frachten die Masseneinfuhr fremden Getreides sehr wesentlich erleichtern würden."

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Zu dieser ehrenwerthen Gruppe, der billiges Brod ein Greuel vor dem Herrn ist, gehören außer den Magnaten der östlichen Provinzen, die selbstverständlich dem Westen nichts gönnen, u. A. der Herzog von Troy, Befizer der Herrschaft Dülmen 3 im Kreis Cösfeld  , Weftphalen, der Vertreter des Grafenverbandes der Rheinprovinz   Graf Hompesch, der Vertreter des alten und befestigten Grundbesizes im Münsterlande, Freiherr von Landsberg- Steinfurt  , der Erbmarschall des Fürstenthums Münster Graf von Merpeldt, der Vertreter des alten befestigten Grundbesitzes von Ober- Berg und Ober- Jülich  Graf von Nesselrode  ; der Fürst Salm- Reifferscheid auf Schloß Did im Kreise Grevenbroich  , Rheinproving; der Fürst Solms- Braunfels und der Fürst Solms- Hohensolms­Lich, beide im Kreise Wetzlar   angesessen; und im Abgeordnetenhause der westphälische ,, Bauernvater" denn ,, Bauern" find die edlen Herren ja alle, wenn es sich ums Profitmachen handelt von Schor lemer. Alst. Alles, wie man sieht, Männer vom höchsten Adel, und adlig, untadlig, sagt irgend ein Baron in irgend einer Operette des frivolen" Offenbach  . Und die untadeligen Herren mitsammt der Gruppe Stumm brachten die Regierungsvorlage, welche im Abgeordnetenhause mit mehr als Zweidrittel- Majorität angenommen war, zu Falle. Darob große tugendhafte Entrüftung bei allen Freunden des Projektes, von Windthorst- Meppen  *), der seinem verehrten Freunde" Schorlemer im Ab­geordnetenhause vorgeworfen hatte, daß er seine Einwände gleich einer hu! Dynamitpatrone in die Debatte geworfen habe, bis zum praktisch gewordenen Demokraten Sonnemann. Die Frankfurter Zeitung  " empfiehlt daher zur Durchdrückung der Kanalvorlage im Herren­haus eines der infamsten Mittel des torrupten Parlamentarismus einen Pairs schub, indem sie ihr demokratisches Gewissen oder das ihrer Leser mit der Erklärung entschuldigt, daß das Land in den Herren" nicht seine Vertreter sieht." Fürwahr, eine billige Ausflucht! Natürlich, die Frankfurter Zeitung  " hat nur ein ideelles Interesse am Zustande­

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tommen des Kanals.

Aber ist es nicht ein föstliches Bild: die jüdisch- manchesterliche" " Frankfurter Zeitung  " mit dem antisemitischen Deutschen Tageblatt" Hand in Hand wider den König Stumm und Schorlemer- Alft"! So aber ift's gerade recht. Je mehr sich diese verschiedenen Elemente der feudalen und Bürgermasse an einander abarbeiten, krakehlen, auffressen, um so wirksamer bereiten sie den Boden für uns.

Wie der Bourgeoisstaat die Ausbeutung be­treibt und dem Massenmord Vorschub leistet. Aus Mannheim  , der industriellen Hauptstadt des liberalen Musterstaates Baden, erhielt die Frankfurter Zeitung  " fürzlich folgende Buschrift: " Vor einigen Tagen brachte die Neue Badische Landes 3tg." eine Mittheilung, wonach die sämmtlichen Weichensteller am hiesigen Güter- und Personenbahnhofe eine Eingabe an die großherzogl. Generals direktion der badischen Staatsbahnen gerichtet hätten, um Gewährung einer durchaus gerechtfertigten, und im Interesse der Betriebssicherheit auch gebotenen Diensterleichterung. Aus dieser Mittheilung ging hervor, daß diese Beamten jeden Tag 12 Stunden Dienst haben und zwar fieben Tage hintereinander Nachtdienst und dann wieder Sieben Tage Tagesdienst. Die höchst bescheidenen Wünsche der Weichen­steller gehen nun dahin, diesen Wechsel alle halbe Wochen eintreten zu lassen, da sieben Nachtdienste hintereinander zu anstrengend seien. Auf diesen vernünftigen Vorschlag der erwähnten Unterbeamten, welcher An­fangs Februar nach Karlsruhe   gerichtet war, hat sich die groß­herzogliche Generaldirektion bis heute( Ende Juni!) noch nicht gemüffigt gesehen, auch nur einen Bescheid zu ertheilen. Da man am grünen Tisch in Karlsruhe   keinen Nachtdienst kennt, hält man wahrscheinlich dieses Gesuch für bedeutungslos. Wir find nun heute in der Lage, über die Dienstleistungen dieser Weichensteller noch einige Details mittheilen zu können. Wenn sich ein solcher Beamter einmal ausnahmsweise einen freien Tag erbittet, wird ihm dieser in der Regel gewährt, dafür muß er aber für einen Stellvertreter 2 Mt. 40 Pf. bezahlen, während sein eigener Taglohn uur 1 Mt. 70 Pf. beträgt.(!) " Ferner ist den Weichenstellern bei Strafe verboten, in ihrer freien Zeit sich durch Nebenarbeiten etwas zu verdienen, da dies ihre Kräfte für den Nachtdienst zu sehr schwächen würde. Es ist gegen diese Bestimmung eigentlich nichts einzuwenden; die Ver­waltung selbst scheut sich aber nicht, einen Theil der freien Zeit dieser Leute für sich ohne Bezahlung in Anspruch zu nehmen. Einige Mal im Monat ist nämlich Feuerwehrprobe und dann müssen die am Tage dienstfreien Weichensteller einige Stunden früher zum Nachtdienst erscheinen, um ihre Kollegen behufs Theilnahme an diesen Proben abzu­lösen; ferner müssen die am Tage dienfifreien Weichensteller 2-3 Mal im Monat Nachmittags einige Stunden zur Instruktion und hierfür eben­falls einen Theil ihrer zur Ruhe bestimmten Zeit opfern. Daß die letztere den Weichenstellern nicht zu reichlich zugemessen ist, unterliegt bei unserem Sparsystem wohl keinem Zweifel, deshalb sollte man dieselbe aber auch nicht im Mindesten kürzen und vor allem aber einem Gesuch willfahren, welches nicht die geringsten Mehrausgaben oder die Anftel­lung eines größeren Personals bedingt und dem bis jetzt wie nicht anders anzunehmen ist nur aus Gleichgültigkeit nicht näher getreten ist." Warum sollte man in Karlsruhe   auch nicht gleichgültig sein, handelt es sich doch nur um Proletarier! Und wenn einmal infolge der Ueber­müdung dieser Beamten ein kleines Malheur" passirt, wobei so ein paar hundert Menschen verunglücken, nun einen Sündenbock findet man immer. Beweis: Die Hugstettener Affäre!

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Ein netter, Parteiführer", dieser Bennigsen! Er hat jetzt die Gründe seines Rücktrittes" erklärt, und worin bestehen sie? Fürst Bismard sucht die Stellung der Parlamente systematisch herabzu­drücken, und die Gegensätze sind dadurch so scharf zugespitzt, daß für ihn, den versöhnlichen und ausgleichenden" Kompromißmann, der Boden zu heiß geworden ist. Mit anderen Worten: es gilt zu kämpfen, das politische Jdeal" des Herrn von Bennigsen, die parlamentarische Regierung gegen die Angriffe des Fürsten   Bismarck zu vertheidigen, und das paßt diesem politischen Weichthier nicht, das seiner ganzen politischen Veranlagung" nach sich vor dem Kampfe fürchtet, und da räumt es feige das Feld! Und Das nannte sich Parteiführer"! Wir glauben, daß die Geschichte der Parteien kein zweites Beispiel ähnlicher Jämmer­lichkeit aufzuweisen hat. Herr v. Bennigsen war aber der würdige Ber­treter der liberalen" deutschen   Bourgeoisie und ist es noch!

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Die Boltspartei" hat wahrhaftig eine Zukunft. Sie besitzt nicht blos in der Person Sonnemann's ein Finanzgenie, in der Person Payer's einen Staatsmann fie hat sich jetzt auch einen r- tyrer zugelegt. Da tann's ihr doch sicher nicht fehlen. Mit der Mär­tyrerschaft des Märtyrers hat's freilich eine etwas eigenthümliche Be­wandtniß, ähnlich wie mit dem Finanzgenie Sonnemann's und der Staatsmännischkeit Payer's, indeß man darf derlei Dinge nicht mit allzu tritischen Augen betrachten, und wenn die ,,   Volkspartei" mit dem Märtyrerthum ihres ,, Märtyrers" zufrieden ist, so haben wir keinen Grund, unzufrieden zu sein. Der Märtyrer ist der bekannte Publizist und Aesthetiker Ludwig   Pfau ein Mann, vor dem persönlich wir übrigens die größte Achtung haben und der auch zu viel Humor hat, um sein Märtyrerthum tragisch zu nehmen. Ludwig   Pfau, der eine

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*) Der Kreis   Meppen erwartet von dem Kanal großen Vortheil, Herr von Schorlemer fürchtet von ihm billiges Getreide, was Wunder, daß sich die frommen Söhne der heiligen Kirche darob sehr unchriftlich in die Haare gerathen. O, über unser verjudetes Zeitalter!

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scharfe Feder führt, kam aus dem einen oder anderen Anlaß mit irgend einem Reaktionär hintereinander, wurde von diesem wegen ,, Beleidigung" verklagt, und hat vom Gericht 4 Wochen in Buchstaben vier Wochen Gefängniß ,, aufgebrannt" bekommen, die er, da das Urtheil in den höheren Jnstanzen bestätigt worden ist, dem nächst, abfißen" muß. Darob ohrenzerreißendes Zetergeschrei im volkspar teilichen Lager. Die Freiheit im Allgemeinen und die Preßfreiheit im Besonderen ist unterdrückt, das Vaterland in Gefahr! Alles von wegen der vier Wochen Gefängniß. Daß innerhalb der letzten anderthalb Jahrzehnte um nicht weiter zu­rückzugreifen Hunderte von Staatsbürgern mit nicht mehr und nicht weniger Recht zu weit höheren Strafen verurtheilt, daß Hunderttausende von Staatsbürgern durch ein infames Ausnahmegesez in die Acht er­klärt und der schrankenlosen Polizeiwillkür überliefert worden find das find Dinge, von denen die Herren Volksparteiler keine Ahnung zu haben scheinen. Die Jahrhunderte Gefängniß und Zuchthaus, die über Sozialdemokraten verhängt worden sind, existiren für diese politischen Rip van Winkle's nicht, welche die beispiellosen Verfol­gungen der Aera Bismarck gemüthlich verschlafen haben und nun plötz lich durch einen Mückenstich auf die eigene volksparteiliche Nase zu der Erkenntniß gelangt sind, daß Freiheit und Vaterland in Gefahr. Freiheit und Vaterland in Gefahr durch die vier Wochen, welche Pfau ,, abbrummen" soll! Um keine Wolle ist noch so viel Geschrei gemacht worden, wie um diese vier Wochen. Die Zahl der Beileidsadressen geht in die Hunderte; feierliche Deputationen haben dem Märtyrer" für den Heroismus gedankt, mit welchem er sich die vier Wochen hat ,, auf­brennen" lassen, und dieser Tage fand zu Ehren des Märtyrers in  Stuttgart ein großes Bankett statt, dem der Beobachter"( ,, Moniteur" der Volkspartei) einen langen, durch zwei Nummern hindurchgehenden Artikel widmet, und das wenn den HH. Volksparteilern zu glauben ist für die deutsche, oder mindestens die schwäbische ,, Verfassungs. geschichte" eine ähnliche Rolle spielen wird, wie weiland die Reform­bantette von 1847 und 1848 in   Frankreich. Die Blüthe der Volts. partei war versammelt, es regnete Reden, Toaste, Gedichte auch der Parteistaatsmann hielt eine staatsmännische Rede, die in einem Pane­gyritus auf Schwurgerichte für Preßvergehen gipfelte. Was sonst noch Alles auf diesem denkwürdigen Bankett sich ereignete, das findet der Leser, falls er Luft hat, darnach zu suchen, in dem ,, Beobachter". Einstweilen, und in Erwartung des epochalen Umschwungs, der uns in Folge dieser volksparteilichen ,, That" bevorsteht, möchten wir nur einige bescheidene Zweifel in Puntto der Schwurgerichts- Panacee äußern. Für die Herren Volksparteiler, die ja zu den bürgerlichen Parteien, oder richtiger zu der Partei des Bürgerthums, der Bourgeoisie gehören, mag es von Vortheil sein, wenn sie bei Preß- und überhaupt politischen Prozessen bürgerliche Geschworne zu Richtern haben. Keine Krähe hackt der an­dern die Augen aus. Wer aber nicht das Glück hat, der Bourgeofie und der Partei des Bürgerthums anzugehören, der muß ein sehr großer Optimist fein und sehr wenig Erfahrung und zeitgeschichtliche Kenntnisse haben, wenn er bürgerliche Geschworne Berufsrichtern vorzieht. Die schwurgerichtliche Verurtheilung Bebels und Liebknechts im   Leipziger Hochverrathsprozeß wurde seiner Zeit von Berufsrichtern für eine Mon­strosität erklärt, und Louise   Michel würde von Berufsrichtern schwerlich zu den 6 Jahren Gefängniß verurtheilt worden sein, welche der blinde Haß bürgerlicher Geschwornen über die Vorkämpferin des Proletariats. verhängt hat. Jadeß wir wollen auch die HH  . Berufsrichter nicht loben. Die Urtheile des   Leipziger Reichsgerichts und vieler anderen in­und ausländischen aus Berufsrichtern zusammengesetzten Gerichtshöfe reden eine zu deutliche Sprache, als daß eine Jülusion möglich wäre. Ja dem Klassenstaat wird die Justiz stets eine Klasseniustiz sein, gleich viel, ob sie von bürgerlichen Geschwornen, oder von im Dienst der bürgerlichen Gesellschaft stehen. den Berufsrichtern ausgeübt wird.

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Nicht Bourgois, sondern Klein bürger seien es ge­wesen, welche das monströse Urtheil gegen Louise   Michel gefällt, versichern die Bourgeoiszeitungen, und zum Beweis führen sie an, daß neben einem Rentier und einem Börsenmakler, die als Repräsentanten des ausbeutenden Kapitals" betrachtet werden könnten, ein Häusermakler, ein Kaffeehausbesitzer, ein Architekt, ein Fabrikant wissenschaftlicher In­strumente, ein Wäscher, ein Mechaniker, ein Holzhändler, ein Hutmacher, ein Möbeltischler und ein Stadtreisender die Geschwornenbank gebildet haben, also fast lauter Kleingewerb treibende". Ein sonderbarer Beweis! Ebenso sonderbar wie die Kleingewerbtreibenden", welche Häusermatter, Fabrikanten, Kaffeehausbesitzer( man denke, in   Paris!) find. Nun- wenn die Majorität der Geschworenen aus Polizeidienern be­standen hätte, wäre man im Stande gewesen, noch viel emphatischer zu behaupten, daß das Bourgeoiselement nicht vorgeherrscht habe. Polizei­diener pflegen teine Bourgeois zu sein. Aber sie dienen dem Klassen­staat, d. h. der Bourgeoisie; und genau dasselbe gilt von dem Kleinge­werbtreibenden( soweit dieselben echt), welche nach dem   französischen Ge­setz auf die Geschwornenlisten kommen. Ein Gegner der Bourgeoisie schlüpft ebensowenig durch die betreffenden Paragraphen, wie ein Kameel durch ein Nadelöhr oder ein Reicher in's Himmelreich, würden wir hinzugefügt haben, wenn wir nicht wüßten, daß die Reichen sich über dieses biblische Himmelreich( trotz frommer Phrasen) blos luftig machen und mit dem irdischen Himmelreich, welches sie sich erschlichen und erobert haben, sehr zufrieden sind. Die   französische Bourgeoisie hat mit großer Vorsicht dafür gesorgt, daß ihre Justiz eine echte, unverfälschte Klassenjustiz ist.

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-Häng' dich,   Bismarck, das hättest Du nicht erfun den!( Pends- toi Figaro, tu n'aurais pas inventé cela!) Vor etwa zehn Jahren fanden es einige   Schweizer Kantone einträglich, ihre un­produktiven Koftgänger sich vom Halse zu schaffen, indem sie sie auf Staatskosten nach   Amerika verschickten. Dies geschah nicht nur mit ar­beitsunfähigen Armen, sondern auch mit Verbrechern, die ihre Strafe noch nicht abgesessen. Als dies in New-   York entdeckt wurde, sahen sich die Yankee's natürlich genöthigt, sich durch ein Gesetz gegen solche Ein­fuhr zu schützen. Was die kleinen   Schweizer Kantone klein angefangen, setzen jetzt irische Armenpfleger im Großen fort. Diese irischen Armen­pfleger überall bestehend aus Gutsverwaltern, Großpächtern und an­deren Knechten der Großgrundbesitzer finden es ebenfalls für ihre Taschen sehr angemessen, Greise, Wittwen, Krüppel, Waisen und andern entweder im Dienst des Großgrundbesitzes zu Schanden geschundenen, oder auf Jahre hinaus noch nicht schindbaren Menschenstoff nach den Vereinigten   Staaten massenweise ,, abzuschieben". Die lokale Armenver­waltung akkordirt den Versandtpreis mit den Dampfergesellschaften, der billig genug ausfällt es ist ja ein Engrosgeschäft, und der bewilligte Rabatt taun den Abgeschobenen an der Nahrung während der Ueberfahrt wieder abgezogen werden und gibt Jedem derselben 10 M., sage zehn Mart, baar mit, damit er sich in   Amerika forthelfen könne! Die Amerikaner finden aber, daß sie durchaus keinen Beruf haben, die Ge­sammtarmenpfleger der irischen Bodenaristokratie zu werden, und das obendrein auf eig'ne Kosten. Sie sind also genöthigt, die ihnen zuge­schobenen armen Teufel, von denen die Mehrzahl sofort nach Ankunft von der New- Yorker Armenverwaltung hat ernährt werden müssen, in die Heimath zurückzuschicken, so hart dies auch für die Betroffenen ist, und bei der   englischen Regierung zu reklamiren. Diese, die den ganzen Handel im Stillen begünstigt, wird jetzt die Unschuldige spielen und den Amerikanern vollständig Recht geben.

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Häng' Dich,   Bismarck, daß Du das nicht erfunden, ehe   Schweiz und Frland Dir das Geschäft verdorben! Altersversorgung" durch Ab­schub nach Amerita welch' brillante Großthat wäre das gewesen für den ,, Anwalt des armen Mannes" im Interesse der Junker und Fabri­fanten! Aber leider es geht nicht mehr.

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-Aus   Sachsen. In der schriftlichen Motivirung", welche Hr. v. Nostiz- Wall wit seinem Antrag auf Verlängerung des Kleinen" für   Leipzig und Umgegend beigab, werden hauptsächlich zwei ,, Gründe" angeführt: 1) in dem belagerten Gebiet hat sich nichts gebeffert; und 2) einige der ausgewiesenen Hauptführer" halten sich in bedenklicher Nähe von   Leipzig und Umgegend auf und gefährden dadurch die Sicherheit des belagerten Gebiets. Ueber den ersten Grund" können wir furz weggehen. Es hat sich im belagerten Gebiete nichts ge­bessert" und wird sich auch nichts bessern". Im Gegentheil. Wir, die Sozialdemokraten, haben eine Besserung zu konstatiren, und zwar eine Befferung ohne Gänsfüßchen unsere Mitgliederzahl hat seit Verhängung des Kleinen" bedeutend zugenommen, die Organisation ist weit fefter geworden und wird täglich fester, und der Abonnenten- und der Leserkreis des Parteiorgans hat sich in ungeahnter Weise ausgedehnt. Das haben wir dem Hrn. Nostiz- Wallwitz vorausgesagt, und wenn er den Kleinen" noch ein Dugendmal verlängern läßt, wird er teine ,, Bes­serung" in seinem Sinne zu verzeichnen haben.

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Interessanter ist uns der zweite Grund", der übrigens schon in der vorjährigen Motivirung" andeutungsweise auftauchte. Daß die An­wesenheit einiger der ausgewiesenen Hauptführer" in der Nähe des belagerten Gebiets, d. h. in   Borsdorf, dem Hrn. Nostiz   Wallwit un­angenehm ist, das glauben wir gern, allein beim besten Willen von der Welt können wir nicht einsehen, wie dies zu einem Grund" für die Verlängerung des Kleinen" gemacht werden kann. Die fraglichen ,, Haupt­führer" müssen doch irgendwo wohnen; und überall sonst in   Sachsen und dem benachbarten   Deutschland werden sie Hrn. v. Nostiz- Wallwig ebenso unangenehm sein, wie in   Borsdorf. Sie mögen wohnen, wo sie wollen, und mögen thun, was sie wollen, sie werden nirgends und nie­mals dem Hrn. v. Noftiz- Wallwig angenehm sein- aber, so wiederholen wir, was hat das mit der Verlängerung des Kleinen" für   Leipzig und Um­gegend zu thun? Der Kleine" wurde ausdrücklich zu dem Zwecke ver­hängt, die Führer" und" Hauptführer" aus   Leipzig und Umgegend zu entfernen das ist geschehen, und wenn die erhofften Wirkungen aus­geblieben sind, so trägt nicht die( ohnehin nur auf wenige Monate im Jahr sich erstreckende Anwesenheit) einiger Hauptführer" in   Borsdorf die Schuld, sondern die Thatsache, daß der ,, Kleine" seiner Natur nach die erhoffte Wirkung überhaupt nicht hervorbringen tann. Wohnten die fraglichen ,, Hauptführer" in   Buxtehude oder   Newyork, statt in Bors­  dorf, so würde in   Leipzig und Umgegend gerade so wenig von einer ,, Besserung" die Rede sein, wie jetzt. Wäre Hr. v. Nostiz- Wallwitz ein logischer Kopf, so würde er aus dem Umstand, daß die Anwesenheit einiger ,, Hauptführer" in   Borsdorf seine zerrütteten Junkernerven irritirt, den Schluß gezogen haben, daß der ,, Kleine" zunächst auf   Borsdorf und Umgegend und schließlich auf das ganze Musterland   Sachsen ausgedehnt werden muß. Denn den unangenehmen ,, Hauptführern" ist ja entschieden die raffinirte Bosheit zuzutrauen, daß sie, nach Ausdehnung des Be­lagerungszustands über weitere Strecken, sich wieder in die ,, Nähe" des belagerten Gebiets verziehen würden.

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warum

Hr. v. Nostiz- Wallwitz hat diese Konsequenz nicht gezogen- nicht? Doch wer vermag, dem Gedankengang unlogischer Köpfe zu fol­gen? Genug der ,, Kleine" ist für   Leipzig und Umgegend auf ein Jahr verlängert, und wird seinerzeit auch für Hamburg-   Altona und  Berlin mit gleich guten Gründen" verlängert werden.

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Hoffentlich hat die ,, Motivirung" des Hrn. v. Noftiz- Wallwitz unsere Nationalliberalen, die schon von Aufhebung des Belagerungszustandes und Nichtverlängerung des Sozialistengesetzes zu fiebern begannen, von ihrer Angst erlöft.

Eine Pfaffengeschichte. Bor etwa Jahresfrist beglückte der sehr alte und weil sehr todesfürchtige auch sehr gottesfürchtige und fromme Kaufmann Felix ans   Leipzig ein Vorstadtdorf mit dem Vorschlag, ihm einen Pfaffen anzuschaffen, erbot sich selbst zu großen Opfern, erklärte aber als kluger Mann, auch auf kräftige Unterstützung von Staat und Gemeinde zu rechnen. Der Staat verhielt sich vorläufig neutral und von der Ge­meinde fiel die Unterstützung sehr kläglich aus, da besagte Gemeinde schon erdrückend hohe Steuern zu zahlen hat und nur auf das Noth­wendigste Rücksicht nehmen kann. Indeß der fromme Herr Amtshaupt­mann brachte es doch fertig, etwas von der Gemeinde herauszuquetschen, und auch der dortige Rittergutsbesitzer, Graf   Kleist, gebürtig aus  Schlesien, öffnete seine Taschen, denn als fromm gelten die Herren ja gern.

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Herr Felix wollte das Weitere arrangiren, und richtig, nach kurzer Zeit erhielt er die Genehmigung des Landes- Konfiftoriums, die 12,000 Seelen zählende Gemeinde mit einem Pfaffen beglücken zu können. Doch halt!! Hier hatte er die Rechnung ohne den Wirth gemacht. Der Wirth waren nämlich die beiden schon vorhandenen Pfaffen der Parochie, zu welcher besagtes Dorf gehört. Als man denselben von oben herab plausibel machen wollte, daß es bei der großen Ausdehnung der Parochie ihnen nicht möglich sei, das Seelenheil der lieben Schafe in genügender Weise zu überwachen, daß es deshalb nöthig sei, ihnen einige Arbeit abzunehmen, daß sie aber für die ihnen abgenommene Arbeit auch je dreihundert Märtchen von ihrem Gehalt fahren lassen müßten, da war das Geschrei groß in   Israel, und die zwei Diener Gottes sträubten sich mit Händen und Füßen gegen die Gehaltsschmälernng. Und da eine Krähe der andern die Augen nicht aushackt, so änderte das Landes­Konfiftorium seinen Beschluß; es soll nun blos ein Hilfsgeistlicher an­gestellt werden, der seinen Sitz in besagtem Vorstadtdorf hat und sich mit geringerem Gehalt begnügen muß.

Soweit wäre die Sache also gediehen, aber der Beschluß will nicht zur That werden und von einer wirklichen Anstellung ist bis jetzt noch nichts zu merken. Einstweilen fragen sich unsere Vorstadtsdörfler, wo der neue Pfaffe predigen soll. Eine Kirche ist nicht da; es wird also ein Betsaal eingerichtet werden müssen und dieser wird der armen Gemeinde wiederum bedentende Ausgaben verursachen.

Die Moral der Geschichte ist die: Als die zwei dicken Pfäfflein der Parochie einige hundert Mark von ihrem Gehalt fahren lassen sollten, da pfiffen sie auf das Seelenheil der betreffenden Gemeinde; und erst als ihr Geldbeutel geschützt ward, ließen sie sich für den Plan gewinnen. Ja, Geben ist seliger denn Nehmen, sagen die augenverdrehenden Herren, aber, aber nur an sich selber probiren. In der Praxis ist es um­gekehrt. Daß der neue Pfaffe das bewußte ziemlich rothe" Vorstadts­dorf ,, umtrempeln" wird, das glaubte er schon ganz sicher; wir wünschen ihm viel Glück dazu.

Zum Ueberfluß rührt sich in besagtem Borstadtsdorf auch wieder der Kirchenbauverein, welcher wohl etwas über 100 Mt. in Kaffe hat. Da tann es noch etwas geben nämlich zu lachen.

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Ein bemerkenswerthes Erkenntniß. In Folge einer uiederträchtigen Denunziation, schreibt man uns aus   Mainz, wurde ein hiesiger Genoffe, Siegfried, von der Polizei verhaftet und wegen Verbreitung des Sozialdemokrat" in Untersuchung gezogen. Der Denun­ziant verwickelte sich aber in Widersprüche und von dem Landgerichte wurde daraufhin ein Beschluß gefaßt, welcher Siegfried außer Verfolgung setzte. Der Beschluß ist in mancher Beziehung interessant und verdient deshalb im Parteiorgan veröffentlicht zu werden. Er lautet:

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Beschluß:

In Untersuchungssachen

gegen Karl Siegfried, Schlosser, in   Mainz wohnhaft, wegen Vergehens gegen§ 19 des Gesetzes vom 21. Oktober 1878,

in Erwägung, daß der Zeuge Wagner wenig glaubwürdig er­scheint, auch seine Aussagen später modifizirt hat, daß der Zeuge Oswald Shambier nunmehr erklärt, Siegfried habe ihm das Blatt Sozialdemokrat" nicht gegeben, sondern er habe es sich aus seiner Schublade genommen; daß der Zeuge Schwalbach erklärt,