Außenhandel Chinas   in Wirklichkeit ein recht unbedeutender, und weit entfernt, ein so glänzendes Absatz gebiet für europäische Produkte zu sein, ist China   vielmehr auf dem besten Wege, sich zum Konkurrenten für europäische Produkte auf außerchinesischen Märkten zu entwickeln Dank seinerungeheurenProduktionskraf t". In Hinterindien  verdrängt schon jetzt dersehr intelligente" chinesische Kaufmann den Europäer, wie der chinesische Arbeiter dessenRührigkeit und Bienen- fleiß" Herr D e ck e r t nicht genug rühmen kann überall, wo er hin- kommt, den europäischen   Arbeiter verdrängt. Der größte Theil der europäischen   Kaufmannshäuser in Ostasien  ", schreibt Herr E. Z ö l l e r, ein Berichterstatter derKölnischen Zeitung  ", ist in den letzten Jahren der chinesischen   Konkurrenz zum Opfer gefallen darunter nicht wenige deutsche." Wie auf allen anderen Plätzen des Weltmarktes, so herrscht auch auf den ostasiatischen und australischen Märkten eine wahrhaft wahnsinnige Konkurrenz. Eine Nation strebt danach, die andere zu unterbieten, und dieser Unterbietungsprozeß soll durch die neuen subventionirten Dampferlinien deutscherseits noch gefördert werden. Aber man bilde sich nicht ein, daß damit etwa viel für die deutsche Industrie erreicht würde. Die konkurrirenden Nationen werden keines- falls ruhige Zuschauer bleiben; auch sie werden durch alle möglichen Manöver ihre Produkte noch billiger auf den Markt zu werfen suchen als bisher und der Tanz kann von Neuem beginnen. Das Ende vom Liede heißt natürlich immer: Ueberproduktion Lohnreduktion. Als Sozialisten sind wir sicherlich keine Gegner eines friedlichen Handelsverkehrs unter den verschiedenen Nationen und können es nur mit Freuden begrüßen, wenn sich die Völker durch lebhafteren Verkehr immer näher rücken; aber damit ist nicht gesagt, daß wir der wahnsin- nigen Art, wie heute der Tauschverkehr betrieben wird, der kolossalen Verschleuderung von Produkten, nur um zu tauschen, kritiklos zusehen, den Redensarten der interessirten Bourgeoiskreise unbesehen Glauben schenken sollen. Die Dampsersubvention, wie Bismarck   sie vorgeschlagen, ist keineswegs dem Bestreben entsprungen, Produktion und Konsumtion in irgend einer Weise zu regeln. Warum sollen die Dampfer subventionirt werden? Damit sie auf Rückfracht leichter verzichten können, denn die Rückfracht von Indien   und Australien   heißt Wolle, Fleisch, Reis, Getreide Alles Gegenstände, deren Import den preußischen Junkern nicht in den Kram paßt. Das ist der Kasus. Die Dampfersubvention steht im engen Kontakt zu der deutschen   Schutzzollpolitik, ist gewissermaßen eine Ergänzung der- selben. Und gleich dieser wird sie, wie gesagt, wenn überhaupt, nur einen höchst ungesunden Einfluß auf die Vermehrung der Produktion ausüben, der ein um so stärkerer Rückschlag folgen muß. Es klingt sehr schön: Schutz und Beförderung der nationalen Arbeit. Aber die Kehrseite diesesSchutzes" heißt Verschlechterung der Lage der internationalen Arbeit, und wie problematisch der Schutz auch sein mag, die Verschlechterung ist eingetreten, inner- und außerhalb des Walles der Schutzzölle. Darum noch einmal: wo die interessirte Bourgeoisie immer nur die glänzende Außenseite sieht, haben wir Sozialisten die Pflicht, auch die Kehrseite der Medaille in's Auge zu fassen. Aus Polen  . Warschau  , Mitte Juni 1884. Sie haben lange nichts über die sozialistische Bewegung in Polen   oder besser unter den Polen   gebracht, gestatten Sie mir daher, Ihnen einiges Wissenswerths über den Stand derselben mitzutheilen. Die polnische sozialistische Bewegung, welche seit dem Jahre 1878 datirt, trat dies sei zunächst konstatirt von vornherein mit einem durchaus internationalen Programm auf. Alle Versuche, sie mit nationalen Tendenzen zu verquicken, verunglückten; seit dem Frühjahr 1883 hat die internationale Richtung die Oberhand: eine Partei mit ge- heimer, stark zentralisirter Organisation, ein Zentralkomite an der Spitze, organisirt sich in W a r s ch a u, die Agitation nimmt einen kräftigen Aufschwung und ihr Einfluß dokumentirt sich durch eine lebhafte Bewe- gung in der arbeitenden Klasse. Eine geheiine Druckerei wird gegründet, aus der eine Reihe von Aufrufen, den Bedürfnissen des Augenblicks entsprechend, hervorgehen. Am 15. September 1883 erscheint die erste Nummer des ParteiorgansDas Proletariat". Vergeblich wird die ganze Polizei aufgeboten, die geheime Druckerei zu ermitteln, vergeblich werden wiederholt Massenverhaftungen inszenirt, welche die Partei ihrer besten Kämpfer berauben die gelichteten Reihen werden bald ergänzt, und ungeachtet aller Verfolgungen erscheint das Organ weiter. Jetzt liegt bereits die Nummer 5 desProletariat" vor, datirt vom vom 1/13. Mai 1884. Sie besteht aus 18 Seiten Groß-Quart-Format, ist für eine geheime Druckerei sehr sorgfältig gedruckt und hat folgenden Inhalt: Obenan nachstehende Erklärung des Zentralkomites: Vor Kurzem wurden mehrere Personen verhastet unter der Anklage (national-) patriotischer Tendenzen. Die öffentliche Meinung verbindet die Verhaftung mit einer That verbrecherischen Charakters*) und gewisse Leute wollen die That in Beziehung zu der Thätigkeit desProletariat" gebracht sehen. Wir achten unsere Fahne zu hoch, um nicht eine solche Beschuldigung energisch zurückzuweisen. Wir erklären, daß unser Charakter als Kämpfer für die Arbeitersache in keiner Weise verträglich ist mit Konspirationen patriotischer Natur. Wir erklären außerdem, daß unsererseits Gewaltakte nur als Akte der Bestrafung für Schädigungen der Volkssache, begangen von Feinden, die sich in offenem Kampfe mit uns befinden, ausgeführt werden. Das Zentralkomit e." Alsdann folgt ein Leitartikel; dann ein Artikel:Die Regierung und wir", in welchem die Partei erklärt, daß sie in der Regierung nur den Ausdruck der gegenwärtigen Gesellschaftsorganisation erblickt; da indeß die Regierung auch gleichzeitig das organisirte Zentrum des ganzen sozialen Mechanismus ist, so kämpft die Partei gegen dieses Zentrum, um es zu desorganisiren. Eine Chronik über die Lage der Arbeiter im Königreich Polen enthält eine Fülle von Mittheilungen über unsere Arbeitsverhältnisse. Die Chronik der Verfolgungen verzeichnet 37 Verhaftungen und zahl- reiche Haussuchungen. Den Schluß machen Korrespondenzen aus verschiedenen Ländern, dar- unter auch eine aus Deutschland  . Gleichzeitig während dasProletariat" im Lande selbst erscheint, besitzt die Partei zwei weitere Organe im Auslande. Eine MonatsrevueWalka Klas  "(Klassenkampf), deren erste Nummer im Mai erschienen ist. Die- selbe enthält u. A. Artikel überdie Organisation und die aus dem intellektuellen Proletariat rekrutirten revolutionären Elemente", über Nationalität und Klassenkampf", überdie Entwickelung und den Cha- rakter der Bourgois-Oekonomie" von der Bürgerin Wojnarowska, und einen Artikel des ehemaligen KommunemitgliedeS Lefrangais, betitelt:Versuch eines sozialen Buchführungssystems". Alsdann eine Rundschau, aus den drei Theilen Polens  , sowie eine Chronik über die sozialistische Bewegung in Frankreich   und Deutschland  . Das zweite Organ der Partei im Auslande ist derP r z e d s w i t" (Morgenröthe  ), der den Zweck hat, die Lehren des Sozialismus populär darzustellen. Des Weiteren sende ich Ihnen eine Proklamation, die in polnischer und deutscher Sprache(in Z g i e r z, einem industriellen Bezirke von Lodz  , gibt es unter den Arbeitern viele Deutsche  ) abgefaßt ist und als Beitrag zur Charakteristik des Kampfes der Sozialisten in Russisch-Polen dienen mag. In Ansicht dessen, daß das Zentralkomite untilgbare Beweise hat, daß Franz Helscher, Mitglied der ParteiProletariat" in Zgierz  (Russisch-Polen), ohne die geringsten Gründe zu haben, welche ihn ent- *) In P s k o w wurde letzten Winter eine alte, sehr reiche Wittwe ermordet und ausgeraubt. Die Polizei will in diesem Verbrechen die Aktion eines kleinen patriotischen Zirkels erblicken. schuldigen könnten, Denunziant wurde, beschloß das Zentralkomite am 28. Mai d. I.: 1) um Franz Helscher unschädlich für die Organisation zu machen, 2) um denselben für Verrath zu strafen: a) den genannten Franz Helscher zum Tode zu verurtheilen; b) mit der Vollstreckung des Urtheils das Arbeiterkomite in Zgierz   zu beauftragen. Warschau  , 28. Mai 1383. Dieses Urtheil wurde am 6. Juni d. I. vollstreckt. Das Zentralkomite. Proklamation: Genossen! Eine traurige Nachricht theilen wir Euch mit. Wir waren gezwungen, obgleich mit Ekel, uns mit dem Blute unseres Kameraden Franz Herschel, eines Mitgliedes der Organisation in Zgierz  , zu beflecken, mit Ekel, wiederholen wir, denn wir sind noch nicht, wie die Regierung bei uns, an gräßliches Blutvergießen gewöhnt. Helscher besaß nicht genug moralische Kraft, um sich den verschiedenen Einflüssen zu widersetzen. Er stellte sein persönliches Interesse über das allgemeine Wohl; er bemühte sich, einige Arbeiter in's Gefängniß zu stürzen, und drohte, daß er noch Manchen hinter Schloß und Riegel setzen werde. Wir hatten also zu wählen: entweder einige Genossen zu verlieren oder Helscher unschädlich zu machen. Wir wählten das Letztere, und so ereilte Helscher der Tod, der jeden Verräther treffen soll und muß. Wer den Kampfplatz betritt, weiß recht gut, daß ihm jeden Augen- blick die Festung oder die schneebedeckten Flächen Sibiriens   drohen. Wer nicht Kraft genug besitzt, um den Kampf auf Leben und Tod auszu- kämpfen, bleibe lieber bei Seite, denn besser ist es, wir seien schwächer an Zahl, als daß wir Verräther in unserer Mitte hegen. Mag also Jeder dessen eingedenk sein, daß den Verräther, welche Gründe auch immer ihn zum Verrath bewegen mögen, ob Angst oder persönliches Interesse, Verräther im Gefängniß oder in der Freiheit, unumgänglich der Tod erwartet. Das Zentralkomite." Ein Kommentar zu dieser Proklamation ist wohl unnöthig. Was dar- über zu sagen ist, steht darin. Es ist nicht Schuld der polnischen Sozia- listen, daß ihr Kamps eine solche Form zur Schau trägt. In meinem nächsten Briefe mehr. Mit sozialdemokrattschem Gruß! B. TV-i. Sozialpolitische Rundschau. Zürich  , 2. Juli 1884. Da der Unsug der Vielkandidaturen fortdauert wie aus den Kandidatenlisten erhellt, so werden die Parteigenossen nochmals auf den Kopenhagener Kongrehbeschluß hingewiesen, wonach bei Ausstellung von Kandidaten hauptsächlich lokale Kandidaten berücksichtigt und Vielkandidaturen möglichst vermieden werden sollen. Finden die Genossen keinen geeigneten Lokalkandidaten und wollen sie ihnen bekannte, auswärtige Genossen aufstellen, so ist es wünschenswerth, daß sie sich vor der endgiltigen Aufstellung mit der Parteiverttetung(nicht einem einzelnen Abgeordneten) in Verbindung setzen. Wir glauben aber, daß geeignete Personen in genügender Zahl zu finden sind und daß, außer in den seltensten Fällen, nirgends die Roth- wendigkeit obliegt, einem Genossen, der bereits eine aussichts- volle Kandidatur hat, andere Kandidaturen zu übertragen. Ueber Elberfeld-Barmen schwebt derKleine" so berichtet die in dieser Beziehung stets sehr freigebige nationalmiserable Presse. Die sozialdemokratische Agitation soll im W u p p e r t h a l e in letzter Zeit einen wahrhaft gefahrdrohenden Umfang angenommen haben ein klassisches Zeugniß für die Tüchtigkeit unserer dortigen Genossen und die Wirksamkeit des Sozialistengesetzes. Ob nun in den maßgebenden Kreisen die edle Absicht wirklich besteht oder ob die Notiz nur erst ein Fühler war, wird sich ja bald zeigen. Für erstere Lesart spricht die Dirigirung des bekannten Dynamitagenten nach Elberfeld  , sowie die Provokation unserer dortigen Genossen durch die Elberfelder Polizei. Man will, wie es scheint, gerne einen kleinen Aufruhr" haben. Anders läßt sich wenigstens das Verhalten der Polizei bei einem Ausflug unserer Genossen nach dem Langenhans bei Ronsdorf  nicht erklären. Unsere Leser werden darüber aus der Tagespresse unter- richtet sein. Wir behalten uns vor, darauf zurückzukommen, konstatiren aber vorläufig, daß, wenn es am 22. Juni nicht zum Krawall kam die Polizei hatte bereits bei den Lült ring hauser Kriechervercinen um Sukkurs requirirt! dies nach den Berichten der unabhängigen Presse nur der ruhigen Haltung der Arbeiter zuzuschreiben ist. In welcher Weise die Polizei provozirte, dafür eine Stelle aus dem Bericht der BerlinerVolkszeitung": Bei der Ankunft in Elberfeld   kam es zu neuen stürmischen Auf- tritten. Die Polizei verlangte, daß die Theilnehmer an der Partie einzeln gehen sollten, welchem Begehren, da es ein Ding der Unmöglichkeit war es waren gegen 1000 Personen!. nicht Folge geleistet wurde. Die berittenen Schutzleute sprengten nun in die dichtesten Haufen hinein, wobei verschiedene Personen überritten wurden." In der That, es gehört eine starke Portion deutscher   Geduld dazu, bei solchen Nichtswürdigkeiten nicht dreinzuschlagen. Furcht war es nicht, das haben unsere wackeren Genossen mehr als einmal bewiesen, und auch die Drohung mit demKleinen" wird sie nicht zurückhalten, das zu thun, was sie sür recht und zweckmäßig erachten. Mit der Polizei werden sie abrechnen, wenn eS ihnen paßt; die Antwort auf den Kleinen" aber wird dieselbe wie die unserer Hamburger Genossen sein: die Eroberung des Wahlkreises. Fortschrittlich-volksparteiliche GesinnungS- t ü ch t i g k e i t. Die Herren Leopold Sonnemann   und Eugen Richter   sind sich zwar neuerdings recht hübsch in die Haare gerathen, allein das sind blas rein persönliche Differenzen im Grunde des Herzens sind die beiden Herren nebst den hinter ihnen stehenden oder von ihnen angeführtenParteien" e i n Herz und eine Seele, wo es gilt, jedem ernsthasten Versuch zur Bekämpfung des herrschenden Systems in den Weg zu treten. Das zeigte sich dieser Tage wieder recht deutlich. Unseren Lesern ist die A f f a i r e B u l y g i n bekannt; sie wissen, daß ein Russe, der auf deutschem Boden(in Freiburg   in Baden  ) betroffen werden konnte, von den badischen Behörden an die russische Regierung ausgeliefert wurde. Um diesen Akt der Niedertracht, bei welchem der Freiburger Staats- anmalt von Berg eine hervorragende Rolle gespielt hat, gebührend zu kennzeichnen, dem beleidigten Rechtsgefühle die einzige noch mögliche Ge- nugthuung zu verschaffen und die Unschuld des deutschen   Volkes an der Infamie einer deutschen   Regierung zu beweisen, wollten die Abgeord- neten Liebknecht und V o l l m a r Namens der sozialdemokratischen Fraktion eine Interpellation, betreffend diesen schmachvollen Vor- gang, an die Reichsregierung richten. Zu einer Interpellation gehören aber nach der Geschäftsordnung des Reichstages dreißig Unterschriften. Um diese zu erlangen, wandte man sich an die Fortschrittspartei(die Deutsch-Freisinnigen") und die Volkspartei, und unterbreitete folgenden Entwurf der Interpellation: Im Laufe des Monats März d. I. wurde der russische Staats angehörige B u l y g i n in Freiburg   im Breisgau unter der Anklag der Verbrettung verbotener Schriften verhaftet. Nach längerer Unter- suchungshaft wurde er vom zuständigen Landgericht außer Verfol- gung gesetzt. Unmittelbar darauf wurde Bulygin jedoch(im letzten Drittel des Monats Mai) im Geheimen und ohne daß weder an seine Frau noch auch selbst an seinen Rechtsanwalt Mittheilung erfolgt wäre, an die russische Regierung ausgeliefert. Diese Auslieferung erfolgte, trotzdem Baden   keinen Auslieferungs- vertrag mit Rußland   besitzt, und auf die einfache Angeberei eines russischen Beamten hin, daß Bulygin vor Jahren in Rußland   ein Verbrechen begangen habe, welches indeß, auch nach den Angaben dieses Beamten, auf politische Beweggründe zuückzuführen ist. Die Identität des'Ausgelieferten mit dem Urheber jenes angeblichen Verbrechers wurde lediglich durch den russischen Ankläger festgestellt. Wir richten in Folge dessen an die Reichsregierung die Anfrage: 1) Hat dieselbe Kenntniß von diesen die Rechtssicherheit in Deuschland schwer schädigenden Vorgängen? 2) Hat sie bei diesen Vorgängen mitgewirkt? 3) Ist sie Willens, von der russischen Regierung die Wiederfrei- lassung des ihr zu Unrecht Ueberlieferten zu erwirken?" Dies der vorgeschlagene Wortlaut. Es wurde jedoch ausdrücklich mit- getheilt, daß die Antragsteller bereit seien, in redaktionelle und sonstige Aenderungen zu willigen, welche Wesen und Zweck der Interpellation nicht alterirten. Wohlan, nach verschiedenen Tagen des Hinhaltens kam sowohl von Seiten derDeutsch-Freisinnigen" als der Volkspartei der Bescheid, st könnten zur Einbringung der Interpellation nicht behilflich sein. In der bezüglichen Fraktionssitzung derDentsch-Freisinnigen" war sogar der ausdrückliche Beschluß gefaßt worden, daß nicht nur die Fraktion als Ganzes die Unterstützung zu verweigern habe, sondern auch kein einzelnes Fraktionsmitglied seine Unterschrift hergeben dürfe. Dieses Verfahren charakterisirt und richtet sich selbst. Die spießbürgerliche Furcht, in den Verdachtnihilistischer" Sympa- thien zu kommen, bildet neben dem Haß gegen unsere Partei die Triebfeder. Erwähnt sei nur noch, daß dieser ablehnende Bescheid hauptsächlich auf Betreiben der Herren Sonnemann und Eugen Richter  erfolgt ist. Letzterer traktirte verschiedene seinerFraktionsgenossen", die sür die Interpellation eintraten, in der bekannten Hausknechtmanier (aktiv und passiv), an welche er sie nachgerade so gewöhnt hat, daß keiner zu mucksen wagte. Namentlich der Abgeordnete Munckel hatte zu Gunsten der Interpellation plädirt. So feig hat sich noch keine Oppositionspartei benommen. Aus dem Reichstag. Man schreibt uns unterm 27. Juni: Die Tobten reiten schnell. Der sterbende Reichstag ebeilt sich, aus der Welt zu kommen, und das ist das Beste und Nützlichste, was er thun kann. Am vorigen Samstag wurde der Rest des Zlnfallgesetzes in zweiter Lesung erledigt an die 100 Paragraphen in ein paar Stunden! betheiligten uns nicht mehr an der Debatte, gegenüber der geschlossenen Majorität ist jedes Wort verlorene Mühe. Bei der dritten Lesung, dn heute stattfindet, wird Blos im Auftrag der Fraktion sagen, was noch gesagt werden muß. Am Montag wurde das A k t i e n g e s e tz in zweiter Lesung vorn Ansang bis zu Ende mehrere hunderte Paragraphen! durchgepeitscht Eine ernsthafte Debatte gab es nicht die Herren Bourgeois waren unter sich wir hatten keine Veranlassung, uns einzumischen. Der folgende Tag brachte die Entscheidung in Sachen der Leuschnerschen Wahl. Diese war bekanntlich im Februar vorigen Jahres vom Reichs tag beanstandet worden die darauf hin angeordneten amtlichen Hebungen wurden in der üblichen Weise in die Länge gezogen," daß der Reichstag erst jetzt nach mehr als fünf Viertel Jahren's zur Kassirung der Wahl gelangen konnte. Ueber das skandalöse(uw das ist noch ein milder Ausdruck) des herrschenden Wahlprüfungsven fahrens hat sich das Parteiorgan schon zur Genüge ausgesprochen, uw das Ergebniß der Debatte über die Leuschner'sche Wahl ist seiner WiV tigkeit wegen in einer besonderen Notiz(Ad notam zu nehmen!") sprachen, so daß hier gar nichts weiter zu bemerken ist. J Am Mittwoch wurde der famoseAckermann'sche Antrag in dritter Lesung definitiv angenommen(mit eintt Majorität von 159 gegen 156 Sttmmen). Das Resultat wäre ein av' deres gewesen, wenn von den Herren Deutschfreisinnigen nicht so vieo gefehlt hätten. Mit Ausnahme Geiser's, der durch Erkrankung seist' Frau in Stuttgart   zurückgehalten wurde, war unsere Fraktion vollzähst aus dem Posten und stimmte natürlich gegen den Antrag, obgleich e' wie auch Bebel, der den Standpunkt der Fraktion zu vertteten holst in seiner Rede aussührte unzweifelhaft von Vortheil ist, daß Schwindel-Rezepte unserer sozialen Kurpfuscher zur Anwendung gelange»- Nur durch die Praxis das führten wir schon früher aus'w1' die Schwindelhaftigkeit der Schwindelrezepte ad bowlool» demonstrirt. Am Donnerstag große Kolonialpolitik- Debatte! Hand Hand mit den reaktionären Zunft-Ntopistereien gehen die reaktionär«» Versuche, dennationalen" Handel und dienationale" Industrie dur<4 Gründung von Kolonien auf die Beine zu helfen. Statt durch eiw vernünftige Organisation der Arbeit eine gleichmäßige Ver- theilung desNationalreichthums" zu sichern und dafür zu sorgen, da? die arbeitenden Klassen, d. h. die Massen des Volkes, die Produkt« dernationalen" Arbeitkonsumiren" können, behaupten die Herren Reaktionäre, die eine solche vernünftige, das ist s o z i a l i st i s ch«> Organisation der Arbeit nicht wollen, ja aus Sonderinteresse um jede» Preis verhindern müssen, der im Inland mangelnde Ab- satz könne durch Absatz im Ausland ersetzt werden. Da versprich!| man die wunderbarsten Dinge. Die paar Tausend nackten oder halt' nackten Wilden, die irgendwo in einem afrikanischen oder sonsttgen von den Engländern, Amerikanern oder Franzosen als werthlos nicht be- setzten oder wieder aufgegebenen Küstenstrich wohnen, sollen so kolossal« Massen von deutschen   National-Jndusttie-Produkten verbrauchen, da? dadurch derUeberproduktion  " ab- und der deutschen Nationalindustti« für immer aufgeholfen wird. Nun es gibt keine Dummheit, die nicht Gläubige fände, und so gibt es denn auch Leute, die an di« Wunderwirkungen der Kolonialpolittk glauben; und da Fürst Bismarck  auf die Dummen spekulirt, so muß er natürlich in KolonialpoliW machen, und hoffte sogar, sich aus ihr ein gutes Wahlagitationsmttt« zu schmieden. Um das zu vereiteln, haben die Deutschfreisinnigen d,e Dampfer- subventtonsvorlage, welche dienationale Kolonialpolitik" einleiten soll, in der Kommission begraben. Fürst Bismarck   wußte es jedoch Hilfe seiner konservativen Handlanger zu Wege zu bringen, daß gestera (Donnerstag) bei Berachung einer ganz untergeordneten Vorlage einegroße' Debatte über Kolonialpolitik improvisirt wurde, welche ihm Gelegenheit gab, vor versammeltem Reichstagsvolk den wohl nicht beabsichtigten Nachweis zu liefern, daß er selber nicht weiß, was die aus seinen Namen getaufteKolonialpolitik" ist. Die Debatte verlies vollständig im Sand, und Fürst Bismarck   hat das erwünschte Wahlagitationsmittel nicht bekommen. Ein Versuch des Herrn W i n d t h o r st, die noch ausstehenden Bericht« der Wahlprüsungskommission durch Verschiebung der Tagesordnung nicht mehr zur Berathung gelangen zu lassen, wurde durch die Sozialdemo- kraten vereitelt, in derem Namen der Abgeordnete K a y s e r dagegen protestirte, daß die(nur bei Stimmeneinhelligkeit mögliche) Behandlung einiger neu eingelaufener Vorlagen vor Ablauf der geschäftsordnungs  - mäßigen Frist stattfinde. Um die Abmachungen betreffs des noch in dieser Woche herbeizufüh- renden Schlusses der Session zu retten, mußte Herr Windthorst heut« in die Rückkehr zur ordentlichen Tagesordnung willigen, so daß di« Wahlprüfungen als erster Gegenstand zur Erledigung gelangten. Von Interesse sür uns ist nur die Wahl K u tz s ch b a ch s(im 22. sächsischen Wahlkreis, der früher Wiemer gewählt), bei der die in Sachsen  üblichenUnregelmäßigkeiten" und Beamtenwillkürlichkeiten verübt worden sind. Die Mehrheit der Wahlprüsungskommission hat die Un- gültigkeit beantragt, und diese wird auch von dem Reichstag gegen di« Stimmen der Konservativen und ihrer Schildknappen, der National- liberalen, beschlossen, obgleich sich der sächsische Gesandte von Nostiz- W a l l w i tz sehr stark anstrengte, um die sächsischen Behörden rein zu waschen. So weit es nöthig war, ihm heimzuleuchten, wurd« dies von Kayser besorgt. Nachschrift. Nach Erledigung der Wahlprüfungen acht Wahlen bleiben ungeprüft! begann die dritte Lesung des Unfallgesetzes. Zur Generaldebatte sprach verabredetermaßen in unserem Namen der Ab- geordnete Blos, und begründete unser ablehnendes Votum. Die Annahme des Gesetzes in der Fassung, welche ihm die Kommis« sion gegeben, ist sicher. Der Schluß der Session erfolgt morgen. Ad notam zu nehmen! In der langen Session von 1382/3 beanstandete der Reichstag(am 13. Februar 1883) die Wahl des Abge« neten Leuschner für den 17. sächsischen Wahlkreis(Glauchau  - M e e r a n e) und nahm bei dieser Gelegenheit auf Antrag der Wahl� Prüfungskommission fast einstimmig nachstehende Resolution an: