ihm wie wir das in der vorigen Seffion des deutschen Reichstags erlebt di haben, wo eine Gruppe von Interessenten nach der anderen hervortrat aufund, ohne Feigenblatt, ohne Phrase, ohne jeglichen Beschönigungsversuch, pf ihren Antheil an der Beute verlangte einfach auf Grund des demoge fratischen Spit bubenrechtes, welches die Gleichheit, die Gleich de berechtigung aller Spikbuben bei der Beutevertheilung fordert.
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Sage man nicht: aber die englischen, die französischen Spitzbuben find nur größere Heuchler, und die Heuchelei ist schon an sich ein Lafter".
Das ist Sophisterei. Wohl ist die Heuchelei ein Lafter, ein widerliches after, allein wahr ist auch das Wort des Franzosen: Die Heuche Luflet ist der Tribut, welchen das Laster der Tugend zahlt.
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Die Zugend in diesem Fall, das ist der politische Nerv". Der " politische Nerv" ist den herrschenden Klaffen in Frankreich , in England nicht so vollständig abhanden gekommen, wie das in Deutschland der Fall ist. Auf die Gründe können wir jetzt nicht näher eingehen. Ange deutet sei nur, daß sie mit dem gesammten politischen Entwicklungsgang Deutschlands zusammenhängen, welcher dem deutschen Bürgerthum eine Mera der politischen Herrschaft und des politischen Glanzes versagte. Ein Bürgerthum, das ein 1789 oder 1648 hinter sich hat, kann nimmerEin mehr in jene Tiefe der Niedertracht herabsinken, die unser deutsches, nur von Traditionen der Knechtschaft und Versunkenheit genährtes Bürgerthum erreicht.
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Und da nehmen wir den Begriff des Bürgerthums in seinem weitesten ſel Sinn, und vergessen auch nicht, daß unser schnapsbrennendes Junker benthum thum durch und durch verbürgerlicht ist gleich unserem Bürgerthum, statt politischer beale blos noch den heiligen Hunger nach Gold" 3" fennt.
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Zum Glück ist jedoch nicht in allen Schichten unseres Volkes der " politische Nerv" ertödtet. Was Disraeli in seinem großen sozialen Roman " Sybil" vor länger als 40 Jahren von England sagte, das gilt auch von Deutschland wie von jedem modernen Klassenstaat ches enthält zwei Nationen die Nation der Herrschenden und Ausbeutenden und die Nation der Unterdrückten. Nur die Nation ber Herrschenden und Ausbeutenden hat den politien en Nerv" verloren. In der Nation der Unterdrückten hift er lebendig und stark.
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Es fällt uns nicht ein, den arbeitenden Klassen eine ideale Vollkom menheit zuschreiben zu wollen, die sie nicht besitzen. Wir wissen sehr und die Gegner, von denen wir beschuldigt werden, den Arbeitern zu schmeicheln und jeden einzelnen derselben als einen Ausbund cud aller Tugenden hinzustellen, mögen sich das merken- wir wissen sehr de wohl, daß die unnatürlichen und unsittlichen Gesellschaftsverhältnisse, deren Opfer die Arbeiter sind, ihnen auch den Stempel ihrer Unnatur reund Unfittlichkeit aufgebrückt haben; wir wissen, daß Neid, Eifersucht, ein Eigennutz unter den Arbeitern ebensogut vorkommen, wie unter den zia Mitgliedern der höheren Klassen, und häufig noch in kleinlicherer, ab of stoßenderer Form( weil die Lebensbedingungen fleinlichere find)- das ändert indeß nichts an der Thatsache, daß das Rechts- und Gerechtig erfeitsgefühl, welches das natürliche Rind der Unterdrückung ist, in ber bi Masse des arbeitenden Voltes lebt und mit einem lebengedigen Ehrgefühl verbunden ist. In den Kreisen der Arbeiter werden au jene obenerwähnten Handlungen des gemeinsten Eigennutes und niederträchtiger Gesinnung auf das Schärffte verurtheilt. Und in den Kreisen der Arbeiter empfindet man auf das Lebhafteste das Sch machvolle, bas Ehrlose der gegenwärtigen 8ustände, und hat es ad von Anfang an empfunden. be Kurz
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der politische Nerv" ist in unserem Volt nicht ertödtet.
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be Er ist wohl den herrschenden Klaffen abhanden gekommen, gerade denhjenigen Klaffen, die sich als die Alleinbefizer des„ point d'honneur" et dieser Karrikatur des echten Ehrgefühls auszuspielen lieben, bem arbeitenden Volt aber lebt er in ungeschwächter, in zunehmender Kraft, und dem arbeitenden Bolt gehört schon ein tüchtiges Stüd der Gegenwart und die ganze Zukunft.
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Betrogene Betrüger. Die stupide Verehrung, mit der der national gesinnte deutsche Philister zu dem allweisen Kanzler emporblickt, der immer Recht hat, mit der er jeber, von seinem Abgott ausgegebenen Parole blindlings folgt, heute weiß für schwarz und morgen schwarz für weiß erklärt, wenn Bismard es ihm vorgemacht, ist jetzt eines der Liebslingsthemata der deutschfreifinnigen politischen Satire. Erst neulich ihl wieder ließ der weiland erznationalliberale Herr Bamberger einen Arfel tikel über dieses Thema vom Stapel, und niemand war schneller bei der Hand, ihn abzudrucken, als die Freisinnige Zeitung" des Herrn Ben Eugen Richter.
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Wir hätten selbstverständlich gegen eine schneidige Bekämpfung eines lan von jeher von uns gerügten politischen Uebelstandes nichts einzuwenden, ibe wenn wir nicht immer wieder Beuge sein müßten, wie ebendieselbe Presse, net welche wider den verbummenden Kanzlerkultus zu Felde zieht, ihrerab seits einen Kultus zu züchten bestrebt ist, der mindestens ebenso schädet lich, wenn nicht noch viel schädlicher für die politische Entwickelung bes one deutschen Voltes ist als jener. Wir meinen die gefliffentlich zur Schau Am getragene Raiserverehrung, in Verbindung mit der nichtswürdieise gen monarchisch konstitutionellen Lüge.
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Rein Blatt, das es in dieser Beziehung ärger treibt als die eben geg nannte Freifinnige Zeitung". Was das Organ des tapfern Eugen iffe Richter in byzantinischer Anwinselung des Kaiserhauses leistet, wird von obe keinem der offiziellen Bedientenblätter übertroffen, deren Haltung doch Ran wenigstens auch sonst mit dem hundemäßigen Bauchrutschen vor dem tlid allergnädigsten Kaiser und König überinstimmt. Man lese nur den Artikel, den bas Drgan des Führers der bürgerlichen Opposition seinen Lesern zu ,, Kaisers Geburtstag" vorgefeht hat. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll, die kurzsichtige Bornirtheit oder bic Charakterlosigkeit, die aus demselben herausschaut. Unser Kaiser hat morgen" 2c. so beginnt das Elaborat. Unser Kaiser, wie patriarchalisch bas klingt! Schade nur, daß das patriarchalische Verhältniß das von Herr zu Knecht oder von Knecht zu Herr ist, also im strikten Widerspruch zu dem politischen Rechtsverhält niß steht, wie es die freisinnige Partei auf ihre Fahne geschrieben. Schon in dem ersten Wort liegt eine grobe unwahrheit, ganz abgesehen von der Geschmacklosigkeit einer solchen Ausdrucksweise.
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Es folgt dann eine Schilderung des köstlichen" Lebens und Lebensabends unsers Kaisers", die einer Kinderfibel alle Ehre machen würde, worauf ein Rückblick erfolgt auf die bösen Tage" in Kaiser Wilhelms töftlichem Leben". Zu diesen bösen Tagen" gehören auch die Zeiten des budgetlofen Regiments( wo Raiser Wilhelm und seine Minister die Berfassung brachen, die sie zu halten beschworen, so wahr mir Gott de helfe!") und die schweren inneren Kämpfe, welche seit bald sechs Jahren die ganze Nation entzweien, und von denen noch kein Ende abzusehen Eufe in ift"( weil Raiser Wilhelms„ töstlicher Lebensabend" so verflucht lange dauert).
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An ,, Aber," fährt der Byzantiner der Freisinnigen Zeitung" fort ,,, alle die tausende und hunderttausende Bürger, die mannhaft und unentwegt fön vir im scharfen politischen Kampfe gegen den Kanzler und die andern Mithei nister verharren, das Volt, das gesammte Bolt dem Kaiser Wilöch helm steht es in unverbrüchlicher Treue" zur Seite. Er steht hoch erhaben über allen Parteien des Landes; ihn macht jun fieli niemand auch nur mit einem Gedanken verantwortlich für ige Irrthümer und Fehler seiner Rathgeber und Beamten......
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Da haben wir die konftitutionelle Züge in ihrer ganzen Erbärmlichkeit. Niemand hat sie schroffer desavouirt als unser Kaiser" höchftselbst, er will verantwortlich sein für die Politit seiner Beamten, er will feine tonstitutionelle Pagode sein, und er ist auch keine, wenigstens feine fonftitutionelle. Wenn es einen Sinn hat, ihn von der Verantwortung für
die herrschende Politik frei zu sprechen, so höchstens vom medizinisch- physiologischen, nimmermehr aber vom politischen Standpunkt aus. Es heißt die Thatsachen fälschen, den Geist des Voltes irreführen, wenn man ihm immer und immer wieder vorredet, der König stehe in Preußen über den Parteien. Grade in Preußen, wo die elementarsten Berun fassungsfragen noch nicht gelöst sind, ist der König Partei und bildet er tüd Partei. Niemand weiß das besser als Herr Richter. Aber wo bliebe äre sonst Seiner Majestät allergetreueste Opposition, wenn man nicht sich und dem Volk vorredete, man habe es nicht mit dem Dalai Lama selbst, sondern nur mit seinen bösen Rathgebern zu thun? Und so betrügt man fich und das Volk um einer Einbildung willen, so wird das politische Leben entmannt- nicht für die Dauer eines Menschenlebens, sonbern, wenns möglich wäre, auf Generationen hinaus, während der
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nationalliberale Spießbürger doch nur dem Bismarck , an den er nun einmal glaubt, das Opfer seines Intellekts schenkt. Da ist man wirk lich befugt, vom Splitter und Balken zu reden.
Aber, stolz lieb' ich den Stiefelputer! Einem Amtsblatt, das sich in Wahrung berechtigter Interessen( Bauchrutschprivilegium) über den ,, Fest. artikel" der Freifinnigen Beitung" luftig gemacht, antwortet diese hoch müthig: Was versteht auch dergleichen Bedientenvolk von den Hoff nungen und Gefühlen freier Männer beim Geburtstagsfest des Monar chen!" Bedientenvolt stimmt. Aber die freien Männer sind ganz anderswo zu suchen als unter denen, die mit Bedienten um den Preis der Knechtsfeligkeit wetteifern.
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Der sozialdemokratische Antrag auf Abschaffung des Dynamitgesetes wurde in der Reichstagssigung des 24. März vom Genossen Viered in längerer Rede begründet. Bei dieser Gelegen heit beleuchtete er verschiedene der neueren Dynamit. Attentate, u. A. auch das sogenannte Niederwald- Attentat in einer Weise, die der Rechten und dem Zentrum höchst unangenehm war, und dem Herrn Windthorst, der einen Antrag auf einfachen Uebergang zur Tagesordnung stellte, eine Fluth augenverdreherischer Phrasen über die sündhafte Welt im Allgemeinen und den sündhaften Anarchis mus im Besonderen entlockte.
Natürlich ging der Windthorst'sche Antrag mit überwältigender Majorität durch. Sogar die Herren Fortschrittler stimmten dafür, nachdem Herr Professor Hänel in persönlicher Bemerkung" ( er war nämlich von einem Vorredner genannt worden) erklärt hatte, daß ein auf einfache Abschaffung eines bestehenden Gesetzes hinzielender Gefeßentwurf entweder einfach angenommen oder durch Uebergang zur eine Tagesordnung einfach aus der Welt geschafft werden müsse Argumentation, die Herr Hänel sich hoffentlich patentiren läßt. Eines tann schon jetzt mit Bestimmtheit vorausgesagt werden: daß Herr Windt horst und seine schwarzen Gefellen aus unserem Dynamitantrag Kapital für ihre Gesinnungslosigkeit zu Gunsten der Verlängerung des Sozia listengesetzes schlagen werden.
Wäre es dieser Antrag nicht gewesen, so hätte etwas anderes herhalten müssen. Vorwände sind billig wie Brombeeren sagte schon Falstaff.
Aus einer Kandidatenrede. Für die Wohlfahrt der arbeitenden Klaffen einzutreten, hält er( Redner) für eine der wichtigsten Aufgaben der Volksvertretung. Sehr gut war seine Verurtheilung des Schulze Delik'schen Sparsystems.... Er führte aus, daß das Sparkassenund Genossenschaftswesen, wie es bisher den Arbeitern empfohlen wor den, in jeder Hinsicht unzureichend sei, und zwar mit den Worten: Wenn zehn Arbeiter, die nichts haben, ihr Vermögen zusammenlegen, dann haben sie eben zehnmal nichts."
Welcher Partei mag der Redner wohl angehören, von dem Dbiges berichtet wird? Rein Zweifel, der sozialdemokratischen, hören wir ben einen oder den andern unsrer Leser ausrufen. Aber fehlgeschossen, ihr guten Leute, fein böser Sozialdemokrat war es, der mit dem Rezept des armen Schulze aus Delitzsch so unbarmherzig umsprang, sondern der sehr gelehrte Herr Dr. Kruse, Kandidat der nationalliberalen Partei im zweiten Hannoverschen Wahlkreise( vgl.„ Norddeutsches Wochenblatt" vom 28. März d. J., Korrespondenz aus Wilhelmshaven ). Man sieht, wenn es die Wahlbemagogie mit sich bringt, ver stehen sich die Herren ganz vortrefflich auf die Nationalökonomie. Hinterher folgt dann natürlich den wuchtigen Worten das Gegentheil von wuchtigen Thaten. Auf den Fußtritt gegen den todten Schulze der Fußfall vor dem lebenden Bismarck . Der König im sozialen Reich ist todt, es lebe der König aller Sozialreformer!
Und abermals in einem Dußend Jahren Woll'n wir deffelbigen Weges fahren.
Aus unsern Bruderorganen. Mit Bezug auf das bevorftehende österreichische Sozialistengeset schreibt der Brünner Volksfreund" in einem Einigung" überschriebenen Leitartikel:
Das Sozialistengesetz wird erlassen werden, darüber herrscht kein Zweifel. Mit dieser Thatsache haben wir zu rechnen, wenn wir uns fragen: Was soll nun geschehen? Und die Antwort hierauf ist klar. Zunächst müssen wir einig sein. So einig die bürgerlichen Parteien sich bei Erlassung des Ausnahmegesetzes zeigen, so einig müssen fünftighin auch die Arbeiter sein. Das zu erreichen kann nicht schwer sein, und es wird auch erreicht werden. Ist doch das Ziel aller Proletarier, aller sozialistischen Parteien das gleiche: die politische und die soziale Freiheit! Und wenn einmal das Endziel als ein gemeinsames anerkannt wird, dann ergibt sich von selbst daraus die Nothwendigkeit einer gemeinsamen Aktion. Wir wollen nicht radikal" und nicht ge= mäßigt" sein, sondern sozialdemokratisch; wir wollen das Interesse des arbeitenden Volkes schüßen, wo immer es bedroht wird; wir wollen den Fortschritt und werden daher kämpfen gegen den Liberalismus, der kons servativ, und gegen den Konservatismus, der reaktionär ist; wir wollen das Klaffenbewußtsein der arbeitenden Bevölkerung heben, wir wollen fie über die heutigen Zustände aufklären und auf ihre wahren Jntereffen aufmerksam machen; wir wollen die Organisation der Arbeiter im Kampfe um das Arbeitsverhältniß, um den Lohn und um die Arbeitss zeit; wir wollen, daß jeder Arbeiter menschenwürdig lebe und daß nicht derjenige hungere, welcher nach Arbeit begehrt; wir wollen endlich eine totale Kenderung jener Wirthschaftsverhältnisse, nach welchen der fleißige Arbeitsmann das geringste und der müßige Rentner das höchste Einfommen bezieht. Welcher Arbeiter wollte diesem Programm Punkt für Punkt nicht beistimmen? Wer könnte leugnen, daß eine Einigung auf Grund desselben nicht nur denkbar, sondern sogar nothwendig sei? 3ft die Einigkeit erft erzielt, dann kann uns ein Ausnahmegesetz nichts mehr anhaben. Unter der Herrschaft eines solchen ist die deutsche Sozialdemotratie herangewachsen, ist groß und mächtig geworden, und empfindet heute das Joch ebensowenig wie der Löwe den Stich einer Mücke. Wir pfeifen auf das Sozialistengefet!" rief der verstorbene Bracke höhnend der deutschen Reichstagsmajorität zu. Er konnte das mit Recht sagen, denn kein Gesetz der Welt vermag Jdeen zu unterdrücken, die von 500,000 Wählern als die richtigen anerkannt werden.
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Die Offiziösen äußern sich vielfach, daß die bere htigten Bestrebungen der Arbeiter" durch das Gesetz nicht berührt werden, nur die sozialdemokratischen, die Umsturz- Joeen, die sollen in Acht gethan werden. Für derartige Bemerkungen haben wir nur ein ironisches Lächeln. Die wirklichen„ berechtigten Bestrebungen" der Arbeiter, das sind aber die fozialdemokratischen. Jede Maßnahme, die dem Arbeiter nüßlich ist, findet sich in dem sozialdemokratischen Programm genannt; was nicht genannt ist, wie z. B. katholische Gesellenvereine, Zünstlereien, Spar- und Vorschußvereine u. s. w., kurz die sogenannten berechtigten Bestrebungen", die sind auch keinen Pfifferling werth."
Jm österreichischen Reichsrath bietet zur Zeit die Budgetdebatte den verschiedenen Parteien Gelegenheit, einander und, je nach ihrer Stellung, auch der Regierung allerhand Schmuh in's Gesicht zu werfen. Insbe sondere sind es die Nationalitätsparteien, die in dieser Beziehung ihre Forsche suchen, und es ist schwer zu sagen, welcher von ihnen man den Preis im pharisäerhaften Schimpfen zuerkennen soll. Alle diese deutschen , tschechischen, slovenischen 2c. Abgeordneten klagen über Unterdrückung, und dabei gehören die Herren sammt und sonders selbst der unterdrückenden Klasse an, und streiten sich nur um das Privis legium der Unterdrückung. Aber je fauler die Sache, um so tönender die Phrase. Alle sprechen im höchsten Pathos, als handle es sich um die heiligsten Menschenrechte, und doch handelt es sich um die schmutzig ften Sonderinteressen. Erbärmliches Land, erbärmliche Zustände.
- Wieder ein Stück sozialer Frage ,, gelöst". Aus Biele feld berichten ordnungsparteiliche Blätter: a ro
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Arbeiterheim. Auf Anregung des Herrn Pastors v. Bodelschwingh hat sich hier unter dem Namen ,, Arbeiterheim" ein Verein gebildet, welcher bezweckt, den Arbeitern behülflich zu sein, einen eigenen Herd auf eigener Scholle zu begründen. Derselbe hat bereits in der Verlängerung des Bürgerwegs hierselbst ein Terrain von zwanzig Morgen gekauft und beabsichtigt bort allmälig dreißig Arbeiterhäuser zu er richten( in diesem Jahre zwölf bis sechszehn). Der Verein glaubt die Wohnungen billiger offeriren zu können, da durch den gemeinsamen Antauf eines größeren Terrains das Grundstück für die einzelne Wohnung nicht so theuer wird, und auch die Herstellung gesunder, zweckmäßiger Wohnungen im Großen um ein Viertel billiger als im Einzelnen bes werkstelligt werden kann. Durch allmälige, nicht drückende Abzahlungen
soll der Bewohner bie Aussicht erhalten, in nicht zu langer Zeit voll. ständiger Eigenthümer des Hauses zu werden. Die Wohlthätigkeit foll bei dem Unternehmen nicht mitspielen, es soll damit vielmehr ganz geschäftsmäßig verfahren werden. Wer in ein Haus einzuziehen wünscht, muß wenigstens die Miethe für ein Jahr vorausbezahlen; er kann dann alle ferneren Ersparniffe dem Vereine übers geben, der dieselben mit 31%, pet. verzinst, bis der Kaufpreis ganz be zahlt ist, und der Bewohner Eigenthümer wird. Gemeinsame Ausgaben für Beleuchtung, Wasserleitung 2c. werden auf den Preis ber einzelnen Häuser vertheilt. Es wird zugleich ein Reservefonds von
pCt. des Werthes für unvorhergesehene Ausgaben gesammelt. Größere Verluste können nicht entstehen, da der Bewohner, wel cher ein halbes Jahr mit der Miethe im Rückstande bleibt, die Kündigung erfährt. Eine Klippe, an der ähn liche Unternehmungen häufig gescheitert sind, ist die Einmischung der Spekulation. Die Bewohner, welche die Häuser billig erworben haben, verkaufen dieselben an Spekulanten, welche dann auf der Stelle große Arbeiterkasernen errichten. Um dieser Gefahr zu entgehen, behält sich der Verein bei jedem einzelnen Hause das Vorkaufsrecht zu einem bestimmten Preise vor. Der Hauptverein hat sich bereits über viele Städte unsers Vaterlandes ausgebreitet; seinen Sit hat er in Bielefeld . Die Vorarbeiten, namentlich die Anfertigung praktischer Baupläne und Miethsfontrakte, sind hier für die Lokalvereine unentgeltlich besorgt. Wir wünschen dem Verein, der sich so schöne Ziele vorgesteckt hat, den besten Erfolg."
Dieser liebevolle Wunsch ist sehr begreiflich, da die Geschichte erstens nichts tostet, sondern nur einbringt, und zweitens, wenn durchgeführt, lediglich eine Anzahl Arbeiter an die Scholle feffeln und dadurch den Kapitalisten noch willfähriger machen würde als zuvor. Uebrigens glau ben wir kaum, daß viel Arbeiter auf den Schwindel hineinfallen werden, da die Bedingungen nichts weniger als verführerisch sind, auch von den wenigsten Arbeitern erfüllt werden können. Die Miethe auf ein Jahr vorauszubezahlen, das ist schneller gesagt wie gethan.
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Herr Pastor Bodelschwingh scheint ein merkwürdiges Talent zu besigen, sozialistische Karrikaturen zu schaffen. So seine Arbeiterkolonien, so sein Arbeiterheim". 3u schaffen" ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, denn im Grunde handelt es sich nur um Kopien englischer Vorbilder, denen das Schicksal ihrer Driginale nicht erspart bleiben wird.
- Ein Sozialistenfresser, der das„ Theilen" gründlich verstanden, scheint der biedere Gschwindt zu sein, dessen Verhaftung wir bereits gemeldet. Aus Frankenthal schreibt man der Franks. Zeitung" über diesen Biedermann:
,, Bezüglich des in Ihrem Blatte bereits mehrfach erwähnten, zur Beit hier in Untersuchungshaft befindlichen Polizeikommissärs Gschwindt in Ludwigshafen munkelt man Mancherlei, und es sollen ihm noch weit schwerere Dienstvergehen zur Last gelegt werden als die Unterschlagung von Hundesteuergeldern. Die Untersuchung wird natürlich sehr geheim betrieben, aber es ist bemerkenswerth, daß der Stadtrath von Ludwigshafen die mit 3000 Mt. dotirte Polizeikommissars Stelle ausschreibt, ohne das Resultat der Untersuchung abzuwarten. Wenn es wahr ist, wie man sich erzählt, daß die dem hiesigen Gericht angebotene, aber von der Staatsanwaltschaft rundweg abgelehnte Raution die Summe von 80,000 Mart betragen haben soll, so dürfte der Fall Gschwindt" wohl zu den interessan teren" gehören."
Ja, das„ Gesellschaftsretten" ist keine billige Sache.
-Guten Morgen, Herr Fischer! Als vor einigen Tagen die Abgeordneten Singer, Bebel und Liebknecht in Sachen des Diätenprozesses: Fiskus wider Kräcker zur Zeugnißabgabe vor das Berliner Amtsgericht vorgeladen waren, paffirte es dem Gerichts. diener, daß er den schlechtgeschriebenen fremdländischen Fiskus in einen urdeutschen Fischer verwandelte, so daß die Geladenen den Termin verpaßt hätten, wenn sie nicht schließlich noch durch den Namen Kräcker aufmerksam gemacht worden wären.
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Da der Fiskus"-Fischer oder Fischer- ,, Fiskus" bei seinem Diätens Fischzug kein Glück haben und unzweifelhaft sei der juristische Ausgang, welcher er wolle mit seinen Fischerei- Versuchen erbärmlich abblißen wird, so rathen wir, das geflügelte Wort: Guten Morgen, Herr Fischer!" zeitgemäß umzuwandeln und in Zukunft zu sagen: ,, Guten Morgen, Herr Fiskus!"
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Ein Wunder. Nationalservile Blätter erzählen als ganz besons ders bemerkenswerth, daß der Kaiser an seinem Geburtstage in der Unterhaltung eine staunenswerthe Renntniß aller im Vordergrund stehenden politischen Fragen bis in ihre Einzelheiten an den Tag ges legt" habe.
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Von dem Manne, der über die Geschicke des deutschen Volkes ent scheidet, in der That wunderbar. So etwas passirt sicher nicht alle Tage, sonst würden es so königstreue Blätter nicht als etwas Außers ordentliches erwähnen.
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Sehr wahr. In seiner, übrigens recht matten Rede zur zweiten Lesung der Schnapsmonopolvorlage sagte Bismarck : Die Bestrebungen, die deutsche Einheit herzustellen, im Jahre 1848, sind hauptsächlich durch Mißachtung der Realitäten in Deutschland gescheitert. Dazu gehören die Regierungen und die Dynastien." Ganz unsre Ansicht.
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Frankreich . Die Arbeitergruppe im Parlament hat ein Manifest erlassen, in welchem sie ihre leitenden Grundsäge und die praktischen Forderungen, für welche sie zunächst zu wirken gedenkt, entwickelt. Die Lettern bewegen sich im Großen und Ganzen auf dem Boden der Arbeiterschutzgesetzgebung, d. h. derjenigen Reformen, die auf dem Boden der heutigen Gesellschaft bei einigem guten Willen möglich und durchs führbar sind. Daß dieses Programm den Beifall derer nicht finden würde, welche den Weg des gewaltsamen Umsturzes als den allein zum Ziel führenden betrachten, war vorauszusehen, wunderbarerweise ist es aber auch von Leuten ziemlich abfällig beurtheilt worden, die sich sonst auf ihr gemäßigtes" Vorgehen etwas zu Gute thun. So haben in Frankreich die Leute vom Arbeiterverband" unter der Leitung des Herrn Brousse, der noch vor wenigen Jahren die Aera der Politik des Erreichbaren( politique des possibilités) für eröffnet erklärte, was ihm und seinen Freunden den Beinamen Boffibilisten eintrug, in gehäffigster Weise gegen die Gruppe Stellung genommen. Von prinzipiellen Meis nungsverschiedenheiten fann gar nicht die Rede sein, da das Programm tein ausschließliches ist, nur persönliche Rivalitäten und Rankünen dürf ten den Ausschlag gegeben haben, und so hat sich Herr Brousse auf's Neue den Dank der Bourgeois vom ,, Temps" verdient, die nicht wüthend genug auf die pflichtvergeffenen" Abgeordneten Basly, Camélinat 2c. lospaufen können. Als Dritte im trauten Bunde gesellen sich zu ihnen die Anarchisten, die in ihrem Organ eine Sammlung eröffnet haben zum Ankauf eines Strickes, an dem Camélinat aufgehängt werden soll. Nun, alle diese leinlichen Machinationen verhindern nicht, daß bie durch den Streift von Decazeville hervorgerufene Bewegung immer größere Wellen schlägt und die sozialistische Agitation mit jedem Tage neue Forts schritte macht. Die Sammlung des Tri du Peuple" für die Bergarbeiter von Decazeville beläuft sich bereits auf 26,000 Franten. Die Haltung der Streifenden ist Dank der umsichtigen Leitung durch Basly eine vortreffliche, die Niederlage der Direktion, wenn nicht gesichert, so doch wahrscheinlich.
Wir folgen verschiedenen aus parteigenössischen Kreisen an uns gerichteten Anregungen und Aufforderungen, indem wir hiermit den Wunsch aussprechen, daß ber Streit von Decazeville seitens der deutschen Arbeiterklasse Unterstütung finden möge.
Ueber die Bedeutung dieser Arbeitseinstellung haben wir uns zur Genüge ausgesprochen. Wir wiederholen, daß es sich um einen Klassen= tampf von ungewöhnlicher Tragweite handelt, und daß der Sieg der Bergleute von Decazeville im Interesse der ges sammten Arbeiterwelt liegt. Auf unsere internatio nalen Verpflichtungen brauchen wir unsere deutschen Genoffen nicht hinzuweisen; sie haben zur Genüge durch die That bewiesen, daß fie allen ihren Verpflichtungen eingedenk sind. Wenn der Gebante einer materiellen Unterstützung in diesem Falle noch nicht in weitern Kreisen bei uns Ausdruck gefunden hat, so ist dies einzig und allein dem Umstande zuzuschreiben, daß die französischen Genossen es versäumt haben,