literatur fich zur Aufgabe ftellen möge: die Popularifirung der Werke von Marx und Engels ."

Korrespondenzen.

Kalk bei Köln a/ R., Mai 1883. An jedem Ort, wo sich nur Sozialdemokraten finden, die irgend welche Thätigkeit entwickeln, finden sich auch ftets reaktionäre Heißsporne, die es als ihre besondere Auf­gabe betrachten, die Sozialdemokratie und was drum und dran hängt, auf's Niederträchtigste zu bekämpfen. Sie dichten unserer Partei alles Schlechte und Unvernünftige an, während sie vom Gegentheil überzeugt find. Höchft charakteristischer Weise sind diese Gegner aber meist Leute, die dasjenige, was fie uns vorwerfen, selbst en gros betreiben, vor allem das Kapitel der freien Liebe". Einen solchen Gegner erlauben wir uns heute im Sozialdemokrat" festzunageln und den Partei­genoffen hiermit vorzustellen.

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Eduard Maria Schreiner heißt der Biedermann und ist Apotheker in Kalt, Stadtrath, Präsident des Kalter Turnvereins, Bräsident des Katholischen Bürgervereins, Mitglied des Kirchenvor­ftandes, des katholischen Erziehungsvereins, Waisenvater, und Ehren. mitglied des hiesigen Gesangvereins Lorelei" 2c. 2c. Jm letzteren Ber­ein ist er auch Hauptmitglied des Festkomites für die 2. Fahnenweihe, und als solcher hielt er vor Kurzem einen Vortrag über Feftorgani­sation und über Sozialdemokratie. Anlaß dazu war jedenfalls der. Umstand, daß ihm kurz vorher eine Nummer unseres Blattes zugeschickt worden war, in welchem der Artikel über die fromme Bourgeoisie" enthalten war, und fürwahr! beffer war der Artikel nirgends angebracht, als eben bei unserm Herrn Schreiner . Es stimmt dies ja auch mit dem Urtheil des hiesigen Kaplans Krause überein, der die Apotheke des Herrn Schreiner als ein frommes Haus" zu bezeichnen pflegt.

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Was der genannte Herr nun in seinem Vortrage über die Sozial­demokratie zu Tage förderte, waren hauptsächlich die Phrasen, die wir ja täglich von unseren Gegnern in Zeitungen und Vereinen hören, das bekannte, meist von der Bosheit diktirte Lügengewebe.

Besonders verschnupfte es den Herrn Schreiner , daß die Sozialdemo­fraten der frommen Bourgeoisie immer ihre freie Liebe so unmanierlich aufdecken, das ,, entfittliche" die Jugend, die von so etwas fern gehalten werden müßte. Und weiter sprach der Herr noch von Religion, Moral und guter Sitte". Es muß hier noch fonstatirt werden, daß sich Nie­mand im Gesangverein Lorelei fand, der den Muth hatte, den Herrn zurechtzuweisen und gegen ihn aufzutreten.

Nun gehört aber das Kapitel der freien Liebe zu den Hauptpassionen des frommen stadträthlichen Apothekers Schreiner . In seinem frommen Hause" geht es wirklich sehr fromm" her, das muß man sagen. ,, Liebet Euch untereinander", ist die herrschende Devise. Herr Schreiner mit dem Dienstmädchen und seine Frau mit dem Provisor. Wie oft leidet nicht der fromme Mann an Nachtwandeln auf das Schlafzimmer des Kindermädchens! Und einen schlechten Geschmack" hat der Herr Schreiner nicht, er hält nur hübsche Dienstmädchen. Den letzten Att seiner freien Liebe verübte er an dem jezigen Kindermädchen, einer halb aufgeblühten Knospe von 15 Jahren, der Tochter einer armen Wittwe. Die Frau des Herrn Schreiner war verreift, der Herr, von romantischen Frühlings­gefühlen geplagt, zieht sich eines Abends nackt aus und läßt sich von dem jungen Mädchen mit Parfüm einreiben, wobei er sich viel Freies" und Frommes erlaubte und seine Un- genirtheiten mit einer passenden Unterhaltung begleitete. Er sprach dem Mädchen von Nächstenliebe, von Mondscheingefühlen und Geschenken. Nachts überfiel er sie im Bett, und was da geschah, tann man sich denken, obschon das Mädchen nicht mit der Sprache herausrückt. Dieser Attaquen hat Schreiner natürlich mehrere auf das Kind gemacht.

Das ist doch gewiß recht waisenväterlich gehandelt! Zur Ehre des Mädchens sei angeführt, daß es den Dienst verlassen wollte, aber die von der Reise zurückgekehrte Frau Schreiner legte sich in's Mittel, und das Mädchen blieb. Frau Schreiner gönnt eben ihrem Manne die Freude diese Nachsicht beruht eben auf Gegenseitigkeit.

Zur Ergänzung des Vorstehenden verdient noch bemerkt zu werden, daß Herr Schreiner jeden Sonntag Morgen zur Kirche geht, in Bro. zeffionen die Kaplanschleppe trägt und beständig das Wort im Munde führt: Religion muß sein". Selbstredend gehört Herr Schreiner der ultramontanen Partei an, und die 2. Wählerklasse hat sich das besondere Verdienst erworben, ihn in den Stadtrath zu wählen.

Nun sind wir doch gewiß zu der Frage berechtigt, wie nehmen sich im Munde solcher Leute die Worte Moral"," Religion" und gute Sitte" aus? Kann man wohl in solche, fromme Häuser" ein ordent­liches Mädchen vermiethen? Und zuletzt Turnverein und Bürger­verein, wie gefänt Euch Euer Präsident?

An uns, Ihr Parteigenossen von Kalt und Umgegend, liegt es, die Vereine, in denen Herr Schreiner eine Rolle spielt, zu meiden, oder dem Herrn mindestens gehörig auf den Mund zu klopfen.

Der forrnmpirende Einfluß solcher scheinheiligen Biedermänner wird aber nur endgültig beseitigt durch die Revolution mit ehernen Sandalen und wild wehendem Lockenhaar".

Anacharsis Cloots .

Meerane , 24. Mai 1883. 3 um Weberstreit. Ueber den Verlauf der in den hiesigen Webereien erfolgten Arbeitseinstellungen ist vorläufig Folgendes mitzutheilen:

Die am 12. d. M. in der mechanischen Weberei von Straff und Sohn erfolgte Arbeitseinstellung wurde bereits am 16. d. dadurch beendet, daß die von den Arbeitern aufgestellte Forderung einer Lohnerhöhung von 25 Prozent bewilligt wurde; da die gleiche Forderung an sämmtliche Fabritbefizer gestellt, jedoch nur von der Firma Strübel und Müller vollständig, von der Firma Gebr. Schmieder theilweise, von den Firmen C. F. Schmieder u. Cie., sowie L. Thieme u. Cie, gar nicht berücksichtigt wurde, so wurde in beiden letzteren Fabriken am 17. Mai die Arbeit von fämmtlichen Arbeitern eingestellt. Die Firma L. Thieme u. Cie. änderte ihren Lohntarif dahin, daß auf sämmtliche Artikel eine Lohnzulage vou 14-25 Proz. gemacht wurde, wobei bemerkt werden muß, daß die höhere Zulage hauptsächlich auf solche Artikel erfolgte, mit deren Herstellung am wenigsten Stühle beschäftigt wurden. Die Arbeiter erkannten jedoch die Bulage um so weniger an, als die Forderung, Arbeit auf zwei Stühlen ent­sprechend der auf einem Stuhle zu zahlen, welche Einrichtung bereits in anderen Fabriken besteht, nicht berücksichtigt wurde. Doch gelang es den Herren Fabritbefizern, unter Mitwirkung der Polizei(!) wenigstens so viel Arbeiter heranzuziehen, daß die Fabrit in Betrieb ge­setzt werden konnte, welche Manipulation hauptsächlich dadurch gelang, daß auch gleichzeitig einige Arbeiter aus der C. F. Schmieder'schen Fabrik hierbei Verwendung fanden. Dadurch wurde die Organisation der Arbeiter durchbrochen und die Absicht, die Forderung der Arbeiter voll­ständig durchzusetzen, vereitelt.

Die Firm C. F. Schmieder n. Cie. hatte gleichfalls eine Lohn­zulage von 20 Pf. auf glatte und 50 auf tarirte Waare pro Stück be­willigt; die Arbeiter, welche 50 Pf. auf glatte und 75 Pf. auf karirte Waare verlangten, gingen jedoch auf diese Forderung nicht ein; alle bisher geführten Verhandlungen waren vollständig erfolglos, und wurde in gestriger Versammlung durch geheime Abstimmung mit 202 gegen 4 Stimmen die Wiederaufnahme der Ar­beit verworfen und weitere Verhandlungen vorläufig abgebrochen, da die Herren Schmieder bei ihrer Ansicht verharren, sich von den Arbeitern keine Vorschriften" machen zu lassen.

Die Zahl der noch streikenden Arbeiter beträgt zwischen 400 und 500, da gleichzeitig auch sämmtliche mit Neben- und Vorarbeiten beschäftigte Arbeiter zum Streit gezwungen wurden, sowie noch 50-60 gemaßregelte Arbeiter aus der Fabrik von L. Thieme u. Cie. arbeitslos find.

Wir richten daher an alle unsere Kollegen die Bitte, uns in unse rem Bestreben zu unterstützen. Hoffentlich wird unser Hilferuf nicht ungehört verhallen, umſomehr, da doch berücksichtigt werden möchte, daß die Meeraner Arbeiter ftets treu zur Fahne ge= halten haben und durch den seit Jahren fortwährend stockenden Geschäfts­gang und die dadurch bedingten traurigen Erwerbsverhältnisse sich in sehr Der durchschnittliche wöchentliche Verdienst gedrückter Lage befinden. Es werden auch von beträgt taum sechs bis sieben Mart!! unseren hiesigen Kollegen die riesigsten Anstrengungen gemacht, die ftreifenden Arbeiter zu unterstützen, denn davon ist jeder Arbeiter überzeugt, wenn die Streitenden zum Nachgeben gezwungen werden,

ift auf lange Zeit jede Bewegung hier lahm gelegt; deshalb wird auch mit solcher Hartnäckigkeit gekämpft.

Wir möchten daher an Sie das Ersuchen richten, einen Auszug aus Vorstehendem zur Veröffentlichung zu bringen und die Anregung zur Unterstützung von auswärts zu geben, worauf wir hauptsächlich ange­wiesen find, denn es find alle Anzeichen vorhanden, daß die Arbeitsein­ftellung eine sehr langandauernde werden wird, wenn nicht die Arbeiter durch ihre gedrückte Lage zum Nachgeben gezwungen werden.

Etwaige Unterstützungen bitten wir an Restaurateur Herman Böhler, Heinrichstraße, sowie Zuschriften an Friedemann, Albanstraße 30, zu richten.

Mit Gruß und Handschlag!

Das Komite der streikenden Weber.

- 1. Juni. Die Streitangelegenheit steht noch wie vorher. Die Stimmung unter den Arbeitern ist, wenngleich die Noth eine allgemein borherrschende ist, noch dieselbe. Gestern erst fand wieder eine Versamm lung ftatt, in der die Aufrechterhaltung des Streits einstimmig beschloffen wurde. Da nun die Streifenden hauptsächlich auf Unterstützung von auswärts angewiesen find, so bitte ich Sie, werthe Genossen, Ihr Möglichstes thun zu wollen, daß eventuell Gelder sofort auf tele­graphischem Wege hierher gelangen.

Unser Fabrikpascha beabsichtigt, wie mir jetzt gemeldet wird, einen Staatsstreich auszuführen, um die Arbeiter auf irgend eine Art und Weise in die Fabrik zu locken. Ich werde mich jedoch weiter darum bekümmern und Ihnen darüber Bericht erstatten. Wir werden alles Mögliche auf­bieten, dem edlen Bestrebeen entgegenzuwirken, und durch Verbreitung Ihres Flugblattes, sowie durch Ausbezahlung der Unterstützung vom fünftigen Montag an wird auch die Stimmung der Streikenden so ge­hoben werden, daß das Manöver der Fabrikanten keinen Eindruck erzielen wird. Wir hoffen bestimmt, diesmal zu fiegen.

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Briefkasten

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der Redaktion: Freund in Paris : Brief und Kreuzband dankend erhalten. Weiteres gelegentlich brieflich.. Preußischer Landrath, Mecklenburg , München , Planen i./V. u. s. w.: In nächster Nummer.

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Der

der Expedition: 2. F. Peft: ö fl.-, 30 f. Schft. erh. Alte vom Berge: Fr. 35 f. Schft. erh. Gruß von Allen an die Aus­reißer! Nordlicht: Mt. 43,-( Fr. 53,-) à Cto. erh. Bf. erwartet. Alte Tannen: Mt.-, 45 f. Schft. erh. Der alte Rothe: Mt. 1,95 f. Schft. erh. J. P.- Gen. Suhl : Mt. 4,85 d. Ufds. dkd. zugew. R. D.: Mt.-, 60 à Cto. Ab. erh. Maulwurf Gz.: Mt. 71,80 Ab. 2. Qu. u. Schft. erh.- Beilchenstein: M. 100,- à Cto. Ab. 1. Qu. erh. Bfl. Weiteres berichtet. P. Gen. Greiz : Mt. 8,73 d. Ufds. dkd. zugew. Rundmacher: Mt. 120,- à Cto. Ab. 2. Qu. u. Mt. 7, f. Schrft. erh. Stbg. i/ S.: Mt. 1,- Lodernde Flamme: Mt. 2,- pr. Ufd. dkd. verw. f. Porto erh. Weiteres folgt. H. B. Liège: Fr. 9,50 Ab. Mai erh. Anfrage am 26/5. bfl. erledigt. J. G. Lbd: 5. fl. 7,20 f. Schft. erh. Sbg. abgg. 2. H. M. u. 3. 3.: Fr. 1,50 b. 2. Qu. erh. Buffalo: Fr. 1,70 f. Schft. erh. Sdg. am 5/6. abgg. Buffalo: Fr. 8,40 von vier Schafkoppspielern pr. Ufds. dkd. erh. Wgur. Luzern : Fr. 6, Ab. Mai u. Juni erh. Bmr. Mannh.: Fr. 2,- pr. Ufds dtd. erh. P.- Gen. Jehoe: Mt. 14,- pr. Agfd. dkd. erh.- Himmel blau: Werthzeichen wollen Sie vom ersten Bezugsquell requiriren. Wilh. Seckendorf Lawrence: Fr. 10,10( 2 Doll.) pr. Agfd. d. E. dkd. erh. 3. Rtbr: Mt. 6,- Ab. 2. Qu. erh. Adr. geordnet. Ruff. Poft: Fr. 17,75 à Cto. erh. T. Büren: Fr. 1,12 f. Schft. p. N. erh. K. Wh. Kriens : Fr. 3,20 Ab. bis Ende Aug. p. N. erh. P. a. a. a.: Fr.-, 85 f. Bldr. p. N. erh. Ein guter Junge: Mt. 13,50 Ab. 2. Qu. erh. Alles rechtzeitig abgg.- Badener: Mt. 72,35 Ab. 1. Qu. u. Schft. in Baar erh. Mt. 68,80 in Ggrechng. gutgebr. Auszug folgt. P. D. Alrdr.: Fr. 2,50 Ab. 1. Juni bis Ende Aug. erh. Bommer u. Gen. Limeira: Bf. v. 30/4. erh. Weiteres aus 3. W. Walter erw. Ersazlfrg. am 7/6. abges. Auseits herzl. Grüße! Milwaute: Fr.-, 75 f. Schft. erh. Verrina: Bf. v. 3/6. hier. Alles beachtet. K. T- en 3.: Nachr. v. 12/5. am 5/6. hier. J. W. unseres Wissen abgereift. Ab. toftet Fr. 2,50 p. Qu. Sdg. in vorgefchr. Perioden. Liffag. dtsch koftet Jr. 4,80 mit Porto. Engl . Marten oder Posteinzahlg. angenehm. Gruß!+++ himmel--: Mt. 12,- Ab. Sch. u. M. pr. je 2. u. 3. Qu. erh. Wollen sehen. Agft: Mt. 39,- à Eto, ein­getroffen. Züricher in Thalweil: Fr.-, 80 pr. Agfd. dkd. erh. Rother Hans: Mehrbstllg. war durch schriftl. Mißverständniß auf später vorgemerkt. Jetzt geordnet.

Berner. Beiteres bil.

letzten Augenblick Berliner Blätter zugehen, nach denen der Streit durch ein den Arbeitern günstiges Kompromiß beendet sei. Da wir von Mee­ rane selbst keine Nachricht erhalten haben, so vermuthen wir, daß wir es hier mit dem oben avisirten Staatsstreich" zu thun haben. Jeden­falls ersuchen wir unsere Genossen, nicht eher mit den Samm­lungen einzuhalten bis der Streifvon dem Arbeiter­tomite als beendet erklärt wird. Solange daß nicht der Fall, gilt unser hiermit erneuter Ruf: Laßt die Meeraner nicht im Stich!

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- Offenbach Dieburg , 26. Mai. Vorigen Sonntag fand zu Dieburg im Gasthaus zum Ochsen" eine allgemeine Wähler­bersammlung statt, welche sehr zahlreich besucht war und dadurch besonderen Werth erhielt, daß die Parteigenossen aus 10 umliegenden Orten zusammengekommen waren. Genoffe Liebknecht erstattete über seine Thätigkeit als Abgeordneter unseres Kreises den Wählern Bericht und legte in faft 2- stündiger Rede die Verderblichkeit des heutigen Systems flar, dabei gleichzeitig die Mittel angebend, durch welche eine Besserung möglich sei. Leider gestattet es der Raum des Sozialdemokrat" nicht, näher auf den Vortrag einzugehen, doch wollen wir bemerken, daß derselbe allseits mit größter Aufmerksamkeit verfolgt wurde. Unter dem lebhafteften Beifall der Versammlung schloß der Redner seinen Vortrag, der sicher für unsere Sache gute Früchte tragen wird.

Außer in Dieburg hielt Genosse Liebknecht auch noch in Bürgel am Samstag eine äußerst zahreich besuchte Versammlung der Wasser­beschädigten ab, in welcher die Lage derselben besprochen wurde. Ein Komite nahm die eingelaufenen Beschwerden entgegen und erledigte die­selben in entsprechender Weise. Am Sonntag besuchten wir dann noch einige Orte unseres Kreises, in denen wir überall mit großem Enthu fiasmus aufgenommen wurden. So wurde die zweitägige Anwesenheit unseres Vertreters in bester Weise ausgenutzt.

T. v. Main .

Kopenhagen , im Mai 1883. Wie bereits mitgetheilt, ist unter den Zigarrenarbeitern hier ein Streit ausgebrochen, und will ich die Ursachen davon hiermit den deutschen und anderen Kollegen mittheilen.

Die Kopenhagener Bigarrenfabrikanten haben, um dunkle Deckblattfarben zu erzielen, eine eigenthümliche Behandlung des Blatttabats eingeführt, nämlich eine zweite Fermentation( Gährung). Bekanntlich muß aller Tabak, bevor er in den Handel kommt, erst einen Gährungsprozeß durch machen, durch welchen er seine ursprünglich grüne Farbe verliert und eine braune, resp. gelbe Farbe annimmt; da nun die gelbe Farbe nicht beliebt ist, so ist irgend ein Schwindelmeier auf die Idee verfallen, diese hellen Tabake einer zweiten Fermentation zu unterwerfen. Die sehr naß aufgesetzten Tabate werden in einem eigenartig konstruirten Kessel der Einwirkung heißer Wasserdämpfe ausgefeßt, infolgederen sie eine fable, braungraue Färbung annehmen. Jeder Zigarrenarbeiter weiß, welch' schädlichen Einfluß diese Methode auf den Tabak ausübt; bleibt er nur wenige Minuten zu lange im Reffet, so ist er ganz verdorben und fällt beim Aufaffen auseinander; aber selbst wenn die Fermentation gelingt, ist der Tabak mürbe und gehaltlos, so daß die Arbeiter ihre liebe Noth haben, wenn sie aus diesem Schunde eine einigermaßen gute Arbeit her­stellen wollen.

In der Lichtinger'schen Fabrik nun wurde faft nichts anderes als fermentirter Tabat verarbeitet.

Die Preise variiren zwischen 6 und 12 Kronen für Formarbeit, 11 und 15 Kronen für Handarbeit( 1 Krone gleich Mt. 1,12); in Folge des äußerst schlechten Materials und der an sie gestellten Forderungen ge­hörten die dort beschäftigten Arbeiter zu den schlechtest fituirten in unserem Fache.

Anfangs dieses Monats tam der Meister mit einer Sorte Zigarren, für welche früher 10 Kronen bezahlt worden, und erklärte, daß es nur 9 Kronen in Zukunft für dieselben gebe; die hiervon betroffenen Arbeiter weigerten sich indeffen, hierauf einzugehen, und wurden daraufhin ent­lassen. Herr L. befahl nun dem Meister, verheirathete Leute auszusuchen, am liebsten solche, welche viele Kinder hätten, diese würden schon noch arbeiten; der gute Mann hatte indessen die Rechnung ohne den Wirth gemacht. In einer am selben Abend abgehaltenen Versammlung des Tabatarbeiterverbandes Enigheden" wurde beschloffen, daß die Arbeiter der L.'schen Fabrik die Arbeiter niederlegen sollten, falls nicht eine Lohn­erhöhung von 1 Kr. pr. Mille bewilligt würde. Dies unterblieb natürlich, und so legten sämmtliche Arbeiter, einige 70 an der Zahl, die Arbeit nieder.

Falls der Streik teine größeren Dimensionen annimmt, was aber zu befürchten ist, so ist Hoffnung auf einen Sieg vorhanden; indeffen müssen die deutschen Kollegen den Zuzug trengstens fernhalten, da man nicht wiffen kann, was die nächste Zeit bringt.

Mit Gruß!

F. v. K.

Nachdem diese Korrespondenz bereits im Druck gegeben war, ging uns noch vom Vorsitzenden des Cigarrenarbeitervereins Einigkeit, Ge­nosse E. Hyller, direkt eine Zuschrift über den Streit zu, in welcher zum Schluß die Kollegen allerorts ersucht werden, die Strikenden zu unterstützen und Zuzug fernzuhalten! Hyllers Adresse ist: Kopenhagen , Römersgade 22, Stuen.

Warnung.

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Für die streikenden Weber in Meerane ( Sachsen ) find bei uns eingegangen: Vom Allg. Arb.- Verein Olten : Fr. 5, Arb.- Verein Zug: Fr. 10,-; Glaserfachverein Zürich: Fr. 10; vom Dtsch. Verein Winterthur : Fr. 26,75 gesammelt; Dtsch. Soz. Chur: Fr. 7,35 anläßlich einer Diskussion gesammelt; gesammelt bei der gesel ligen Zusammenkunft der Deutschen Vereine Zürich , Horgen , Wädens weil, Grüttliverein Thalweil: Fr. 20,-, was wir hiermit dkd. quittiren.

Rasche Hilfe ist zur fiegreichen Durchführung des Kampfes dringend geboten. Fr. 375,- haben wir bis auf Weiteres am 4/6. telegraphisch zur Auszahlung bringen lassen.

Soeben ist( in Broschürenform) erschienen und durch uns zu beziehen:

Protokoll

des

Kongresses der deutschen Sozialdemokratie

zu Kopenhagen 1883.

Preis: bei Einzelbezug 20 Pfg.( 25 Cts.), bei größeren Bezügen ent sprechender Rabatt. Nur gegen Baarvorauszahlung.

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In zweitet Auflage find erschienen:

Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft . Nebst Anhang: Die Mark.

Von

Friedrich Engels .

Preis:

Bei Einzelbezug für die Schweiz und Ausland: 40 Cts. für Deutschland : 35 Pfge.

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Gegen Baar. Vorauszahlung.

Ferner:

Bei größerem Bezuge entsprechender Rabatt.

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( Spitzelbroschüre).

Die deutsche Geheimpolizei

im

Kampfe mit der Sozialdemokratie.

Akteuftücke und Enthüllungen

auf Grund authentischen Materials zusammengestellt. Nebst einem Anhang: Die Herren Spielfänger.

Preis:

Bei Einzelbezug gegen Baar: 30 Pf.( 35 Cts.) Auf größere Posten bedeutender Rabatt. Weiteres für Deutschland bekannt.

Mucker, Pfaffen- und Königsschwindel.

Zur Naturgeschichte der Volksausbeuter.

( 1. Die fromme Bourgeoiste. 2. Die loyale Bourgeoifte.) Preis bei Maffenbezug nur gegen Baarvorauszahlung: Für die Schweiz per Expl. 2 Cts. franto für Rabatt. Für's Ausland per 2 Expl. 5 Cts. Für Deutschland per Expl. 2 Pfg. Einzeleremplare per Brief 5 Pfg. und 10 Pfg. Porto. Expedition des Sozialdemokrat" Volksbuchhandlung Hottingen 3ürig.

Der Zigarrenfortirer E. Hardt aus Altona , auf dessen Denun ziation hin am 11. Mai 6 Genossen zu verschiedenen Gefängnißstrafen verurtheilt wurden, handelt zweifellos im Auftrage der Polizei, denn selbst auf einen Meineid kommt es ihm vor Gericht nicht an; und trotzdem er wegen Meineid denunzirt ist, befindet er sich noch auf freiem Zürich . Fuß. Ja, noch mehr: dieses von der Polizei honorirte Subjekt ist an einem anderen Orte aufgetaucht und hat sich, nicht ohne Erfolg, den dortigen Parteigenoffen genähert. Ich laffe daher sein Signalement folgen, indem ich verspreche, über den hier stattgehabten Prozeß nächstens einen in ver­schiedener Beziehung ho chinteressanten Bericht einzusenden.

Signalement: Hardt ist etwa 23-24 Jahre alt, mittelgroßer Statur, blaffer Gesichtsfarbe. Im Gebiß fehlt vorne ein Zahn, infolge­dessen H. etwas lispelt. Er spricht ausgeprägten Hamburger Dialekt. Haar ganz hellblond, kurz und struppig. Bart fehlt.

Hardt rühmt vorwiegend seine Geiftesfähigkeiten und spielt sich gerne ale Parteischriftsteller auf.

Bremen , den 29. Mai 1883.

A. Zinnober.

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Samstag, den 9. Juni, Abends 8 Uhr, im Café

Kessler:

Geschlossene

Versammlung der deutschen Sozialisten.

Da sehr wichtige Parteiangelegenheiten zur Verhandlung kommen, sind die Parteigenossen aufgefordert, sämmtlich zu erscheinen.

Der Lokalausschuss der deutschen Sozialisten.

Soweizerische Genossenschaftsbuchdruckerei Hottingen - Zürich .