«Smpse, die sich täglich vor unsern Augen abspielen, sollte allein genügen,zu zeigen, daß Bestrebungen, die die Lage der Arbeiter zu verbessernsuchen, in direktem Widerspruch mit den Forderungen des Kapitalsstehen. Jeder derartige Fortschritt wird auf dem Wege eines stillen oderoffenen Kampfes zwischen der Arbeiter- und der Kapitalistenklaffeerrungen, und wird stets nur auf dem Weg dieses Klassenkampfeserrungen werden können.Die Erhöhung des LohneS in Folge außerordentlich günstiger Um-stände kann, abgesehen von der Unmöglichkeit, jenen glücklichen Zustandals einen dauernden festzuhalten, nie jenen Punkt erreichen, der gleich-bedeutend wäre mit Beseitigung der kapitalistischen Produktionsweise.Das Kapitalverhältniß wird durch eine Lohnerhöhung nicht im mindestengeändert. Das Ziel aber, wonach wir steuern, ist eine Benderung jenesVerhältniffes. Wir wollen nicht gleich einem schlechten Gärtner unsereKraft daran verschwenden, den leidenden Baum an Blättern und Blüthenzu hellen, während die Wurzel trank darniederliegt; wir werden wohljene sorgsam pflegen, damit sie nicht weiter verderben, aber dieser wer-den wir unsere hauptsächlichsten Bemühungen zuwenden. Die Wurzeldes UebelS in unserem Wirthschastsorganismus ist aber die Trennungvon Arbeiter und Produktionsmittel. Da muß die Arbeiterfreundlichkeitsich bethätigen,„sie muß das Monopol an den Arbeitsmitteln, welchesdie Herrschaft über den Arbeitsertrag begründet, und damit die Machtbrechen, welche die Arbeiter zwingt, in sreier Konkurrenz um die Arbeits-gelegenheit um den geringsten möglichen— für die Besitzenden mög-lich-n- Antheil(?) an der Frucht ihrer Anstrengung sich aufzureiben!Wenn sie dort nicht anfaßt, kann der Unterhalt noch so billig werden,es wird nur der Lohn ebenso billig werden. Und wenn es dahin käme,daß wir Eiweiß, Fett und Stärke und gleich allen Arbeiter-Unterhaltganz umsonst in der Retorte machten, so würden nur die Arbeiter umeine Sache ohne Werth, ganz umsonst arbeiten! Denn arbeiten müßtensie. Die Retorte gehört ja den Kapitalisten!"(S. SS.) Dies die in derHauptsache richtigen, wenn auch, wie die ganze Schrift, barbarisch styli-firten Worte des Versaffers; sie selbst richten ihn am schärfsten.Er steht, daß die sreie Konkurrenz,„der Ausschluß von den Pro»duktionsmitteln durch den davon erzeugten Wettbewerb um die Arbeits-stelle sie(die Arbeiter) zwingt, für einen Hungerlohn zu arbeiten,"(6. 28) er sieht, daß die Entwicklung unserer Produktionsweise zu einerVerschärfung der Gegensätze treibt, und er verlangt— eine Lohnerhöhung.Wer wird eine Lohnerhöhung nicht wünschenswerth finden? Sie ist dasohne allen Zweifel, und die Arbeiter verdienen die allerenergischsteUnterstützung, wenn sie alle Mittel, die ihnen dieKlassenorganisation in die Hand gibt, zu diesemZwecke gebrauchen, aber man darf, ohne in die schlimmste Kon-fusion zu verfallen, diesen Kampf um eine Lohnerhöhung, wie er aufdem Boden unserer Produktionsweise sich abspielt und allein ab-spielen kann,„nicht verwechseln mit dem Anstreben einer„L o h n-e r h S h u n g" als sozialreformatorisches Heilmittel zur g r u n d s ä tz-lichen Aenderung unserer wirthschastlichen Zustände. Diese„Lohn-erhöhung" ist alles Andere, nur nicht wünschenswerth. Wünschenswerthim sozialpolitischen Verstand kann doch nur sein, was zugleich möglichist. Ist ein Ding unmöglich, so ist seine Verfolgung allem vernünftigenWünschen entgegengesetzt, weil wir dadurch in eine verkehrte Richtunggetrieben werden und unsere Kraft in phantastischen und utopischenAnstrengungen nutzlos vergeuden.Zu einer richtigen Einsicht über die ins Werk zu setzenden sozialpoli-tischen Mittel gelangen wir nur auf dem Wege eines Verständniffes derwirthschastlichen Vorgänge, der geschichtlichen Bedingungen für die wei-tere Entwicklung unseres gesellschaftlichen Systems. Diese Entwicklungaber drängt mit unerbittlicher Nothwendigkeit zu einer beständigen Sen-kung des Lohns. Jede Bemühung, den Gang der geschichtlichen Entwick-lung zu hemmen, wäre aber nicht nur ganz nutzlos, sondern sie sührt«uns überdies, wenn sie gelänge, weit ab von unferm Ziel. Dieses Zielist allerdings,„das geltende Lohngesetz brechen helfen,"(S. 3S) abernicht durch„Erhöhung des Lohnes", wie der Verfasser es will,„dasElend nicht am Ende zu bekämpfen,- am Lohn,"„an dem bereits abge-meffenen Theile des Arbeitsertrages..., sondern am Anfang, an denUrsachen, welche diesen Antheil(?) bestimmen, am Besitz der Pro-duktions mittel."(S. 3b.) Die geschichtliche Entwicklung drängtzu diesem Ziel auf dem Wege eines immer intensiver geführten Klaffen-kampfes, der durch seine internationale Busdehnung den Arbeitern eineunüberwindliche Kraft verleiht und den Sieg verbürgt. Die immer wach-sende Anhäufung von Elend darf uns nicht irreführen, denn gerade die-ser Druck wird die Arbeiter antreiben, die Feffeln dieser Produktions-form zu sprengen, und alle Kämpfe und Wehen werden nur dazu dienen,ihre Energie zu stählen und den Prozeß der Umwandlung abzukürzen.Auf dem Wege einer„Lohnerhöhung" in seinem Sinn aber wird HerrMehner ebenso wenig das geträumte Arbeiterglück zu sehen bekommen,wie Herr Wolf, den er so heftig bekämpft, durch Verdilligung der Lebens-mittel. Auch er muß ebenso wie jener zu den Leuten gerechnet werden,welche die Nationalökonomie nur„im Herzen haben"(S. 23), und deranspruchsvolle Titel seiner Schrift kehrt sich in bitterer Ironie gegenihn selbst. C. S.Sozialpolitische Rundschau.Zürich, 31. August 1886.— DaS gute Gewissen unserer Machthaber äußert sich inimmer lustigeren Sicherheitsmaßregeln— d. h. die Sicherheit oerbürgensollenden Maßregeln. Ein„herrliches Heer" wie kein zweites inEuropa, ein Armee von uniformirten und nicht uniforniirten Spitzeln,wie sie zahlreicher die Welt noch nicht gesehen, Korruptionsmittel allerArt in Hülle und Fülle stehen ihnen zur Verfügung, und doch genügtdaS alles nicht, es muß immer noch mehr für die Ruhe und Sicherheitdes Staates— will sagen, der Staatslenker, gesorgt werden.„Dennwenn auch das Heer eine nicht zu verachtende Schutzwehr ist, wer ver-bürgt uns die Treue des Heeres?"So oder ähnlich sprach eines Tages der tugendhafte Putty, setzte sichhin und tüftelte eine neue Verfügung aus, die in wahrhaft genialerWeise das Problem löst, wie man das Heer von dem bösen„Petroleum"»einhalten kann. Und„dem kleinen Veilchen gleich, das iin Verborgenenblüht," verzichtete er diesmal darauf, seine neueste Leistung aus demGebtete der höheren Staatsrelterei an die große Glocke zu hängen,sondern begnügte sich damit, das Gute um des Guten Willen zu thun.Wir ehren die Bescheidenheit Sr. Exzellenz, aber dem Verdienste seineKrone. Wenn er sein strahlendes Licht in zarter Zurückhaltung unterden Scheffel stellt, so kann das für uns kein Grnnd sein, ihm dieverdiente Anerkennung vorzuenthalten. Kommen Sie hervor, Herr Reichs-Oberspitzelminister, und hören Sie, was uns einer der Unserigen, derin Ihrer unmittelbaren Nähe— wir möchten fast sagen, unter IhrenAugen— wirkt und Sie so zu bewundern reichliche Gelegenheit hat,zu Ihrem Lobe mitheilt. Es ist, wir können Sie deffen mit gutem Ge-wissen versichern, ein sehr znverlässiger Mann.Derselbe schreibt uns:„Geheim! Herr v. Puttkamer hat einen neuen Erlaß vom Stapelgelassen! Im Oktober v. I. hat er an seine getreuen Landräthe sowiean sämmtliche Minister der Kleinstaaten den strengen Geheim- Befehlerlaffen:„daß die Gensdarmerie angewiesen werde, ein strenges Augeüber diejenigen zu haben, welche sozialdemokratische, Fachvereins- undKrankenkaffen-Versammlungen besuchen. Besonders"— hieß es in demgeheimen Erlaß weiter—„sollen diejenigen Personen scharf überwachtwerden, welche im militärpflichtigen Alter stehen,"—„es ist dem Ministe-rium bekannt geworden, daß die Führer der Sozialdemokratie ihren Ge-noffen, welche zum Militärdienst ausgehoben werden, strenge anbefohlenhaben, sich während ihrer Dienstzeit wacker zu halten, damit sie Unteroffi-ziere werden. Auf diese Art will sich die Sozialdemokratie des Unteroffiziers-korpS bemächtigen, um im Falle einer ausbrechenden Revolution das Militärauf ihrer Seite zu haben." Es heißt dann weiter, daß von derartigenPersonen genaue Nachrichten über ihre Verhältniffe gesammelt werdensollen,„damit selbe streng überwacht und vom Avancement aus-geschlossen werden können." Dieser ministerielle Erlaß scheint nunnicht nach Puttkamers Wunsch überall stramm befolgt worden zu sein,denn Anfangs August ging wiederum ein geheimes Schreiben andie Landräthe ab, worin dieselben mit Strafen belegt werden, wenn sienicht bis Ausgangs August daS verlangte Material einsenden. Herrv. Puttkamer will von seinen Trabanten, daß sie ihm„mit eigen-händigem geheimem Schreiben die gesammelten Nachrichten überdiejenigen für den Militärdienst ausgehobenen Mannschaften vorlegen,welche bereits eine gewiffe Führerrolle innerhalb der sozialdemokratischenPartei eingenommen haben oder wenigstens als eifrige und zielbewußteVertreter ihrer Lehren gelten." Die Landräthe werden ihres HerrnWunsch befolgen. Aber damit die beiden Erlasse Puttkamers auchstreng geheim bleiben und der schneidige Junker eine kleine Freudehat, sollen dieselben hiermit durch den„Sozialdemokrat" zur allgemeinenKenntniß gelangen."Ein sozialdemokratischer Landrath.Was sagen Sie zu unserem Freunde, Exzellenz? Ein Prachtkerl, nichtwahr? Etwas indiskret zwar, aber in der besten Absicht, nur umIhr Lob desto lauter ertönen zu hören. Und was uns anbetrifft, sokommen wir seinem Wunsche sehr gerne nach.Ruhm, Preis und Ehre dem Mann, der uns so schlau auf die Sprüngegekommen. Heil ihm, der den Umstürzlern den Todesstoß versetzt, indemer ihnen die Unterossiziere entzieht. Denn von nun an wird natürlichin der ganzen Armee kein einziger Sozialdemokrat als Unteroffiziermehr Unterschlupf finden, nun, wo der teuflische Plan, den Staat durch„wackeres Verhalten im Dienst" umzustoßen, in seiner abschreckendenNacktheit blosgelegt ist. Wird der Erlaß getreulich befolgt, woran wirnicht zweifeln, so dürfen die guten Bürger endlich einmal beruhigt auf-athmen. Kein Mensch kann sie ihrer lieben Obrigkeit berauben, derStaat ist gerettet.Auf wie lange?— Die tolle« Neaktioussprüuge» die Junker Otto mit seinemPuttkamer und sonstigen Konsorten jetzt macht, erklären sich von selbst,wenn man einen Gesammtblick auf die innere und äußere Lage wirft.Eine despotische, auf Bereicherung ihrer Interessenten hinzielende Re>gierung ist immer gemüthlich, wenn die Geschäfte gut gehen und es ihrmöglich ist, auf dem Gebiete der auswärtigen Politik wohlfeile, dasVolk der Gedankenlosen aber blendende und berauschende Lorbeeren zupflücken. Was der Baldrian für die Katzen, das ist der Lorbeer fürunzählige Menschen, wohl leider noch für die Mehrzahl.Man betrachte sich nur die Geschichte des zweiten französischen Kaiser-reichs, deffen verschlechterte Ausgabe das Bismarck'sche Reich der Gottes-furcht und frommen Sitte ist. Solange die Dezemberbande ungestörtund mit glänzendem Erfolg das Land ausrauben konnte— ähnlich wieunsere Regierungs-Agrarier solange der Börsen'chwindel florirte, wieer bei uns unter Bleichröder's und seiner Gönner Auspizien florirt hat;solange das Unkraut, genannt Lorbeer, so reichlich wucherte, daß jedemLiebhaber ein reiches Gericht vorgesetzt werden konnte, und das Volkder Gedankenlosen den Ruhm deS genialen Staatsmanns an der Spitzedes Reichs in allen Tonarten sang— genau so wie es ein gutes Jahr-zehnt und länger bei uns der Fall war—, da konnte der Neffe desOnkels sich den Luxus eines behaglichen Liberalismus und einer gewissenNoblesse erlauben. Er spielte den Großmüthigen gegen seine Feinde undspreizte sich in dem wohlthuenden Gefühl, es werde ewig so fortgehen,und im Pantheon der Geschichte werde sein Name auf ewige Zeitenunter denen der großen Männer und unter denen der edelsten Mensch-heitswohlthäter prangen.Als jedoch die mageren Jahre anfingen, als Frankreich so ausgeraubtwar, daß selbst die rasfinirten Räuber der Dezemberbande nicht mehrwußten, wo Millionen zu stehlen; und als der Bankrott der auswär-tigen Politik dem Bankrott der inneren Politik aus dem Fuße folgte,da wurde der„geniale Staatsmann" an der Spitze des französischenKaiserreichs ungemüthlich, und er mußte sich wieder auf den Geschäfts-zweig verlegen, mit dem er begonnen hatte: nämlich auf die Staats-und Gesellschaftsretterei.Das„rothe Gespenst" wurde wieder herausgeputzt, die„weißenBlousen"— ins preußische Deutsch übersetzt heißen sie Mahlow-I h r i n g u. s. w.— traten in Requisition, und— bald kam dann derTodeskampf des französischen Kaiserreichs.In der Kopie wie im Original.Dieselben Ursachen wie dort haben jetzt den„genialen Staatsmann"an der Spitze des deutschen Kaiserreichs ungemüthlich gemacht. DieBauern, aus die er— gleich seinen, französischen Vorbild— sich stützenwollte, sind— gleich den französischen Bauern— dahinter gekommen,daß nur eine gemeine Bauernfängerei mit ihnen qetrie. en worden; dieHandwerker kommen dahinter, daß die famose Zunstmedizin eitel Schwin-del ist; die Arbeiter sind nicht aus den Leim der„Sozialreform" ge-gangen— dazu der Rückgang des Handels und der Industrie, der kom-plete Schisfbruch der Schutzzollpolitik— kurz, das vollständigste Fiasko,das man sich denken kann. Und in der auswärtigen Politik, deren Er-folge so oft für die Mißerfolge der inneren Politik enischädigen müssen,ist das Fiasko ebenso vollständig und gründlich wie in der innerenPolitik. Das Platzen der Kolonialblase, die lächerliche Karolinengeschichte,die skandalöse Krakehlerei mit Frankreich, die skandalösere, an Olmützerinnernde Bauchrutscherei vor Ruhland, dem jetzt sogar der armeBattenberger fchnöse geopfert ward— das gibt ein so klägliches En-semble, daß auch der bescheidenste Bierhauspolitiker sich nicht mehr an„nationaler Glorie" berauschen kann. Und um das Maß der Blamageund Schande noch zu häufen: der Fried« mit Rom, der schmachvolleMarsch durch das kaudinische Joch der Pfaffen!Es wird nicht leicht sein, eine Perlode der deutschen Geschichte zufinden, aus welche der sogenannte Nationalstolz mit ähnlichen Gesiihlender Beschämung zu blicken hätte.Kurz— das Kaiserreich des Herrn Bismarck hat aufgehört, anziehendzu sei»; die Maske ist adgesallen, es steht in seiner ganzen abstoßendenHäßlichkeit vor dem Volk— die Diebesfinger werden durch keine Hand-schuhe verhüllt— was bleibt da dem„genialen Staatsmann" an derSpitze des Kaiserreichs anders übrig, als seine Krallen zu zeigen, jedesfreie Wort zu unterdrücken, und seine Sache klipp und klar auf dasSvidatenbajonnet und den Polizeisäbel zu stellen? Und es wird dasnicht weniger natürlich durch den Umstand, daß die Bismarck'sche Politikzu Verwicklungen mit dem Ausland drängt, in denen nur die geeinteKrast der Nation den Sieg erringen kann. Was liegt diesem tollgewordenen Zäsarismus, dessen höchstes Ideal die russische Knute, andem Ruine Deutschlands? Und die Zeiten sind vielleicht nichtfern, wo der internationale Sozialismus das Vaterland gegendie nationalen Verräther wird vertheidigen müssen.— Ein Beitrag zur Frage, wie die Siege Deutschlandsauf dem Weltmarkt erfochten werden. Wir lesen in deutschenZeitungen:„Nähere Angaben über die erste Schienenlieferung füreine chinesische Eisenbahn, welche von der„N. Fr. Pr." mit-getheilt werden, lassen den Werth dieses Geschäftes recht fraglich erschei-nen, wofern man nicht überhaupt einen Jnthum annehmen will. Eshandelt sich zunächst um eine nach vielen Mühen beschlossene Eisenbahnzwischen den Kaipingkohlenwerken und dem Orte Lutai, eine Strecke von26 englischen Meilen, und hat bei der Submission das deutscheSyn-dikat, an deffen Spitze Krupp steht, mit der b illi g sten Offerteden Zuschlag für die Lieferung von 1500 Tonnen Schienen erhalten.Fast unglaublich aber klingt es, daß dieses Resultat dadurch erzieltworden ist, daß das deutsche Syndikat, ohne selbst einen be-stimmten Preis zu nennen, 25 Sh.(25 Mark) unter derniedrigsten Offerte anbot; da die niedrigste englische Offerte auf3 Lstrl. 5 Sh. per Tonne franko Shangai lautete, würde sich darnachder von den Deutschen geforderte Preis auf 2 Lstrl. reduziren. Wenndiese Angaben in der That dem Sachoerhalt genau entsprechen, würdensich nach diesem ersten Ergebniß die Aussichten auf das lohnende Ge-schäst, welche jetzt vielfach und in übertriebenster Weise an die AufnahmedeS Eisenbahnbaues in China geknüpft werden, außerordentlich trüben.Vor Kurzem hat Krupp bei der Schienen-Submission in Altona, woeine englische Offerte all« deutschen Werke weit unterbot, schließlich dochden Zuschlag erhalten, indem er seine Forderung aus 117 M. pro Tonneermäßigte. Der oben angegebene Preis würde sich dagegen, einschließlichder Transportkosten bis Shanghai, nur auf Markpro Tonnestellen, und wenn auch betreffs der speziellen Lieferungs-Bedingungenvielleicht-ine Vergleichung nicht ohne Weiteres möglich ist, so ist dochwohl bisher von einem solchen Schienenpreise noch niemals, auch nurannähernd, die Rede gewesen."....„Bei diesem Verzweiflungsverkauf,zu weichem die Ueberprodultion der europäischen Weltindustrieen drängt,muß man an den Ausgangspunkt dieser ganzen Entwicklung desinternationalen Handels zurückdenken. Dieser aber ist in der Schienen-industrie kein anderer als die zuerst von den deutschen Schie-nenwerken geübte Praxis, durch Schleuderpreise im Ausländejede Konkurrenz zu schlagen und dafür im Inland« unter demSchutze einer„nationalen" Zollpolitik sich durchhohe Preise von den Landsleuten bezahlt zu machen."Es hält schwer, einen Ausdruck zu finden, der scharf genug wäre, umdiese niederträchtige„Praxis", die wie nichts anderes dendeutschen Namen im Auslande verhaßt gemacht hat, gebührend zubrandmarken. Wir würden den vielen Tausenden Proletariern jüdischerAbstammung, die sich durch ihrer Hände Arbeit mühsam ernähren, bitterUnrecht thun, wenn wir den Ausdruck jüdisch wählen wollten. Nein,das ist ganz spezielle Geschäftsmacherei, die nur durch einen ganz spe-ziellen Ausdruck getroffen werden kann; das findet eine Analogie nurin dem famosen Ottopfennig, den man den Arbeitern auS derTasche stahl, um ihn in die Tasche des Millionärs Bismarck und seinerLakaien zu praktiziren. Die Arbeiter sind es, welche die Kostendieser schmachvollen Unterbiewng zu tragen haben, die Arbeiter, denenman es mit Hilfe skandalöser Ausnahmegesetze unmöglich macht, sichihrer Haut zu wehren. Ohne Sozialistengesetz und Puttkamer'sch« Streik-Ukase wären solche Vorgänge nicht möglich. Mehr als 33'/, Prozentunter dem niedrigsten englischen Angebot! Es ist ein Skandal, wie erärger nicht gedacht werden kann.Auf der internationalen Konferenz in Paris haben sich die Vertreterder englischen Gewerkschaften bitter über die deutsche Konkurrenz be-schwert, welche unausgesetzt auf die Löhne drücke. Man braucht nichtalles zu unterschreiben, was die Leute vorbrachten,— es läuft sichermanche, auf irrige Voraussetzungen und mangelhafte? theoretische Ver-ständniß beruhende Uebertreibung mit unter, aber wenn man da? Vor-stehende liest, so kann man ihnen doch nicht ganz Unrecht geben—„Und möcht' ich sie zusammenschmeißen,'Könnt ich sie doch nicht Lügner heißen."Diese Schmach von dem deutschen Namen zu lösen, ist die Ehrenpflichtder deutschen Arbeiter.Nieder mit dem System der nationalen Schmutzkonkurrenz, das sichSystem des nationalen Schutzes nennt! Nieder mit der Knebelung derdeutschen Arbeiter zum Vortheil der deutschen Ausbeuter! Nieder mitdem Regierungssystem, das solche Blüthen zeitigt l Nieder mit Bismarck,Puttkamer und Konsorten!— Die deutsche Polizeipresse ist sich der mangelhaften Begrün«dung des Freiberger Urtheils so wohl bewußt, daß sie die Hambur»ger Verhaftungen zu einer nachträglichen Rechtferti«gung auszuschlachten bemüht ist. Von diesem Gesichtspunkte auS sindalle Mittheilungen der betreffenden Blätter über jene Verhaftungen auf«zufassen. Der Beweis soll jetzt geliefert worden sein, daß eine geheim«Organisation auch im Sinne des§128 des Reichsstrafgesetzbuchs besteht,und zwar nicht blos für Hamburg und Umgebung, sondern auch fürganz Deutschland; zwei der Verurtheilten des Freiberger Prozesses solle»schwer kompromittirt sein, und der Staatsanwalt soll die nöthigenUnterlagen haben, um das Erlenntniß des 4. August als nicht weitgenug gehend anzugreifen und eine Verurtheilung auf Grund der beidenParagraphen(128 und I2S) zu erwirken— natürlich mit obligaterStraferhöhung.Wir haben es hier mit unverschämtem Geflunker— miteinem Netz denunziatorischer Lügen zu thun.Erstens ist es gelogen, daß die Polizei die Fäden und den Mittel-punkt einer geheimen Organisation für das Hamburg-Altonaer Belage»rungszustandsgebiet entdeckt habe— das ist gelogen und der Lüg«ner heißt Engel, Polizeikommiffar von Altona, der den„Fang" ge-macht hat und nun die Gelegenheit zu seiner Selbstverherrlichung be-nutzen muß.Es ist ferner gelogen, daß Beweise für eine über ganz Deutsch-land sich erstreckende geheime Verbindung(im Sinne des Strafgesetz-buchs) entdeckt und insbesondere auch Belastungsmaterial gegen einigeder Angeklagten des Freiberger Prozesses gefunden worden.— Das istgelogen und der L ü g n e r heißt wiederum Engel, Polizeikommiffarvon Altona.Die in Hamburg Verhafteten haben natürlich für ihre Handlungeneinzustehen und die Folgen zu tragen. Was haben aber dieseHandlungen mit dem Freiberger Prozeh zu thun?Wenn in Hamburg, wenn in jeder Stadt Deutschlands eine geheimeOrganisation im Sinne des deutschen Reichsstrasgesetzbuchs bestände, sowäre dies für den Freiberger Prozeß ohne alle und jeglicheBedeutung. Die Möglichkeit der Existenz solcher lokalen Geheim«organisationen ist von den Angeklagten ausdrücklich zugegeben und beider absoluten Irrelevanz(Gleichgiltigkeit) der Thatsache ist auch von derAnklage gar kein Gewicht darauf gelegt worden.Aber einige der Angeklagten des Freiberger Prozesses sollen persön«lich kompromittirt sein— sagt der Lügen Engel. Persönlich kompromit-tirt— wodurch? Durch Briefe, in denen sie ihre Zugehörigkeit aus-!drücklich oder thatsächlich bekundeten? Oder wie sonst? Rur nicht garzu dumm lügen, Sie Lügen-Engel!Jndeß, der Lügen-Engel lügt doch nicht so ganz dumm, wie eS aussteht. Er hat einen Geoanken, verfolgt einen Plan. Freilich einenPolizeigedanken und einen Polizeiplan. Der Lügen-Engel weiß noch(zum Theil aus eigener Erfahrung— denn er hat damals tapfermitgeholfen), daß 1878 durch Polize.lüge, die für die Rettung beiverkrachten Bismarck nothwenvige ÄtlentatSstimmung erzeugtwurde— warum sollte sich nicht durch wohlorganisirte und wohlkol«portirte Lügen jetztStimmung gegen dieOpfer d«S Freiberger Prozesses und für das schmachoolleFreiber-ger U r t h e i l machen lassen? Wenn es möglich ist, dem Publikumdie große Lüge aufzubinden, es sei dem großen Lügen-Engel nun end«lich gelungen, der Sozialdemokratie auf die Schlichs zu kommen undden Beweis zu liefern, daß sie wirklich eine Partei von Verschwörernist— dann murrt kein Mensch mehr über das infame Freiberger Uc theil,dessen Infamie sogar den Polizeiseelen einleuchtet; und die„öffentlicheMeinung" sagt sich: Haben die Freiberger Richter auch j u r i st i s chnoch so sehr gefehlt, thatsächlich aber haben sie Recht gehabtund ihr Urtheilsspruch hat Schuldig- getroffen!Und von diesem Gedanken geleitet, ging Lügen-Engel sammt seinenHelfern und Helfershelfern emsig ans Werk und ist fortwährend emsigam Werk.Zwar wird ja die Lüge bald an den Tag kommen, aber eine Zeillanghält sie doch vor, und inzwischen wird das Freiberger Urtheil vomReichsgericht bestätigt— denkt unser Lügen-Engel, der. ähnlich seinenLügen, nicht ganz so dumm ist, wie er aussieht.Nebenher versolgt er noch einen zweiten, nicht minder würdigenZweck: nämlich die Verdächtigung der Fachvereine undGewerkschaften.Man lese nur folgende Notiz, zu deren Veröffentlichung sich die„Mag-deburger Zeitung" hergegeben hat. und die jetzt von der gesammtenPresse— natürlich auch der„Frankfurter Zeitung"— gemüthlich nach«gedruckt wird:„Die Untersuchung gegen die verhafteten Führer der So-zialdemokraten scheint großen Umfang anzunehmen. Manhat anscheinend jetzt die Fäden gesunden, mittelst welcheres voraussichtlich möglich sein wird, einen Einblick in die O r g a-nisation der Sozialdemokraten nicht blos in Deutsch-land, sondern auch außerhalb Deutschlands zu erlangen. So vielaus den sehr geheimnitzvoll geführten Vernehmungen an die Oeffent-lichkeit gedrungen ist, war Hamburg die Finanzstelle dersozialdemokratischen Bewegung in Deutschland.Es hatten nicht weniger als 17 freie Kassen für die ver-schiedenen d e u t s ch e n A r b e i t e r z w e i g e ihren Sitzin Hamburg. Mit der Verwaltung der Kassen war eine weit-gehende Agitation in Deutschland verbunden; auch nach der Schweizsollen namhafte Summen von Hamburg aus abgegangen sein. ImZuwmmenhang mit der in Altona geführten Untersuchung gegen dieSozialistenführer soll sowohl die(schon gemeldete) Verhaftung deSNagelschmieds Schltchting in Schleswig, als die dieser Tage in derVorstadt St. Pauli vorgenommene Verhaftung von drei Cigarren-arbeitern stehen. Letztere wurden ebenfalls nach Altona gebracht,während der Führer der Sozialdemokraten in Schleswig vorläufigdort vernommen wird."„Führer der Sozialdemokraten",„anscheinend jetzt die Fäden gefun