flfgen Mk. 34.28 bei den abgelaufenen Pachtverträgen, was einer Stei- gerung des BodenpreiseS um S2,2Z pCt. entspricht. Danach kann man beurtheilen, was von den Lamentationen der Junker- Partei zu halten. Weit entfernt, Roth zu leiden, nimmt der mittlere und größere Grundbesitz und um diesen handelt es sich hier, wie aus den ?bigen Zahlen hervorgeht noch einen außerordentlich günstigen Platz wr heutigen Wirthschaftsleben ein; soweit im Ernst von einer Nothlage ber Landwirthschaft gesprochen werden kann, betrifft sie den kleinen Grundbesitz, der nicht in der Lage ist, von den technischen Hilfsmitteln der Neuzeit Gebrauch machen zu können. Bezeichnender Weise gehen ober alle Vorschläge der Herren Agrarier darauf hinaus, den großen Grundbesitz auf Kosten des kleinen und der übrigen Steuerzahler zu be- reichern, sie intereffiren sich für den Kleinbauern nur insoweit, als er ihnen als Stimmvieh zur Erreichung ihrer schmutzigen Volksausbeutungs- Pläne dient; im übrigen wünschen sie ihn zum Teufel, oder richtiger befördern sie ihn zum Teufel. Denn während sie auf Kongressen und in den Parlamenten nicht genug in Bauernsreundschaft machen «innen, fahren sie zu Hause ruhig fort, einen nach dem andern ihrer Schützlinge zulegen". Zwischen dem kleinen und großen Grundbesitz herrscht ein Jntereffengegensatz, wie er schroffer kaum gedacht werden kann; was dem Einen Vortheil bringt, gereicht dem Andern zum Scha- den, das gilt von den Getreidezöllen rc., das gilt aber namentlich auch von den meisten der jetzt in Rede gekommenen Maßregeln zur Schaffung befestigten" Grundbesitzerstandes, die in der Praxis auf weiter ! nichts abzielen als auf die Schaffung eines neuen Hörigkeits- Verhältnisses. Unser Artikel in Nr. 3 desSd  ." über das Schnapsmonopol 'vacht fast durch die gesammte gegnerische Preffe die Runde, was uns nur recht sein kann, da auf diese Weise die Gründe, welche uns zur Stellung- nähme gegen das Monopol veranlaffen, auch in solchen Kreisen bekannt wer- den, in welche unsere Preffe nicht dringt. Aus die Kommentare, welche einige Blätter an den Artikel geknüpft, haben wir hier nicht einzugehen, da- gegen wollen wir heute noch einen weiteren Gesichtspunkt zur Erörterung bringen, hinsichtlich deflen wir mit den liberalen ic. Gegnern des Mo­nopols durchaus nicht übereinstimmen. Da lesen wir in einem Richter'schen Flugblatt gegen das Monopol: Aber selbst für diese(im Gesetz Berücksichtigung findenden) Kartoffel- brennereien ist das Monopol für die Dauer ein recht zweifelhafter Ge- Vinn. Allerdings werden diesen Kartoffelbrennereien Spirituspreise pigestchert, welche im Durchschnitt 13 und im Minimum 8 Mk. pro Hektoliter über den heutigen Marktpreisen stehen. Aber ein k ü n s- kiger Gesetzgeber kann zum Besten des Monopols die Preise auch anders festsetzen, und ebenso können auch künftige Verhält- Nisse die natürlichen Marktpreise wieder höher stellen, ohne daß darum der Gesetzgeber dem Monopol höhere Ankaufspreise für den Rohspiritus vorzuschreiben braucht." Run, wenn wir nicht aus den früher entwickelten Gründen gegen das Monopol wären, so würde der hier entwickelte Umstand für uns nur ein Grund sein, für daffelbe einzutreten. Aber grade vom heutigen Staat wissen wir, daß er unter allen Umständen dafür sorgen wird, daß dii großen Schnapsbrenner nicht zu kurz kommen, wie ja auch diese Huren selbst es wissen und daher ohne Furcht vor demkünftigen Ge- sesgeber" für das Monopol eintreten. Sie sagen sich mit richtigem Jtftinkt, daß wenn es ihnen überhaupt einmal ernsthaft an den Kragen gest, dann auch mit oder ohne Monopol ihr letztes Stündlein geschlagen h«, und nehmen daher als praktische Christen einstweilen ruhig das Veilchen, d. h. die 35 Prozent Mehrerlös, mit, das ihnen am Wrge blüht. Mit diesem Argument gegen das Monopol ist es also nichts. , Z. Der Luxus einer doppeltenMajorität ist bekannt- Iiis das höchste Ideal unseres Hohenzollern  'schen Hausmeiers. Was man- chim unserer Leser wohl kaum in den Sinn gekommen sein dürfte, ist b« Thatsache, daß auch die sozialdemokratische Reichstagsfrak- ki«n sich mitunter den Luxus einer doppelten Majorität gestatten kann. Dieser Tage trat das recht drastisch zu Tage. Nachdem am. Januar in der Frage der polnischen Ausweisungendie Majorität unter Füh- rung Liebknechts", wie Herr von Hammerstein sich ausdrückte, über die Konservativen und Nalionalliberalen gesiegt hatte, siegte drei Tage später, «w Ig. dies, in einer Frage des Post-Etats(Post-Neubau zu Werdau  ) »eine Majorität unter Führung Kayser's", wie Herr von Köller sich aus- brückte, über Fortschrittler und Zentrum. Man sieht hieraus, daß bei Abstimmungen, wo Zentrum und Fortschrittler einerseits und Konser  - »ative und Nationalliberale anderseits sich scharf gegenüberstehen, die sozialdemokratische Fraktion mit ihren 24 Mann den Ausschlag gibt. Wären wir eine Partei, die sich auf dasHandeln" oerlegt und Politik * la P a r n e l l treibt(den uns komischer Weise ein ausländisches Parteiblatt einmal als nachahmungswerthes Vorbild empfohlen hat), so könnten wir, kraft unserer ausschlaggebenden Zahl, ganz vortreffliche Geschäftchen machen. Das möge heiläufig der sortschrittliche Gerngescheidt Baumbach sich hinter die Ohren schreiben, welcher uns, anläßlich unserer Abstimmung in Sachen des Werdauer Postbaus, wo wir zufällig mit den Konservativen gingen, den albernen Vorwurf machte, wir leisteten der konservativen Partei Heersolge. Wenn das wahr wäre, Herr Baumdach, wenn wir von dem WortHeerfolge" abgesehen Mit den Konservativen einenHandel" abschließen wollten, so würden Sie, Herr Baumbach, nebst drei Vierteln Ihrer Fraktions-Kollegen, bei der nächsten Neuwahl weggefegt werden wie Spreu von dem Sturm- wind. Begriffen, Herr Baumbach? 3. Leeres Stroh gedroschen ist's in der That, wenn der Reichstag   anläßlich des Etatpostens: Zölle und Verbrauchssteuern, drei Tage lang über Freihandel und Schutzzoll diskutirt oder rich- tiger disputirt. Denn eine Diskussion kann man das Herleiern der bekannten, seit 30 Jahren unzählige Mal gehörten, im Reichstage selbst tausendmal heruntergchaspelten Phrasen doch unmöglich nennen. Und dabei sinds immer dieselben Personen, die das Herleiern besorgen: Bam> berger, Barth, Broemel, Helldorff u. s. w. Wir dächten, es sei endlich einmal genug des grausamen Spiels. Im Ernst glaubt ja doch Nie- wand mehr an die wunderthätigen Wirkungen der beiderseitigen Rezepte. Ueber B i s m a r ck' s Verdienste um(oder auch durch) die Schnapsbrennerei gibt die Richter'scheFreisinnige Ztg." folgende Auskunst: Während einzelne Konservative, wie z. B. v. Kleist-Retzow, sich des Branntweinbrennens enthalten, weil sie den Branntwein für einen Fall- strick des Bösen ansehen, wird auf dem Besitzthum des Fürsten Bis- marck, der Herrschast Varzin  , die Branntweinbrennerei in großem Maß- stabe betrieben. Die Branntweinbrennerei ist dort seit der Erwerbung dieser Herrschaft durch den Fürsten Bismarck ungefähr um das Achtfache vergrößert worden. Vor dem Ankauf der Herr- schaft Varzin   wurde dort nur auf den Gütern Wendisch-Puddiger und Seelitz   in ganz kleinen Brennereien Branntwein durch Handbetrieb ge- brannt, mit einer Produktion von 1520 Faß 900012000 Liter monatlich auS beiden Brennereien zusammengenommen. Jetzt sind auf der Herrschast Varzin   Brennereien vorhanden, von denen jede einzelne monatlich 50 Faß 30,000 Liter, alle drei zusammen also b i s 90,000 Liter liefern können. In Varzin   ist erst seit vier Jahren die Brennerei ganz neu gebaut; die beiden Brennereien in Wendisch-Puddiger und Seelitz   sind ganz umgebaut worden, werden mit Dampf betrieben, und kann in jeder täglich viermal abgebrannt werden." Nehmen wir einen Durchschnitt von monatlich 60,000 Liter, also im Jahr 7200 Hektoliter, so würde bei dem in der Monopolvorlage vor- geschlagenen Ankaufspreis von durchschnittlich 35 Mark pro Hektoliter für Bismarck   eine jährliche Mehreinnahme gegen jetzt(wo der Hektoliter 24 Mk. einbringt) von 79,200 Mk. sich ergeben! Das genügt! Aus dem glücklichen M e e r a n e, wo die Sklaven ihren Herren freiwillige Lobesatteste ausstellen, berichtete dieFrkf. Ztg." jüngst unterVermischtes": Ein großer Nothstand ist unter der Arbeiterbevölkerung des Fabrikstädtchens M e e r a n e ausgebrochen. Typhus und Nervenfieber haben dort ihren Einzug gehalten. Der Arbeitsverdienst ist gering, er beträgt nach den statistischen Ermittelungen nur 5 bis 11 Mark, also durchschnittlich 7 Mk. 64 Pf. wöchentlich. Ferner ist konstatirt worden, daß sich 18-t Familien in Meerane   befinden, die keine Netten haben. In den meisten Arbeiterfamilien schlafen schon jetzt vier bis fünf Personen in einem Bette. Einsichtige haben sich zusam- mengethan, um ein Nothstandskomite zu bilden, dessen erste Aufgabe ist, Betten und Brod für die armen Familien zu schaffen. Und woher kommt der Nothstand? Dadurch, daß die Arbeit nach auswärts gegeben und den dortigen Fabrikanten eine kopflose Konkurrenz bereitet wird." Der Schlußsatz ist einfach absurd. Diejenigen, welche die Arbeitnach auswärts" vergeben, sind gerade die HerrenFabrikanten" selbst; nicht ihnen, sondern den Meeraner   Arbeitern wird durch das Vergeben nach auswärts, d. h. auf die Dorfschaften, die kopflose, richtiger herzlose, mörderische Konkurrenz gemacht, eine Konkurrenz, die zur Folge hat, daßTyphus   und Nervenfieber" auf Deutsch   Hungertyphus   jahraus, jahrein in Meerane   zu Hause sind und nur dann j auffallen, wenn das Elend seinen Höhegrad erreicht hat. Das sind die segensreichen Erfolge der unablässigen Thätigkeit jener Wohlthäter der Menschheit", der guten und braven Fabrikanten, der Förderer der Industrie", die Millionen von Mark in ihre Taschen und Tausende und Abertausende von Menschen vor der Zeit in's Himmelreich spediren. Wünschen wir ihnen Glück zur unendlichen Geduld ihrer Sklaven! Der ist in der Dummheit fast ein Genie nämlich der Gyinnasialdirektor Straumer, Abgeordneter im sächsischen Land- tage. Vor einigen Wochen erwarb er sich eine Art Weltruf durch den grandiosen Ausspruch, daß der unentgeltliche Unterricht unmoralisch sei, und in der Landtagssitzung vom 23. Januar schwang er sich gar unserem Genossen Stolle gegenüber zu folgender Leistung auf(vids Dresdener Nachrichten" vom 22. Januar): Abg. Dr. Straumer konstatirt, daß die Leute nicht zum Ver­gnügen in die Bäder gehen, sondern um dort Heilung zu suchen. Auch dem Arbeiter sei dies ermöglicht. Derselbe könne überhaupt Gott danken, daß er infolge seines gesunden Berufes nicht so leicht in die Lage kommt, Bäder besuchen zu müsse n." Der Arbeiter von heutzutage und gesunder Beruf! Und das sagt ein Mann, der in unmittelbarer Nähe des erzgebirgischen Jndustriebezirkes zu Hause ist. Dazu gehört eine Unverfrorenheit, wie sie in der That nur ein sächsischer Konservativer zu haben pflegt. Herr Straumer glaubt wahrscheinlich seine Schuljungen vor sich zu haben, denen er berufs- mäßig die von Krummacher, Weise jc. im vorigen Jahrhundert geschrie- benen idyllischen Lobpreisungen der Arbeit als Summe der menschlichen Glückseligkeit aufzutischen hat. Vortrefflicher Lehrer, vortrefflicher Volksvertreter! Mitgefangen, mitgehangen. Ein Stabstrom- peter in Schwerin  , der bei der Beerdigung des Genossen D e m m l e r mitmusizirte, ist dafür nachträglich mit sieben Tagen Arrest bestraft wor- den. Ueber die Motivirung dieser Strafe schreibt man der Hamburger Bürgerzeitung" aus der Hauptstadt M-klenburgs: Eine wahrhaft k l a s s i s ch eR e ch t f e r t i g u n g" der Be- strasung des hiesigen Stabstrompeters dafür, daß er nach eingeholter Erlaubniß bei Demmler's Bestattung musizirt habe, bringt dieKreuz- Zeitung  ". Der betreffende Trompeter hatte die Erlaubniß so schreibt das edle Junker- und Pfaffenblatt für die Angehörigen des Maurers- gewerkes bei dieser Trauerfeier zu blasen. Nun fanden sich am Sarge aber auch Personen ein, w.lche offenbar keine Maurer waren, und von denen einige sogar rothe Blumen im Knopfloch trugen. Dies bemerkte der Trompeter und-r blies doch, obwohl er sich sagen mußte, daß die Tonwellen auch in die Ohren der nichtmaurereitreibenden Blumenträger dringen würden. Dafür mußte er bestraft werden. Wer's begreift, ist würdig, mit Herrn v. Hammerstein oder Kommissionsrath Pindterdas Volk zu belehren." Mit anderen Worten: der Trompeter wurde bestraft, weil er beim Anblick desRothen" nicht sofort scheu wurde. So mag er denn hinter Schloß und Riegel eingehend das m e ck l e n- burgische Wappen studiren, vielleicht wird er dann dahinter kommen, was r o t h für eine böse Farbe. Herr Robert Gissen, der famose englische Statistiker, hat vorige Woche in der statistischen Gesellschaft in London   die Behauptung ausgestellt, daß sich das Einkommen der Arbeiter Englands in den letzten 50 Jahren mehr als verdoppelt habe. Während vor 50 Jahren die englische Arbeiterbevölkerung, damals 9 Millionen Köpfe zählend, 171 Millionen Pfund Sterling Einkommen hatte, habe sie jetzt. 13Mil- lionen Köpfe stark, 550 Millionen Pfd. St. Einkommen, d. h. per Kopf eine Vermehrung von 19 Pfd. St. auf 42 Pfd. St. Danach käme also auf die Familie von 5 Köpfen ein Jahreseinkom- men von 210 Psd. St.(4 2 00 Mark) oder eine Wocheneinnahme von 4 Pfd. St.(8 0 Mark)! Man braucht nur eine» Blick in die Lohnlisten der verschiedenen Gewerk- verein« zu werfen, nur einmal nachzulesen, um welche Löhne sich die Streiks in den großen Jndustriebezirken drehen, um aus den ersten Blick zu erkennen, daß die Zahlen des Herrn Giffen   falsch sind; und in den Referaten desStandard" und desEcho", die uns vorliegen, finden wir auch kein Wort über die Quellen, denen Herr Giffen   sie entnommen, sondern nur die lakonische Bemerkung, daß er sich auf die Autoriiät" der Herren Dudley Baxter und Leone Levi   stütze. Letzterer sekundirte übrigens hinterher seinem gelehrten Kollegen und fertigte einen Zweifler, dem dieserAufschwung" doch etwas zu stark vorkam, mit der Erklärung ab, daß die Arbeiter heute nicht nur doppelt soviel Einkom- men haben als vor 50 Jahren, sondern auch weniger Arbeit leisteten; die Fabrikgesetz: hätten eine Reduzirung der Arbeitszeit um 20 Prozent zur Folge gehabt. Ferner bekämen die Arbeiter heute für die gleiche Geldsumme bedeutend mehr Brod und Kleidung kurzum, ihre Lage habe sich in jeder Beziehung gehoben. Man kann sich den Beifall denken, mit dem die anwesenden Verehrer dieser besten aller Welten diese Mittheilungen entgegennahmen. Nun ist's heraus, Giffen hat's gesagt, die Arbeiter haben den Löwenantheil des steigenden Nationalreichthums eingeheimst, was können sie sonst noch wollen? Jedoch Giffen sagte noch mehr. Zum Schluß kam nämlich der hinkende Bote nach: Schwere Zeiten bedrohen uns; fest 2 Jahren sind die Preise erheb- ich weiter gefallen, was den Arbeitern anscheinend sehr vortheilhaft sein müßte. Aber dieser Rückgang(der Preise) ist, wie ich glaube, Ursachen geschuldet, die nothwendigerweise ein Fallen der Löhne und Profite zur Folge haben werden Löhne und Profite müssen den ge- sunkenen Preisen angepaßt werde n." Daher sollen die Arbeiter die Ausführungen des Herrn Giffen wohl studiren und sich im eigenen Interesse auf Lohnreduktionen ge- saßt machen. Nicht um den Geld lohn, sondern um denwirklichen" Lohn handle es sich für sie; es sei leicht möglich, daß ein Fallen der Löhne eine Verbesserung ihrer Lage bedeute, da der Preis ihrer wichtigsten Lebensmittel mehr falle als der Geldbetrag ihres Lohnes! Also, Arbeiter Englands, nicht gemuckt, wenn man Euch 10, 20, 30 Prozent vom Lohn abstreicht. Tröstet Euch damit, daß es Euch ehedem noch viel schlechter gegangen, und daß das Totaleinkommen der armen Kapitalisten in derselben Zeit, wo das Eure sich um 300 Prozent ver- mehrte, nur um 100 Prozent zunahm. Die W i ss en s ch a f t hat's bewiesen da gibt's kein Ableugnen. Und nun,gute Nacht" mit Eiapopeia! Brav gesprochen! In demSt. G a l l e r T a g e b l a t t" fanden wir neulich folgendes charakteristische Inserat: Der Schreinergewerkschast diene auf die Warnung im Tagblatt Nr. 7 zur Antwort, daß ich es nicht liebe, durch zu lange Lagerungangelaufene" Schreiner einzustellen, sondern daß ich es vorziehe, meinen Bedarf in frischen Arbeitern zu decken und ich so gut wie andere berechtigt bin,Ein Arbeiter" zu suchen, wie dies durch Inserat im Tagblatt geschah, und deswegen nicht genöthigt bin, den Ersten oder Zweiten einzustellen, sondern Jemanden, der ein Arbeiter zu sein scheint. H. Merk, Schreiner." Diese Offenherzigkeit verdient unsere volle Anerkennung. Die protzige Gesinnung, die sich in den Ausdrücken:durch zu lange Lagerung" angelaufene Schreiner",frische Arbeiter", ausspricht, ist keines- wegs besonderes Eigenthum des braven Merk, sondern wird noch von vielen seiner Kollegen getheilt, aber nur wenige haben den Muth, sie so offen bekannt zu geben. Darum unsere volle Anerkennung dem Wackeren, der so unver froren aus der Schule schwatzt. Mögen seine Worte in Arbeiterkreisen die Verbreitung finden, die sie verdienen und allen Arbeitern ein Merk sein dafür, was ihnen noch zu thun obliegt. Herr Maximilian Schlesinger in Breslau   beschwert sich in einer Zuschrift an einen unserer Mitarbeiter, daß er in der in Nr. 3 unseres Blattes enthaltenen Breslauer Korrespondenz zu Unrecht angegriffen werde. Er habe in dem Prozeß contra Windthorst nicht nur keinen der Angeklagten belastet, sondern vielmehr ausgesagt, daß ihm sämmtliche Angeklagten von Person unbekannt seien. Dafür bedrohe man ihn und seinen Kompagnon jetzt mit Denunziationen schlimmster Art. Er theile uns das mit, obwohl er von uns keinerlei Gerechtigkeit erwarte, dafür seien wir viel zu sehr von Parteifanatismus»c. beherrscht. Wir sind allerdingsparteifanatisch" genug, das von Herrn Schle- singer gelegentlich der Schließung der Schlestschen Volksbuchdruckerei er- lassen- Flugblatt für eine durch nichts zu rechtfertigende G e m e i n h e i t zu erklären, aber nicht so parteifanatisch, die Denunziation in unserer Mitte in irgend einer Weise zu dulden oder zu beschönigen. Wer, aus welchen Gründen immer, sich einer politischen Denunziation schuldig macht, hört damit auf, unser Genosse zu sein. Darauf kann Herr Schle- singer mit Bestimmtheit rechnen. Speziell bei uns in Zürich   wird dieser Grundsatz so rigoros befolgt, daß schon die Drohung mit Denunziation mit Ausschluß bestrast wird. Wie es sich mit der Zeugenaussage in dem Prozeß Windthorst ver- hält, darüber erwarten wir nunmehr von unserm Breslauer Korrespon­denten nähere Details. Ehrlich. DasLeipziger Tageblatt  " druckte dieser Tage einen Artikel derThüringer Waldpost" ab, worin gesagt war, daß der 19. sächsische Wahlkreis(der jetzt in Folge der Mandatsniederlegung Ebert's vor einer Neuwahl steht) uns durch das Sozialisten- gesetz entrissen worden sei. Daraus schließt nun das biedereTage- blatt" auf die wohlthätigen Wirkungen des Sozialistengesetzes,das seinen Zweck doch erfüllt habe." Seinen Zweck? Aber was war denn sein Zweck? Die Urheber und Geburtshelfer des Schandgesetzes schwuren hoch und theuer, es falle ihnen nicht im Traum ein, die Sozialdemokratie zerstören zu wollen, blos gegen Ausschreitungen und Umsturzbestre- bung en richte sich das Gesetz; jede gesetzliche, auf demBoden der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung sich bewegende Thätigkeit der Sozialdemokratie solle von dem Ausnahmegesetz nicht betroffen werden. Und um was für eine Thätigkeit handelte es sich denn im 19. sächsischen Reichstags- Wahlkreis? Um W a h l e n und nichts anderes als Wahlen. Und wir möchten in der That wissen, welche gesetzlichere, mehrauf dem Boden der heutigen Staats- und Gesellschaftsordnung sich bewegende Thätigkeit" es denn überhaupt geben kann als die Betheiligung an einer Wahl, als das Wählen, welches ja positiv das G e g e n t h e i l, das diametrale Gegentheilrevolutionärer, auf den Umsturz»c. gerichteter" Thätigkeit ist. Trotzdem hat dasLeipziger Tageblatt  " die Wahrheit geschrieben, und die Urheber und Geburtshelfer des Sozialistengesetzes haben ge- logen, wie aus derloyalen Handhabung" des Sozialistengesetzes vom Tage seines Inkrafttretens an erhellt. Und für diese Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit sind wir demTageblatt" wirklich dankbar. Aus Berlin  , den 21. Januar, schreibt man uns: Wie den Lesern des Parteiorgans bekannt ist, herrschte von Anfang an in Bezug auf die Frage der Betheiligung an den Stadtverordnetenwahlen durch- aus keine Einmüthigkeit unter den Genossen. Während von der einen Seite mit Nachdruck, und wie der Erfolg gezeigt hat auch mit Recht, auf die agitatorische Bedeutung der Wahlbetheiligung hin- gewiesen ward, sprach man von der anderen Seite das Bedenken aus, durch die Agitation für die Stadtverordnetenwahlen, bei denen es sich doch nicht um große Ziele und die Förderung oder gar Verwirklichung der sozialdemokratischen Prinzipien handeln könne, werde mit Nothwen- digkeit die Prinzipien-Reinheit unserer Bewegung gefährdet. Diese Be- denken sind in einer sehr zahlreich besuchten Kommunalwählerversamm- lung, welchedas Arbeiterwahlkomite für die Stadtverordnetenwahlen" zum Behuf der Rechnungsablage zusammenberufen hatte, zu scharfem Ausdrucke gelangt. Nachdem die ganz objektiv gehaltenen Ausführungen S i n g e r's über die letzte Stadtverordnetenwahl und die Thätigkeit der sozialistischen   Stadtverordneten von der Versammlung mit lebhaftem Beifall aufgenommen worden waren, ergriffen zwei Gegner der Bethei- ligung an den Stadtverordnetenwahlen daS Wort und hier folge ich dem Bericht desBerliner Volksblattes": Herr Strackwitz sprach sich gegen die Betheiligung an den Stadt- verordnetenwahlen aus, weil dies gegen das Prinzip der sozialdemokra- tischen Partei verstoße. Mit demselben Rechte hätte man sich auch an den Landtagswahlen betheiligen müssen. In der Stadtverordnetenver- sammlung sei eine Majorität nie zu erreichen. Die Stimmenzahl habe sich deshalb vermehrt, weil jeder Sozialdemokrat verpflichtet sei, zu wählen, sobald ein Kandidat aufgestellt ist. In zwei Jahren seien Reichs- tagswahlen und Stadtverordnetenwahlen. Wo solle das hinaus? Er sei gegen Betheiligung an den Stadtverordnetenwahlen. Herr Behrendt gab zu bedenken, ob das Programm der sozialdemokratischen Partei in der städtischen Verwaltung verwirklicht werden könne. Die Massen wür- den nur irre geführt und das Programm durch die Betheiligung am Dreiklaffenwahlsystem immer mehr verwässert. Man habe bereits Lust gehabt, sich auch an den Landtagswahlen zu betheiligen, wenn dem nicht entgegengetreten worden wäre. Wo hätte das hinführen sollen? Mit dem Dreiklaffenwahlsystem sei nichts zu erreichen. Weil dieses die öffent- liche Volksmeinung sälsche, dürsten sich die Arbeiter nicht dazu hergeben, an dieser Fälschung theilzunehmen. Ein Rückschlag würde durch die Wahlenthaltung nicht erfolgen, wohl aber durch die fernere Betheiligung. Die Arbeiterentlaflungen redeten eine sehr deutliche Sprache. Eine Stählung der Arbeiterpartei würde nur erfolgen, wenn wirklich durch- dachte Menschen erzogen würden, nicht aber Stimmvieh. Für die Stadt- verordneten Versammlang lasse sich kein Programm ausstellen, das mit dem politischen Programm der Arbeiterpartei übereinstimme." Ich will mich auf eine nähere Kritik dieser Ausführungen nicht ein- lassen, die ja in manchem Punkt leicht angreifbar sind so ist z. B. der Vergleich der Stadtverordnetenwahlen, wo wir ohne Kompromiß Kandidaten durchsetzen können, mit den Landtagswahlen, wo ohne Kom- promiß ein Sieg unmöglich ist, keineswegs zutressend. Immerhin dürfen derartige Kundgebungen nicht übersehen und nicht unterschätzt werden. Unter allen Umständen steht fest, daß das Wohl der Partei der einsige Leitstern ist, dem in dieser wie in jeder anderen taktischen Frage gefolgt werden muß. Die Freunde der Betheiligung an den Stadtverordnetenwahlen werden freilich die bisherigen sehr bedeutenden Erfolge ins Feld führen. Und es dürfte ihnen auch nicht schwer fallen, zu beweisen, daß die Unklarheit und Verschwommenheit, die vielfach zu bemerken sind, mit der Stadtverordnetenwahl an sich nichts zu thun haben. Zum Kapitel der Ordnungszeugen. Ein Genosse schreibt uns: Sie bringen in Nr. 4 des Parteiorgans unter der Aufschrift:Ein netter Ordnungszeuge" eine Notiz, nach der ein notorisch verkommenes Jndiduum als Zeuge gegen zwei Genossen figurirte. Schreiber dieses weiß einen ähnlichen Fall aus dem Jahre 1876 von Freiburg   in Baden  zu berichten. Dort waren die Schuhmacher PH. Georg und I. F. H a u g wegen Uebertretung der Gewerbeordnung angeklagt. Bei dieser Gelegenheit wurde ihnen ein Zeugniß vorgelegt von einem Schuhmacher Frank, welcher nicht nur schon mehrfach wegen Diebstahl und aller möglichen entehrenden Vergehen bestrast war, sondern sogar gerade zu jener Zeit wieder wegen eines solchen unter Anklage stand. Die Ange- klagten glaubten, der Zeuge werde vom Untersuchungsrichter, nachdem sie ihn darauf aufmerksam gemacht, zurückgewiesen werden, aber o weh! Der Untersuchungsrichter Reich erwiderte ihnen lakonisch: Wir nehmen die Zeugen, wie wir sie bekommen! Das geschah vor dem Ausnahmegesetz, und jetzt sollte es Keffer sein? Das ist wirklich zuviel verlangt. Ich bin der festen Ueberzeugung, daß, solange das heutige verlotterte Gesellschaftssystem besteht, nicht Besseres nachkommt. Sozialistische Presse und Literatur. Das Heft 18 (Januar) derRevue aocialiste" enthält: Die religiösen Morallehren (B. M a l o n), Emil Laveleye und der Sozialismus(F. D o m e l a Nieuwenhuis), Erwiderung auf Spencer'sJndividium versa»