ist, und das Licht, das ihre Augen suchen! Gesegnet seien deine Waffen, junger Soldat!
Junger Soldat, wohin ziehst du?
Ich ziehe in den Kampf, die Schranken niederzuwerfen, welche die Völker trennen und sie verhindern, sich zu umarmen wie die Söhne Eines Geschlechs, bestimmt, vereint zu leben in Einer Liebe. Gesegnet seien deine Waffen, junger Soldat!
Junger Soldat, wohin ziehst du?
Ich ziehe in den Kampf, zu befreien von der Zwingherrschaft der Menschen den Gedanken, das Wort, das Gewissen! Gesegnet seien deine Waffen, junger Soldat!
Junger Soldat, wohin ziehst du?
Ich ziehe in den Kampf für die ewigen Naturgesetze, für die Gerech tigkeit, die das Recht beschützt, für die Liebe, welche unvermeidliche Uebel mildert! Gesegnet seien deine Waffen, junger Soldat!
Junger Soldat, wohin ziehst du?
Ich ziehe in den Kampf für die Wissenschaft wider die Herrschaft der Unwissenheit, wider die Herrschaft des Aberglaubens. Denn die Wissenschaft ist der einzige Gott und die Erkennt niß ist der Heiland der Welt, der die Menschen erlöst von der Macht des Satans Unwissenheit. Nieder mit der Herrschaft tausendjähriger Lüge und Wahns! Wer da blindlings glaubt, ist Knecht, wer da weiß und denkt, ist frei! Gesegnet seien deine Waffen, junger Soldat!
Junger Soldat, wohin ziehst du?
Ich ziehe in den Kampf für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit! In den Kampf für das wahre Gemeinwohl
Aller!
Besegnet seien deine Waffen, junger Soldat!
Ein Veteran der Arbeit.
Sozialpolitische Rundschau.
Zürich , 27. Juni 1883. Die Wissenschaft muß umkehren!" Das berüchtigte Wort der„ rothen" Manteuffel'schen Reaktion ist im„ neuen deutschen Reiche" Bismarck 'schen Fabritats zum offiziellen Programm erhoben worden. Vorläufig blos für Preußen, indeß der Rest wird schon bald nachfolgen, theils gutwillig, theils sanfter Gewalt nachgebend. Der preußische Kultusminister, Herr Go ßler, hat nämlich soeben in seiner Eigenschaft als Unterrichtsminister( schon bezeichnend diese Zusammentoppelung zweier unvereinbarer Gegensäge: Kultus, d. h. Negation der Wissenschaft, und Unterricht, d. h. Pflege und Verbreitung der Wissenschaft!) hinsichtlich des naturwissenschaftlichen Unterrichts an den höheren Schulen die Bestimmung erlaffen:
,, Die Vermittlung der Bekanntschaft(!!) mit den neuen Hypothesen von Darwin u. 1. w. gehört nicht zu den Aufgaben der Schulen, und ist darum vom Unterricht fern zu halten."
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Mit anderen Worten: Die moderne Naturwissenschaft( denn das ist der richtige Namen für die Goßler'schen Hypothesen von Darwin ") gehört nicht zu den Aufgaben der Schulen und soll der heranwachsenden Jugend ein mit sieben Siegeln verschlossenes Buch sein und bleiben. Wir wüßten nicht, daß jemals ein frecheres Attentat auf die Wissenschaft verübt worden wäre sei es von einer weltlichen, sei es von einer geistlichen Regierung. Oder hat etwa der Papst in seiner Encyclika und seinem Syllabus sich ärger an dem heiligen Geißte der Wissenschaft bersündigt. Trotzdem werden die liberalen Gesinnungsphilifter fortfahren zu behaupten, der preußische Bickelhaubenstaat vertrete in seinen Spiegelfechtereien, alias dem Kulturkampf" mit der römisch- katholischen Kirche , die moderne Wissenschaft.
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Apropos, das Wort„ Kulturkampf" erinnert uns an dessen Urheber, den großen Fortschritts- Wissenschaftler oder Wissenschafts- Fortschrittler Virchow , der seiner Zeit den Darwinismus genau ebenso beurtheilte, wie jetzt der preußische Kultus- und Unterrichtsminister; gleich ihm von unerwiesenen Hypothesen" sprach, und auch für die Fernhaltung dieser " Hypothesen" aus der Schule plaidirte. Der große fortschrittliche Wissenschaftsheld ist also diesmal ein wirklicher Fortschrittsmann gewesen, indem er einige Jahre vor dem preußischen Kultusminister schon zu der Erkenntniß gelangt war, welche diesen zu seinem jüngsten Erlasse begeistert hat.
Nicht blos das Programm der„ rothen" Manteuffel'schen Reaktion ist dur ch Herrn von Goßler verwirklicht worden, sondern auch das Programm
durch die in gerichtlichen Untersuchungs- Verhandlungen konstatirte Thatsache, daß der Verein, bezw. Mitglieder desselben der Verbreitung des gehäffigen Flugblattes:" Tagelöhne der europäischen Fürsten" Vorschub geleistet haben, als erwiesen erachtet werden mußte, daß die im§ 1 Abs. 2 des zit. Gesetzes charakterisirten Bestrebungen in einer die Eintracht der Bevölkerungsklassen gefährdenden Weise in dem Verein zu Tage treten."
Da nun die letzten beiden angeführten Gründe rein erlogen sind und nicht das mindeste Beweismoment dafür vorliegt, so hat der Vorstand des Vereins, um gleichzeitig der Reichskommission ein wenig die Zeit zu vertreiben, Beschwerde erhoben, denn wofür bekommt diese Weißgeburt ihre Tausende von Mark jährlich? Man dente nur, wie schrecklich! So ein schöner Verein wie der hiesige Sachsenverein mit seinen patriotischen Grundsätzen, ein Sachsenverein, wo man tein freisinniges Wort sprach, teinen Sozialdemokraten aufkommen ließ, dieser Verein, der Könige und Fürsten zu Mitgliedern hatte, dieser schöne Verein ist auf Grund des Sozialistengesetzes aufgelöst worden! So schreien die Philifter, wir aber sagen: So muß es kommen!
Gegen einen landsmännischen Verein, wie es deren so manche gibt, hätte kein Mensch etwas gehabt, aber dieser Verein war nichts anderes als das Tummelfeld einer Klique, die jeden ihrer Landsleute, der nur eine freifinnige Miene machte, am liebsten verbrannt hätte. Und bedenkt man obendrein, von welchem Kaliber die sauberen Burschen waren, die den Elberfelder Verein repräsentirten, so wird Jeder mit uns übereinstimmen, daß unsere hier lebenden sächsischen Freunde einen Triumpf erzielt haben, auf den sie stolz sein können. Sie haben die Ehre des sächsischen Namens gerettet, indem sie dem grünweißen Symbol partikularistischer Beschränktheit gegenüber das völkerbrüdernde Roth aufpflanzten. Namentlich Ihr, Genoffen in Sachsen , könnt mit dem Vorgehen Eurer hiesigen Landsleute zufrieden sein!
Wir können diesen Bericht nicht schließen, ohne nicht auch des traurigen Subjektes zu gedenken, welches in der Affäre die Rolle des Denunzianten spielte. Dieser Lump heißt Carl Trötschel, eine Kreatur allerniedrigster Sorte, welche das Zuchthaus schon öfter mit dem Aermel gestreift und schon so und so viele kleine Gewerbtreibende an den Bettel tab gebracht hat. Seine Eigenschaft als Präses des patriotischen Vereins benutzte dieser Lump dazu, sich überall Kredit zu verschaffen; er borgte, wo er nur fonnte, natürlich aus lauter Patriotismus. Er lebte flott darauf los, feine Gläubiger aber hatten das Nachsehen, denn von diesem Lump ist teiu Heller einzutreiben. Die erschwindelten Gelder belaufen sich auf viele tausend Mart.
Trötschel nun war es, der mit der Polizei in intimem Verkehr stand und unsere Genossen denunzirte. Wir empfehlen ihn daher allen hiesigen Genoffen zur geneigtesten Beachtung. Es wäre über ihn noch viel zu schreiben, doch halten wir den Raum unseres Parteiorgans für viel zu tofibar, um ihn für ein derartiges Subjekt mehr als unbedingt geboten in Anspruch zu nehmen. Elberfeld , 1. Juni.
Mit sozialistischem Gruß!
Du.
des Herrn Virchow. Herr Virchow mag sich zu seinem Erfolg Glück wünschen!
Wir find übrigens weit entfernt, das Goßler'sche Attentat auf die Wissenschaft auffallend, oder gar unlogisch zu finden. Herr von Goßler hat ganz recht: die Wissenschaft gehört nicht zu den Aufgaben der Schule" die Wissenschaft befreit, und die Schule der Herren Goßler und Konsorten soll Bedienten, soll Sklaven erziegen. Erziehen? Nein! Dressiren ist der einzig passende Ausdruck.
- Der Gott der Frommen. Im„ chriftlich sozialen Korrespondenzblatt" finden wir in einem gegen die Genußsucht unserer Zeit gerichteten Artikel über den Mordfall Sobbe- Kofsäth folgenden schönen Sat:
,, Ernst Sobbe ist ähnlicher Weise zum Mörder geworden und hat sein Verbrechen mit dem eigenen Leben bezahlt; er ist reumüthig gestorben und Gott wird ihm, das hoffen wir, gnädig sein; uns Menschen steht ein weiteres Gericht über ihn nicht zu, uns ziemt es vielmehr angesichts solch tieftrauriger Vorkommnisse an die eigene Brust zu fassen, heilsame Lehren und ernste Entschlüsse für unser eigenes ferneres Leben daraus zu ziehen. Wir schließen mit den Worten des Hofpredigers Stöcker bei Gelegenheit seines ergreifenden Vortrags über den Prozeß Conrad: Wenn ein solcher Prozeß wie ein Ungewitter dahin und wie ein Blizz in die Gewissen fährt und sie erschüttert, dann kann er auch sein Gutes haben: Gott will die schlafenden Gewissen wecken, daß sie zur Ertenntniß der Schäden unserer Zeit und zum Heilswege gelangen!" Also um die schlafenden Gewissen zu wecken, veranlaßt der Gott des Herrn Stöcker einen brutalen Mord, läßt er einen armen Familienvater wie den Briefträger Kosfäth hiumorden! Nicht Sobbe ist der Mörder, sondern der Gott des Herrn Stöcker, und ein Mörder aus reinem Uebermuth, denn ihm, der doch allmächtig sein soll, stehen ja tausend andere Mittel zur Verfügung, die Gewissen zu wecken". Welch' ein ungerechter und niederträchtiger Gott!
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Wenn wir zu den Gläubigen gehörten, wir würden mit Entrüftung gegen den Stöcker'schen Erguß protestiren er enthält die denkbar größte Gotteslästerung.
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der gute
Der Kleine" über Leipzig verlängert! Unser Leipziger Korrespondent schreibt uns unterm 25. Juni: Da das Suchen nach Gründen zur Verlängerung des„ Kleinen" sich frucht- und hoffnungslos erwies, haben unsere zuständigen Behörden" das gethan, was sie auch ohne das Suchen hätten thun können; sie haben den„ Kleinen" verlängert. Oder vom Bundesrath verlängern lassen. Es läuft ja auf Eins hinaus, denn die Zustimmung des Bundesrathes stand von vornherein fest, und, wie bei früheren Gelegenheiten, bestanden die betreffenden „ Verhandlungen" jener ehrsamen, den deutschen Bundestag seligen Andenkens durch Servilität, Reaktionseifer und Impotenz in Schatten stellenden Gesellschaft, in einfachem Jasagen oder Kopfnicen. Der schriftliche Antrag wurde von Herrn Noftiz- Wallwitz, unserm biedern Minister des Innern, persönlich eingebracht, Mann hatte sich zur Erfüllung dieser patriotischen und staatsmännischen Pflicht extra nach Berlin begeben und mit wenigen, bei der Aufregung des Redners halb unverständlichen Worten ,, motivirt". Der biedere Gesellschaftsretter und Apostel des praktischen Christenthums hat nämlich das„ ,, rothe Gespenst" und den Dynamit- Teufel so oft an die Wand gemalt, daß er schließlich selber daran zu glauben beginnt und sich vor Angst nicht mehr zu helfen weiß. Seine Nervosität hat ihn zu allerhand Aeußerungen veranlaßt, welche das von den loyal- partitularistischen„ Dresdener Nachrichten" tolportirte, seitdem aber offiziös, jedoch sehr schwächlich dementirte Gerücht, er wolle seine Demisst on einreichen, erzeugt haben. zu der Nervosität des hohen Herrn hat wohl auch der fatale Umstand beigetragen, das der sächsische Landtag jezt bald zusammentrittt( in etwa drei Monaten), und dann vor den Vertretern der Sozialdemokratie, Auge in Auge, Rechenschaft abgelegt werden muß. Wie man sich erinnern wird, ist Herr von Nostiz- Wallwig im Reichstag allen unbequemen Kollisionen mit den bösen Sozialdemokraten sorgfältig aus dem Wege gegangen. Bei Gelegenheit der Belagerungszustands- Debatte griff er zu der billigen Ausrede, er diskutire nicht mit Revolutionären; bei der Debatte über den Antrag auf Abschaffung sämmtlicher Ausnahmegesetze glänzte er durch Abwesenheit; und bei den Debatten über die sächsischen Wahlskandale schickte er erst seinen unglücklichen Vetter ( gleichen Namens) ins Feuer, und ließ, als dieser die Kourage verlor, die so schwer angeklagte sächsische Regierung zuletzt ganz ohne Vertheidigung. Nun in dem Landtage wird er mit den„ Revolutionären " doch diskutiren müssen; und es sei ihm hiermit im Voraus ein ehrliches Profit Mahlzeit! zugerufen.
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Sie thut teine Wunder. Sie thut Wunder. Sie thut keine Wunder. Ich meine die Polizei. Sie hat mich wirklich in Verlegenheit gebracht, und ich stehe fast da wie Gretchen mit der Gänseblume. Sie thut teine Wunder, sagte ich in meinem vorigen Brief; und heut muß ich weiter zählen: Sie thut Wunder! Das Unerwartete, das Wunderbare ist geschehen der, zur Strafe dafür, daß er unschuldig war, ausgewiesene Geschäftsmann" bat die Erlaubniß zur Rückkehr nach Leipzig erhalten. Die Herren von der Polizei sagten sich offenbar, da es mit den Gründen" doch nichts sei, und der Bundesrath den ,, Kleinen" auch ohne Grinde toulant verlängern werde( die Rückkehr wurde schon vor dem 21. erlaubt), könne sie zur Abwechslung einmal anständig sein, fintematen das Geschäft dadurch nicht geschädigt wird. Immerhin muß dieses Polizeiwunder in den Kalender geschrieben werden. Aber schnell! denn nächste Woche hat das Wunder vielleicht wieder aufgehört.
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,, Armuth ist teine Schande", heißt es zwar im Sprichwort, im Leben aber ist Armuth mehr als eine Schande, sie ist ein Verbrechen. Gleich dem Verbrecher erklärt die heutige Gesellschaft den Armen, und wenn er noch so fleißig ist, für politisch rechtlos, für einen Staatsbürger zweiter Klasse. Aus Meerane bringt die Münchener Gerichtszeitung" folgenden Bericht, der als ein Brandmal unserer Zeit verewigt zu werden verdient:
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„ Herr Bürgermeister Beutler soll nun zwar geäußert haben, angesichts der konstatirten niedrigen Lohnfäge in der Fabrik des Herrn Kommerzienrath Ost w alt, daß es ein wahres Wunder sei, wenn dabei diese Arbeiter pünktlich ihre Steuern zahlten, aber doch sind seit dem Tage, da diese Aeußerung geschehen sein tönnte, armen Vätern zahlreicher Familien wieder mehrfach Mahnungen durch die Schutzmaunschaft zugestellt worden, nachstehenden Inhaltes:
,, An den Weber N. N. hier Nachdem die bei Ihnen wegen rückstständigen Schulgeldes pro 1882/83 vorgenommene Zwangsvollstreckung erfolglos gewesen ist, hat der unterzeichnete Stadtrath beschlossen, Sie der Armenordnung zu unterstellen, und werden Sie daher in Gemäßheit von§ 61-70 der Armenordnung vom 22. Oktober 1840 solange als Almosen empfänger behandelt, als Sie das restirende Schulgeld nicht bezahlt haben. Infolge dessen wird Ihnen insbesondere der mit Aufwand verbundene Besuch öffentlicher Vergnügungsorte, worunter Restaurationen und Schankwirthschaften sonstiger Art zu rechnen sind, hiermit untersagt und haben Sie, wenn Sie in vorgedachten Lokalen betroffen werden, Wegweisung durch die Polizeimannschaft und eventuell Haftstrafe bis zu 14 Tagen zu gewärtigen, während Sie überdies von den bürgerlichen und Gemeindeehrenrechten, sowie von der Stimmberechtigung bei
Wahlen ausgeschlossen sind und der Aufsicht der Armenbehörde unterstehen. Gleichzeitig sei bemerkt, daß die Schutzmannschaft zur Ausführung dieser Maßregel mit entsprechender Anweisung versehen worden ist. Meerane , am 4. Juni 1883.
Der Stadtrath Dr. Körner."
Ein Schurke, der Tausende von Familien ins Elend gestürzt hat, wird nicht schimpflicher behandelt als diese fleißigen Schöpfer aller Werthe, deren einziges Verbrechen darin besteht, arm zu sein. Aller Wahlrechte beraubt! Und Ihr verlangt von ihnen, daß sie von der Gesetzgebung Erfüllung ihrer Bestrebungen erwarten sollen? O, Ihr schamlosen Heuchler!
Ein staatsgefährlicher Vortrag. Vergangene Woche sollte Genosse Liebknecht in Halberstadt auf Einladung des dortigen Vereins für Volksbildung einen unpolitischen" Vortrag halten, und zwar über Hygiene, d. h. Gesundheitslehre. Wohlan, dieser Vortrag wurde von der Polizei verboten, und den Vorstehern jenes Vereins gesagt, die Vereinsversammlung würde, falls Liebknecht in derselben das Wort ergreife, sofort aufgelöst werden. Auf Befragen wurde mitgetheilt, es sei eine Regierungsverordnung eingelaufen, welche bestimme, daß Vorträge sozialdemokratischer Reichstagsabgeordneten, gleich viel über welches Thema, nicht zu geftatten seien. Hiermit steht es freilich nicht recht im Einklang, daß zwei Reichstagsabgeordnete vor wenigen Wochen in demselben Verein unbeanstandet Vorträge gehalten haben, indeß darf man von der preußischen Polizei gewiß Alles, nur keine Logik erwarten. Jedenfalls hat dieses Verbot eines Vortrags über Gesundheitslehre eine kulturhistorische Bedeutung. Es erinnert an jenes berühmte Dekret der spanischen Inquisition, welches den Versuch, durch Beseitigung des Schmutzes, und andere hygienische Maßregeln den Epidemien zu steuern und den öffentlichen Gesundheitszustand zu heben, für gottlos und gotteslästerlich erklärte denn der Mensch greife durch solches Beginnen in das Amt des allmächtigen und allweisen Herrgotts ein, der selber Alles zum Besten lenke. Wer den Schmuz nicht als Theil der göttlichen Weltordnung verehrte und konservirte, wurde kraft dieses Dekrets vor das Inquisitionsgericht gestellt und zu langen Kerkerstrafen, mitunter zum Feuertod verdammt. Einen Gotteslästerer verbrennen, war nämlich kein Eingriff in die Befugnisse Gottes, obwohl dieser in seiner Allmacht das Verbrennen sehr wohl selber besorgen konnte, falls er Luft dazu hatte. Die preußische Regierung verbrennt nun zwar nicht den Frevler, der sich unterfängt, durch Anwendung der Wissenschaft auf die Körperpflege dem lieben Gott in's Handwerk pfuschen zu wollen, aber sie verschließt ihm gewaltsam den Mund. Und sie hat von ihrem Standpunkt aus Recht in einem gesunden Körper wohnt bekanntlich, wie das die alten Lateiner schon wußten, ein gesunder Geist, und Menschen mit gesundem Geist kann der Polizei-, Militär- und Junkerstaat nicht brauchen. Sie würden ihm rasch den Garaus machen. Er befindet sich also der Gesundheitslehre gegenüber im Stande der Nothwehr, und folgt, indem er einen Vortrag über Hygiene verbietet, nur dem Selbsterhaltungstriebe.
- Der Adel im Militär. Man schreibt uns: Vor einiger Zeit erschien im Buchhandel eine Broschüre, betitelt Kontra Richter und Genossen", welche die im deutschen Reichstag erfolgten Angriffe wider die deutsche Heeresverwaltung zu widerlegen suchte. In dieser Schrift hieß es unter Anderem, daß der Adel in der Armee keine Vortheile genieße und den unadeligen Offizieren dieselben Avancements- Aussichten zu Theil würden wie seinen adligen Kameraden.
Interessant dürfte daher dem Leser eine auf Grund der„ Rang- und Quartierlifte der preußischen Armee pro 1883" angestellte Statistik sein, welche die Verhältnisse von adligen und nichtadligen Offizieren in den verschiedenen Chargen beleuchtet, und gleichzeitig den aristokratischen Broschürenmacher Lügen straft.
Die preußischen Infanterie Regimenter und JägerBataillone zählen 6491 attive Hauptleute und Lieutenants; von diesen find 3148 adlig und 3343 nicht von Adel. Hier überwiegt das unadlige Element das adlige*), doch bald gestaltet es sich anders.
Von 648 Majors der Infanterie sind 377 adlig, 271 unadlig. Von 171 Oberstlieutenants der Infanterie find 105 adlig und 66 unadlig.
Von 174 Obersten von der Infanterie find 129 adlig und 45 unadlig. Bon 127 Generalmajoren( aller Waffen) find 80 adlig und 4 unVon 25 Generalen der Infanterie resp. der Kavallerie find alle von Adel.
adlig.
Ein adliger Offizier hat also 20 mal so viel Chance Divisionstommandeur, nämlich General - Lieutenant zu werden, als die unadligen Offiziere. Thatsachen, die nur in der preußischen Armee, oder beffer gesagt, bei der Leibwache des Königs von Preußen möglich sind."
Den Söhnen des Proletariats ist diese Karriere bekanntlich überhaupt verschlossen, sie bringen es im günstigsten Falle bis zum Feldwebel mit Zivilversorgung als Bahnhofsportier. Sei's drum, so tragen sie sich wenigstens nicht mit Jllusionen vom Marschallsstab im Tornister".
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Zur Lohubewegung in Deutschland . Ueber den Nürn berger Schreinerstreit schreibt man uns: Unsere Forderung ift: 10ftündige Arbeitszeit, 20 Proz. Lohnerhöhung. Abschaffung der Sonntagsarbeit und der Ueberstunden. Einige Prinzipale haben bereits bewilligt, andere bieten 10 Proz. Lohnerhöhung, die Mehrzahl aber will von gar nichts wiffen. Die Haltung der Kollegen ist eine entschloffene, doch mangelt es leider sehr an Geld zur Unterstützung der Feiernden. Unterstützung ist daher dringend erwünscht und Zuzug unbedingt fernzuhalten. Sendungen zc. find an A. Schubert, Kräh'sche Wirthschaft, Schlotfegergaffe 14 in Nürnberg , zu richten. Aus Großenhain ( Sachsen ) wird berichtet, daß die dortige Lohnbewegung der Weber und Weberinnen mit Durchsetzung einer siebenprozentigen Lohnerhöhung ihren vorläufigen Abschluß erreicht hat. In Chemniz ist der Streit der Arbeiter der Aktienspinnerei( faft ausschließlich weibliche Arbeiter!) leider zu Ungunsten der Streifenden entschieden. Ein Theil derselben hatte sich durch kleinere Konzessionen verleiten lassen, die Arbeit wieder aufzunehmen, und führten dadurch die Niederlage der Gesammtheit herbei. Wie die Polizei des heutigen Klassenstaates sich den Aroeitern selbst im reinfökonomischen Kampf auf Schritt und Tritt hindernd in den Weg stellt, hat sich beim Mee raner Streit wieder recht deutlich gezeigt. Selbst der bürgerliche ,, Glauchauer Beobachter" konstatirt, daß die Streitbewegung " unter dem Schutze der Polizei lahm gelegt" wurde. Die Berliner Zimmerer haben die Einberufung eines Handwertertages der deutschen Zimmerleute in die Hand genommen. Glück auf!
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Wen man in Preußen begnadigt. Den beiden Berliner Schutzleuten, die am Abend des 27. Ottober 1881 den liberalen Lehrer Voßköhler in brutalfter Weise mißhandelten, ist vom„ milden" Kaiser Wilhelm der Rest der Strafe in Gnaden erlassen worden. In der Aera der Beamten- Uebergriffe doppelt charakteristisch.
Natürlich wird dieser Fußtritt die biederen Liberalen, die Fortschrittler, nicht hindern, nach wie vor monarchischer zu sein als der Monarch selber, und zu schreien: Wir wollen von den Hohenzollern regiert werden!
Nun, Jeder wird behandelt, wie er's verdient.
*) weil nämlich die Söhne des Adels" hier nicht ausreichen.