die gegen ihn gerichteten Waffen kehren im Laufe der Zeit ihre Spitze wider seine Feinde, die dieselben geschmiedet.
Wenn wir tie Projekte durchmustern, welche unsere Gegner ausgetiftelt haben, und roch austifteln- kein Tag ohne solches Projekt-, um der drohenden sozialen Revolution vorzubeugen, so werden wir finden, daß fie durch die Bank nicht anderes find als Verballhornifirung sozialistischer Forderungen, korrumpirter, verkrüppelter Sozialismus. So find z. B. die famosen Arbeitskolonien im Prinzip nichts anderes als ein schamhaftes Zugeständniß an den Sozialismus und in der Praxis Dant ihrer schönen Ausführung, die in der bestehenden Gesellschaft aber kaum anders sein kann, ein Beweis von der Nichtsnuzzigkeit der heutigen Ausbeutergesellschaft.
Die stärkste Waffe aber, welche unsere Gegner, die herrschenden Klassen, gegen uns zu befizen vermeinen, von der sie sich Rettung versprechen, wenn alle Stride reißen, das ist bekanntlich die Armee, das stehende Heer.
Gegen Demokraten,
Helfen nur Soldaten.
Diese Worte der 1848er Reaktionäre find heute, wo es außerhalb der Sozialdemokratie überhaupt teine Demokraten gibt, Losungswort aller gutgesinnten Anhänger der bestehenden Ordnung.„ Mehr als äußere Feinde haben wir den inneren Feind zu fürchten", sagte Moltke vor einigen Jahren, und offen oder geheim stimmt ihm unser ganzes Bürgerthum zu. Es weiß, warum es gutwillig immer weitere Millionen für den Militarismus, der ihm im Grunde recht zuwider ist, opfert. Das Heer soll ihm als Gegendienst das heilige Ausbeutungssystem aufrechterhalten helfen.
Welcher gottvolle Witz der Weltgeschichte ist es daher, wenn dem gefürchteten gehaßten Gegner Sozialismus plötzlich aus den Reihen der Armee ein Sutkurs wird, wie er ihn fich kaum beffer wünschen kann! Wäre es nicht für die Vertreter der herrschenden Klasse um die Haare fich auszuraufen"?
Und von einem solchen Sukkurs haben wir heute zu berichten.
-
Wir meinen nicht etwa die Thatsache, daß bei der Ausdehnung der allgemeinen Wehrpflicht ja auch unsere Kämpfer in der Armee herangebildet werden dieser Umstand wird als unvermeidlich angesehen und in der stillen Hoffnung getragen, daß bei der dreijährigen strammen Drillung die Proletariersöhne das Denken verlernen. Nein, der Sukturs, den wir heute im Auge haben, kommt uns aus den maßgebendsten Kreisen der Armee; im hohen und höchsten Offiziersstand sizzen unsere guten Freunde, die wir hiermit auf's Wärmste begrüßen. Sie haben nur wenige Schritte noch zu thun, um ganz die Unsrigen zu werden. Man lese nur folgende Notiz, die seit einigen Wochen ihren Lauf durch die ganze deutsche Presse macht.
Jn Offizierkreisen ist seit langer Zeit schon die Einrichtung einer großartigen Genossenschaft unter den Offizieren der deutschen Armee und Marine geplant, nach dem Vorbild einer gleichen in England bestehenden Einrichtung. Unter den Auspizien des Generallieutenants Grafen von Lehndorff, des Generalquartier meisters Grafen von Waldersee, des Majors im Generalstabe der 19. Divfton von Podbielski und des Premierlieutenants des 1. schlesischen GrenadierRegiments Nr. 10 von Wedell, welche an der Spize stehen, ist ein Prospekt erschienen, der die Ziele dieser Genossenschaft auseinandersetzt. Dieselbe wird unter dem Namen„ Deutsches Offizier Ver einshaus der Armee und Marine" demnächst ins Leben treten. Vor allem wird beabsichtigt, die Bedürfnisse des Haushalts und der Wirthschaft der Theilnehmer durch eigene Materialien zu befriedigen, welche ohne Zwischenhändler angekauft und in eigenen Magazinen aufbewahrt werden; damit in Berbindung steht die Einrichtung von Werkstätten für Sneider, Schuhmacher, Sattler und andere Handwerker, welche Garderobe und andere Bekleidungsftüde u. s. w. zu niedrigeren Preisen, als üblich sind, herstellen, da erweislich bei diesen Handwerkern die Offiziere meistens besonders hohe Preise zahlen müssen. Den Mittelpunkt des Unternehmens soll das Vereinshaus bilden, welches in Berlin entstehen wird, und zwar mit einer so großartigen Einrichtung, daß alle Offiziere, sowie Offiziersfamilien, die sich vorübergehend in Berlin aufhalten, gegen verhält nißmäßig geringe Vergütung die Annehmlichkeit eines familiären Zusammenlebens genießen, welche das Vereinshaus etwa nach Art der größeren Casinos bieten wird. Es werden nicht nur Offiziere der Linie, sondern auch der Reserve und Landwehr, sowie auch inaktive Offiziere und deren Familien an den Einrichtungen Theil nehmen können. Zu dem Ende zirkulirt gegenwärtig der vorbesagte Prospekt zur Zeichnung von Antheilscheinen für das Unternehmen. Dieselben werden im Nennwerthe von 10 Mart ausgegeben, und kann Jeder eine beliebige Menge zeichnen, nach deren Verhältniß auch seine Dividende fich berechnet. Dabei ist die Einrichtung getroffen, daß der Preis für diese Antheilscheine in beliebiger Ratenzahlung entrichtet werden kann. Daß das Unternehmen zu Stande kommt, scheint einem Zweifel nicht mehr unterworfen zu sein, da voraussichtlich mehr Kapital gezeichnet werden wird, als zur Begründung der Genoffenschaft erforderlich ist. Die Konstituirung derselben wird wahrscheinlich noch im Laufe dieses Jahres vor sich gehen."
-
Man beachte wohl, wir haben es hier nicht mit einem gewöhnlichen Konsumverein zu thun, neben den Krämern sollen Hoteliers und selbstständige Handwerker aller Art auch ein Beitrag zur Handwerterfrage! von den gut christlich- tonservativen Herren taltgestellt, mit einem Wort, das produzirende und handeltreibende Kapital in seiner wohlberechtigten Ausbeuterpraxis beeinträchtigt werden. Ad oculos wird dem Volke, das die Sache nicht begreifen will, der Nugen des gemeinsamen Wirthschaftens vordemonstrirt. Billiger und besser gedenken die Herren Offiziere ihren Lebensunterhalt und den ihrer Familien in dem großen Vereinshaus zu bestreiten. Was hat man nicht noch vor wenigen Jahren in der Presse des Denkervoltes für ein Geschrei über die„ Bebe l'schen Waschküchen" 2c. erhoben? Bis in Kreise hinein, von denen man einiges Verständniß für den wirthschaftlichen Zug der Zeit hätte voraussetzen dürfen, riß man die seichtesten Wige darüber. Heute ist man sogar in preußischen Offizierstreifen von dem Nutzen gemeinschaftlicher Wirthschaft überzeugt. ,, Es gibt eine Nemesis in der Geschichte. Das Institut, welches als das vorzüglichste zur Bekämpfung des Sozialismus angesehen wird, das in letzter Instanz die einzige, das letzte Bollwerk der herrschenden Klaffen gegen den Anfturm der Sozialisten bilden soll, gibt ein Beispiel von dem Vortheil sozialistischer Organisation, wie man es sich schöner nicht wünschen kann." Also schreibt uns über diesen Gegenstand ein Freund unseres Blattes.
"
Schöner Sozialismus, der auf Aktien in Szene gesetzt wird, wird man einwenden. Mag sein, antworten wir; wir haben ja Eingangs schon gesagt, daß unsere lieben Freunde von der Armee noch einige Schritte zu thun haben, um ganz die unsrigen zu werden. Aber der erste Schritt ist gethan, und es ist nur der erste Schritt, der Ueberwindung kostet. Wenn der Profit der Sattler, Schneider zc. als unberechtigt und überflüssig hingestellt wird, warum nicht einen Schritt weiter gehen, und überhaupt der Profitmacherei den Garaus machen?
Wenn den Herren Offizieren der Muth dazu fehlt, so mag ihr Beispiel die Arbeiter anfeuern, das gute Wert zu vollenden. Warum soll der Sozialismus nur für die privilegirte Klaffe der Offiziere gut sein, und nicht für das Volt? Also noch einmal; nur voran, ihr wackeren Pioniere, Ihr Podbielski und Lehndorff, Ihr Waldersee und Wedell wir folgen Euch!
**
*
-
Graf Waldersee ist der vorausbezeichnete Nachfolger Moltke's ; wer etwa meint, daß der Reichskriegsminister Bronsart von Schellen dorf ein schlechterer Sozialist sei als der zukünftige Chef des Generalftabs, der irrt fich. Dieser Herr steht uns noch viel näher.
-
-
-
,, Der Staatssozialismus macht Ueberschüsse, der Stadtsozialismus Unterschüffe" talauerte Herr Stöcker jüngst in einer idiotischen Rede über den wahren und den falschen Sozialismus", und kaum hatte er geendet, als Herr Adolph Wagner nach ihm auf die Tribüne sprang und begeistert erklärte: Herr Stöder könne auch Profeffor der Nationalökonomie sein". Wir haben nichts dagegen einzuwenden, die Herren sind einander werth, denn sie verstehen beide von Sozialismus nicht die Bohne. Das Kriterium des Sozialismus darin zu suchen, daß eine gemeinnügige Einrichtung Ueberschüsse macht, ohne nur die Frage zu erheben, wo denn diese Ueberschüsse herkommen bei den preußischen Bahnen stammen fie bekanntlich aus der hundsmiserablen Bezahlung der Arbeiter und niederen Beamten, dazu gehört eine Unwissenheit, die den Titel Profeffor vollkommen rechtfertigt. Der Kriegsminister aber ist ein wirklicher Sozialökonom. In einem jüngst von ihm ergangenen Erlaß über das Kantinenwesen bei den Truppen heißt es nämlich: ,, Als leitende Norm ist festzuhalten, daß diejenige Kantine ihrer Aufgabe am vollkommensten entspricht, welche bei und in ErfülIung ihres 3 wedes möglichst geringe Ueberschüsse liefert. Die Ueberschüsse haben zunächst zur Bildung eines angemessenen Reservefonds zu dienen; die dann noch verbleibenden Ueberschüsse sind in dem ausschließlichen Interesse der Unteroffiziere und Mannschaften zu verwenden, so daß fie möglichst direkt und gleichmäßig den Be theiligten wieder zu Gute kommen. Die alljährliche Berthei. lung der Ueberschüsse bis zur Entlassung der Reserven erscheint daher am zweckmäßigsten."
Von kapitalistischer Dentweise keine Spur. Herr Bronsart v. Schellendorf offenbart vielmehr eine höchft verdächtige Sympathie für das„ Theilen". Wir können seiner Verfügung nur unsern vollen Beifall schenken.
** *
Jedes Ding in der Welt hat seine zwei Seiten, so auch das Riesenungeheuer, Militarismus genannt. Er hat heute in Preußen- Deutschland eine Ausdehnung gewonnen, daß er nachgerade Selbstzweck geworden ist und seine eigenen Wege wandelt, unbekümmert um die Gesellschaft, der er angeblich dient. Und da muß denn diese koloffale Körperschaft, dem Gebote der Selbsterhaltung folgend, den Untergang des heutigen Staats beschleunigen. Seine Ansprüche wachsen in einer Weise, daß der wirthschaftliche Bankrott unvermeidlich ist, er entzieht der Gesellschaft, die er schützen soll, die Lebenskraft. Auf der andern Seite aber bereitet er dem Kommunismus, der die heutige Gesellschaft ablösen wird, die Wege. Er treibt zur Konzentrirung, zeigt an sich selbst den Vortheil der Organisation auf großartigstem Maßstabe und lehrt den Nugen der Unterordnung unter ein gemeinsames Ganzes. Zum Kommunismus fehlt ihm, wenn es so fortgeht, eines schönen Tages nichts mehr, als die Anerkennung und Durchführung des Grundsages der Gleichheit.
Und für diese werden wir sorgen.
Sozialpolitische Rundschau.
3ürich, 11. Oftober 1883.
Als Einleitung zu unserer heutigen Rundschau fönnen wir unseren Genossen die angenehme Mittheilung machen, daß auch zum diesmaligen Quartalwechsel der Abonnentenstand des Parteiorgans eine ansehnliche Erhöhung erfahren hat. Seit dem Kopenhagener Kongreß ist nunmehr die Auflage desselben um mehr als 1500 Exemplare gestiegen.
"
Gleichzeitig theilen wir noch mit, daß auch die zweite, start erhöhte Auflage von Fr. Engels Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft" nahezu vergriffen ist, so daß, um feine Unterbrechung in der Versendung eintreten zu lassen, die dritte Auflage bereits fertiggestellt ist.
Genossen! Diese glänzenden Resultate ehren Euch und unsere Sache in gleichem Maße!
-
Im Vordergrund der politischen Ereignisse der letzten Tage stehen zweifelsohne die Vorgänge in Frankreich , die an den liebevollen Empfang des spanischen Königleins seitens des Pariser Volkes anknüpfen. Wir haben absichtlich nicht schon in voriger Nummer über diese Demonstration geschrieben, weil unsere Leser über die Thatsa che ohnehin unterrichtet sind, während uns ein abschließendes Urtheil über den Geist derselben für uns nicht möglich war, ehe wir über die Stellung der Arbeiterpreffe, beziehungsweise der Arbeiter organisationen zu derselben Auskunft erhalten.
Kein Zweifel, die Demonstration war ausgesprochen deutschfeindlich. Dürfen wir uns jedoch darüber wundern? Hatte nicht kurz vorher die„ Norddeutsche Allgemeine", die als das Sprachrohr Bismarc's gilt, in geradezu provozirender Weise die Franzosen gereizt? Man vergesse nicht, daß die Franzosen die Besiegten find, also das Recht haben, emp findlicher zu sein als die Sieger, und daß sie außerdem den Verlust zweier Provinzen zu verzeichnen haben, deren Sympathien noch heute Frankreich gelten. Und mag man der Enthüllung des Niederwald- Dentmals welche Deutung immer geben, in Frankreich wurde das Denkmal in diesem Moment als eine Drohung aufgefaßt. Unter solchen Umständen mußte die Ernennung Alfonso's zum Oberst eines in Straßburg liegenden Uhlanenregiments und die Annahme dieses Ehrenpostens seitens Alfonso's von den Franzosen als eine beabsichtigte, gegen fie gerichtete Demonstration empfunden worden, auf welche sie auf ihre Weise antworteten.
Soweit nun die radikalen Elemente des Voltes von Paris in Betracht kommen, war diese Gegendemonstration nicht gegen das deutsche Volt, sondern gegen das offizielle Deutschland , gegen das Deutschland , welches den Hort der monarchischen Reaktion in Europa darstellt, gerichtet. Es ist die Republik , welche sie von der monarchischen Konspiration bedroht sehen, und sie sind entschlossen, dieselbe mit äußerster Energie zu vertheidigen. Darüber herrscht selbst unter den französischen Arbeitern nur eine Stimme, daß die republikanische Verfassung Frank reichs trotz aller Mängel ein Gut ist, das sie sich nicht entreißen lassen dürfen. Ihr Pfeifen galt dem Feinde der Republik ; denn daß Alfonso, der kurz vorher die aufständischen spanischen Republikaner hatte niederschießen lassen, lieber heute als morgen der Republik den Hals umdrehen, bezw. umdrehen helfen möchte, liegt auf der Hand. Alle offiziellen und offiziösen Redensarten, die das Gegentheil bezeugen sollen, find eitel Humbug.
Wir vermögen daher absolut nicht in das Verdammungsurtheil einzustimmen, welches die gutgefinnte deutsche Presse sofort über die Franzofen gefällt hat. Politisch klug oder richtiger diplomatisch war das Auspfeifen vielleicht nicht, aber das französische Volk und speziell die Pfeifer sind nun einmal nicht die Leute der kühlen Ueberlegung. Sie folgen ihren Impulsen, und wenn sie infolge deffen manche Dummheit begehen, so haben sie auch schon ohne lange Ueberlegung sehr viele Stückchen ausgeführt, für die wir ihnen nur dankbar sein können.„ Nehmt Voltaire den Geiz, und er vermag vielleicht nicht mehr hinabzusteigen in die Seele Marope's", sagt Diderot in Rameau's Neffe", den Franzosen die Leidenschaftlichkeit, möchten wir im gleichen Sinne sagen, und sie stürmen vielleicht weder Bastille noch Tuilerien, führen kein 1789, fein 1792 auf, die dem feudalen Plunder in
-
nehmt
-
Europa den Garaus machten. Jedes Volt hat seine Individualität und muß nach ihr beurtheilt werden, und so hoch wir die kühle Ueberlegung auch zu stellen gewohnt sind, verachten wir darum nicht die revolutionäre Leidenschaft.
Goethe sagt in einem Sinngedicht, daß von Zeit zu Zeit ,, goldene Rücksichtslosigkeiten" auch ihren Werth haben. Rücksichtslos war es von den Franzosen , einen König dente, deutscher Philifter, einen König!- am hellen Tage auszupfeifen, ihn mit Spottliedern zu begrüßen, es zwed mäßig war, darüber läßt sich eben streiten.
-
-
-
ob
Durch diese Demonstration haben sich die Franzosen der Möglichkeit beraubt, Allianzen zu schließen, sagt man. ,, Wir wollen gar keine Allianzen mit den monarchischen Regierungen, antworten die radikalen ,, Schreier" um mit der Frankf. Zeitung" zu reden-, wir legen einzig und allein Werth auf die Allianz der Völker". Sehr unstaatsmännisch, aber wer weiß? vielleicht behalten diese unverbefferlichen Träumer schließlich doch Recht! Jedenfalls haben wir keinen Grund, ihnen Unrecht zu geben. Nach unserer Ansicht sind die Tumultuanten vom 29. September weit weniger für den Frieden gefährlich als die heuchlerischen Süßholzraspler Ferry und Konsorten, die mit allen Monarchien gemeinsame Sache machen möchten. Mit einem Wort, als Proteft gegen die monarchische Reaktion laffen wir die Demonstration gern gelten, als Ausfluß chauvinistischer und raffenfeindlicher Gesinnung könnten wir sie nur verurtheilen.
In der sozialistischen Preffe Frankreichs begegnen wir nicht einer Stimme, welche sich im anderen Sinne äußerte, und in den Versammlungen, welche seitdem stattgefunden haben, ist gleichfalls dieser Standpunkt festgehalten worden.
Am prinzipiellften drückt sich in dieser Beziehung Jean Alle. mane im ,, Proletaire" in einem Artikel ,, Sozialismus und Chauvinismus" aus:
„ Wir sind kalt geblieben", sagt er, gegenüber dem Empfang, der dem Sohne Marfori's bereitet worden ist, denn in diese Demonftration mischte sich eine weit stärkere Dofis von Chauvinismus und Raffenhaß als von republikanischer Entrüftung. Es war mehr der Uhlan, den die große Maffe auspfiff, als der Unterdrücker unserer spanischen Brüder. Nicht der König wurde angegriffen, die Späße der Menge gingen gegen den preußischen Oberst."
Er vergleicht dann das Verhalten der Polizei gegenüber diesen Demonftranten mit der Art und Weise, wie die Ordnungshelden gegen die Arbeiterdemonftrationen vorzugehen pflegen, und schließt:
,, Dem steigenden Wachsthum der Partei, welche an Stelle des blinden Raffenkampfes den logischeren der Klaffen sezen will, ihrer offenen und bündigen Erklärung, daß die Völker, da sie die gleichen Interessen haben, solidarisch vorgehen müssen, setzt die bürgerliche Oligarchie den Chauvi nismus entgegen und appellirt an den nationalen Haß; und bezahlte Blätter heulen Tag für Tag Unglücklichen, die morgen vielleicht weder Nahrung noch Obdach haben, vor, daß sie sich dazu hergeben sollen, Menschen auszurotten, die gleich ihnen nur ein Berbrechen begangen haben einer Handvoll Prahlhänsen zu erlauben, sich der öffentlichen Gewalt und des allgemeinen Reichthums zu bemächtigen."
Das sind Ausführungen, denen wir nur unsern vollen Beifall zollen fönnen.
Der blanquiftische" Républicain socialiste du Centre" und die in allen Ruarcen des Revolutionarismus schillernde„ Bataille" Liffagaray's sehen in der Demonstration, die sie rückhaltlos billigen, ein ,, Erwachen des revolutionären Geistes" in Paris , einen Proteft gegen den mit den Orlea niften liebängelnden Opportunismus. Jm chauvinistischen Sinne wird fie dagegen von der kleinbürgerlich radikalen Presse ansgebeutet. In diesen Kreisen, aus denen in Deutschland der Antisemitismus seine Anhänger rekrutirt, finden auch in Frankreich die nationalen Hetzer ihr gläubiges Publikum.
Die Opportunisten haben den Vorfall dazu ausgebentet, den ihnen unbequemen Kriegsminister Thibaudin zu stürzen, weil er durch sein Fernbleiben von dem offiziellen Empfang Alfonso's die Demonstranten ,, ermuthigt" habe. Das ist natürlich eitel Flunkerei, findet aber den vollen Beifall der ,, Frankfurter Zeitung , deffelben Blattes, das entrüftet darüber ift, weil seinem Besitzer aus einer ziemlich ähnlichen Ursache die Fenster eingeworfen wurden.
Ueberhaupt hätte sich die liberale und„ demokratische" Presse ihre Entrüftung über den„ Mangel an Takt" 2c. der Franzosen sparen können. Der Servilismus ist eben noch nicht überall so eingefressen wie in Deutschland . Auch haben die tugendhaften deutschen Liberalen ehedem über den Empfang, den man fürstlichen Gästen schuldet, anders gedacht. Wir brauchen gar nicht bis zum tollen Jahr" 1848 zurückgreifen, wir erinnern nur an das Verhalten des freifinnigen" Bürgerthums in den Konfliktsjahren. Besonders muthig war es freilich nicht, aber an ,, Unzartheit" ließ es nichts zu wünschen übrig. Als z. B. der preußische Kronprinz, jetzt die Wonne der Liberalen, Anfangs der sechsziger Jahre eine Rundreise durch Ostpreußen machte und das fortschrittliche Städtchen Gum binnen besuchte, wurde ihm folgender Streich gespielt, über den sich alsbald das ganze Land, soweit es liberal, höchlich ergözte. Fritchens Wagen war eben in die Hauptstraße eingefahren, als plötzlich aus einer Nebengaffe vor ihm sechs Mist wagen einbogen, so daß der„ könig Gast", wollte er nicht umkehren, gezwungen war, hinter diesen apetitt lich duftenden Fuhren langsamen Schrittes nachzufahren. Ein gran dioser Wit, nicht wahr? Unserem Geschmacke sagt allerdings die fran zösische Grobbeit mehr zu. Man weiß doch, woran man ift.
Alfonso hat es auch begriffen und sich schleunigst spanisch" gedrückt. Dann hat der offizielle diplomatische Apparat eine Zeit lang gespielt, und jetzt ist„ Alles wieder gut". ,, Man" erblickt in der französischen Re publik nach wie vor den Feind, und zwar nicht wegen des Chauvi nismus, sondern weil sie den„ turbulenten" Maffen es ermöglicht, sich zu äußern. Das hat die„ Norddeutsche Allgemeine" jüngst mit dürren Worten durchblicken lassen. Wir haben keine Ursache, ihr in dieser Beziehung Heeresfolge zu leisten.
-
Ein zweifelhaftes Rompliment. Mit der Ernennung Alphonso's zum Chef des 15. Uhlanenregiments wollte man nach Darftellung der Offiziösen dem erlauchten Gaft eine ganz besondere Ehre er weisen. Denn sein Vorgänger war Niemand Geringeres als der jüngst verstorbene Prinz Karl von Preußen .
-
Nachfolger des berüchtigten Thalerprinzen zu werden, ist allerdings eine ganz besondere Ehre. Zieht man jedoch die Heldenthaten in Betracht, die sich Madrid von Monfieur Alphons erzählt, der seinen Namen nicht mit Unrecht trägt- Alphons bedeutet in Paris bekanntlich so viel wie in Berlin Louis so wird man gestehen, daß diese Ehre keinen ihrer Unwürdigen getroffen. Und trotzdem in Paris ausgepfiffen.
-
-
Es tracht. Scharfe Beobachter unserer ökonomischen Entwickelung haben das Herankommen einer neuen ökonomischen Krise vorausgesehen. Die Nachrichten, die aus Amerika eintreffen und in England bereits bedenkliche Wirkungen erzielten, scheinen diese Voraussetzung zu bestätigen.
Jm dritten Quartal dieses Jahres tamen in den Vereinigten Staaten 1803 Fallimente vor, die zusammen einen Ausfall an Forderungen von 52 Millionen Dollars ergaben, in demselben Quartal des Vorjahres wurden 1300 Fallimente mit einem Ausfall von nur 19 Millionen Dollars angemeldet. Ein Vergleich dieser beiden Quartale ergibt, daß eine Steigerung der Bankerotte für das letzte Quartal um nahezu fünfzig Prozent, aber eine Steigerung der Passiven um 100 Prozent ftattgefunden hat. Es sind also vorzugsweise große Banterotte, welche das 3. Quartal 1883 aufzeigt.
Die Zahl der Fallimente in den ersten drei Quartalen 1883 betrug
e