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daß fie nicht die Fähigkeit befizen, sich in fremde Nationalitäten zu finden und dieselben zu gewinnen. Dem entgegen weist ein englisches Blatt( und noch obendrein ein konservatives, die ,, Saturday Review") auf Elsaß  . Lothringen   hin, dessen Bevölkerung, obgleich entschieden deutscher  Abstammung, nach 13 Jahren der Rüderoberung" durch Deutschland  , fest an Frankreich   hält, während es den germanischen Engländern nicht gelungen ist, die Frländer, moralisch zu erobern", obgleich dieselben fünf­mal solange unter englischer Herrschaft gestanden haben, als die Elsaß­Lothringer unter französischer. Das ist allerdings ein schlagender Fall. Erwähnt sei bei dieser Gelegenheit, daß die Elsaß- Lothringer über ein Jahrhundert lang die französische   Herrschaft verabscheuten und erst durch die französische   Revolution an Frankreich   gefesselt wurden. ,, Die Revolution hat uns zu Franzosen   gemacht", sagte damals ein El­fäffer. Ganz richtig war der Ausdruck nicht. Nicht zu Franzosen hat die Revolution fie gemacht, sondern zu Bürgern des Landes ber Revolution. Die Freiheit hebt das Nationalitätsprinzip" auf und setzt ein höheres an seine Stelle: das der Revolution.

- 3 weierlei Maß. Der schlesische Junker Rothenban, der ein Bauernmädchen in der schamlosesten Weise mißhandelte, wurde zu einer winzigen Geldstrafe verurtheilt. Der Berliner   Lohndiener Kegel, welcher in angeheitertem Zustand die Tochter eines Grafen zu küssen bersuchte, wurde zu einer Gefängnißßtrafe von sechs Monaten verurtheilt. Das nennt sich Gleichheit vor dem Gesetze", die bekanntlich verfassungsmäßig garantirt ist. Mit Recht meint ein Korrespondent der Berliner Volkszeitung", wenn die Berliner  Richter, welche den Lohndiener Kegel verurtheilten, den Herrn v. Rothen­han zu richten gehabt und mit demselben Maße gemessen hätten, würden fie ihn mindestens zum Tode durch das Rad haben verurtheilen müssen.

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Neue Ausweisungen. In Altona   wird das Auswei­fungsgeschäft wieder flott" betrieben. Nach den früher bereits erwähnten Ausweisungen- neben dem Zigarrenarbeiter Fehling wurden die Schuhmacher Fr. Prinz, A. Eichler und Fr. Granz, H. An­dersen und Chr. Carstensen und der wegen Verbreitung des ,, Sozialdemokrat" verurtheilte Zigarrenarbeiter H. Th. Schrig ge mit den berüchtigten Dekreten heimgesucht wird jetzt noch die Ausweisung des Zigarrenmachers Fr. Rohland gemeldet. Herr Engel, der nach unserm Artikel über die Ermordung des einängigen Wolff etwas Kleinlant geworden war, scheint sich wieder zu fühlen". Wir werden mit dem Burschen daher gelegentlich einmal wieder ein deutliches Wort reden müssen.

Gott   wird Sie segnen! Einem erst kürzlich in die Deffent­lichkeit gelangten Briefe des Kaisers des deutschen Reiches", Wilhem von Preußen, an seinen herzlieben Better, König Umberto von Italien, ent­nehmen wir folgende Stelle, die sich auf den einfachen Besuch des Königs, den er den Trümmern Jschia's abgeflattet hat, bezieht: Die Seelen­größe und das Mitgefühl hat sich durch den Besuch im größten Glanze gezeigt, als Sie Sich an den Schauplatz persönlich begaben. Gott   wird Sie ſegnen!"

Von dem deutschen   Styl des deutschen   Kaisers wollen wir hier absehen, da wir es mit einem alten Manne zu thun haben. Aber wenu man ein Heldengreis" sein will, dann klingt es doch mehr als tomisch, wenn man von Seelengröße spricht, die sich durch den Besuch eines Trümmerhaufens, als alle Gefahr längst vorüber war, im größten Glanze gezeigt habe.

Das erinnert lebhaft an die beliebten Besuche von Schlachtfeldern nach der Schlacht!

Ein köstliches Zusammentreffen. Vor einiger Zeit be­leidigte ein Braunschweiger Arzt Seine Majestät den deutschen Kaiser" in bitterböser Weise, so daß er von dem Landgericht mit dreimonatlichem Gefängniß abgestraft wurde. An demselben Tage wurde der biedere Arzt von Seiner Hoheit dem Herzog von Braunschweig" mit dem welfischen Löwenorden belohnt! Macht des Zufalls!

,, Liberale Logit. Betreffs der Verlängerung des Sozialisten­gesezes dauert die Folterqual des Liberalismus noch fort. Die widersprechenden Nachrichten, welche die Regierung in Umlauf setzt, haben zur Folge, daß die unglücklichen Liberalen zwischen Furcht und Hoffnung hangend und bangend in schwebender Pein zappeln. Daß den armen Teufeln bei diesem grausamen Trattament noch das letzte Restchen von Logit abhanden gekommen ist, kann nicht verwundern. Und sie leisten Großes in der Unlogit. Da heißt es z. B. in einem liberalen Wasch­zettel:

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,, Die Verlängerung des Sozialistengesetzes auf weitere 3 Jahre wird angesichts der Rührigkeit, welche die Sozialdemo tratie allerorts entfaltet, zur traurigen Nothwendigkeit wer­den; denn(!) eine Freude an solchen Maßregeln hat Niemand. Aber die Denkschriften, mit denen die Einzelregierungen die Verlängerung des kleinen Belagerungszustanges begründen, weisen sämmtlich auf diese wiederaufgelebte Macht der Sozialdemokratie hin." Also bei dem verzwickten Stil halten wir uns nicht länger auf das Sozialistengesetz muß verlängert werden, weil es seinen Zwed nicht erfüllt, das Wachsthum der Sozialdemokratie nicht gehindert hat! Es lebe der nationalliberale Denterschädel!

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,, Muthig und frei

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der Wahrheit getreu", ist das Motto der fortschrittlichen Zittauer Morgenzeitung", deren Rebat­teure jüngst so muthig für einen Handlungsreisenden eintraten, der mit einem 11jährigen Mädchen Unzucht getrieben hatte und sich aus Furcht vor der Strafe im Gefängniß erhängt hatte, und der Wahrheit getren" leitartikelt dieses Blatt, kaum daß die heldenmüthigen Redakteure aus dem Gefängniß entlassen waren, folgendermaßen über den Heldengreis, anläßlich deffen Regierungsjubiläums:

" Die nene Aera begann! Und als der neue Regent, dessen freiheitliche Regungen dem Volte zuvor verborgen geblieben waren, das nene Ministerium empfing und jene hoheitsvolle glüldverheißende An­sprache hielt, da kannte der Jubel des freisinnigen Preußenvolts tein Ende. Alle deutschen   Stämme blickten fortan nach der märkischen Haupt­stadt, wo der neue Regent soeben die Worte sprach: Die Orthodorie habe Heuchelei und Scheinheiligkeit im Gefolge; fie verfolge unter dem Deckmantel der Religion politische Zwecke, während die wahre Religio­fität sich nicht in Schaustellungen, sondern im ganzen Verhalten des Menschen offenbare. Und wie ward die Freude zügellos, als zum erften Male in einem deutschen   Staate vom Thron herab Worte ge­sprochen wurden wie: Preußen müsse vermöge seiner Schulen an die Spite der Jntelligenz treten. Und vollends das Gelübde: Die Welt soll wissen, daß Preußen überall das Recht zu vertreten bereit ist! Fürwahr, der Prinz- Regent hat Wort gehalten. Und wenn hier und da ein Rechtsbruch versucht wurde, dann waren übelberathene Staats­diener die Schuldigen und niemals der Verkünder jener program­matischen Sätze."

Eine schamlosere Täuschung des Voltes ist gar nicht denkbar, als sie hier muthig und frei!" von dem fortschrittlichen Blatte verlibt wird. Also ist es nicht Wilhelm gewesen, der von jener Zeit an alle Re­gierungserlaffe angeordnet hat, Wilhelm ist ganz unschuldig an dem preußischen Verfassungskonflikt, nicht Wilhelm hat die Minister ernannt, diese übelberathenen Staatsdiener", die hier und da einen Rechtsbruch versuchten", Wilhelm ist unschuldig, er hat seit seinem Regierungsantritt geschlafen.

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*) Ad oculos: in die Augen fallend; ad nares: für die Nase be mertbar.

Die tirchliche Heuchelei ist widerlich, noch ekelhafter aber ist die poli-| nungsbanditenthum, um die Verbreiter unserer Lehren, wenn man anders tische Heuchelei, und in feiner Partei wird sie so systematisch be. trieben als in der Fortschrittspartei.

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Offiziöse Fluntereien. Die ,, Provinzialtorrespondenz", in welcher unser guter Freund Puttkamer höchst eigenhändig seine Weisheit losläßt, bringt jetzt noch einen längeren Artikel über die Wahl im 19. Hannover  'schen Wahlkreise, in welchem der Sieg des Fortschritt lers über den Schüßling des Herrn von Bennigsen als eine welfisch. sozialdemokratische Mache hingestellt wird. Giftig und einfältig zugleich ist das den Sozialdemokraten unterschobene Motiv, aus welchem sie bei der Stichwahl für den Fortschrittler gestimmt haben sollen: ,, Die Sozial­demokraten wissen sehr wohl, daß für sozialpolitische Reformen gerade von den Vertetern des ,, vorgeschrittenen" Liberalismus nicht das Geringste zu erwarten ist."

So! Also die Sozialdemokraten geben bei den Stichwahlen den Geg­nern sozialpolitischer Reformen die Stimmen! Diese Be­mertung ist so einfältig, daß fie nur in dem Puttkamer'schen Organ abgedruckt werden konnte. Dugendmale haben die sozialdemokratischen Redner im Reichstag erklärt, daß sie jeder ernsthaften sozialpolitischen Reform, gleichviel von welcher Seite dieselbe komme, beistimmen würden, daß sie aber nicht geneigt seien, Bismard'sche Sozial- Quadsalbereien für sozialpolitische Reformen anzusehen. Wenn Bismarck   als Grundlage seiner Arbeitergeseze ein Ausnahmegeset gegen die Arbeiter gebraucht, wenn sein erstes pofitives" Arbeitergesez wieberum ein Ausnahmegesetz, gegen die industriellen Arbeiter gerichtet, ist, so fönnen Arbeitervertreter solchen elenden Machwerken der Herrschsucht und Unterdrückungsluft nicht zustimmen. Wenn also sozialdemokratische Arbeiter bei der Stichwahl im Otterndorfer   Kreise einem Fortschrittler ihre Stimme gegeben haben, so thaten fie das lediglich nur, weil derfelbe gegen die Bismarck  'schen Arbeiter ausnahmegesetze im Reichs­tage fich erklären wird.

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In Irland   nimmt die Entvölkerung immer grö­ßere Ausdehnung an, ohne an eine Grenzlinie gelangen zu fönnen. Die schmachvollen Landgeseze und das auf die Spitze getriebene tapitalistische Ausbeutungs- und Ausplünde­rungssystem machen Irland   für das Volk unbewohnbar, machen die Bevölkerung zur Uebervölkerung. Einerlei, wie viel Menschen es ist immer durch Hunger und Auswanderung weggeschafft werden ,, Uebervölkerung  " da! Von 1846 bis jetzt hat man die Bevölkerung von 8% auf 52 glücklich um drei Millionen reduzirt Millionen allein die ,, Uebervölkerung  " ist heute ebenso arg, als vor denn 35 Jahren, wo die Kartoffelkrankheit ausbrach. Ja, noch ärger die Auswanderung hat zur Folge gehabt, daß die kräftigsten Altersklassen, die zwischen 18-50 Jahren, verhältnißmäßig schwach vertreten sind, wäh­rend dagegen ein, das normale Verhältniß weit übersteigender Prozentsatz von unerwachsenenen und Alten vorhanden ist. Die Blüthe des Volkes ist aus dem Lande getrieben; und die gelichteten Reihen der Arbeitsfähigen haben eine unverhältnißmäßige Maffe von Arbeitsunfähigen zu erhalten. Diese Thatsache, welche der letzte Zensus an den Tag ge­bracht hat, läßt nicht blos die Entvölkerung größer erscheinen, als die nackten Ziffern es thun, sondern bekundet zu gleicher Zeit auch einen viel höheren Grad von Ueber völkerung, denn die arbeitsun­fähigen Kinder und Greise sind in dieser besten der Welten zu viel". Und so wird das überflüssige" Volt weiter und weiter aus dem Lande fortgetrieben, bis zuletzt nichts anderes mehr da sein wird, als die Grundeigenthümer mit ihren Ackerbaumaschinen und den zu deren Bedie nung nöthigen Lohnsklaven!

Entvölkerung oder Revolution, das ist heute die Wahl, vor die Jr­land gestellt ist, und wer es nicht mit der Partei der Landlords hält, Idem kann die Entscheidung nicht schwer fallen.

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Der Sozialismus in Schweden  . Aus Kopenhagen  , im September, schreibt man uns: Es ist vielleicht von Intereffe für die Leser des Sozialdemokrat", etwas über die Verhältnisse hier im hohen Norden zu erfahren, und ganz besonders über den Stand unserer Sache im eigentlichen Skandinavien  . In diesem Lande, welches halb Europa  und theilweise auch Amerita mit billigen Arbeitskräften förmlich über­schwemmt, tannte man bisher den Sozialismus kaum einmal dem Namen nach, bis im Herbst 1881 ein Schneider  , Namens August Palm  , ein geborner Schwebe, welcher sich Jahre lang in Deutschland   und Dänemark   aufgehalten und dort den Sozialismus studirt hatte, hinüber reiste und mit wirklich bewundernswerthem Eifer und sehr seltener Aus­dauer eine Bewegung ins Leben rief. Wenn dieselbe auch noch Manches zu wünschen übrig läßt, so hat sie do schon so weit um sich gegriffen daß die gesammte Bresse derselben ihre Aufmerksamkeit widmet und in nichts weniger als liebevollen Ausdrücken ihre Wuth zu erkennen gibt darüber, daß die bisher so gefügigen und genügsamen schwedischen Ar­beiter, diese Schreckgespenster für alle nordischen Arbeiter, jetzt auch an­fangen, über ihre Lage nachzudenken, und dieselbe nach Kräften zu ver­bessern trachten. Am 19. September war Balm hier und hielt im Versammlungs- Bane einen Vortrag über den Stand der Dinge in Schweden  . Als Palm im Herbst 1881 nach Malmö   gereift war, und dort eine Versammlung gehalten hatte, zollte ihm die dortige Presse( ver­muthlich nur, um ihn zu födern) Beifall, man nannte ihn einen ver­ständigen und gebildeten Mann, was bekanntlich viel sagen will, und stellte sich überhaupt auf freundschaftlichen Fuß zu dieser Neuheit". Das sollte indeffen nicht lange dauern, denn als Palm in einer zweiten das Wydener Versammlung sein Programm entwickelt hatte"

war's mit der Freundschaft aus, man erklärte Alles für Thorheit, und ,, den Schneider" reif fürs Irrenhaus. Von Malmö   zog Palm nach Stocholm, begleitet von den Verwünschungen und Berhöhnungen der Preßmente, welche ihm in Stockholm   einen mehr als fühlen Empfang bereitete. Er tonnte dort tein Lokal zu einer Versammlung bekommen und mußte am 2. Weihnachtstage eine Versammlung im Walde ab­halten; aber obgleich die Presse ihn unbarmherzig verspottet hatte, war doch diese Versammlung von über 1000 Personen besucht und hatte einen guten Erfolg, denn jetzt stellten ihm die Tischler ihr Lokal zur Verfügung, wogegen weder Polizei noch Kapitalisten etwas ausrichten fonnten. Von Stockholm   ging's nach Göteborg  ( Gothenburg  ), wo P. nach langem Suchen eine alte Methodistenkirche miethete, um dort seine Vorträge zu halten. Durch Polizeichikanen wurde er indessen bald wieder aus Gothenburg   vertrieben, und zog im Frühjahr 1882 wieder nach Malmö  , wo er mit nur 120 Kronen Betriebskapital ein Blatt, Der Voltswille", gründete. Dies überstieg indessen doch seine Kräfte, und nachdem er buchstäblich Alles, was er besaß, darauf ver­wendet hatte, mußte das Blatt, zum großen Gaudium der ganzen gegne­rischen Preffe, eingehen. Allein wenn man geglaubt hatte, der Sozialis­mus sei nun auch ,, taput", so erfuhr man nur zu bald, daß man sich schwer getäuscht. Denn nun erst beginnt Palm's Hauptthätigkeit. Er unternahm jezt eine Agitationsreise durch fast ganz Schweden   und hielt in 140 Tagen nicht weniger als 79 Versammlungen ab; die Kosten dieser Rundreise brachte er dadurch auf, daß er diverse Tausende Erem­plare feines eingegangenen Blattes an den verschiedenen Orten ver­taufte, wo sie reißenden Absatz fanden. Ebenso fanden seine Lehren überall Anerkennung und theilweise auch Verfechter bei den Arbeitern, wie z. B. in Kalmar, Karlstrona, Helsingborg  , Stock­ holm  , Oskar hamm und Orebro  , wo Vereine zur Verbreitung des Sozialismus gegründet wurden. Leider aber vermochten diese Vereine, mit Ausnahme der beiden ersten, nur ein kümmerliches Dasein zu fristen, da es an geeigneten Kräften fehlt, sowie auch an Mitteln, die vorhan­denen Kräfte entweder auszubilden oder in materieller Hinsicht zu unter­stützen; denn wie überall verbindet sich auch hier das gesammte Ord­

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ihnen nicht beikommen taun, auszuhungern; die Polizei legt natürlich auch alle möglichen Hindernisse in den Weg, wobei sie sich nicht selten geradezu lächerlich macht. So z. B. in Helsingborg  , wo man verbot, Dänen zur Versammlung zuzulaffen,( als ob die Handvoll Dänen gefährlich seien), sowie eine rothe Fahne aufzuhiffen,( ganz wie bei uus) u. s. w. In Landskrona   verbot man die Abhaltung einer Versammlung unter freiem Himmel und schickte sich an, das Publikum mit Gewalt zu ver­treiben; indeffen überließ der Besitzer eines alten Stalles diesen an Palm, so daß die Versammlung dennoch zu Stande tam. Glücklicher war Palm in Upsala, wo mehrere sehr gute Versammlungen abgehalten wurden, und wo die Studenten sich sehr für Freiheit und Recht ein­über­genommen zeigten und offen mit den Arbeitern fraternifirten; haupt sind die standinavischen Studenten lange nicht so verkommen wie die deutschen  , welche bekanntlich in Servilität unter aller Kritik sind. In Stockholm   find es die Arbeiter selbst, die, in ihrer unsäglichen Ver­blendung, geführt von dem früheren Branntweinhändler Smith, in sogenannter Selbsthilfe machen, noch alles Heil von Sparkassen, Konsum­Vereinen u. dergl. erwarten und der Agitation die größten Hindernisse in den Weg legen. Bei der in Schweden   herrschenden grauenhaften Un­wiffenheit kann immer noch geraume Zeit hingehen, bis die Arbeiter einsehen gelernt haben, was man eigentlich unter Selbsthilfe verstehen soll; bis dahin muß aber die junge schwedische Partei kräftig unter­stützt werden und richten wir daher an alle im Auslande lebenden Standi­navier( besonders in Amerika  ) die dringende Bitte, ihren Landsmann durch Geldbeiträge zu unterstützen, da derselbe sonst ohne Hilfe von außen trotz seiner Tüchtigkeit und seiner beinahe beispiellosen Opfer­willigkeit, seiner Aufgabe auf die Dauer nicht gewachsen ist. Wir richten an sämmtliche Arbeiterblätter die Bitte, diese Aufforderung abzudrucken. Beiträge sind zu senden an August Palm  , Oestraforstaden 25 litr. D., Malmö  , Sverige.

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Jm Uebrigen gibt es hier wenig Neues. Die Zigarrenmacher streifen noch immer( beinahe ein halbes Jahr) und ist noch kein Ende abzu­sehen; es find wohl von Seiten der Fabrikanten Anerbietungen gemacht worden, allein dieselben waren zu jüdisch", als daß man hätte darauf eingehen können. Hoffen wir, daß die Arbeiter bald fiegen. Die Zim­merer haben gefiegt. Nächstens mehr. Mit sozialdemokratischen Gruß! F. v. K.

Korrespondenzen.

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Berlin  , Anfang September. Wir haben hier zwei tüchtige Agita­tatoren für den Sozialismus in der Gestalt zweier Arbeiter schinder schlimmster Sorte. Es sind dies der seit Jahresfrist - Köpniderstr. 137­in der Ad. Behmer' schen Steinnußtnopffabrit fungirend Werkführer Eichler, sowie dessen Adjutant, der Buchhalter Baude. Der Erstere ist selbst dort Arbeiter gewesen; der vorige Werkführer hatte ihn aus Mitleid angenommen und ihm Rock und Hose geschenkt, damit er sich auch auf der Straße sehen lassen konnte, was ja selbstverständlich keine Schande ist. Schande ist es vielmehr, daß der Bursche vollständig vergessen hat, wie einem armen Arbeiter zu Muthe ist, seit es ihm durch Schmarozzerei, Schmeichelei 2c. gelungen ist, sich zu der jetzigen Stellung aufzuschwingen. Sie Ochse, Esel, Rindvieh, Hallunte und ähnliche Ausdrücke sind täglich an der Tagesordnung, natürlich nur im Komptoir, wo ein Einzelner nicht zu widersprechen wagt, wenn ihm feine Familie lieb ist und er nicht durch diesen Lump auf's Pflaster ge­worfen werden will. Dabei versteht der Hallunke von der Arbeit soviel wie gar nichts; er hat es nur den alten, langjährigen, geschulten Arbeitern zu verdanken, daß er noch im Sattel fitt. Sein Vorzug besteht nämlich darin, daß er beim Militär soviel wegbekommen hat, daß er eine leid­liche Handschrift schreibt. Von solchen Tröpfen müssen wir uns das Geschilderte gefallen lassen, um uns auf eine ehrliche Art ernähren zu

fönnen!

Der zweite Agitator, angeblich Kaufmann, war noch vor Jahresfrist froh, als Arbeiter zu fungiren, trotzdem er wenig verdiente, weil er das faule Leben gewohnt war; von dem Wenigen entzog er noch oben­drein die größere Hälfte seiner Familie, damit er seiner Lust fröhnen konnte, und brachte seine Familie durch eigene Schuld bald dem Ver­hungern nahe. Er ist ein wahrer Satan in Menschengestalt, seine Bruta­lität spottet jeder Beschreibung. So verbot er jüngst bei einem unter den Arbeitern entstandenen, durchaus harmlosen Wortwechsel einem sich beleidigt fühlenden Arbeiter( Familienvater) den Mund, und als dieser sein Recht zu wahren suchte, ergriff der rohe Patron einen 4-5 Kilo schweren eisernen Vorsatz und rief: Wenn Sie jetzt nicht sofort das Maul halten, so schmeiße ich das Ding da an Ihren verfluchten Schädel, Sie Lümmel!" Auf die Erwiderung des Arbeiters, er wäre nicht sein Lümmel, Arbeiters zur Folge hatte. wiederholte der Bursche frech diese Worte, was eine solenne Brügelei zwischen Beiden und die Entlassung des Dann drohte der rohe Patron hinterher:" Die Backzähne hätte ich ihm einschlagen sollen. Die Arbeiter müssen noch viel flogziger und gröber behandelt werden!"

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Das sind wirklich nette Zustände in unserem zivilisirten Berlin  , in einer Fabrik, deren Chef bisher stets von seinen Arbeitern ohne Unter­schied gelobt wurde. Aber wahrscheinlich wird der Mann kein Wort von diesen Dingen wissen( oder sollte er es nicht wissen wollen?), denn wüßte er es, so wäre es seine Pflicht, diesen Flegel gebührend aus seiner Fabrik zu verweisen; so scheint aber Alles durch den Werkführer Eichler unterdrückt zu werden.

Herr Behmert hat zwei gute Agitatoren für die hiesige Sozial­demokratie. Mancher von den Arbeitern, die bisher schlummerten, ist jetzt erwacht und sieht endlich ein, daß die Zeit nicht mehr fern sein Rinaldo. tann, wo unsere Erlösungsstunde schlägt.

- Stötterik- Leipzig  . Seit sehr geraumer Zeit ist von Stötterit kein Bericht mehr in's Parteiorgan gekommen, so daß es endlich ange­messen erscheint, unsere Rechte geltend zu machen, damit die Genoffen von auswärts erfahren, daß wir auch noch da sind. Denn wir find stramm am Blaze und unsere Reihen stärker denn je. Arbeiten doch unsere Gegner mit Hochdruck für uns!

Unser Bericht soll zunächst einem Erzmuder, unserem Beichtvater, Paftor Lochmann, einen Ehrenplatz" anweisen. Zuvor muß ich erwähnen, daß P. Lochmann schon in frühester Jugend als Student ein Ausbund von Tugendhaftigkeit war. Damals wohnte hier ein Ehepaar in den ärmlichsten Verhältnissen( der Mann war Maurer), so daß auch die Frau nach Erwerb gehen mußte, und zwar hausirte sie mit Kuchen, welche die Studenten ihr abkauften. Student Lochmann bewohnte auf dem Grim­maischen Steinweg in Leipzig   ein möblirtes Zimmer und war ein sehr fleißiger Konsument des süßen Gebäcks. Er knüpfte mit der Kuchenhänd­lerin ein Verhältniß an, welches nicht ohne Folgen blieb. 2o ch mann wurde nach Absolvirung des Examens hier angestellt. Die betreffende Frau machte tein großes Geheimniß über ihren Verführer, so daß die hiesigen Einwohner viel Stoff zur Unterhaltung über die Sittlichkeit ihres Pfaffen bekamen und fich Biele auch ganz unzweideutig darüber aussprachen. Doch mit der Zeit war Gras darüber gewachsen, und das Thema wurde erst wieder berührt, als Lochmann's unehelicher Sohn die Schule besuchte und dort den scheußlichsten Mißhandlungen seitens seines Vaters aus­gefegt war. Später verheirathete Lochmann seine Tochter an den noto­rischen Listling und Advokat Dr. Täschner in Leipzig  . Derselbe hatte kurz vorher ein Dienstmädchen geschwängert, worüber Pastor Loch­mann, der Verkünder des Evangeliums der ,, christlichen Liebe", den drastischen Ausdruck gebrauchte: Das konnte das dumme Ding doch vorher wissen, daß so ein reicher Mann solch ein Mädchen nicht heirathen tann!" Nun, edle Seelen finden sich bekanntlich; betam doch Lochmann's Tochter einen reichen Mann, und andere Eigenschaften, als das liebe Geld, kommen ja nicht in Frage. Was schadet's denn auch, wenn der Herr Schwiegerfohn Maitreffenwirthschaft treibt, ist doch die Tochter eine feine Dame" geworden, hat eine eigene Loge im Theater u. s. w. Ehre ist ein dehnbarer Begriff!

Und nun zu einer anderen Sache.

Ende Juni fand hier ein allgemeines Schulfest statt. Sammelboten gingen von Haus zu Haus, von Familie zu Familie, um die Koften des