der Stichwahl erhielt, sind uns deshalb mehr werth, wie eine durch eige Konzessionen erlangte Majorität.
So muß man die Gegner abtrumpfen, wenn man nicht, wie die Fortbrittler mit ihrer albernen Entrüstung über die Anklage auf republiianische Tendenzen, der Unverschämtheit der Lakaiengesellschaft Vorschub eisten will.
Nachschrift. Soeben geht uns ein spezieller Bericht über die Vorgänge in Darmstadt zu, den wir, weil für diesmal zu spät, in nächster Aummer zum Abdruck bringen werden.
Die Todesfeier zu Ehren Albert Dulk's ist in wahrhaft großartiger Weise verlaufen. Das Stuttgarter „ Neue Tagblatt" schreibt barüber: pillsopa
,, Am gestrigen Sonntag schon von halb 2 Uhr an sah man Tausende dem Feuersee zu sich bewegen; Tausende von Arbeitern gingen dahin, um sich dem Gefolge bei der um 2 Uhr stattfindenden Ueberführung der Reiche Dr. Albert Duits von der äußeren Rothebühlstraße zum Güterbahnhof( an der Kriegsbergstraße) anzuschließen, Tausende von Neugierigen, Männer und Frauen, standen auf den Trottoirs der Straßen, : welche der Leichenzug passiren mußte, nämlich der Rothebühl-, Calwer, Kanzlei-, Friedrichs- und Kriegsbergstraße. An der Kreuzung der Rötheftraße mit der Rothebühlstraße hatte der Leichenwagen Aufstellung genommen, von dort an rückwärts und in den Seitenstraßen ordneten sich unter außerordentlich starker Kontrole durch eine namhafte Zahl von : Schuhleuten und Landjägern die zu Tausenden zählenden Theilnehmer : am Kondukt; als Anhänger der Sozialdemokratie machten sich viele durch die rothe Geranienblüthe im Knopfloch oder das aus der Brusttasche vorstehende Ende eines rothen Taschentuches bemerkbar.
.
A
%
e
[
S
I
1
Um
2 Uhr eröffnete ein Männerchor die Trauerfeierlichkeit mit dem Vortrag bon Stumm schläft der Sänger", und als die Töne verklungen, setzte fich der Zug in Bewegung.
An der Spize des Zuges gingen zur Freihaltung des Wegs eine e größere Anzahl Schutzleute, ebenso zu beiden Seiten Landjäger. Inmitten dieses Kordons vor dem einfachen Leichenwagen 3 Deputirte der 1 Freidenkergemeinde mit Kränzen. Der eichene Sarg ohne Bahrtuch war mit Kränzen mit schwarz- roth goldenen, rothen und weißen Schleifen vollkommen bedeckt, zu Häupten war ein großer Palmzweig befestigt, zu beiden Seiten des Leichenwagens gingen Mitglieder der Freidenfer gemeinde. Hinter dem Wagen folgten die Kinder des Jugendunterrichts der Freidenker, deren Frauenverein und die Familienangehörigen des Verstorbenen, darunter ein in Heidelberg lebender Schriftsteller Dr. Hartung, während sodann die übrigen Mitglieder der Freidenkergemeinde mit dem Vorstand an der Spike sich anschlossen. Bis hieher i hatte das Trauergefolge noch das Gepräge eines gewöhnlichen Leichenzugs, abgesehen von der polizeilichen Ueberwachung; nun aber kamen Tausende und Abertausende von Arbeitern, welche die ganze Breite der gewöhnlichen Straßenfahrbahn einnehmend sich dem Kondukt anschlossen, D und es wird wohl die Schätzung nicht zu hoch gegriffen sein, wenn wir ihre Zahl auf mindestens 5-6000 angeben. Im Zuge bemerkten wir auch die drei hier lebenden sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Blos, Dieß und Geiser, ferner Mitglieder der bürgerlichen Demotratie, darunter den Reichstagsabgeordneten Karl Mayer. Am Güterbahnhofe war gleichfalls der Zugang zu der Rampe, an welcher der Güterwagen zur Aufnahme der Leiche stand, polizeilich freigehalten, und neben dem Herrn Stadtdirektor waren zwei Gendarmerieoffiziere und der Vorstand des Stadtpolizeiamts anwesend. Die Familie des Verstorbenen hatte auf der Rampe sich aufgestellt.
e
17
r
B
e
24223
B
15
15
Gegen 43 Uhr traf der Zug ein; der Sarg wurde vom Wagen gehoben und vor den Waggon ausgestellt, worauf die den Zug bildende Menge sich Kopf an Kopf, so gut es eben die Verhältnisse des Bahn5 ofes gestatteten, sich aufstellte. Nachdem einigermaßen Ruhe unter die Massen gekommen war, stimmte abermals der Männerchor, einem Wunsche Ides Todten folgend,„ Das erste Lied" in; dann trat der älteste Sohn Dulk's , Amtsrichter Paul Dulk, zum Sarge und sprach einen beim beständigen Verkehr von Zügen nur für die in allernächster Nähe Befindlichen vernehmbaren Nachruf, in welchem er Namens der Familie dem Dahingeschiedenen für die seinen Angehörigen bewiesene Liebe und
e
5
0
t
t
t
t
B
i
1
1
Treue dankte.
Als zweiter Redner legte Herr Xylograph Rau, Vorstand der Freibenkergemeinde, dem von der Allmutter Natur wieder zu sich genommenen Sprecher der Gemeinde den verdienten Kranz auf den Sarg; Namens der Sozialdemokraten Württembergs sprach Herr Redakteur Baßler einige Worte des Dantes dem verstorbenen Kämpfer für Wahrheit und Licht, während der darauffolgende Redner, Herr Bösch, in einem Gedichte den Todten feierte und als letzter Redner Namens der Stuttgarter Sozialdemokraten Herr Dietrich, Herr Mauser als Freund, je einen Kranz brachten, einige Deputirte auswärtiger Abordnungen, wie solche von den Sozialdemokraten in Gmünd, Heil bronn , Pforzheim , Cannstatt, Eßlingen , Göppin gen, Karlsruhe , Frankfurt a. M. und Berlin gekommen, verzichteten der großen Entfernung ihres Aufstellungsortes wegen darauf, noch zu reden.
Drei prächtige Lorbeerkränze, mit großen rothen Schleifen geziert, waren von auswärts gespendet, und zwar von Nürnberg , Frank furt a./M. und von der deutschen Sozialdemokratie. Die Aufschrift auf der Schleife des letteren Kranzes laitete: Es werden des Geistes Schrecken und Dunkel Nicht durch die Strahlen der Sonne des Tages leuchtende Pfeile, dat Sondern durch der Natur Anschau'n und Erkenntniß zerstreut!"
" 1
Mit dem allgemeinen Gesang dreier Verse des Liedes: ,, Brüder, reicht die Hand zum Bunde" schloß die Trauerfeierlichkeit.
Bo
Noch etwa 20 Minuten blieb nach Schluß des Aftes der Wagen, in welchen nun der Sarg verbracht worden, geöffnet stehen, und Hunderte drängten sich noch zu demselben, um einen letzten Blick auf den Sarg zu thun; dann wurde der Wagen geschlossen und eine Rangirmaschine verbrachte ihn unter den Hochrufen der Menge auf ein anderes Geleise, von wo aus er dem Abends 6 Uhr abgehenden Zug, mittels dessen der Sarg nach Gotha zur Feuerbestatung überführt wird, angehängt werden soll. Von der Familie werden der älteste Sohn und Frau Elsa Dulk sich nach Gotha begeben.
Bald ging auch die Menge auseinander, und ohne jede Störung war die Ueberführung und Trauerfeierlichkeit, welcher im Ganzen wohl über 25,000 Menschen angewohnt haben mögen, beendigt."
Und damit auch der Humor dabei nicht fehle, heißt es weiter: ,, Das Militär der hiesigen Garnison war durch Gouvernementsbefehl über die Dauer der Bestattung in die Kasernen tonsignirt, ein Bataillon und die Kavallerie sollen Instruttionen für etwaige Ruhestörungen erhalten haben."
*
*
*
Montag den 3. November, Abends, kam, wie das„ Schwäbische Wochenblatt" berichtet, die Leiche Dult's in Begleitung von Frau Elsa Dult, Herrn Paul Dulk und Herrn G. Rau in Gotha an, empfangen von einer größeren Anzahl dortiger Sozialisten, an deren Spike der Reichstagskandidat für Gotha , W. Bock, erschienen war. Derselbe wid mete dem verstorbenen Freunde einige Abschiedsworte und legte im Namen seiner Genossen einen Kranz auf dem Sarge nieder.
Dienstag den 4. November, Nachmittags 3 Uhr, wurde Dulk dem Feuerofen übergeben. Die Verbrennung dauerte zwei Stunden."
-
Badische Justiz. Das Großherzogthum Baden ist bekanntlich der Musterstaat des deutschen Liberalismus. Der Großherzog und seine Minister und folglich auch das ganze Beamtenthum sind liberal", und der Richterstand nicht minder. Es ist klar, daß in einem so glücklichen Lande die Rechtspflege ganz besonders gut aufgehoben sein muß, und das ist auch in der That der Fall. Einige Beispiele werden das auf's Glänzendste bezeugen.
Im Januar dieses Jahres kamen zwei Kisten, welche angeblich Spezereiwaaren, thatsächlich aber Exemplare des ††† Sozialdemokrat" enthielten, von Konstanz über Tuttlingen an den Arbeiter Beßler in Mann heim . Beßler nahm die Kisten am Bahnhof in Empfang und trug sie in seine Wohnung. Ehe er dieselbe jedoch betreten, wurde er von Polizisten angehalten, welche die Kisten mit Beschlag belegten. Es wurde Anklage erhoben, und siehe da, das Landgericht Mannheim verurtheilte nicht nur Beßler, sondern auch den Arbeiter Krecker, welcher Beßler gebeten hatte, die Kiste für ihn in Empfang zu nehmen, wegen Verbreitung verbotener Schriften, denn zur Verbreitung im
Sinne des Sozialistengesetzes sei nicht der Erfolg nothwendig, daß wirk lich die verbotene Druckschrift Andern zugänglich gemacht sei und daß diese Kenntniß davon genommen haben, sondern es genüge die Absicht der Verbreitung!"
Diese wundervolle Deutung des Begriffes Verbreitung" fand selbstverständlich Gnade vor den Augen des Reichsgerichtes, welches eine gegen die Verurtheilung eingelegte Beschwerde verwarf. Bisher wußten wir zwar, daß bei vielen Vergehen schon der Versuch strafbar ist, die biederen Mannheimer Richter im Verein mit dem Reichsgericht aber haben uns belehrt, daß auch die Absicht strafbar sein kann. Nächstens wird man hoffentlich auch strafbare Wünsche entdecken.
Bei Krecker nahm" das Gericht außerdem„ an", daß er die Kisten selbst von Konstanz aus nach Tuttlingen gesandt. Hier weiß man nicht, soll man die Willkür oder den Blödsinn einer solchen„ Annahme" mehr bewundern.
Ihrer Mannheimer Kollegen würdig erwiesen sich die Richter von Offenburg im Prozeß ,, Geck und Genossen." Dieselben verurtheilten die Angeklagten zu drei, vier und sieben Monaten Gefängniß wegen Verbreitung des Sozialdemokrat", weil dieselben angeblich mehrmals Kisten von Offenburg aus versandt hatten, obwohl absolut nicht festgestellt war, was denn diese Kisten enthalten hatten. Einzig und allein ein Spediteur, an den die Kisten gegangen, behauptete, er habe eine derselben mit seinen Kommis geöffnet und den„ Sozialdemokrat" unter dem Deckel gesehen. Ein sehr lieber Spediteur übrigens, der seine Muße= stunden damit verbringt, die ihm anvertrauten Rollis zu öffnen. Schade, daß der Name dieses Biedermannes nicht angegeben ist, auf dessen Aussage hin die obigen Verurtheilungen erfolgten. Wir würden seine Firma gern unentgeltlich empfehlen.
Nach Offenburg Villingen . Dort wurde der Fabrikant Luz wegen fortgesetter Verbreitung" verbotener Schriften zu acht Mo naten Gefängniß verurtheilt. Als Denunziant figurirte der durch Trunksucht herabgekommene Arbeiter Meder, dessen Tochter Lutz aus Mitleid zu sich genommen hatte, und der nun, angeblich um die„ Ehre seiner Tochter zu wahren", thatsächlich aber aus Rachsucht, weil Frau Luz sich geweigert hatte, das Mädchen ohne dessen Einwilligung der Gewalt ihres Vaters preiszugeben, und zudem aufgeftachelt, wenn nicht bestochen durch verschiedene sozialistenfresserische Bourgeois, zum Staatsanwalt lief und angab, er habe, mit Lutz gemeinsam, wiederholt von Konstanz an diesen gesandte Kisten geöffnet und die darin enthaltenen kleineren Backete weiter spedirt. Geöffnet hätten sie die letztere nie, aber Beide hätten gewußt, daß der Sozialdemokrat" drin enthalten war. Und auf die Aussage dieses Ehrenmannes hin wurde uz nach dreis monatlicher Untersuchung zur obigen Strafe verurtheilt. Daß wäh rend seiner Haft seine Fabrik, seine Geschäftsbücher, Korrespondenzen wiederholt durchschnüffelt wurden, braucht kaum noch gesagt zu werden, einmal nahmen die Herren sogar der Frau Lutz einen angefangenen Brief an den Bruder ihres Mannes fort.
Wie man sieht, sind die badischen Staatsretter in Bezug auf die Wahl ihrer Zeugen" nicht sehr strupulös. Am weitherzigsten ist man in dieser Beziehung in Konstanz .
"
Dort wurden Leute, welche beschuldigt waren, den ,, Sozialdemokrat verbreitet zu haben, von notorischen, wegen Sittlichkeitsvergehen in Untersuchung befindlichen und später auch verurtheilten Prostituirten und deren Zuhälter, welche eine geheime Versammlung beobachtet haben wollten ,,, rekognoszirt". Der Lump von Louis konnte nicht oft genug hervorheben, er wisse genau, daß Der und Der Sozialdemokrat ſei 2c. Und der Denunzirte mußte vor diesem Gesindel Paradeschritt machen! Beiläufig steht das Haus, wo diese geheime Versammlung stattge funden haben sollte, auf schweizerischem Gebiet. pastatomada
Ein andermal nahm der Polizeiagent Dernbach in Konstanz ein siebenjähriges Mädchen in der Schule in's Verhör und suchte aus demselben durch brutales Auftreten Aussagen zu erpressen!
Wir könnten das Register noch erheblich verlängern, allein wir denken, das bisher Gesagte genügt, um zu zeigen, wie im liberalen Musterstaat Baden Justiz und Polizei gegen politisch mißliebige Elemente vorgehen.
Für wen die Nationalliberalen Alles stimmen. Im Allgemeinen", so lautete die Wahlparole der Nationalliberalen, " stimmen wir, und zwar grundsäglich, für jeden gemäßigi Ronservativen." Da sie in Siegen für Stöcker gegen den hyperzahmen deutsch - freisinnigen Schmidt eintraten, so macht diese Auslegung des Wortes gemäßigt" ihrem weiten Herzen alle Ehre. Jm ersten nassauischen Wahlkreis stimmten sie für den deutsch - freisinnigen Mohr gegen die Ultramontanen, in Hessen aber schlossen sie mit den Ultramontanen einen Kompromiß, dahingehend, daß sie in Mainz für diese gegen die Sozialdemokraten stimmen würden, wogegen die Ultramontanen ihnen helfen sollten, Schloßmacher in Offenbach gegen Liebknecht durchzubringen. In München dagegen hätten sie gar zu gern einen Kompromiß mit den Sozialdemokraten gegen die Ultramontanen abgeschlossen, wie sie auch in Köln um die Stimmen der Sozialdemokratie bettelten. In Frankfurt stimmten sie für den Volksparteiler Sonnemann, weil er neben seinem politischen Programm auch die Interessen des Handels vertritt, und in AlzeyBingen bekämpften sie in der Person Bamberger's den Vertreter des Handels.
So ging es durch ganz Deutschland hindurch in allen möglichen
Variationen!
Und da sage man noch, daß eine so vielseitige Partei keine Zu
kunft hat.
-
Daß an der Geburtsstätte der famosen antisozialdemokratischen Arbeiterpartei: in Plagwiz, Viereck die absolute Majorität hatte, haben wir bereits in voriger Nummer berichtet. Es muß aber noch hinzugefügt werden, daß wir bisher in Plagwik immer in der Minorität geblieben waren. Dadurch ersieht man erst, wie vortrefflich der famose Wahlaufruf gewirkt.
Uebrigens hatte er unsern Leuten die gute Laune nicht verdorben. Am Morgen des 28. Oktober fand man, wie die Harzer Post" schreibt, im Wahltreise massenhaft das nachstehende Plakat angeheftet:
Arbeiter!
Nicht alle Arbeiter sind Sozialdemokraten! Wie viele Tausende gibt es noch, denen der Lohn zu hoch und die Arbeitszeit zu niedrig ist! Deshalb haben wir, die Unterzeichner des Wahlaufrufs für Dr. Heine, uns entschließen müssen, eine neue Partei,
Die Allgemeine Deutsche Arbeiterpartei in Neu- Schleußig,
zu gründen. Nachfolgend geben wir den Wortlaut unseres Statuts: § 1. Unter der Bezeichnung Allgemeine Deutsche Arbeiterpartei" bildet sich eine Arbeitervereinigung, die nicht im ganzen Deutschen Reich, sondern in Neu- Schleußig ihren Sitz hat. Die Mitgliedschaft kann nicht freiwillig, sondern nur mittelst erzwungener Unterschrift, und ferner nur dann erlangt werden, wenn der Arbeiter erklärt, mit dem von seinem Arbeitgeber nach Belieben gezahlten Lohne stets zufrieden zu sein. Pflicht eines jeden Mitgliedes ist es, in allen öffentlichen und geschäftlichen Angelegenheiten stillzuschweigen. Die Forderung nach erhöhtem Lohn und Verlangen eines Normalarbeitstages hat sofortigen Ausschluß zur Folge. Dies ist der erste und legte Paragraph der Allgemeinen Deutschen Arbeiterpartei", welche in Neu- Schleußig ihren Siz hat und nur bei jedesmaliger Reichstagswahl etwas von sich hören läßt.
" 1
Nur wer mit unserm Programm einverstanden ist, kann für würdig erachtet werden, Dr. Heine in Neu- Schleußig zu wählen. Arbeiter! Wir wollen nicht mehr unsere Meinung und unser Gewissen knechten lassen! Wer nicht mit uns einverstanden ist, der wähle Louis Viered des p
Einer von den 1500." So ist's recht. Immer den Kopf oben und den Humor nicht verloren!
-
,, Anständige Kampfesweise." An einer andern Stelle dieses Blattes finden unsere Leser einen neuen Wahlaufruf für Sonnemann, der von den hervorragendsten Vertretern des Frank furter Handelsstandes, der Industrie und des Gewerbes, der Advokatur u. s. w. ausgeht. Die Unterzeichner gehören zum guten Theil der nationalliberalen Partei, zum Theil auch der konserva tiven und Zentrumspartei an."
Also zu lesen im lokalen Theil der Nr. 309 der Frankfurter 3tg.", und, ganz wie angegeben, fand sich auch ebendaselbst auf der zweiten Seite der bewußte Aufruf.
"
"
So interessant eine Analyse dieses Appells an Frankfurts honette Bürgerschaft wäre, alle ,, Nebenrücksichten" fallen zu lassen und einig zu sein in der Parole: Keinen Sozialdemokraten!" so vers zichten wir doch, Angesichts der Thatsache, daß die Wahl vorüber, heute darauf, und wenden uns einer Notiz zu, die an hervorragender Stelle im politischen Theil derselben Nummer desselben Blattes figurirte. Da wird nämlich die Bemerkung der Berliner Kreuzzeitung", daß ,, der Ausfall der Berliner Reichstagswahlen einen Sieg des öffentlich- rechtlichen Standpunktes über den privatrechtlichen bedeute", zu folgendem Ausfall benutt:„ Also der Sieg der konservativen und sozialdemokratischen Anschauungen, der Triumph der allein staatserhaltenden Partei und der Partei des Umsturzes unserer gesammten modernen Gesellschaftsordnung" bedeutet den Sieg ein und derselben Sache, bedeutet den Sieg des öffentlichen Rechts! Die Bestrebungen beider, der Konservativen und der Sozialisten, muß man daraus folgern, haben im Grunde genommen ein gemeinsames Ziel, und in dem Siegesjubel über den Niedergang des Liberalismus reichen sich beide die Hände; es dämmert ihnen die Erkenntniß auf, daß der Konservative und Sozialdemokrat eigentlich Brüder sind, nach gleichem Ziel strebend, Freud und Leid mit einander theilend par nobile fratrum.( Ein edles Brüderpaar.) Doch wenden wir unsern Blick ab von dem Bilde der zwei Brüder, die sich wiedergefunden,"
Mit der Geschwindigkeit eines raffinirten Taschenspielers ward hier, wie man sieht, aus einer der Kreuzzeitungsideologie entsprechenden Au 3- legung des Wahlergebnisses ein Brüderpaar konstruirt, das ,, sich wiedergefunden", und so der Sozialdemokratie ein Bündniß untergeschoben, das sie in den Augen der Leute, welche den politischen Theil der Frankfurterin lesen allerdings die Minderheit ihrer Leser verbächtigen, herabwürdigen mußte. Und das, während man selbst bei den Konservativen um Stimmen hausiren ging.
Das nennt man in Frankfurt anständige Kampfesweise! Wir danken.
-
Das freie Wahlrecht in der freiesten aller bür gerlichen Republiten. Wir lesen in der ,, Newyorker Volksztg." folgende, der Indianopolis Staatszeitung" entnommene Notiz:
„ Das unverschämteste Stück von Bulldosen" ist doch von den Bes fizern der Swift Eisen- und Stahlwerfe" in Cincinnati( Hauptstadt von Ohio) aufgeführt worden. Die Werke befinden sich in einer Vorstadt von Cincinnati und in Newport( Kentucky) und etwa 500 Arbeiter sind in denselben beschäftigt. Am letzten Mittwoch erließ die Kompagnie folgenden Anschlag: dent
dat ,, Diese Werke werden heute Abend geschlossen werden und bis nach der Wahl in Ohio geschlossen bleiben. Sollte der Ausgang der Wahl den Republikanern günstig sein, so wird die Arbeit am nächsten Mittwoch, dem Tage nach der Wahl, wieder aufgenommen werden; sollte die Wahl zu Gunsten der Demokraten ausfallen, so werden die Werke bis nach der Wahl im November geschlossen bleiben. Sollte Blaine dann gewählt werden, so wird die Arbeit wieder aufgenommen werden; wird Cleveland gewählt, so wird die Arbeitseinstellung unbestimmte Zeit dauern."
Es wird oft von den politischen Beeinflussungen und Drohungen ge= sprochen, welche sich Arbeitgeber zu Schulden kommen lassen, aber mit solcher Frechheit, wie diese saubere Kompagnie in Ohio, ist denn doch noch fein Arbeitgeber zu Werke gegangen. Sie sagen ihren Leuten mit dürren Worten heraus, daß sie entweder jetzt für das republikanische Ticket stimmen müssen oder daß sie sich anderweitig nach Arbeit umsehen können. Um ihnen einen Vorgeschmack von dem zu geben, was ihnen bevorsteht, und sie mürbe zu machen, wird ihnen schon eine Woche vor der Wahl ihr Verdienst genommen; sie werden schon verstehen, daß sie diese Zeit zum Arbeiten für die große Sache" der privilegirten Monopolisten anzuwenden haben. Db wohl die Leute, als sie am Mittwoch Abend mit der Weisung entlassen wurden, es sich erst recht lebhaft vorgestellt haben, ein wie herrliches Ding es ist, ein freier und unabhängiger Bürger zu sein und das unschäzbare Privilegium des freien Stimm rechts zu besitzen?
Die Eigenthümer der ,, Swift- Werke" sagen, dieser Schritt sei lediglich aus„ Geschäftsrücksichten" unternommen. Ganz unzweifelhaft und natürlich! Es ist das Geschäft" der Leute, welche Geld dadurch machen", daß sie andere Leute besteuern, dahin zu sehen, daß so viele Stimmen als möglich für den Kandidaten abgegeben werden, der sie im Besitz und Genuß dieses werthvollen Privilegiums beläßt.
Lediglich Geschäftssache", ganz natürlich und begreiflich!
Aus Leipzig, 5. November, schreibt man uns: Jm Landkreis gefiegt, in der Stadt triumphirt. Die 4000 Stimmen Majorität für Viereck war die Antwort auf die gefälschten und falschen ,, Arbeiter", die uns den famosen Absagebrief" geschrieben. Der Heine'sche Kommis, der das Machwerk verfaßt, wird die erhoffte Weihnachts- Gratifikation ( zu Deutsch: Trinkgeld) nicht erhalten.
Und in der Stadt ein Stimmenzuwachs von 3000 für Bebelwahrhaftig, die Partei kann zufrieden sein!
Die Feinde sind wie vor den Kopf geschlagen und das„ Tageblatt" jammert in gottserbärmlicher Weise. Natürlich braucht's einen Sünden bock. Und wer wird dazu benutt? Leser, Ihr werdet lachen ob des unfreiwilligen Humors: die Polizei, der arme Döbler und der unglückliche Hohlfeld mit dem, was drum und dran hängt, sind schuld an den Erfolgen der Sozialdemokratie. Warum haben sie nicht alle Versammlungen verboten? Nicht alle Flugblattvertheiler eingesteckt? Nicht alle ,, notorischen" Sozialdemokraten ausgewiesen?
Doch nicht blos die unverzeihliche Nachsicht der Polizei hat uns zum Sieg verholfen, auch unser Terrorismus!
Wir, die Geächteten, von denen jeder das Damoklesschwert der Ausweisung über dem Kopfe hängen hat- wir haben die ruhigen Bürger und Bauern derart terrorisirt", daß die guten Leutchen aus lauter Angst für uns gestimmt haben. Nicht wahr, das„ Tageblatt" ist tostbar in seinem unfreiwilligen Humor?
Indeß, es hat auch einen ernsthaften Gedanken zu Tage gefördert. Die Wahlkreise sind schlecht eingetheilt das ist wesentlich mit schuld an dem ungünstigen Resultat. Bei einer zweckmäßigen Eintheilung der Wahlbezirke fönnte ähnlichen Siegen der Sozialdemokratie vorgebeugt
werden."
Der Gedanke ist natürlich nicht auf dem Miste des Tageblatts" ges wachsen, und wir können uns im nächsten Reichstag auf einige Versuche in Wahlkreis geometrie gefaßt machen.
Jtem, wir haben gesiegt, und die Feinde mögen austifteln, was sie wollen, wir werden sie und ihre Kniffe zu Schanden machen.
11
Solidarität. Wir haben bereits in voriger Nummer erwähnt, daß unsere belgischen Genossen auf's Neue eine Sammlung zu Gunsten des Wahlfonds der deutschen Sozialdemokratie eröffnet haben. Wie wir aus den im Vooruit"," Toekomst" 2c. veröffentlichten Duittungen ers sehen, findet diese Sammlung lebhaftesten Anklang. Charakteristisch find die Mottos, unter denen die Beiträge eingehen. Da heißt es: Wann werden auch wir ein Sozialistengesetz friegen?"" Gebt, was ihr könnt"," Muth gefaßt und vorwärts"," Die Sozialdemokratie ist eine Macht, welche durch keine Gewalt niedergeworfen werden kann, davon kann der Rattenfänger Bismarck zeugen"," Heil euch, muthige Kämpfer", ,, Deutschland voraus, Belgien folgt"," Beim Singen sozialistischer Lieder dachten wir an unsere
"'
schentenen Brüder"," Für das Gelingen des deutschen Wahlkampfes schenken wir unsern legten Sonntagsverdienst", Deutsche Sozialisten, harrt aus in Eurem Kampf, die Belgier werden Euch folgen", u. s. w., u. s. w.
"
Wahrlich, angesichts solcher Theilnahme werden unsere Genossen in Deutschland doppelte Genugthuung über ihren Sieg empfinden!
Echt anarchistisch. Wie wenig erbaut die Anarchisten von dem glänzenden Wahlsieg der deutschen Sozialdemokratie sind, kann man sich leicht vorstellen, wenn man weiß, mit welcher Geflisfentlichkeit diese Herren ihren Lesern die Mähr aufgebunden hatten, daß die deutschen Arbeiter sich von der Sozialdemokratie ab und der alleinseligmachenden Anarchie zugewendet haben. Jeßt müssen sie nun doch zugestehen, daß ste gefluntert, und es ist überaus erbaulich, zu sehen, wie sie sich mit der unbequemen Thatsache abzufinden suchen. Hören wir z. B. den Genfer Revolté":
"
11
-
Was uns anbetrifft, so freut uns dies( das den„ Führern" günstige Resultat, nach Herrn Werner kämpfen nämlich die deutschen Sozialisten nicht für ihre Sache, sondern für ihre Führer"!) für den Moment, denn wir wissen, daß die deutsche Arbeiterbewegung in zwei Lager