dbe solcher kann den Artikel geschrieben haben— das Gewiffen schlägt ange,em sichts einer so ungeheuren und ungeheuerlichen Beugung des Rechts.die Der Artikel ist gerade deshalb so interessant, so daß wir ihn in unserernächsten Nummer noch einer eingehenderen Besprechung unterziehenind tollen.— Die Scherge« habe« Eile. Den Verurtheilten des Frei-berger Prozesses ist die Abschrift des Erkenntnisses schonam 12. d. M. zugestellt worden, so daß die Frist zur Begründung derRevision schon am 19. ds. ablaust. Eine solche Geschwindigkeit, dieallerdings keine Hexerei, ist in den Annalen der deutschen Rechtspflegeunerhört. Auf diese Weise wird zu Ende September oder spätestensAnsangs Oktober das Reichsgericht seine Sanktion des von ihm selbstprovozirten und präparirten Urtheils aussprechen können, so daß alsodie verurtheilten Abgeordneten schon vor Beginn der nächsten Sessionihre Haft werden antreten müssen— worauf es ja abge-sehin war.— Sehr gut— gesagt. Wir lesen im Leitartikel der„Frankfurter! Leitung" vom 21. August:.„Nicht durch Palliativmittelchen, am wenigsten durch Schnipseln amLohne, kann die wirthschaftliche Krise dauernd geheilt werden, sondern»ur durch eine zweckmäßige Zusammenfassung und Rege-lung nach vernünftigen Grundsätzen von denjenigen Arbeitsmolekülen,»elche sich derzeit im planlosen, zersplitterten Durcheinander unterenormer Vergeudung von Kraft und Material bekämpfen und zum Theilausreiben."Ganz recht. Kein Sozialist wird an dem Satze, so wie er hier steht,etwas auszusetzen finden. Denn zweckmäßige Zusammenfassung undRegelung der heute konkurrirenden Arbeitsmoleküle— besser Arbeits-«inheiten, das ist eigentlich nur eine Umschreibung der sozialistischen For-derung: Vergesellschaftung der Produktion. Jndeß hat die Sache beider Franksurterin doch ihr Aber. Kurz vor dem obigen Satze heißt esnämlich im gleichen Artikel:„Trotzdem die sogenannte Ueberproduktion nur Minderkonsumtion dergroßen Massen ist, muh sie zunächst doch als erstere genommen werden,Und eine Besserung der Preise kann somit nur durch Verminderung derProduktion erreicht werden. Eine solche kann aber von keinem einzelnenLande für sich vorgenommen werden; vereinzelt würde sie nur eine«eitere Steigerung der betreffenden Produktion im Ausland hervorrufenund einen Selbstmord der Industrie bedeuten, welche für sich allein dieseEinschränkung durchführen wollte. Sie müßte entweder von Prohibitiv-Zöllen begleitet sein, oder sie müßte durch S t a a t s v e r t r a g mit denübrigen konkurrirenden Nationen vereinbart werden, also aufalle Fälle einen von Leroy-Beaulieu(dessen Abhandlung über„das Sinkend-r Preise und die Welthandelskrisis" gerade besprochen wird) verpön-ien staatssozialistischen Charakter tragen. Die zahlreichen Versuche, Kar-«lle, welche mehrere Staaten umfassen, auf dem Boden der freien Ver-«inigung zu bilden, haben eben durch ihre Fehlschläge bewiesen, daß die-salben nicht diejenigen Garantien der Stabilität gewähren, welche bei derGröße der hierbei in Frage kommenden wirthschastlichen und sozialenInteressen unbedingt erforderlich ist."Mit kurzen Worten: Verminderung der Produktion auf Grundu°n Staatsverträgen. Sehr schön— vom Unternehmer-standpunkte aus, wenngleich es ein artiges Kunstwerk sein dürfte,uuf dem Boden der bürgerlichen Gesellschaftsordnung den einzelnenFabrikanten Vorschriften zu machen, wieviel sie fabriziren dürfen,Und die Errichtung neuer Fabriken zu verbieten, zwei Dinge, ohnewelche das staatliche Fabrikationskartell dem Lichtenbergischen Messer°hns Stiel gliche, dem das Heft fehlt. Für die Arbeiter aber ist»er Vorschlag: Verminderung der Produktion, um beim Beispiel zubleiben, ein zweischneidiges Messer gefährlichster Art, denn wenn er sichdicht in den Satz„gesetzliche allgemeine VerminderungberArbeitszeit" übersetzt, hieße er für sie immer nur: Verschlech-lerung chrer Lage durch Vermehrung der unter ihnen obwaltenden Kon-iurrenz, und Verlängerung ihres Elends durch Hinausschieben des Ter-«ins der Inangriffnahme von wirklichen Abhülfemitteln. Diese ganzenKartelle— ob freie oder staatlich garantirte— sind weiter nichts alsdas indirekte Eingeständniß, daß den Herren Fabrikanten»or ihrer eigenen Gottähnlichkeit bange wird, daß es mit dem privat-kapitalistischen System nicht weiter geht, und man nur aus Furcht undEigennutz mit ihm nicht zu brechen wagt.— Mißglückter ServilitätSbeweiS oder die Hochoer«rätherische Büste.„Und oben auf der Torte standAeneas, ganz von Butter"—fingt Blumauer in seiner bekannten Travestie bei der Schilderung desGastmahls der Dido. Die hübsche Idee, den„frommen Held" in dersymbolischen Materie darzustellen, hat neulich in Heidelberg ein Pendantgesunden, daS ebenso belustigend, wie sür den Grad des in Deutschlandherrschenden Byzantinismus bezeichnend ist.Als auf dem zu Ehren der sürstlichen ic. Gäste veranstalteten Festbankett die Speisekarte soweit„erschöpft" war, daß zur Rubrik„Ge-srornes" übergegangen werden konnte, da trug der servirende Diener«it patriotischem Hochgefühl eine— Büste herein und setzte sie bedeu-tungsvoll„unserem Fritz" vor. Es war der alte Wilhelm in Eis.Gin gottvoller Gedanke, dem unglückseligen Kronprinzen Gelegenheit zuLeben, seinem Vater, der ihn nicht in's Geschäft läßt, wenigstens sym-bvlisch die Nase oder die Ohren abzuschneiden. Unser Fritz aber nahmdie Sache schief und schob die Büste verdrießlich seinem Nachbar, demDoktor der Gottesgelahrtheit Friedrich, Großherzog von Baden, zu.»Reinen Schwiegervater anbeißen? Nimmermehr!"— sagte dieser undschob die Büste weiter. Natürlich fanden nun auch die übrigen Gästedas Kunstwerk furchtbar unappetitlich, und der alte Wilhelm wandertedie ganze Tafel herum, ohne einen Liebhaber zu finden. Die Tischgästewußten auf den Genuß des Gefrornen verzichten und die Büste desKaisers wurde in die Mitte der Tafel gesetzt, um statt der Gaumenwenigstens die Augen der Gäste zu ergötzen. Aber ach, alles Irdische>st vergänglich und Eis ist kein Marmor. Je mehr sich die Hitze des"atrivUSmus der Bankett-Theilnehmer steigerte, umsomehr schmolz dieichste Personifikation desselben zusammen. Die Büste wurde immereiner und kleiner und nahm ganz majestätsverbrecherische Formen an,so daß man sie schießlich in aller Eile fortschaffen mußte. Ihr armerFabrikant aber und mit ihm das Festkomite erntete statt des erhofftenOrdens sür seine hyperloyale Idee nur Spott und Schande.Schade, daß eS nicht Allen, die Aehnliches und noch Schlimmeres aufbem Gebiete des Byzantinismus leisten, gleich ergeht.— Die Versimpeluug Deutschland» hält gleichen Schritt mitden„Erfolgen" der Bismarck'schen Politik. Daß in einem Land, woda» höchste erlaubte Denken bewundernde Speichelleckerei und byzantini-scher Götzendienst ist, und wo das öffentliche Leben entweder durchKasernenwände oder Gefängnihmauern beschränkt wird— daß in einemsolchen Land diejenigen Staatsbürger, welche mit dem Strom schwimmen,geistig verkümmern und verkrüppeln müssen, liegt auf der Hand. Daes verboten ist, große und edle Ziele zu verfolgen, so richtet der Geistfich aus jämmerliche Kleinlichkeiten, wie daS seiner Zeit im byzantinischenKaiserreiche der Fall war, dessen öffentliches Leben in verächtlichenLirkusspielen aufging. Unser deutsches Reich der Gottesfurcht undfrommen Sitte hat statt des Zirkusspiels das etwas harmlosere Skat-spiel und ähnliche gleichwerthige Attribute. Sogar zu einem„Skat-Kongreß" haben wir es gebracht. Wir erwähnen das nur als ZeichenLer Zeit. Das nächst« Jahr bringt uns vielleicht neben dem Gasteinerauch einen Schafskopf- Kongreß.—„Die rumäutfchen Minister unter fich," lautet die Ueber-schrift einer Notiz, welche jetzt durch die deutschen Zeitungen geht. Einrumänischer Minister, dem ein anderer rumänischer Minister Fußtrittegegeben, hat diesem ein paar kräftige Ohrfeigen applizirt. Fein ist daSfreilich nicht, allein ei gefällt uns doch noch besser als das Betragenanderer„Minister unter sich", wo zwarFußtrüte ausgetheilt werden,Und nicht wenig«, aber die Ohrseigen dann ausbleiben.Der rumänliche Minister, der für seinen ausgetheilten Fußtritt einkräftiges Paar Ohrfeigen einheimste, wird künstig keine Fußtritte mehraustheilen-, der andere Minister aber, der sür jeden ausgetheiltenFußtritt mit einem Katzenbuckel belohnt wird, setzt natürlich daS Fuh-krittauStheilungSgeschSft nach Kräften fort. Es wäre sicher sehr gut,enviezs-f-ithter«'st.zesen.albch-rer-if-amer->esindirdn-e->atzin»znzchteit,an»zasirt,teilZelelnhigdiePst.len;t?alezie-oather[ewkeitlsttloiist-leg'indmsichlicherseitten,e«died-cjin-he»ieh>it-.-eiskei«>r-tneiEi"-seidi'be»oei»icersJWfuiueitiiun!d---sstePie>w)'$ati'ii�;»wenn diese anderen„Minister unter sich" ebenso wären wie„dierumänischen Minister unter sich".— Gerechtigkeit. In einer und derselben Nummer der„BerlinerVolkszeitung"(vom 13. August d. I.) finden wir folgende zwei Notizen:„Wegen Majestätsbeleidigung wurde heute dem Arbeiter Fer-dinand Mrozecki durch llrtheil der vierten Ferienstrafkammer des Land-gerichts I eine Gefängnißstrafe von anderthalb Jahren auferlegt.Der Angeklagte hatte sich gelegentlich einer ihn betroffenen Eist irungzu den gröbsten Schmähungen gegeu den Kaiser und den Reichskanzlerhinreißen lassen."„Elbing, 11. August. Ein geradezu Entsetzen erregender Fall vonMißbrauch der Amtsgewalt kam gestern vor der hiesigen Straf-kammer zur Verhandlung. Der Arbeiter Kretschmann aus Marienburg,ein rüstiger Sechsziger, beging am 25. März d. I. die Unvorsichtigkeit— allerdings in einer Seitenstraße Marienburgs— daS auf der Straßezu thun, wofür man in größeren Städten eine genügende Anzahl vonAustrittstellen errichtet hat. Eine solche mochte hier fehlen und Kretsch-mann sich unbeobachtet glauben. Er war es jedenfalls nicht, denn derPolizeisergeant Plehn trat heran und fragte ihn nach seinem Namen.Kretschmann verweigerte die Auskunft, worauf der Beamte ihn faßte,um ihn nach der Wache zu befördern. Es ist nicht festgestellt, ob Kretsch-mann hierbei zufällig oder absichtlich zur Erde fiel. Genug, der Beamteergriff den daumendicken Eichenstock des Kretschmann und schlug auf den amBoden Liegenden ein. Als Kretschmann auch dadurch nicht zum freiwilligenGang nach der Wache zu bewegen war, kommandirte der Polizeisergeantzwei Hausknechte zur Hilfeleistung, und deren vereinten Kräften gelanges, Kretschmann zur Wache zu befördern. Im Wachtzimmer war derHilfspolizeisergeant Gottlieb Jagusch anwesend. Mit den Worten:„Wiesieht das Schwein aus!" versetzte dieser dem Kretschmann einenkräftigen Schlag unters Kinn, so daß er rücklings zu Bodenstürzte. Kretschmann erhob sich wieder und setzte sich auf den Bettrand,was den hinzutretenden Äefängnißschließer Friedrich Reuter veranlaßt«,Kretschmann noch einmal zu Boden zu schleudern, einen bezogenen Draht-stock— sogenannten Ochsenziemer— der im Bett steckte, hervorzuziehenund nach Kretschmann(soweit sich feststellen ließ) einen kräftigen Hiebzu thun. Inzwischen hatte man dem Verhafteten Handfesseln angelegt;er blutete. Von einem Stuhle, auf den er sich hiernach setzte, stieß ihnReuter herunter, indem er ihn anschrie:„Gesessen wird hier nicht!"Kretschmann erhob sich noch einmal und setzte sich— vielleicht in einemSchwächeanfall— auf eine Bank. Da trat der Polizeisergeant Plehnan ihn heran, und trotz des Wehrlosen Jammern und Bitten führte er,theils mit der Hand, theils mit der Faust, mindestens fünfzehn Schlägenach dessen Kopf. Das ging so weit, daß selbst einer der Beamten sagte:„So höre doch auf zu schlagen; Du zerschlägst Dir ja die Hände."Plehn antwortete:„Ich schlage den Hund auch gleich tod t."Blutüberströmt wurde Kretschmann nach der Haftzells abgeführtund dermaßen hineingestoßen, daß er wiederum zur Erde stürzte. Nach-dem Kretschmann dann noch um 6 Uhr Abends vom PolizeisergeantenAlbrecht angekettet worden, streckte er sich auf die Pritsche. Hier fandihn Albrecht bei einer Revision um 9 Uhr röchelnd und Schaum vordem Munde. Er begnügte sich damit, die Ketten zu lösen, und gingwieder hinaus, Kretschmann während der ganzen Nacht in einem minde-stens Besorgniß erregenden Zustand sich selbst überlassend. Um 10 UhrMorgens am anderen Tage sollte der Gefangene zum Verhör kommen.Man fand ihn bewußtlos, aber dem Anscheine nach noch lebend an der-selben Stelle. Nun erst wurde die Ueberführung nach dem Krankenhauseangeordnet. Kretschmann verschied jedoch auf demTrans-port. Nach der gerichtlichen Obduktion steht unzweifelhaft fest, daßKretschmann in Folge der ihm zu Theil gewordenen Behandlung gestor-ben sei. Die Schläge an den Kopf hatten eine Gehirnerschütterung zurFolge; es folgte ein Bluterguß ins Gehirn, Gehirnlähmung und so derTod. Auf diesen sollen die am ganzen Körper vorhandenen, von Schlägenherrührenden blutunterlaufenen Stellen nach ärztlichem Gutachten keiner-lei Einfluß gehabt haben. Kretschmann war, was ebenfalls die Obduktionergab, gesund, kräftig und gut genährt. Der Staatsanwalt beantragteje zwei Jahre Gesängniß gegen Plehn, Reuter und Jagusch, wobei erals strafmildernd erkannte, daß die Arbeiter der dortigen Gegend einegroß- Verrohung zur Schau tragen. Der Gerichtshof erkannte auf we-niger, nämlich gegen Plehn, wegen Mißhandlung vorbestraft, auf einJahr und acht Monate Äefängniß; gegen Reuter, wegenMißhandlung mit drei Monaten Gesängniß vorbestraft, auf ein JahrG e f ä n g n i ß und Unfähigkeit, in den nächsten drei Jahren ein öffent-liches Amt zu bekleiden; ferner gegen Jagusch auf neun MonateGesängniß. Drei Monate Untersuchungshaft werden jedem der Ver-urtheilten aus die zuerkannte Strafe angerechnet."—Man vergleiche das Strafmaß in den beiden Fällen. Hier ein Mann,der in der Aufregung über ein wirkliches oder vermeintliches Unrechtganz mechanisch in Bezug auf die Person eines Mitmenschen, der zufälligKaiser ist und in dessen Namen das wirkliche oder ver-meintliche Unrecht verübt wird, einen von Leuten aus demVolk häufig und ohne irgend ernsthafte Bedeutung gebrauchten drastischenAusdruck fich entfahren läßt, zu anderthalb Jahren Gesängniß ver-urtheilt! D o r t drei Beamte, die einen unschuldigen Menschen mit bei-spielloser Barbarei ums Leben gebracht haben, der Hauptthätermit nur zwei Monaten mehr, die Mitthäter mit weit geringerer Strafebelegt als dieser Majestätsverbrecher. Wo ist da die Gleichheit vor demGesetz? Wo die Gerechtigkeit? Welche frevelhafte Gleichgültigkeit fürdas Menschenleben, welche fetischdienerische Rücksicht aus die eingebildeteGottähnlichkeit eines simpeln Menschen!— Wahrheit tvider Willen. Die„Leipziger Zeitung", das Organder sächsischen Regierung, das in neuerer Zeit die früher noch manch-mal bekundete Scham vollständig abgelegt hat, und in gemeiner Be-schimpfung und Verdächtigung der Sozialdemokratie es jetzt den natio-nalliberalen Blättern gleichthut, ist dieser Tage von einem eigenthüm-lichen Mißgeschick betroffen worden. Sie hat sich in einer unbewachtenMinute für die Sozialdemokratie erklärt.Einen redaktionellen Artikel über großstädtische Misöre schließtnämlich das sozialistenfresserische Organ der sächsischen Regierung wiefolgt:„Die Großstädte sind eben die Repräsentanten unserermodernen Entwicklung, die auf Massenverarmungeinerseits und Ansammlung von Reichthum in immerweniger Händen andererseits lossteuer t."Ei! ei! Liebe Leipzigerin, das ist ja das sozialdemokratische Pro-gramm, wie es im Buche steht lUnd wer dieser Anschauung huldigt und nicht demgemäß handelt,das heißt auf Beseitigung dieser schmachvollen Zu-stände hinwirkt, wie das die Sozialdemokratenthun, der ist ein ganz erbärmlicher Heuchler. Oder nicht,liebe Leipzigerin? Wie lautet doch das hübsche Verslein?„Wer die Wahrheit weiß und bekennt sie nicht,Der ist doch fürwahr ein erbärmlicher Wich t."Die Wahrheit bekennen, heißt aber sie bethätigen.Der oben zitirte Artikel der„Leipziger Zeitung" findet sich in derNummer vom 9. d. M.— Wer si«d die Verbrecher?— so fragen wir. Die ehrlichenArbeiter, welche ihre Klasseninteresseu zur Geltung zu bringen suchen,und um sich und ihren Mitmenschen ein menschenwürdiges Dasein zuverschaffen, mit der größten Selbstaufopferung ihre politischenPflichten erfüllen und dafür von Denen, die diesen Bestrebungenaus niederster Selbstsucht feind sind, grausam verfolgt werden? Odersind Diejenigen Verbrecher, welche die Erfüllung der Bürgerpflicht, undwas mehr sagen will, der M e n s ch e n p f l i ch t zu einem Verbrechengestempelt haben?Daß die herrschenden Klassen Alles, was ihren Sonderinteressen zumNachtheil gereicht, für ungesetzlich erklären und als Verbrechen mit derStrenge des Gesetzes verfolgen, ist eine Thatsach«, welche in den ge-meinsten Instinkten der Menschennatur begründet ist und welche nichtauS der Welt zu schaffen sein wird, solange die Klassenherrschaft besteht.Aber gerade weil wir den Grund dieser Thatsach« begriffen haben,sagen wir auch im Hinblick auf die schmachvollen Verfolgungen unterdem infamen Proflriptionsgesetz, genannt Sozialistengesetz:„Ein Verbrechen ist es, Handlungen der Bürger-und Menschenpflicht künstlich zum Verbrechen ge-macht zu haben; und die, welche die« gethan, um ihrem niederenEgoismus und ihrer Brutalität zu fröhnen— sie sind die Ver«b r e ch e r.— DaS natto«alliberale Gelichter ist unausgesetzt an der Hetz-und Denunziationsarbeit. Nun, jedes Thierchen hat sein Plaisirchen.Und daß die gemeinsten Bedientenseelen, die sich ruhig jeden Fußtrittvon Oben gefallen lassen, auch die brutalsten Hallunken sind, wenn sieglauben, ihr Müthchen ungestraft kühlen zu können, ist eine uralteWahrheit. So fordert das amtliche Organ der„Partei", die„National-liberale Korrespondenz", jetzt die Regierung auf, die„Int elligen-zen" der Sozialdemokratie unbarmherzig„mate-riell zu vernichte n."Es gibt keine Kritik eines solchen Verhaltens. Solchem Pack spucktman in's Gesicht.—„Ob katholisch geschoren, ob protestantisch gescheitelt."das kommt nach Altmeister Göthe stets auf dasselbe heraus: Pfaffebleibt Pfaffe. Wir haben neulich Einiges aus den(katholischen)„Christ-lich-sozialen Blättern" zum Beweise dafür mitgetheilt, zu welchem sozialenSchwindel der Deckmantel der Religion herhalten muß, heut wollen wirunfern Lesern einige Müsterchen evangelischer Arbeiterbeschwinde-lung vorführen, die den christlichckatholischen Leistungen in dieser Bezie-hung nichts nachgeben.Vor einigen Wochen fand in Essen das zweite Verbandsfest des„Verbandes evangelischer Arbeitervereine Rheinland-Westfalens", einerFrucht der pfäffischen Hetzarbeit, statt. Auf diesem angeblichen Ar-beiterfest sprachen der Bauunternehmer Böhm, der PfarrerWeber und der Pfarrer Lammers— die Arbeiter hatten das Zu-hören. Das war aber auch danach. Man höre nur(wir zitiren nach demFestbericht des konservativen Fabrikantenwisches„Rheinisch WestfälischeZeitung"):Böhm(Vorsitzender des Verbandes):„Das Gefühl der Angst, wel-ches kürzlich unsere westlichen Nachbarn veranlaßte, ihre Prinzen auszu-weisen, kennen wir nicht, und wenns uns Angst wird, so kann es nurdie sein, daß wir von unseren theueren vier Kaisern einen verlierenmöchten."Es wäre auch wirklich schade drum. Was würde zum Beispiel ausdem deutschen Volke ohne den jüngsten„höschenbeschmutzenden der„theu«ren" vier Kaiser? Es würde elenoiglich zu Grunde gehen. Nicht eineneinzigen der vier können wir missen,„vier der Könige, das ist viel,grade wie im Kartenspiel"—und bei der n a t i o n a l e n Bedeutung des Kartenspiels(s. Altenburg)wird man hoffentlich bald die Könige im Skat zu Kaisern erheben.Pfarrer Lic. Weber aus M. Gladbach:„Wir protestiren gegendie ebenso sinnlose wie gottlose Lehre, daß der Mensch, das EbenbildGottes, nur ein Staubtheil eines blinden Weltalls, nur ein Vetter desAffen sein soll, wir danken dafür! Unser lieber alter Generalsuperinten-dent Büchsel in Berlin hat einmal einen Jungen gefragt:„Mein Sohn,von wem stammt der Mensch ab?" und jener arme Junge, dem seinVater es so vorgesprochen, antwortet:„Vom Affen." Da sagt Büchsellächelnd:„Mein Kind, ich frage nicht, von wem Du abstammst, sondernvon wem der Mensch abstammt."Ungeheuer geistreich, dieser christlich-liebevolle Kalauer. Ueberlaffenwir jedoch Herrn Weber und seinem„lieben alten Büchsel" die Genug«thuung, von Mördern und Blutschändern abzustammen, deren Ahnherrein Dreckhaufen war, und hören wir weiter:„Wir kennen vor Gott kein Ansehen der Person und keinen Unter-schied zwischen den Menschen, da wir alle eines Blutes sind. Ein Ar-bester ist der König auf dem Thron, der erste Arbeiter seines Volkes,ein Arbeiter ist die treue Mutter, die ihre Kinder mit Aufreibung ihrerKräfte pflegt und groß zieht, ein Arbeiter ist die Dienstmagd, die inTreue ihre Stuben kehrt, vor Gott gilt nur eins, ob man treu ist inder Arbeit, zu der uns Gott berufen hat. Hoch das Panier der Arbeit lnicht eine Last, nicht ein drückendes Joch, sondern eine Freude ist unsdie Arbeit. Aber ich richte an euch alle die Bitte:„Leuchtet voran vorden Gliedern anderer Vereine durch das Beispiel gewissenhafter Treuein eurer Arbeit!" In Gruben und Schächten kann einMenschenauge eureArbeit oft gar nicht prüfen, aberdas wisset, daß einer euch sieht, vor dem auch dieNacht nicht Finsterniß i st."Alle Wetter, jetzt wird der liebe Gott gar noch Gruben-Aufpasser l„Arbeiter sind wir alle, wir arbeiten alle gern"— wir armen Pfaffen,die wir uns so schinden müssen, ganz besonders. Also schindet Euch auchin den Gruben; zahlts Euch die Grubenverwaltung nicht, so zahlts Euchder liebe Gott.— Wie die Fabrikanten geschmunzelt haben werden, alssie das gelesen! Der Weber, das ist ein rechter Kerl, der verstehts, denmüssen wir p r o t e g i r e n.Schade nur, daß keiner der zuhörenden Arbeiter den Herrn Pastorfragte, wie so es denn käme, daß trotzdem dieser„einer" auch in dendunkelsten Schächten nach dem Rechten sieht, so viele Gruben- E x p l o-sionen paffirten, und ob es nicht besser wäre, wenn dieser„einer"sich mehr um diese als darum scheerte, ob die Arbeiter auch genug Profitfür ihre Herren geschaffen? Er hätte gewiß noch manche belehrendeAntwort bekommen. Jndeß, auch das Mitgetheilte genügt schon, wenig-stens für den, der lernen will und lernen kann. Es kennzeichnet denZweck, dem die genannten Vereine dienen: der Verdummung undEntmannung der Arbeiter. Darum wird der„Kulturkampf"sortgesetzt, darum vom protestantischen Pfarrer wider den katholischenund umgekehrt gehetzt, damit die Arbeiter vor dem Streit über die besteReligion nicht zum Nachdenken darüber kommen, welches die besten Mittelsind, ihrer sozialen Nothlage abzuhelfen. Es ist immer das alt«„Eiapoppeia vom Himmel", womit man sie abfüttern möchte, auf daßsie„das Greinen" schließlich ganz verlernen.Zum Glück ist der Liebe Müh umsonst. Der erste kräftige Windstoßwirft den ganzen künstlichen Organisationsbau über den Haufen.— Während die bessere Gesellschaft i« Altenburg sich in denheiligen Skat vertiefte, eroberte die Sozialdemokratiebei der gerade stattfindenden Wahl zum altenburgischenLandtag in der dritten Wählerabtheilung den Sitz für ihren Kandi-daten, den aus Leipzig ausgewiesenen Buchbinder Buch-wald. Darüber große Wuth in der honetten Bürgerschaft, die amliebsten die Wahl umstoßen möchte. Es war auch wirklich nicht schön,die Feier des idealen nationalen Skatturniers durch einen prosaischenWahlkampf zu stören. Interesse am politischen Leben? Pfui! DieBuben find jetzt Matadore in Deutschland, was ein guter Deutscherist, hält zu ihnen.— Sie haben ihren Berns erkannt. Dem famosen Rund-schreiben des Herrn Landraths von Köller an die Offiziere(s. oben) lag nach einer Mittheilung der„Magdeburger Zeitung" e i nStatut des Vereins zurVerbreitung konservativerZeitschriften bei, welches unterzeichnet war: v. Köller-Kammin,Mitglied des Reichstages, 1. Vorsitzender; Hauptmann v. Dewitz,2. Vorsitzender; O b e r st l i e u t e n a n t z. D. v. Wasserschleben, Schatz-meister; Premierlieutenant Wolff, Schriftführer;— Oberstz. D. vom Berge-Herrendorf; Blume, Major z. D.; Budy, Pfarrer,Diestelkamp, Pfarrer; Krocker, Rittergutsbesitzer; Freiherr v. Minni-gerode, Mitglied des Landtages; Graf Pückler-Branitz; Schultz, General-superintendent.Wie man sieht, fast ausschließlich Angehörige der Gensdarmerie—streitbare Pfaffen und pfäffische Militärs— zu deren Geschäft eSgehört, für die Erhaltung(„Konservirung") alles Bestehenden, deSschreiendsten Unrechts, der schuftigsten Niedertracht einzutreten, jeder Re-form, jedem Fortschritt sich entgegenzustemmen, die den herrschendenGewalten, deren allezeit dienstbare Schergen sie sind, von Nachtheil seinkönnten. Einen andern Sinn hat das Wort konserativ als politi-scher Parteiname nicht, kann es nicht haben, denn die gesellschaftlicheEntwickelung geht ohnehin langsam genug, als daß man sie im a l l g e-meinen Interesse aufzuhalten nöthig hätte.— Polizeiliche Bornirtheit«nd Dummdreistigkeit. UnserGenosse Bebel ist diesesmal auf seiner Geschäftsreise, namentlich inKarlsruhe und Mannheim, Gegenstand ausgesuchtester polizeilicher Ueber«wachung gewesen. In Karlsruhe, wo er zufällig mit Singer zusammen«ttaf, waren die großherzoglichen Polizeibummler und Tagediebe schieraus dem Häuschen. Sie belagerten während der Anwesenheit der beidenGenoffen daS Hotel, folgten ihnen auf Schritt und Tritt— Bebel so-