Stsßeint
westlich einmal
in
Verlag
sendungen
franco gegen franco.
Gewöhnliche Briefe
na der weiz fosten
Doppelporto.
M: 40. N:
Donnerstag, 27. September
Aris an die Abonnenten und Borrespondenten den Sozialdemokrat". 231
Da der Sozialdemokrat sowohl in Deutschland als auch in Deferreis verboten ist, bezw. verfolgt wird, und die dortigen Behörden ich alle Mühe geben, unsere Berbindungen nach jenen Bändern möglich zu erschweren, resp. Briefe von dort an uns and unsere Zeitungs- und sonstigen Sendungen nach dort abzufangen, so is die äußerste Borscht im Boftverkehr nothwendig und barf teine Borfichtsmaßregel versäumt werden, die Briefmarder über den wahren Absender und Empfänger, sowie den Inhalt ber Sendungen ju täuschen, und letztere dadurch zu schützen. Haupterfordernih i hiezu einerseits, daß unsere Freunde so selten
Auf dem Wydener Kongreß zum offiziellen Organ der sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands erklärt, hat das Blatt eine Verbreitung gefunden, wie sie bei seiner Gründung taum erhofft worden war. Auf dem Kongreß zu Kopenhagen konnte deshalb mit Genugthuung gesagt werden, daß die deutsche Sozialdemokratie in ihrem Organ die mächtigste Waffe gegen das über sie verhängte Ausnahmegesetz besitze.
Das Abonnement auf das Blatt ist durch dieses Gesetz nicht verboten, sondern nur die Verbreitung, und zu letterer haben sich fast allerorts energische und aufopferungsfähige Genossen genug gefunden( und werden sich auch ferner finden), welche bereit sind, eventuell ihre Freiheit zu wagen, um unserer gerechten Sache dienstbar zu fein ebenso wie sie es auch vor dem Ausnahmegesek gethan haben!
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Obwohl nun an den meisten Orten, wo der Sozialismus Boden gefunden, das Blatt eine durchaus befriedigende Abonnentenzahl hat, so gibt es doch noch eine Reihe anderer, wo bedeutend mehr geschehen könnte, und zudem eine weitere Anzahl, wo das Organ noch gar feinen Eingang gefunden.
Es ist daher Pflicht jedes Genossen, für die weitere Verbreitung des Blattes uner müdlich thätig zu sein und besonders dahin zu wirken, daß an solchen Orten endlich der Bann gebrochen wird und das Parteiorgan die ihm gebührende Beachtung findet. Ueber die Bezugsarten des Blattes sind die Genossen im Allgemeinen unterrichtet; selbstverständlich können wir hier feine speziellen Angaben über dieselben machen, sondern es müssen sich die Genossen, welche Näheres zu erfahren wünschen, an die befannten Vertrauenspersonen in Deutschland wenden.
Das Abonnement beträgt per Zustellung in Brief direkt aus der Schweiz pro Exemplar und Quartal Mr. 4.30, bei Aufgabe in Deutschland Mr. 3,00. Die Zahlung fann per Einschreibebrief in Papiergeld und Briefmarken oder per Posteinzahlung geschehen. Für solche Einzelbestellungen tann folgende Adresse benutzt werden:
Leonhard Tauscher in Hottingen ( Kanton Zürich ).
Bei Bezug von zehn Eremplaren an wird das Blatt franto für Mt. 1.80 geliefert. Bezüglich größerer Bestellungen werden vorher brieflich genauere Mittheilungen gemacht und Berhaltungsmaßregeln angegeben. Für diesen Zweck ist sofortige Mittheilung ficherer Brief- Decadressen hierher unerläßlich.
Wohlan denn, Genossen und Freunde allerwärts, erhebt den Sammel- und Werberuf Jur fortgesetzt ausdauernden Arbeit, zum unbeugfamen Kampf, zum endlichen Siege! Mit sozialdemokratischem Gruß!
Redaktion und Expedition des ,, Sozialdemokrat.
An den Schandpfahl!
Nachstehend bringen wir das famose Urtheil zur allgemeinen Kenntniß, auf Grund dessen unserm Genossen Lehmann fünf Monate Gefängniß aufdiktirt wurden, die in ihm dann auch, Dank der vortrefflichen Einrichtungen der burger Pesthöhle, LandesgefangenenAnstalt genannt, den Kein zu seinem nur allzufrühen Tode legten.
Jeder erklärende Zusa unsererseits zu dieser Musterleistung der Gerechtigkeitspflege im Reh der Gottesfurcht und frommen Sitte würde den Eindruck nur abschwächen, den dieselbe auf jeden rechtlich denkenden Menschen ob Sozialdemokrat oder nicht hervorbringen muß.
Sie bedürfen in der That keines Kommentars, die Indizien", auf welche hin die glücklichen Bürger des zweiten deutschen Kaiserreichs ihrer Freiheit beraubt werden können.
Den Männern aber, welche dieses Urtheil gefällt, soll der gebührende Platz in unserem Verbrecher album nicht vorenthalten bleiben! An den Schandpfahl mit ihnen und ihrem
Erkenntniß!
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In der Straffache
gegen
den Daniel Lehmann aus Pforzheim
wegen Verbreitung sozialistischer Schriften hat die II. Straffammer bes Großh. Landgerichts zu Karlsruhe in der Sizug vom 10. Dezember 1881, an welcher theilgenommen haben:
1. Gr. Landgerichtsdirektor Gerber,
2. Gr. Landgerichtsrath Martin,
3.
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5.
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Fieser, Goldschmidt,
Lors
als Richter,
Gr. Staatsanwalt Arnold
als Beamter der Staatsawaltschaft
für Recht erkannt:
Rechtspraktikant Thoma
als Gerichtsschreiber
Der Angeklagte Daniel Lehmann von Dobel, wohnhaft in Pforz heim, wird wegen Verbreitung verbotener sozialistischer Schriften im Sinne des Gesetzes über die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie mit fünf Monaten Gefängniß bestraft und hat die Kosten der Hauptverhandlung zu tragen und ein Drittel der Untersuchungskosten.
Die weiteren Untersuchungskosten bleiben der Gr. Staatskaffe zur Last. Bon Rechts Wegen. Gründe:
Durch die eidlichen Angaben des Polizeikommiffärs Häuser, des Gensdarmeriewachtmeisters Guggenbühler und des Polizeisergeanten Stier ist die von dem Angeklagten Lehmann auch nicht in Abrede gezogene Thatsache festgestellt, daß in den Monaten August, Oktober und November 1880 eine ganze Maffe von verbotenen sozialistischen Flugblättern und Zeitschriften sowohl in der Stadt Pforzheim , als in den meisten Landorten des Amtsbezirkes Pforzheim durch Auflegen auf den Straßen während der Nachzeit verbreitet worden sind. Es sind dies insbesondere folgende Druckschriften:„ Ungeziefertod"," An das deutsche Bolt",„ Die revolutionäre Sozialdemokratie",„ Keine Schmarozzer mehr", " Das Recht auf Revolution"," Der Sozialdemokrat", deren Verbreitung in den Nummern 232 des Jahrgangs 1879 und Nr. 99, 121, 160, 172 des Jahres 1880 des Reichsanzeigers" durch die zuständigen Behörden nach den Bestimmungen des Reichsgesetzes über die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozioldemokratie öffentlich verboten war.
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Da in Pforzheim , wie aus einer Reihe von Straffällen notorisch ist, auch durch die oben erwähnten Sicherheitsbediensteten bestätigt wird, unter der Fabrikbevölkerung zahlreiche Anhänger der sozialdemokratischen Theorien sich aufhalten und dieselben auch eine festgegliederte Organisation gaben, so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß eine derartige massen
Abonnements werden bei allen schweizerischen Postbureaux, sowie beim Verlag und dessen bekannten Agenten entgegengenommen und zwar zum voraus zahlbaren Vierteljahrspreis von:
Fr. 2.- für die Schweiz ( Kreuzband) Mt. 3.- für Deutschland ( Couvert fl. 1. 70 für Desterreich( Couvert Fr. 2.50 für alle übrigen Länder des Weltpoftvereins( Kreuzband)
Zuferate
Die dreigespaltene Petitzeil e 25@ts. 20 Pfs.
1883.
als möglich an den Sozialdemokrat, resp. deffen Berlag selbst adresstren, sondern sich möglichst an irgend eine unverdächtige Adreffe außerhalb Deutschlands und Oesterreichs wenden, welche sich dann mit uns in Verbindung sett; anderseits aber, daß auch uns möglichst unverfängliche Zustellungsadressen mitgetheilt werden. In zweifelhaften Fällen empfiehlt sich behufs größerer Sicherheit Retommandirung. Sobiel an uns liegt, werden wir gewiß weder Mühe noch Kosten scheuen, um trotz aller entgegenRehenden Schwierigkeiten den Sozialdemokrat unsern Abonnenten möglichst regelmäßig zu liefern.
hafte Verbreitung verbotener Druckschriften, deren Berbreitung in größeren Quantitäten schon mit großen Schwierigkeiten verknüpft ist, auf eine förmliche Verbindung Mehrerer zur Beschaffung und Verbreitung solcher Druckschriften hinweist, und daß die Ausführung nicht von Einzelnen, auf eigene Rechnung dem verbotenen Treiben ergebenen und in ihren Mitteln beschränkten, untergeordneten Persönlichkeiten, sondern von solchen ausgeht, welche nach Bildung, Lebensstellung, Personen- und Lokaltenntniß vereigenschaftet find, sowohl den Bezug der verbotenen Druckschriften, als Zeit, Art und Ort der Verbreitung zu bestimmen und zu leiten.
Eine zur Leitung eines solchen Unternehmens vollkommen geeignete Persönlichkeit ist der Angeklagte Daniel Lehmann, gebürtig von Dobel ( Württemberg ), seit Jahren in Pforzheim ansässig. Er muß selbst heute zugeben und wird dies auch von den Zeugen Häuser, Stier und Guggenbühler bestätigt, daß er offener Anhänger der Sozialdemokratie ist. Er ist vor Jahren häufig als sozialdemokratischer Agitator in Versammlungen aufgetreten, war Vorstandsmitglied des sozialistischen Gewerkvereins der deutschen Gold- und Silberarbeiter und verwandter Berufsgenossen in Pforzheim , welcher Verein nach Erscheinen des Sozialistengesetzes aufgelöst werden mußte. Dabei betrieb er bis vor kurzer Zeit eine Wirthschaft in Pforzheim , welche der Sammelpunkt sowohl der einheimischen, als fremder zureisender Sozialdemokraten ist, und befand sich sonach trotz der Ueberwachung durch die Polizei in der Lage, sich von allen Seiten verbotene sozialistische Zeitschriften zu verschaffen und die Zeit und Ort und die geeigneten Persönlichkeiten zur Weiterverbreitung herauszufinden. Nach allen diesen Umständen erklären die ein Eingangs genannten Polizeibediensteten mit Bestimmtheit, daß Lehmann, der auch durch Intelligenz und Energie bekannt ist, allgemein als das Haupt der Sozialistenpartei, soweit dieselbe der sogenannten Zürcherischen Richtung huldigt, angenommen wird.
Nach diesen in der heutigen Hauptverhandlung festgestellten persönlichen Verhältnissen des Angeklagten tann es sonach einem Zweifel nicht unterliegen, daß er ein Mann ist, dem die That, deren er angeklagt ist, zugetraut werden darf, da er in seiner Person und in den von ihm unterhaltenen Verbindungen und in seinem Gewerbe die Eigenschaften vereinigt, welche sowohl für den Bezug, als auch für die Verbreitung sozialistischer Schriften ihn als die geeignetste Persönlichkeit in Pforzheim erscheinen lassen.
Diese allgemeinen Verdachtsgründe, so nahe dieselben auch den Verdacht legen, daß Lehmann das Haupt der Organisation ist, welche in Pforzheim und Umgebung die sozialistischen Zwecke auf jede Art, also auch durch Verbreitung sozialistischer Schriften zu fördern sucht, würden jedoch selbstverständlich zu seiner Verurtheilung nicht hinreichen.
Die Hauptverhandlung hat aber auch noch eine Reihe von weiteren speziellen thatsächlichen Verdach 1sgründen erbracht, welche bei dem Gerichtshof die Ueberzeugung herv orrief, daß er der Haupturheber der oben erwähnten Verbreitung sozialistischer Zeitschriften ist.
Ende November 1880 wurde in Pforzheim ein Sozialdemokrat Most'scher Richtung, Christian Mayer aus Dagersheim , verhaftet, der zuerst wegen Theilnahme an dem von dem Reichsgericht verfolgten Hochverrathsprozesse angeschuldigt, von dieser Anschuldigung zwar losgesprochen wurde, zur Zeit aber noch wegen Verbreitung sozialistischer Schriften in Untersuchung steht und seiner Aburtheilung entgegensteht. Dieser Mayer hat turze Zeit nach seiner Verhaf tung den Polizeikommissär Häuser und später auch den Sergeanten Stier in's Gefängniß rufen lassen und hat denselben, wie sie heute eiblich versichern, Mittheilungen gemacht, welche den Angeklagten Lehmann schwer belasten.
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Nach den Angaben Häuser's theilte er diesem mit, daß Lehmann mit einem Präzeptor Eitle in Neuenbürg , einer in der Nähe Pforzheims gelegenen württembergischen Stadt, in intimer Beziehung stehe, daß Lehmann vor einiger Zeit einen Brief nach Neuenbürg mit einem Exemplar des in Zürich erscheinenden Sozialdemokrat" geschickt habe, der aber poste restante aufgegeben, nicht abgeholt und wieder an Lehmann zurückgegangen sei. Auch sei dem Chr. Mayer bekannt, daß Freunde, die zu Lehmann kommen, Schriften und Zeitungen mitbringen. Ferner habe er( Mayer) erfahren, daß Ende Oktober oder Mitte November die sogenannten Züricher, d. h. die Sozialdemokraten Züricher Richtung, in Pforzheim einen Schlag durch Verbreitung von sozialistischen Schriften planten.
Er( Mayer) sei an jenem Abend in die Lehmann'sche Wirthschaft gekommen und dort sei von einem Frennd des Lehmann auch an ihn die Zumuthung zur Berbreitung fozialistischer Schriften gemacht worden, was er jedoch abgelehnt habe.
Dem Polizeisergeanten Stier theilte Mayer die intime Verbindung des Lehmann mit Präzeptor Eitle ebenfalls mit. Stier wurde daraufhin mit Vornahme einer Haussuchung nach sozialistischen Schriften bei Eitle beauftragt und fanden sich richtig auch eine größere Anzahl verbotener sozialistischer Schriften:„ Die Arbeitermarseillaise"," Der arme Konrad"," Herr Bastiat Schulze von Delitzsch "," Ceterum censeo"," Vorwärts", Moft's" Proletarierliederbuch", Der Sozialdemokrat" u. a. bei Eitle vor.
Eitle verweigerte zwar dem Stier gegenüber jede Auskunft darüber, woher er die Schriften bezogen habe, allein es ist von Lehmann selbst zugegeben, daß er mit Eitle, der inzwischen gestorben ist und eidlich nicht vernommen werden konnte, in ganz regelmäßigen Beziehungen stand.
Ferner hat Lehmann zugegeben, daß er ein Exemplar des„ Sozialdemokrat" in einem verschlossenen Paket im Herbst 1880 nach Neuenbürg gesendet habe, daß dasselbe aber, weil es poste restante abgesandt und von dem Adreffaten nicht abgeholt wurde, wieder in seine Hände gelangt sei. Lehmann behauptet, daß ein Unbekannter ihm anonym 2 Mark für sozialistische Zwecke übersendet und dabei sich erkundigt habe, wo er den ,, Sozialdemokrat" herbeziehen könne. Er habe ihm darauf unter dem
verlangten Zeichen ein Exemplar des„ Sozialdemokrat" mit dem Bemerken zugesandt, daß er daraus ersehen könne, woher weitere Exemplare zu beziehen find.
Schon diese lettere, von Lehmann zugestandene Absendung eines Exemplars würde genügen, den Lehmann gemäߧ 19 des Sozialistengesetzes zu verurtheilen, da nach seiner Persönlichkeit und den oben geschilderten Umständen ebensowenig daran zu zweifeln ist, daß Lehmann das Verbot des„ Sozialdemokrat" gekannt hat, als daß er das fragliche Exemplar in der Absicht der Poft übergab, dadurch nicht nur das abgesendete Exemplar durch Vermittlung Deffen, für den es bestimmt war, weiter zu verbreiten, sondern insbesondere auch für die Weiterverbreitung der periodischen Druckschrift„ Der Sozialdemokrat" zu sorgen.
( Vergleiche die Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, herausgegeben von den Mitgliedern der Reichsanwaltschaft, 3. Band, Seite 370 ff.)
Der Gerichtshof hat aber diesen nachgewiesenen Fall der Verbreitung des„ Sozialdemokrat" auch als wesentliches Indizium für die nach der Anklage weiter erfolgte Berbreitung verbotener Druckschriften durch Lehmann betrachtet und auf Grund dieses Indiziums in Verbindung mit den Angaben, welche Christian Mayer den Zeugen Häuser und Stier gegenüber machte, und der Eingangs dargestellten allgemeinen Verdachtsgründe gegen Lehmann, den Letzteren gemäß der Anklage wegen der, wie oben erwähnt, im August, Oktober und November 1880 verbreiteten verbotenen sozialistischen Druckschriften verurtheilt.
Christian Mayer, für dessen Betheiligung an den dem Lehmann zur Last gelegten Vergehen keine thatsächlichen Anhaltspunkte hervortreten, und der deshalb heute beeidigt wurde, stellt zwar seine dem Polizeitommissär Häuser und dem Sergeanten Stier gemachten Mittheilungen( Angaben) heute in Abrede und erklärt, dieselben beruhen auf Erfindung und Unwahrheit; da Mayer aber zugestandenermaßen auch Sozialdemokrat ist, so wurde seinen heutigen Angaben kein Gewicht beigelegt, vielmehr die den Zeugen Häu ser und Stier gegenüber gemachten früheren Angaben für wahr gehalten, da dieselben durch das Zugeständniß Lehmann's über den Verkehr mit Eitle, über Absendung des Briefes nach Neuenbürg und durch den Umstand, daß in jener Zeit, über welche Mayer Angaben macht, wirklich eine sehr große Zahl verbotener sozialistischer Schriften von der Züricher Partei in Pforzheim und Umgebung verbreitet worden sind.
Darnach ist erwiesen(!), daß Lehmann, wenn nicht der Anführer, so doch eines der Häupter der sozialistischen Liga ist, welche in Pforzheim und Umgegend die Maffen verbreitung verbotener sozialistischer Schriften im August, Oktober und November 1880 betrieben hat, und daß er, wenn er auch nicht alle die in Pforzheim und Umgebung des Amtsbezirkes zu jener Zeit verbreiteten Druckschriften selbst herumgelegt hat, doch vorzugsweise einer Derjenigen ist, welche dieses Herumlegen durch dritte, als Werkzeuge der Anführer handelnde Personen veranlaßt hat. Unter dieser Voraussetzung ist er aber selbst als Verbreiter strafbar, obwohl die Miturheber und Gehilfen nicht ermittelt sind, da Jeder, der an der Verbreitung der verbotenen Druckschriften in Folge eines mit Andern getroffenen Komplotts fich betheiligt, beziehungsweise Dritte veranlaßt, solche Druckschriften herumzutragen, Miturheber der Verbreitung und nicht blos Anstifter der strafbaren That eines Andern ist, und die Uebergabe verbotener sozialistischer Druckschriften an Dritte zu dem Zwecke, daß diese dieselben weiter geben, gerade eine Verbreitung in dem Sinne des§ 19 e enthält. Daß Lehmann die Verbote der sämmtlichen verbreiteten Druckschriften gekannt hat, hat er selbst nicht in Abrede gestellt und ist aus der Art der Verbreitung und der Persönlichkeit Lehmann's als unzweifelhaft anzunehmen.
Mit Rücksicht auf die große Zahl der verbreiteten Schriften und die sich aus der Art der Verbreitung ergebende besondere Thätigkeit des Angeklagten schien eine höhere Strafe verschuldet und wurde daher und nach§ 497 ff. Strafprozeßordnung wie geschehen erkannt.
Die Kosten der Untersuchung, soweit sich dieselben auf frühere Mitangeklagte beziehen, mußten der Großherzoglichen Staatstaffe zur Last bleiben.
Gezeichnet:
Gerber, Martin, Goldschmidt, 2008, Fieser. Zur Beglaubigkeit: Der Gerichtsschreiber: Thoma."
Sozialreform.
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Es ist seit dem Bestehen unserer Partei wiederholt darauf hingewiesen worden, daß die Sozialreform das heißt die friedliche und gesetzgeberische Umgestaltung der kapitalistischen Gesellschaft in die sozialistische Gesellschaft nur unter der Bedingung möglich ist, daß die herrschenden Klassen entweder freiwillig oder unter moralischem Druck sich auf den Boden des sozialdemokratischen Programms stellen und die ihnen jetzt als Schreckgespenst vorschwebende soziale Revo= Iution bewußt zum Ziel nehmen.
Wir haben aber auch, im Hinblick auf die bisherigen Erfahrungen der Geschichte und auf die Kurzsichtigkeit, welche die zeitgenössischen Regierungen und Vertreter der herrschenden Klassen bei jeder Gelegenheit zur Schau tragen, unsere Ueberzeugung dahin aussprechen müssen, daß die Wahrscheinlichkeit einer friedlichen und gesetzgeberischen Lösung der sozialen Frage außer= ordentlich gering sei. Und unsere Delegirten auf dem Kopenhagener Kongreß haben dieser Anschauung in einer ein stimmig gefaßten Resolution Ausdruck gegeben und erklärt, daß fie den Regierungen und herrschenden Klassen weder den guten Willen noch die Fähigkeit zur Durchführung der Sozialreform zutrauen.
Jeder Tag bestärkt uns mehr in unserer Auffassung, deren