unter Anführung des Schmidtfreundes Paul in seiner Wohnung überfallen und nach einer längeren, natürlich resultatlosen Haussuchung, verhaftet. Zwei Tage verher waren an verschiedenen Orten in Dresden  geschriebene" Plakate" und Bettel aufrührerischen Inhalts" angeklebt oder ausgestreut worden, und Regel sollte bei der Herstellung dieser Bolts Deliktskörper thätig gewesen sein. Die Polizei behauptete nämlich, seine illiger Handschrift darauf entdeckt zu haben.

84.

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Ein ,, Sachverständiger" erklärte auch richtig, die betreffenden Schrift­aupt ftücke seien von Regel geschrieben. Daraufhin wurde die Untersuchung Beifall gegen Regel eröffnet; er tam aber vor einen vernünftigen Untersuchungs­assen, richter, der sehr bald die Unwahrscheinlichkeit der Anklage erkannte, und die nach Umstoßung des ersten Sachverständigen- Gutachtens und nach Ab­eine hörung verschiedener Entlastungszeugen, darunter Bebel und Liebknecht, lichen die Entlassung Kegels anordnete.

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Gegen das Verfahren der Richter, insbesondere des Untersuchungs­hnen, richters, tann kein Vorwurf erhoben werden trotzdem liegt hier ein hter" gemeiner Willkürstreich vor und ist Kegel das Opfer eines Bubenstücks. dar Die Polizei wußte nämlich von vornherein, daß er mit den betreffenden Stripturen nichts zu thun hatte, nichts zu thun haben edere konnte. Zwar hat die Handschrift auf einem Theile derselben mit der Form, Handschrift Regel's bei oberflächlicher Betrachtung eine gewisse Aehnlich­tehen teit, allein bei genauerer Betrachtung stellt sich sofort die Verschiedenheit auf heraus und die Unmöglichkeit, daß Kegel diese Skripturen verfertigt en haben kann.

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Der Sachverständige, welchen die Polizei zuzog, ist ein charakterloser der Stümper, der sich auf Handschriftenvergleichung gar nicht versteht und tische schon wiederholt die skandalösesten Böcke geschossen hat. eftre

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Noch wichtiger und ausschlagender als dieses äußerliche Moment iſt aben der Inhalt und die Natur der sogenannten ,, aufrührerischen" ,, Plakate" Iches und Bettel". Diese enthalten nämlich reinen Blödsinn, so daß offs wir zu der Annahme gezwungen sind, sie rühren von Leuten her, die tei, der Politik und dem Parteileben ganz fern stehen. Während hat es in dem einen der aufrührerischen Plakate" heißt: weil man ,, unsere mir Abgeordneten" im Landtage brutal niederbrüllt", müssen wir die ich, Steuern verweigern"( sozialdemokratische Steuerverweigerung!), werden I als in anderen ,, aufrührerischen" Schriftstücken diese nämlichen Abgeordneten mit dem Messer einer neuen Charlotte Corday  ( der Mörderin des An­chten archisten- Heiligen!) bedroht und was der Widersprüche mehr sind. Dabei wimmelt es in den ,, aufrührerischen Plakaten"," Betteln" und sonstigen das Schriftstücken von den naivsten Dummheiten, wie sie höchstens auf dem e al Mist einer in höchster Potenz ,, angeheiterten" Karnevalsgesell= Und schaft gewachsen sein können. Wer dieses Zeug liest, und auch nur die die primitivsten Kenntnisse der politischen Dinge hat, merkt sofort, daß okrat es sich hier um einen einfachen ulk  " handelte.

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Sogar einem Paul mußte das klar sein. Wenn man dessen ungeachtet Re: Kegel behaussuchte und verhaftete, so geschah das Seitens der Paul und orne   Ronsorten nicht in gutem Glauben, sondern zu irgend einem bestimmten tepu 3 wed, mit vollstem Bewußtsein, daß Kegel unschuldig war. tische dieser Zweck war, läßt sich errathen, wenn man erwägt, daß der Etat des Innern, sammt dem Polizei- Etat und der dazu tie gehörigen ,, Affäre Schmidt" in einer der nächsten Sitzungen rr des Landtags zur Verhandlung kommen mußte, und daß Kegel der ver Polizei als Korrespondent verschiedener Zeitungen bekannt war.

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Das ist der Schlüssel des Räthsels. Die Polizei wollte sich für die einer fritische Zeit einen unbequemen Journalisten und Berichterstatter vom nach Halse schaffen. Weiter hatte es keinen Zweck. Der Etat des Innern stem tam auch richtig zur Debatte, währenddem Genosse Kegel noch in Haft

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war.

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lben Bismarc'sche Polizeilogit. Die österreichische Polizei­die wirthschaft hat Stellmacher zum Schießen gebracht, ergo muß das Sozia emo listengeset in Deutschland   verlängert werden." Das heißt: aus Furcht vor den Wirkungen will man in Deutschland   fortsetzen, was in Desterreich die Ursache gewesen. Nun Bismarck   braucht das iger Sozialistengesetz und es ist sogar wahrscheinlich, daß dasselbe wesentlich gend verschärft wird. Wie wär's, wenn die deutsche Sozial: D emokratie die Staatsverbrecher, welche so eifrig Wind cung Fent fäen, nicht länger daran verhinderte, Sturm zu ern= and, ten? Die deutsche Sozialdemokratie braucht nichts zu thun, fie als braucht blos zu unterlassen. Und kann man uns auf unbestimmte tom Beit zumuthen, unserer Feinde Hüter" zu sein, sie Eung vor den Folgen ihrer verbrecherischen Thorheit" eien zu bewahren?

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Der Krieg mit Amerika   nimmt seinen Fortgang. Die der Bismarck  'sche Presse nennt den amerikanischen   Gesandten in Berlin  , Sargent, einen Gauner im großen Stile; die amerikanische   Presse ren bleibt nichts schuldig und nennt Bismarck   einen der unverschämtesten taat Lümmel, der ihr je vorgekommen; einen Dieb, der unterschlägt, was das man ihm anvertraut, die Liberalen aber benehmen sich so, als erfi ständen sie bereits unter dem Kriegsgesete. Statt energisch gegen die Bismard'sche Gemeinheit Front zu machen, schlagen sie ihre jämmer­fich lichsten Klagetöne an und erhoffen eine gütliche Beilegung des Kampfes von der Vernunft" der Amerikaner, welche auf die Bismarc'schen Un­chte verschämtheiten nicht reagiren soiler Das heißt: sie muthen entweder der: dem amerikanischen   Kongreß ganz selbe Hundedemuth zu, wie sie Otto

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ließ. Dasselbe war eine Zeit lang in allen Retiraden der tschechischen Bezirke zu finden.

Wir haben nicht so viel überflüssiges Geld, um die ,, kaiserliche Bot­schaft" auch auf weiches Papier drucken zu lassen, aber sie hat für uns teinen höheren Werth als ein solches Papier.

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Die Korruption der guten" Gesellschaft ist jüngst wieder durch einige recht nette Geschichtchen illustrirt worden. In dem hocharistokratischen Petit- Club in Paris   ist eine Gauner= bande entdeckt worden, die, aus den obersten Zehntausend, Prinzen, Grafen 2c., sich rekrutirend, in demselben durch falsches Spiel das Glück ,, korrigirte". Die Sache kam nur durch ungeschicklichkeit in die Deffentlichkeit und wurde wieder vertuscht sie ist nichts un­gewöhnliches mehr.

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Und ebensowenig ungewöhnlich und natürlich noch weniger ver­brecherisch ist es, daß eine alte Hure, die Madame Theresa, ihre Kollegen von der Feder, die Pariser   Journalisten, zu einem Festessen einladet und daß diese auch vollzählig erscheinen!

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Gott   sei Dant, daß ich nicht bin wie diese verkommenen Wälschen!" ruft pathetisch die deutsche Presse; in Wahrheit kommt aber all' Das, was man in Frankreich   findet, auch anderswo vor und es hat gar keine Nation der anderen etwas vorzuwerfen. Daß die Gemeinheit der guten" Gesellschaft international ist, das beweist folgende Notiz, die durch die deutsche Presse geht:

,, Seit länger als 50 Jahren ist es bei reich gewordenen Ameri­fanern zur Manie geworden, ihre Töchter mit irgend einem, wenn auch noch so verkommenen Sprößling der europäischen   Aristokratie zu verheirathen. Zu diesem Zwecke müssen die jungen Damen einen Winter in Washington   verleben oder einen Sommer Europa   be­reisen, und da der Finanznoth blasse Wehmuth für die europäische  Aristokratie mit jedem Jahre drückender wird, so brauchen Die, welche auf einen solchen Fang ausgehen, auch gar nicht lange zu fischen, und die lange Liste von Amerikanerinen, welche heute zur europäischen   Aristokratie gehören, zeigt, daß in den letzten zehn oder fünfzehn Jahren der Titelfang von den Töchtern Amerika's  systematisch betrieben wurde.".

. ,, Es mag nicht allgemein bekannt sein, aber es ist nichts­destoweniger eine offenkundige Thatsache, daß die meisten dieser Heirathen mit europäischen   Aristokraten für die amerikanischen   Mäd­chen sehr unglücklich ausfallen. In sehr vielen Fällen sind die be= treffenden Edelleute ihrem Charakter nach das Gegentheil dieser Bezeichnung. Frl. Motley wurde von dem Grafen von Haz­feld verstoßen, weil sie nicht Zutritt zu den Hofkreisen hatte; eine andere wurde bald nach dem Honigmonat verlassen und ihr edler Graf verjubelt das Geld, mit dem er erkauft wurde, mit Pariser  Dirnen; eine dritte Amerikanerin wurde von ihrem noblen Grafen in ein Frrenhaus gesperrt und erst durch die Einmischung des ame= rikanischen Konsuls befreit. Noch eine andere Amerikanerin starb nach kurzer Che und ihr Gemahl lebt jetzt mit einer Pariser   Kokotte, welche als Erzieherin(!) des der Ehe entsproffenen Töchterchens fungirt. Kürzlich wurde die verstoßene Gattin eines italienischen Grafen   in Paris   gefragt: Sind Sie eine Verwandte der Gräfin So und So?" Die Gräfin hörte den Namen ihres Mannes, sagte aber kühl: Durchaus nicht." Denn sie wußte, daß sie von einer amerikanischen   Abenteuerin ausgestochen worden war, welche jetzt mit ihrem Grafen herum reiste und ihren Namen und Titel usurpirt hatte. Wie die Korrespondenz des World" berichtet, stehen die Italiener am Heirathsmarkt am höchsten und die Deutschen  am niedrigsten; so ein armer Maccaroni- Schlucker" läßt für das Geld Alles mit sich machen, der Deutsche   aber glaubt immer noch, daß er bei dem Handel übervortheilt worden sei." Ein Bordell ist also die ,, gute" Gesellschaft, in welchem sich nicht blos Frauen, sondern auch Männer verkaufen, dieselben Männer, die Euch regieren, Proletarier, die Euch mit Fußtritten regaliren und die es hinausposaunen, daß Eure Herrschaft das Ende der Kultur, das Ende der Moral bedeute!

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Daß die gute" Gesellschaft ein Bordell ist, das war längst ein öffent­liches Geheimniß, aber neu ist, daß diese Gesellschaft so sehr alles Scham­gefühls verlustig gegangen ist, daß sie nicht einmal mehr den Schein wahrt und daß sie die Prostitution natürlich nur die der Besitzenden nicht einmal mehr als eine entehrende Thatsache, sondern als eine ,, Pifanterie" betrachtet, welche man dem ,, Mob" gar nicht vorzuenthalten braucht!

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Ueber Wohlthätigkeitsbazare schreibt unser englisches Bruderorgan, die Justice", anläßlich eines solchen, den die Spißen" der guten" Gesellschaft Englands jüngst in London   zu Gunsten eines Hospitals abgehalten: Einige Zeitungen haben offen mit Recht erklärt, daß der Bauernjahrmarkt( den der Wohlthätigkeitsbazar darstellte) zu Gunsten des Westendhospitals, nichts war, als eine elende frivole Heuchelei. Diese noblen Weiber scheinen unfähig, zu verstehen, daß das Volf genug und übergenug von dieser Buhldirnen- Barmherzigkeit( nure­tricions charity) zu bekommen hat, welche selbst nicht ein Almosen für den Lohnsklaven spenden kann, ohne mit ihrem übermäßigen Lugus zu prunken und ihre schwach verhüllte Lüderlichkeit zur Schau zu tragen. Wenn der Arbeiter Prinzessinnen und Gräfinnen als Bäuerinnen,

bald der deutsche Reichstag   besitzt, oder aber, sie erklären ihren großen Die Schenkmädchen und verführerische Verkäuferinnen figuriren sieht, muß

ben für unzurechnungsfähig und deshalb nicht für ernst zu nehmen um wenigstens für Ausländer nicht.

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Indessen aber schimpft die Bismarck  'sche Presse, allen voran die Nord­für deutsche   Allergemeinste, auf die hochverrätherischen" Liberalen, die nicht nds, einmal so viel Patriotismus" besäßen, um den ersten deutschen tle Staatsmann" in seinen Bestrebungen zu unterstüßen, den Sachsenwald ven zu nationaler Saumast zu fruttifiziren. O über die vaterlandslose Inter­nationale, welche die echt deutsche gemüthvolle Sau dem gemüthlosen urch Yankee- Schwein preisgibt! O du staatsmännische Trichine Du!

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Lassalle und das Königthum. Anläßlich unserer Notiz und über die Berufung auf die kaiserliche Botschaft in Nr. 5 Dill; ds. Js. erhalten wir von einem alten Parteigenossen eine Einsendung. mfte Dieselbe widerlegt zwar das, was wir gesagt, nicht, da es uns nie ein­ren gefallen ist, zu behaupten, Lassalle sei kein Republikaner gewesen, und Dzia da die Einsendung nicht die Ronsdorfer Rede behandelt, die wir in des erster Linie im Auge hatten( siehe S. 25 und 26 der Rede, die ent­eden scheidend sind); die Einsendung bietet jedoch eine interessante Reminiszenz das und zeigt, wie man die kaiserliche Botschaft zu behandeln hat. Sie möge Vor daher hier folgen:

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In Nr. 5 des ,, Sozialdemokrat" in dem Artikel: Berufung auf die taiserliche Botschaft" wird unter Anderem gesagt:" Der größte Fehler Lassalle's   war, daß er auf die Versprechungen des Königs von Preußen pochte."

Derjenige, der dieses schreibt, hat Lassalle   nicht gekannt. Es war in jener Versammlung, mit welcher der restaurirte Leipziger   Saal einge­weiht wurde, in welcher Lassalle das Versprechen des Königs von Preußen in Gestalt eines Bürstenabzugs aus seiner hinteren Rocktasche zog, es ch der Versammlung vorlas und am Ende mit nicht mißzuverstehendem ten Blicke und Betonung sagte: Nun, meine Herren, Sie wissen, daß könig­des liche Worte auch Geltung haben!??" Ein markdurchschütterndes Bravo machte den Saal erbeben, dazwischen hörte man Rufe: Ja, durch blaue vir Bohnen!" Auch Lassalle wurde von diesem siegesgewissen Rausche der ung Arbeiter berührt und warf sein bekanntes: Schon hör ich den Massen schritt" u. s. w. hinein. Währenddem faltete Lassalle   das Stück Papier  aus in Form eines Wisches zusammen und steckte es mit einer darauf ußte hinzielenden Gefte wieder in die hintere Rocktasche.

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Lassalle's   ganzes Wesen war aufrichtiger Repu blitanismu 3."

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Wir wollen dazu bemerken, daß auch die Bourgeoisie mitunter solche hochverrätherische Anwandlungen hat, wenn die ,, Majestät" ihr nicht zu Willen ist. Ein sehr ähnliches Beispiel liefert das Neskript Franz Josef's des ganz Gescheidten von Desterreich vom 12. September 1871, in welchem dieser das böhmische Staatsrecht anerkannte. Einen Monat später war das Ministerium Hohenwart, das dieses Reskript in Wahr­heit erlassen, in Folge ungarischer Einflüsse gestürzt, und das kaiser­liche Wort", welches im Reskript gegeben worden, blieb unerfüllt. Dar­war die tschechisch- nationale Partei so erbittert, daß sie das kaiser­

über

ſten liche Reskript auf weiches Papier drucken und massenhaft verbreiten

er mit Recht sagen, daß es eine doppelte Erniedrigung für ihn ist, durch die Armuth gezwungen zu sein, Almosen von solchen Kreaturen hinzunehmen. Dieselben, welche dem Arbeiter den Ertrag seiner Arbeit rauben, beleidigen ihn durch ihre Gaben."

Treffliche Worte, die sich im Grunde auf jegliche Art praktischen Christenthums", welches das höhere Gesindel übt, anwenden lassen.

Internationale Arbeitsgesetzgebung. Anknüpfend an das Zirkulär der schweizerischen Arbeiterpartei erläßt die sozialistisch­revolutionäre Föderation des Zentrums der Arbeiterpartei Frankreichs  einen Aufruf zum Studium und zur Propagirung der Idee einer inter­nationalen Arbeitsgesetzgebung. Gerade jezt, heißt es in demselben, sei diese Frage von doppelter Wichtigkeit. Der ungesunde Zustand der Industrie in Frankreich   und den übrigen Staaten Europas  , der die Folge einer zügellosen und anarchistischen Ueberproduktion ist, erheischt gebieterisch die internationale Einschränkung der Arbeitszeit.

,, Die ökonomischen und politischen Krisen, welche die Länder der tapitalistischen Zivilisation zu erschüttern beginnen, erheischen gebieterisch eine Berständigung des organisirten Proletariats, um die Pläne der Bourgeoisregierungen zu durchkreuzen, die, um den Schwierigkeiten der Lage im Innern zu entgehen, es versuchen werden, durch einen euro­ päischen   Krieg die Völker gegen einander zu hetzen."

Dieser Ausdruck echt internationaler Gesinnung ist um so erfreulicher, als gerade in Frankreich   die nationale Verhegung der Arbeiter seit einiger Zeit mit Vorliebe betrieben wird, und nicht nur von gewiſſen­losen Bourgeois, sondern auch von manchem, der sich Sozialist nennt.

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Herr Peutert besorgt ungenirt auch weiterhin in der Schweiz  die Geschäfte der österreichischen   Regierung. Was füm­mern den ,, edlen Märtyrer" die Ausweisungen und Verhaftungen unter den Wiener   Arbeitern?! Er ist in Sicherheit.

Mögen die Proletarier verhungern! Die Herren Peutert und Genossen betrachten das ,, skrophulöse Gesindel" im besten Falle doch nur als Kanonenfutter, als Revolutionsdünger, aber manchem dieser Kumpane erscheint es nur mehr als Waare, die man der meistbietenden Polizei versch a chert. Wer seine Prinzipien und seine Genossen eines augenblicklichen Vortheils wegen gelegentlich verleugnet( vide Engel, Pfleger, Stellmacher), der ist auch im Stande, sie zu verrathen.

Zur Nachahmung. Der deutsche Arbeiterbildungsverein Winterthur   hat in seiner außerordentlichen Generalversammlung am 16. Februar folgende Resolution zum Beschluß erhoben:

,, Der Verein erklärt hiemit, daß er mit anarchistischen Prinzipien nicht einverstanden ist und die Taktik der Anarchisten verabscheut, indem dieselben der gerechten Arbeiterbewegung nur Schande und Schaden bringt; er beschließt in Folge dessen den Ausschluß sämmt= licher Anarchisten aus dem Verein."

Konsequenz. Eine naheliegende Neugierde veranlaßte uns, das, was in der jetzt erscheinenden dreizehnten Auflage des Brockhaus­

schen

Konversationslegitons über Ausnahmegeseze ge= sagt wird, mit dem zu vergleichen, was in der elften, 1864, erschienenen Auflage darüber steht. Da fanden wir denn Folgendes:

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Elfte Auflage:

Alle derartigen Maßregeln sind mit Ausnahme des Falles, wo das Bedürfniß der Zusammenfassung aller Kräfte gegen den a u s- wärtigen Feind den Kriegszustand nothwendig macht, schon deshalb verwerflich, weil sie die regelmäßigen Gewalten durch die Anschuldigung der Ohnmacht oder Widerwilligkeit herab­setzen, dem Parteiübermuthe die Zügel schießen lassen und durch Mißachtung des Rechts die Ord= nung, welche sie angeblich schüßen wollen, erst recht gefährden." Dreizehnte Auflage:

,, Alle derartigen Maßregeln sind immer bedenklich und ge= fährlich, weil sie die Ohnmacht der normalen Rechtsordnung voraussehen und leicht zu Parteizwecken mißbraucht werden können; aber sie sind in Nothfällen ebenso un­vermeidlich, wie ungewöhnliche Beschränkungen, welche der Arzt der Freiheit eines Fieberkranken auferlegt. Diese Wandlung des von wissenschaftlichen" Kräften hergestellten Konversationslerikons ist recht bezeichnend. Was 1864 wegen seiner Folge unbedingt verwerflich war, gilt jetzt nur mehr für bedenk­lich, weil es die Ohnmacht der normalen Rechtsordnung ,, voraussetzt!" Wie schön um die Schwierigkeit herumgedrückt! Und was 1864 nur geeignet schien, die Ordnung, die angeblich geschützt werden sollte, zu gefährden, das gilt heute als unvermeidlich, ja wenn das weiß der Verfasser selbst nicht allgemeingiltig zu definiren, und da nimmt er seine Zuflucht zu einem Gleichniß. Diese Gleichnisse in der Wissenschaft, diese Gesellschaftskörper, Urfischer und Urjäger und ähnliche Phantasiegebilde, sie sind stets das deutlichste Zeichen, daß der Ochs vor dem Berge steht. Der jämmerliche Widerspruch aber zwischen dem Konversationslexikon von 1864 und dem von jetzt ist nur ein Abbild des noch jämmerlicheren Widerspruches zwischen dem Liberalismus von 1864 und dem von heute.

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wenn

Die ,, Kölnische   Zeitung" bemerkt in ihrer Nummer vom 25. Februar: ,, Die Februarrevolution war nur ein langer Fasching, der mit dem Napoleonischen Staatsstreich endete". Man sieht, die alte Dame ist sehr zum Spaßen aufgelegt. Nun, wir werden sehen, ob ihr das Spaßen nicht vergehen wird, wenn der Fasching" wiederkehrt und der Tanz in   Deutschland los geht!

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Ungarn. Sonntag den 17. Februar fand in Pest eine von mehr als tausend Personen besuchte Volksversammlung statt. Die Art und Weise, wie dieselbe abgehalten werden mußte, ist ebenso bezeichnend für die sozialpolitischen Verhältnisse der ,, ritterlichen" Nation, wie das Thema, das sie veranlaßte. Die Volksversammlung mußte nämlich, trotzdem eine Kälte von mehreren Graden unter Null herrschte, unter freiem Himmel abgehalten werden, weil keiner der Besizer größerer Säle sein Lokal hergeben wollte: hier hat wieder einmal das Privateigenthum die gesetzlich gewährleistete Vereins­freiheit so gut wie illusorisch gemacht. Die Verhandlungen richteten sich gegen den neuen Gewerbegeseßentwurf, der jüngst von der Regierung  Ungarns fabrizirt worden. Dieses Stück Sozialreform lohnt es, daß man es näher betrachtet. Dieser Entwurf beantragt die Einfüh rung der Arbeitsbücher, ferner Gewerbegerichte, welche nur aus Unternehmern bestehen, und endlich Fabrikinspek toren, die als Vertrauensmänner" der Fabrikanten, auch von diesen gewählt werden. Das ist auch   Staatssozialismus", nur etwas plumper und naiver, als der   Bismarck'sche.

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Italien. Die verflossene Woche war für   Italien die Zeit des Höhepunktes des Karnevals. Ein Karnevalsscherz, verübt an einem besoffenen Polizisten, das und nicht anderes war auch das Attentat auf den König von Italien. Ernst genommen wurde es nur von ordenssüchtigen Strebern, thatendurstigen Polizeiseelen und naiven Gemüthern, welche in jeder Zimmerrakete den Keim der sozialen Revolution sehen.

Rußland. Wieder wird zur Bekämpfung der revolutionären Bewegung eine Waffe aus uraltem Gerümpel hervorgeholt: der soge= nannte ,, höchste Rath". Den Namen hat er wohl daher, weil er ein Produkt der höchsten Rathlosigkeit und ihr zu steuern be­stimmt ist. Eine Bedeutung hat das lächerliche Experiment natürlich nicht.

Wichtiger ist die Thatsache, daß der Adel sich zu regen beginnt und Theilnahme an der Gesetzgebung verlangt. Die jüngste Aeußerung dieser Bewegung bot jezt die erste Sigung des Peters= burger Adelskonvents. In derselben wurde ein Antrag ein­gebracht, die Petition um Aufhebung der seit 1868 bestehenden Be­besteht in der Bestimmung, daß die Adelskonvente nicht das Recht schränkung der Rechte des Adelskonvents zu erneuern. Die Beschränkung haben sollen, Fragen, welche die Veränderung von Grund­prinzipien der staatlichen Institution betreffen, zu be= handeln. Im Jahre 1881 wurde auf Antrag des Baron Fredericks um die Beseitigung der vorgedachten Bestimmung petitionirt, damit die Adelskonvente wieder wie früher kompetent würden, die Abstellung von Mißbräuchen in der lokalen Verwaltung zu erbitten, auch wenn die Gründe für diese Mißbräuche in allgemein giltigen Gesetzen liegen. Da die Petition bisher nicht beantwortet ist, wurde jetzt also beantragt, sie zu wiederholen. Der Antrag wurde nach längerer Debatte, in welcher ein Redner hervorhob, daß der Adel allein feine Sonderrechte beanspruchen dürfe, sondern einem alle Stände um fassenden Semstwo derartige Gerechtsame gebühren, von der Mehrheit

angenommen.

Wie die Lage in   Rußland im Allgemeinen, so bietet auch diese Adels­bewegung speziell große Aehnlichkeit mit entsprechenden Erscheinungen  Frankreichs vor der großen Revolution. Auch damals begannen die ersten Aeußerungen der Opposition, soweit diese nicht von Personen, sondern von einer ganzen Klasse ausging, in den Kreisen des Adels, des Geburts- und des Beamtenadels. Die Notabeln, die Provinzialstände, das Parlament, das waren die ersten oppositionellen Körperschaften   Frankreichs vor der Revolution: einmüthig verlangten sie die Einberufung der Reichsstände, die dann als revolutionäre kon­stituirende Nationalversammlung über sie zur Tagesordnung hinweg­gegangen sind. So sind auch die jetzigen Forderungen des Adels in  Rußland nur die Vorläufer der Revolution.

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Gordon, der Sendling Gladstones, hat zur Besänftigung der aufgerechten Gemüther in Kartum die Gefangenen freigelassen und die Schuldbücher verbrannt. Dieser Herr ist sehr freigebig mit fremdem Eigenthum; er und seine Auftraggeber wären jedoch moralisch höchst entrüstet, wenn man ihnen zumuthen würde, einen ähnlichen Vorgang im eigenen Lande nicht durchzuführen, nein, nur zu dulden. Derselbe Gladstone, welcher in Kordofan die Schuld bücher verbrennen läßt, läßt die Jrländer zu Dußenden aufhängen, weil sie dasselbe anstreben, was die Aufständischen im   Sudan, sich der englischen Ausbeutung zu entziehen.

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Nun, der gerechte" Gordon hat auch im   Sudan seiner Zeit genug Gesinnungsgenossen des Mahdi aufhängen und ihre Dörfer nieder brennen lassen seine Gerechtigkeit" datirt erst seit der Zeit, als der Mahdi der Stärkere ist. Es ist mit dem Edelmuth" der Ausbeuter immer dieselbe Geschichte: sie schenken stets voll Uneigennüßigkeit in kritischen Momenten dem Volke das, was dieses sich bereits genommen hat. Das Vorgehen Gordons ist derselbe Schwindel, wie die berühmte Nacht des 4. August 1789, in der die Privilegirten alle Privilegien hingaben, welche bereits thatsächlich aufgehört hatten, zu existiren; das Gelungenfte an dieser Augustnacht, welche unsere landläufigen Historiker so sehr in den Himmel erheben, von der z. B. Kolb sagt, daß jeder Stand den anderen an Edelmuth und Uneigennüßigkeit zu übertreffen trachtete", ist das, daß es meist Geistliche waren, welche die Privilegien des Adels und der Zünfte auf dem Altar des Vaterlandes opferten, indeß der Adel freigebig die Vorrechte der Geistlichkeit preisgab. So ,, verschenkt" auch England im   Sudan Alles, was sich das Volk bereits genommen, und was England nie besessen. Es ist doch immer dieselbe Komödie: bald dürfte sie auch in   Europa gespielt werden, aber das Proletariat wird sich durch sie nicht täuschen lassen.