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auch von der Leipziger Bolizei der beabsichtigte Kongreß des deutschen Freidenkerbundes, zu welchem Specht gehört, zwar nicht direkt verboten, aber nur unter solchen Bedingungen erlaubt worden, daß die Erlaubniß einem Verbote gleichzuachten. Der Kongreß sollte nämlich nicht öffentlich tagen, weil sonst Sozialdemokraten den Sizungen und Vorträgen beiwohnen könnten! Und die Wissenschaft ist nicht für das Volk." Komisch ist nur, daß dieselben Patrone, welche das Volk von der Wissenschaft fernhalten wollen, mit Vorliebe und Entrüftung von der Rohheit des Voltes reben. Uebrigens ist die Furcht unjerer Reaktionäre vor der Wissenschaft und vor dem Wissen des Volkes durchaus nichts Neues. Hatten doch seinerzeit die Sklavenbarone der amerikanischen Südstaaten auf die Verbreitung von Kenntnissen unter den Sklaven( durch Lesenlehren, Verabreichung von Büchern u. s. w.) die Todesstrafe gesetzt. Der Arbeiter ist Sklave, und der Sklave muß in der Dummheit erhalten werden, weil er sonst seine Ketten zerbricht.
-Ausbeutung. Die Aktiengesellschaft für Kammgarnspinnerei in Kaiserslautern hat für das Jahr 1882 einen Reingewinn von 821,539 Mark erzielt. Davon werden nach den verschiedenen üblichen Abschreibungen an Tantiemen für ein Dußend Aufsichtsräthe und höhere Beamte 110,191 Mart, an Gratifikation für die guten" Meister und Arbeiter der Fabrik 25,000 Mart, für die Gesammtheit der Arbeiter aber ganze 2000 Mart gespendet, notabene in die Fabriktrankenkasse. Die Aktionäre erhalten für ihr Nichtsthun 260 Mart pro Attie, d. h. 15% Prozent.
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Diese Zahlen geben ein recht schlagendes Beispiel zu einem uns von einem Genossen zugeschickten äußerst geistreichen Artikel der fortschrittlichen Zittauer Morgenzeitung" über Fortschritt und Sozialismus. In demselben heißt es nämlich u. A.:„ Der Kapitalismus, der bequemfte Sündenbock in den Augen Unkundiger, ist seit langen Jahrhunderten in stetigem Rückgange geblieben. Die erobernde Kraft des Kapitalismus ist eine Fabel. Unsere Zeit fennt weitaus nicht eine Anhäufung von Reichthümern, wie sie im Alterthum vorhanden gewesen. Selbst Rothschild' s Vermögen erscheint geringfügig, wenn man an den Ausspruch des Crassus denkt, daß nur der reich genannt werden tönne, der im Stand wäre, auf seine Kosten das römische Heer zu unterhalten. Der Rückgang in der Erwerbskraft des Kapitals zeigt sich auch in der stetigen Abnahme des Zinsfußes."
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Nicht wahr, genial? Im Zeitalter der Stumm, der Krupp, der Bleich röder- von den Vanderbilt und Makay gar nicht zu reden die Anhäufung der großen Reichthümer zu läugnen, dazu gehört ein Muth, wie ihn nur die trasfeste selbsterworbenfte" Ignoranz zu verleihen pflegt. Wie fönnte der biedere Artikelschreiber auch sonst aus der ftetigen Abnahme des Zinsfußes" einen Rückgang in der Erwerbskraft des Kapitals" folgern! Als ob Unternehmergewinn und Zinsfuß nicht zwei verschiedene Dinge wären und nicht von ganz verschiedenen Faktoren bestimmt würden!
Einem so geistreichen Artikelschreiber kann man es auch gar nicht verdenken, wenn er schließlich in der Sozialdemokratie in ihrer äußeren Ausbildung" nichts sieht, als eine Organisation der Arbeitsscheu und eine systematische Hemmung des Fortschrittes."
Für die Lettere wollten wir die Verantwortung nöthigenfalls noch übernehmen, was aber die Organisation der Arbeitsscheu" anbetrifft, so setzt uns diese wirklich in arge Verlegenheit. Wie wir uns die Durchführung des sozialistischen Prinzips auch denken mögen, immer müssen wir fürchten, daß die Aktionäre der Kaiserslauterer Kammgarnspinnerei mit derselben sehr, sehr unzufrieden sein würden.„ Der Aktionär ist wie bekannt, das faulste Thier im ganzen Land."
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Das Centrum, welches mit dem starken und gestrengen Herrn Reichskanzler spielt wie die Katze mit der Maus, hat durch den Antrag Hertlings zu der Bismarck'schen„ Sozialreform" Stellung genommen, und dem allerdings auch so wie so nicht lebensfähigen Wechselbalg- die Hand um die Gurgel gelegt. Möglich, daß das Centrum schließlich noch umschwenkt beim Tabatsmonopol erlebten wir Aehnliches, und zwar auch gelegentlich eines Antrags Hertling indeß immerhin ist der Beweis geliefert, daß Bismarck für seine Sozialreform" auf die Unterstützung des Cen trums nicht rechnen kann. Charakteristischer Weise richtet der Hertling'sche Antrag seine Hauptspitze gegen den Staatszuschuß. Es zeigt dies abermals eklatant, wie tief die Bourgeoisideen in alle Theile der herrschenden Klasse eingedrungen sind, auch in diejenigen, welche der Bourgeoisie am feindlichfien gegenüberstehen. Wie von dem Centrum, gilt dies auch von dem Junkerthum, welches trotz seines Hasses gegen die Bourgeoisie doch mit Bourgeoisideen getränkt ist und nach Bourgeoisprinzipien handelt. Aus dieser Thatsache erklärt es sich, warum unsere herrschenden Klassen außer Stand sind, die soziale Frage zu lösen. Sie können sozialistische Schlagwörter zu demagogischen Zwecken erfinden und gebrauchen, unter der Firma des Staatssozialismus Staatsräuberei, d. h. Ausplünderung einzelner Gesellschaftstlassen zum Nugen anderer treiben, aber die soziale Frage lösen nimmermehr. Dazu fehlt ihnen der Wille und die Fähigkeit.
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Die Landesvater Demokratie zehrt noch von der Bayer'schen Rede und ergeht sich in tiefsinnigen Betrachtungen darüber, ob der Berliner Heldengreis zu den Unterthanen" in einem landesväterlichen( landesherrlichen) Berhältniß stehe oder nicht, und welche Machtbefugnisse er nach dem Wortlaute der Reichsverfassung denn eigentlich habe. Wir dächten, auf den Wortlaut der Reichsverfassung komme sehr wenig an. Der Heldengreis und die Personen, welche in seinem Namen regieren, haben vorläufig die eine Hand an dem Knopf, der die Staatsmaschine in Bewegung setzt, und die andere ,, auf der Klinke der Gesetzgebung" fie verfügen über ein paar Millionen Soldaten, Beamte, Richter, Staatsanwälte, Polizisten, Spigel u. s. w. Das genügt für den Moment. Angesichts dieser Thatsache, an der die papierene Reichsverfassung nichts ändert und sicherlich nichts ändern wird, über den Sinn von Reichsverfaffungs- Paragraphen oder Artikeln zu streiten, heißt in der That: um des Kaisers Bart streiten.
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Ein netter Verwaltungsbeamter. Wenn die höchsten Regierungsbeamten in Preußen die Gesetze nicht kennen oder sie ge flisfentlich nicht beachten, was kann man dann von den unteren Polizeiorganen verlangen, als unwissenheit, Frivolität und Brutalität! Der ultrareaktionäre Regierungspräsident von Merse burg, der Herr heißt von Diest, hat die von Wörlein u. Co. herausgegebene Drudschrift: Berhandlungen über den Antrag Liebknecht und Genossen betreffend 2c. 2c., in der Reichstagssigung vom 11. Januar 1883. Wörtlicher Abdruck des amtlichen stenographischen Berichts" auf Grund des Sozialistengesetzes verboten. Hierdurch verletzt dieser hohe preußische Beamte die deutsche Reichsverfassung in flagranter Weise. Artikel 22 der Verfassung lautet:
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,, Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Reichstages bleiben von jeder Verantwortlichte it frei." Das ist doch wahrlich deutlich genug. Die Reichskommission für die Ausübung des Sozialistengesetzes hat auch schon mehreremale in ähn lichen Fällen das Verbot aufgehoben, so noch fürzlich bezüglich der steno. graphischen Mittheilungen der Verhandlungen über das Sozialistengesetz felbft, die der Baireuther Regierungspräsident ebenso dummoder frivol, wie der Herr von Dieft verboten hatte. Diese Herren nun, die die schlimmsten Gesetzesverächter sind, die aber Hüter des Gesetzes sein sollen, verlangen nun gar von den Sozialdemokraten die strengste Gesetzlichkeit, von Leuten, die außerhalb des allgemeinen Gesetzes gestellt worden sind! Diese Forderung ist albern, und muß von uns dahin beantwortet werden,
daß wir, wo wir nur können, das Sozialistengeset umgehen, verlegen und brechen, und nur die Vorsicht dabei brauchen, uns nicht in den Schlingen desselben fangen zu lassen. Punktum!
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Ein Polizeihal- lenser. Der Regierungspräsident von Merseburg, von dem wir oben sprachen, kann seine helle Freude haben an seinen Untergebenen. Halle a/ S., welche Stadt in seinem Regierungsbezirk liegt, besitzt bekanntlich ein Polizeikonsortium, zusammengesetzt aus Ehebrechern, Spizbuben und Betrügern, wie feine zweite Stadt im deutschen Reich. Und Einer ragt aus dieser Bande noch um Haupteslänge hervor der jetzige Kriminalkommissarius, Herr Ernst Grosse! Wir wollen hier nur ein Schandstück dieses Polizeibuben annageln. Vor einigen Tagen begab sich der Herr in die Wohnung unseres braven Parteigenossen G. Schmidt, um ungefähr die hundertste Haussuchung seit Jahresfrist vorzunehmen. Niemals war irgend etwas Konfiszirliches dort gefunden worden; denn, nebenbei gesagt, ist dieser Hallenser Polizist auch ein großes Rindvieh. Doch zur Sache. Als Groffe auf der Hausflurtreppe das vierjährige Söhnchen des Schmidt spielend erblickte, schenkte er demselben zwei Pfennige mit dem Ersuchen, ihm zu verrathen, wo der Papa feine Schriftstüde hinlege. Diesem schurkischen Verlangen konnte der Knabe nicht nachgeben, da er immer nur im echten sächsischen Dialekt auf alle schmeichelnden Fragen antwortete:„ Ich weeß nich!" Andern Tags brachte Schmidt, dem der Knabe den Vorfall erzählt hatte, dem Kommissarius die zwei Pfennige zurüd, die derselbe auch annahm mit der albernen Bemerkung:„ Nun, die Zeit wird noch kommen, wo Sie sich nach zwei Pfennigen sehnen." Die Bemerkung, so charakteristisch fie für die Gesinnung dieser Gesellschaft ist, ist übrigens gleichgiltig, das 3ugeständniß, die Schandthat verübt zu haben, ist die Hauptsache. Und solche Buben sollen die Gesellschaft retten, solche Familienschänder sollen die Familie beschützen!!
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Eine alberne Notiz geht durch verschiedene Blätter: Die Wahlprüfungskommission des deutschen Reichstags habe die Wahl unseres Genossen Stolle beanstandet, weil die Stich wahl, aus welcher er mit überwältigender Majorität als Sieger hervorging, ungesetzlich gewesen, und Stolle schon im ersten Wahlgang gesetzlich gewählt worden sei. Das letztere ist allerdings richtig; daraus folgt aber nicht die Ungiltigkeit der Wahl Stolle's. Die Wahlprüfungskommission konnte um so weniger auf Beanstandung antragen, als ihr, unseres Wissens, gar kein Wahlproteft vorlag. Hätte ein solcher vorgelegen, und die Kommission sich aus dem angegebenen Grunde für die Ungesetzlichkeit der Stichwahl im 18. fächs. Reichstagswahlkreis aussprechen müssen, so würde keine Beanstandung erfolgt sein, sondern einfach die Konftatirung der Thatsache, daß Stolle bereits im ersten Wahlgange gewählt war.
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Die Fortschrittspartei sucht aus dem todten Schulze einen Partei heiligen zu machen. Wir gönnen ihr dieses Vergnügen, das, beiläufig gesagt, nichts Ueberraschendes für uns hat. Sind doch notorisch in der katholischen Kirche zur Herstellung von Heiligenknochen( Reliquien) mit Vorliebe sogar Esels knochen benutzt worden. Und zwar sicherlich nicht ohne Absicht und tiefen Grund. Jedenfalls eignet fich Schulze sehr gut zu einem Heiligen; ein Mensch, der noch 20 Jahre nach seinem Tod in Fleisch und Blut auf der Erde herumwandeln konnte, ist sicherlich kein gewöhnlicher Mensch.
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Kleine Rundschau. In Berlin wird fortgesetzt ausgewiesen; neuerdings hat der Tischler Pohl, der in dem famosen Aufruhrprozeß freigesprochen werden mußte, von Madai den bekannten Liebesbrief erhalten. Kommt auf Konto .- In Bremen hat die dortige Polizei einen Verein für Geschichte" und einen„ Geselligteitsverein" verboten. Wie es scheint, hält man es in Bremen für staatsgefährlich, wenn Arbeiter sich für Geschichte interesfiren. Mehrere Mitglieder des genannten Vereins wurden außerdem wegen ,, Theilnahme an einer verbotenen Versammlung"( hu!) sund„ Verbreitung verbotener Schriften"( hu! hu!) zu mehrwöchentlichen Gefängnißstrafen verurtheilt. Jn Dortmund erhielt bei der dortigen Nachwahl zum Reichstage, bei der der Fortschrittler Lenzmann ſiegte, Genoffe Tölde 696 Stimmen. Diese verhältnißmäßig geringe Stimmenzahl erklärt sich unseres Wissens aus der Thatsache, daß ein Theil der Dortmunder Genossen mit Rücksicht auf bestimmte örtliche Verhältnisse eine Betheiligung an der Nach wahl für unzweckmäßig hielt. Jn Wiesbaden, wo infolge des Todes
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von Schulze- Delitzsch eine Nachwahl nöthig wird, ist unsererseits Eintreten in den Wahlkampf beschlossen und bereits mit Rücksicht auf den betr. Beschluß des Kopenhagener Kongresses der Schreiner Franz Jöst aus Mainz als Kandidat aufgestellt worden. Unseren besten Glückwunsch zum frischen, fröhlichen Kampf. Jn Frankfurt a/ M. wurde Genoffe Vetter wegen ganz polizeiwidriger Einschmuggelung des " Sozialdemokrat" in harmlose; Wurftblätter zu zweimonatlichem Gefängniß verurtheilt. In München wurde zur Abwechslung wieder einmal große Haussuchung abgehalten. In Altona soll sich der bekannte Bolizeispion Wolff angeblich im Gefängniß erhängt haben; im Volksmund heißt es dagegen, daß sich Wolff, der sehr viel wußte, und nach seiner Freilassung auf's Neue mit Enthüllungen drohte, erhängt worden hat. Ein todter Mann, ein stiller Mann. Ob den Wolff der Teufel oder der Engel des Herrn geholt hat?
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In Paris tagt seit dem 13. Mai der Regionalkongreß der Födera tion des Zentrums" der sozialistisch revolutionären Arbeiterpartei. 45 Syndikaiskammern( Fachvereine) und 42 sozialistische Vereine und Gruppen sind vertreten. Mehreren Anarchisten wurde die Betheiligung an den Debatten versagt. Auf die zum Theil sehr interessanten Berathungen kommen wir in nächster Nummer eingegend zurück.
Belgien. Aus Lüttich schreibt man uns: Die Notiz des ,, Sozialdemokrat" über die letzten Ausweisungen beruht zum Theil auf irrthümlichen Angaben. Richtig ist, daß von Antwerpen zwei Genossen, Baum und Schlüter, ausgewiesen sind, von hier sind aber nicht vier, sondern gleichfalls zwei Genoffen, Schleebach und Sauerborn, ausgewiesen und aus Brüssel ein Franzose. In diesem noch freischeinenden Staate ist jetzt beinahe Alles möglich; wie Sie aus dem nachstehenden Bericht über den hier stattgefundenen Kongreß unserer belgischen Genossen erfahren werden.
Im Gegensatz zu dem im vergangenen Herbst hier stattgehabten Feste verbot man uns jezt, beim Abholen der Gesinnungsgenossen, den Bahnhofsperron mit unsern sechs Fahnen und Musik zu betreten, was im Verlauf der sieben Monate wohl flaatsgefährlich geworden sein muß. Sodann waren an dem Bahnhofe, sowie den ganzen Weg bis zu dem eine halbe Stunde entfernten Kirchhofe, wohin sich der Zug behufs Ovation für die früher hier verstorbenen Gesinnungsgenossen bewegte, eine derartige Menge von Unsicherheitsbeamten, natürlich die Wenigsten in Uniform, aufgestellt, daß man faktisch keinen Schritt thun konnte, ohne auf diese Spürnasen zu stoßen. Der Zug, welcher sich zusehends vermehrte, zählte zwischen 2500-3000 Mann. Damit aber die hiesige hohe Polizei auch ihr Müthchen fühlen konnte, verbot dieselbe in letzter Stunde das angesagte Meeting, resp. den Saal dazu, was das Nämliche bedeutete. Das Meeting, auf dem auch fremde Redner sprechen sollten, konnte demnach nicht stattfinden. Sehr schön verlief das zu Ehren des Kongresses veranstalte Conzert nebst Theatervorstellung. Der Kongreß selbst nahm bei zahlreicher Betheiligung einen sehr guten zufriedenstellenden Verlauf. Aus allen größeren sowie aus vielen kleinen Städten Belgiens waren Delegirte eingetroffen, denen sich Deligirte aus Nord- Frankreich anschlossen. Hervorzuheben ist noch, daß bei der Eröffnung des Kongreffes zwei Anwesende vor die Thür spedirt wurden, nicht allein, weil sie kein Mandat hatten, sondern weil
dieselben zum Horchen, zwar nicht von der Polizei, aber von den Pfaffen geschickt worden waren. Der erste Gegenstand, der den Kongreß beschäftigte, war der Kassenbestand und dessen Prüfung. Die Propaganda- Kassa zählte 250 Fr., die Reserve- Kaffe 1000 Fr. Die Rechnungsablage des Ausschußrathes wurde für richtig befunden. Die verschiedenen durch die Delegirten vertretenen Sektionen nahmen die Statuten sowie das Programm an und beschlossen, die Beiträge der Zentralfasse zu bezahlen.( Bemerkenswerth ist, daß mit einzelnen kleinen Abänderungen das Programm dem deutschen entspricht. Alsdann wurde beschlossen, daß die Zeitung„ La Sentinelle"( die Schildwache) in Verviers als offizielles Parieiorgan aber im Besitze der„ Avantgarde" in Verviers bleiben solle. Der Ausschußrath wird in allen Städten Komites bilden für die Verbreitung der sozialistischen Presse. Ueber die Frage der Stellung zu den Anarchisten ging der Kongreß zur Tagesordnung über. Die Bereinigung stellt an die Sektionen die Forderung, nicht mehr mit gewissen Persön lichkeiten zu torrespondiren(?). Brüffel verlangt, eine große Bewegung gegen das Militärgesetz in's Werk zu setzen. Als Siz des Zentraltomites wurde Gent gewählt.
Dem Kongreß wohnte auch ein Mitglied der französischen Sozialdemokratie bei, welches seiner hohen Befriedigung über den Kongreß Ausdruck gab und unter anhaltendem Beifall den Delegirten Muth zusprach. Genosse Anseele von Antwerpen antwortete ihm. Ferner nahm der Genosse F. Domela Nieuwenhuis aus dem Haag( Holland) an dem Kongreffe Theil. Die vortrefflichen Ausführungen dieses Vertreters der holländischen Sozialisten wurde gleichfalls mit großem Beifall aufgenommen. Der Kongreß wurde Montag Mittag geschlossen, und wird derselbe nach Aller Meinung seine Wirkung auf die Entwickelung der belgischen Sozialdemokratie nicht verfehlen.
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Irland. Brady und Curley, die ersten Verurtheilten im Phönixparkprozeß, find bereits gehängt die Sympathie, welche die Bevölkerung Dublins für die Mörder" bis zum letzten Augenblick kundgab, zeigt, bis zu welchem Grad der Haß gegen die englische Regierung Wurzel gefaßt hat. Selbstverständlich werden die Hinrichtungen nichts weniger als besänftigend wirken, und dürfte bei der ersten Gelegenheit die blutige Saat, welche die englische Repressionspolitik da ausgestreut, ebenso blutige Früchte zeitigen. Wer Wind säet, darf sich nicht wundern, wenn er Sturm erntet. Was natürlich dieselben Leute, die heute den Hinrichtungen der„ Verbrecherbande" zujubeln, nicht hindern wird, heuchlerische Thränen zu vergießen, wenn von Seite des irischen Volkes mit ähnlichen Thaten geantwortet wird.
Die gespannte Stimmung, welche in Irland herrscht, geht auch aus der Aufnahme hervor, welche der Brief Leo XIII. an die irischen Bischöfe bei dem noch streng katholischen Volke gefunden hat. Als echter Vertreter der Kirche, der sich stets auf die Seite der Mächtigen zu schlagen gewohnt ist, als„ Mu sterpapft" hat der Unfehlbare von Rom der englischen Regierung, die ja„ Gott sei Dant" noch zahlungsfähig ist, den Liebesdienst erwiesen und den irischen Bischöfen anbefohlen, gegen die irische Nationalliga zu wühlen. So lange die Liga in Irland unangefochten dastand, hielt man in Rom klüglich den Mund, jetzt, da sie verfolgt und gehetzt, der Willkürherrschaft unterworfen, das Wert, für das sie gearbeitet, von Neuem beginnen muß, erfolgt von Rom her der feige Eselsfußtritt. Das Mitgefühl Leo's für das ausgehungerte und geknechtete Volk von Irland war nur Schein, wirkliches Mitgefühl hat das Haupt der christlichen Kirche" nur für die Leiden von Fürsten, deren Thron wackelt, und Ausbeutern, deren Herrlichkeit zu schwinden beginnt. Seien wir aber nicht ungerecht. Die Pfaffen aller übrigen Konfessionen, Protestanten wie griechische Christen, Juden wie Mohamedaner, find um kein Haar beffer. Nun, dieser Brief Leo's ist vom irischen Volk in der einzig richtigen mit Verachtung. Unbekümmert um Weise beantwortet worden ihn fährt dasselbe fort, für die Nationalliga zu wirken, und wie seinerzeit in Italien, steht der niedere Klerus zum Volt, da er sonst seinen Einfluß gänzlich verlieren würde.
Korrespondenzen.
Barmen, im Mai 1883. Ich muß meinen Bericht mit einer Trauernachricht beginnen. Wir haben den Tod von zwei unsrer besten Genossen zu registriren: Wilhelm Fels und Emil Hülle. Bei dem Begräbniß des Ersteren hielt Herr Aler Frank die Grabrede, was aber den Pfaffen und der Polizei ein derartiges Mergerniß bereitete, daß man, als Hülle begraben wurde, eine ansehnliche Polizeimacht aufbot, um die Wiederholung eines so schrecklichen Vorganges zu verhindern. Und dabei hatte Frank nicht einmal als Parteimann, sondern nur als Freund ge sprochen, allerdings, und das war jedenfalls das Schlimme, ohne das Herrgöttlein zu zitiren. Als der Vater des Hülle, ein 70jähriger Greis, am offenen Grabe des Sohnes noch einige Worte sprechen wollte, wurde ihm dies von dem Todtengräber in brutalem Tone untersagt. Unsere Frommen sind in der letzten Zeit überhaupt so zelotisch vorgegangen, daß wir ihnen nächstens einmal gründlich auf die Finger klopfen werden. So z. B. wurde unserm Genossen Winterberg von einem Pfaffen gedroht, man werde ihn aus der Gemeinde ausschließen, wenn er seine Kinder nicht taufen lasse, übrigens eine Maßregel, womit Winterberg sehr einverstanden ist, da ihm die Geschichte dann nichts kostet. Fromme Vereine schließen wie Pilze aus der Erde, und unsre Chriftlich- Sozialen verschreiben sich alle acht Tage einen andern Pfaffen, damit er ihnen die alte Litanei auf's Neue predige: Hütet Euch vor den Sozialdemofraten, Christus und unser Heldenkaiser sind die besten Freunde der Arbeiter." Dabei haben diese Herren stets unter ihren Annoncen stehen: Freie Diskussion"; sobald sich aber ein bekannter Sozialist blicken läßt, zusammengesteckt, und drückt sich schreckliches Entsetzen auf allen Gesichtern aus, die Köpfe werden ,, es sind nur noch schriftliche Interpellationen
zulässig."
Was die Angelegenheit Oppenheimer anbelangt, so läßt uns dieselbe hier ziemlich falt, und wenn nachgewiesen ist, daß er innere Parteiangelegenheiten an die Presse der Gegner verrathen hat, so ist es gut, daß er fort ist. Was aber die Notiz im„ Sozialdemokrat" anbelangt, in welcher gesagt wird, daß von Barmen Elberfelder Genossen Zustimmungsschreiben eingelaufen sind, so erlauben wir uns, zu behaupten, daß dieselben nicht von Parteigenoffen im engeren Sinne herrühren, da für uns die Sache damals noch nicht genug aufgeklärt war, um uns ein Urtheil erlauben zu können.( Es folgt hier eine Polemit gegen die muthmaßlichen Verfasser der uns zugegangenen Zustimmungsschreiben, welche wir im Interesse der sachlichen Diskussion glauben, nicht veröffentlichen zu sollen. Es scheint uns wenigstens zu weit gegangen, wenn denselben antisemitische Motive vorgeworfen werden. Ein Sozialdemokrat, der ein Antisemit ist, ist ein Unding.
Wir hoffen, dem geehrten Einsender Genüge zu leiften, wenn wir die wesentlichsten Behauptungen hier wiedergeben, nämlich die, daß die Zustimmungsschreiben nicht von Genossen herrühren, die sich aktiv an der Bewegung in Barmen Elberfeld betheiligen. Die Red.) Was die hiesigen Parteiverhältnisse anbelangt, so können wir damit zufrieden sein. Das Abonnement auf das Parteiorgan hat sich im Laufe eines halben Jahres verdoppelt und ist in stetem Steigen begriffen, und mit Zuversicht sehen wir der nächsten Wahl entgegen.
Was die hiesige Polizei anbelangt, so ist zu fonstatiren, daß dieselbe iezt etwas weniger brutal ist, wie früher. Die Elberfelder Ohrfeigen haben derselben einen heilsamen Schrecken eingeflößt.
Hier haben sich in der letzten Zeit verschiedene Prozesse abgespielt, welche elektrisches Licht auf die moralische Fäulniß unserer Haute volée werfen. Wir werden gelegentlich im Interesse Buttkammers Genaueres barüber bringen. S. S.
Parteigenossen! Vergeßt der Verfolgten und Gemaßregelten nicht!