re­gierung für die Arbeiter gethan? Die Bismard'schen Kurpfusch Rezepte?

Sagen Sie mir gefälligft", wandte er sich an uns, man hat mir gefagt, daß mich einer von Ihnen beschimpft hat, ist das wahr? Wenn es wahr ist, so sagen Sie mir, wer war es?" Einer von uns gab ihm eine ausweichende Antwort, da er aber hartnäckig darauf bestand, den Namen zu erfahren, so wiederholte man ihm das von dem Kranken Gesagte. Er wurde verlegen und erwiderte:" Sie sind wahnsinnig geworden, wahr­haftig wahnsinnig!" Dann ging er fort. Nach einer halben Stunde tam der Aufseher wieder und zwar mit einer ganzen Eskorte und befahl den Soldaten, denjenigen, der den Solowieff beschimpft habe, zu ergreifen und in eine andere Zelle zu führen. Das geschah trotz unserer Protefte. Dem Befehle Solowieff's gemäß wurde der Arme in der anderen Zelle, nachdem ihm die Hände und Füße gebunden worden waren, in einen ledernen Sack( Zwangsjacke) gesteckt und alsdann auf den Boden der talten Kammer geworfen. Bald darauf kam Solowieff, um sein Opfer zu mißhandeln. Er fing an höhnisch zu lachen und zu schimpfen: Wirst Du, Schurte, Dich ein anderes Mal unterstehen, mich zu beschimpfen? Weißt Du nicht, daß Du in meiner Macht bist? Daß ich mit Dir machen tann, was ich will? Ich werde Dir drei Tage lang nichts zu effen geben!" u. s. w.

Und wirklich ließ der Schurke den kranken Menschen hungern, um seine Rache zu fühlen.

Voriges Jahr wurden dem Gefängniß von Jrkutsk unter einer größeren Partie Verschickter auch zwei politische Verbrecherinnen K. und B. über­wiesen. Den elenden Solowieff trieb es sofort, auch an den armen Frauen sein Müthchen zu fühlen. Er fing damit an, daß er den Wärtern, welche die neuangekommenen Arrestanten durchsuchten, befahl, die Frauen nicht zu schonen, fie ganz auszufleiden und überall gut zu betaften. Während dieser Durchsuchung nun war der brutale Mensch anwesend und schrie immer:" Schont dieses Gesindel nicht!" Dabei ging er so­weit, allerhand gemeine Redensarten auszustoßen, die sich nicht wieder geben laffen. Empört über die nichtswürdige Behandlung hielten die Unglücklichen mit ihrem Zorn nicht zurück. Solowieff ließ sie deshalb in den Karzer einsperren und fuhr zum Gouverneur, wo er sich über Ungehorsam beschwerte, und wo er die Erlaubniß erhielt, die Frauen züchtigen zu lassen. Man gab ihnen zur Strafe eine Zeit lang nur

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