thüringischen Staaten, getreu dem Parteiprogramm und der traditionellenParteitattik sich als selbststündige Partei, die gegenüber allen anderenParteien selbstständig in den Wahlkampf eintrat, gezeigt.Die Partei darf erwarten, daß die Münchener Genoffen, wie fchmsich-lerisch auch der Versucher an sie herantreten möge, ebenso handeln undden Gegner, dessen Vertreter im Reichstag uns denStrick des Sozialistengesetzes um den Hals gedrehthaben und dessen Vertreter im bayerischen Landtagbisher zu allen Polizeiniederträchtigkeiten, die inBayern gegen unsere Genossen verübt wurden,schwiegen oder gar Beifall klatschten» mit Verachtungabweisen. L,„Können die Parteigenoffen in Bayern ein oder mehrere Mandate fürsich erobern, so sollen sie alle Kräfte einsetzen, und die ganze Parteiwird sich freuen, wenn ihnen dies gelingt. Aber nie und nimmer darfein solcher Sieg durch die Gnade der Gegner erfochten werden, einsolcher Sieg muß nothwendig lähmend auf die Thätigkeit eines so ge-wählten Vertreters wirken, der in gewisien Momenten stets sich vor-halten wird, w e m er den Sieg verdankte, und er wirkt korrum-pirend auf die Parteigenossen, die schließlich alle?Gefühl verlieren für die Grenze, die sie sich ziehenmüssen.Heute ein Kompromiß mit den Liberalen, morgen eines mit den Kon-servativen oder den llltramontanen, ganz wie es der Vortheil derMandatjäger erheischt, das würde die logische Konsequenz solcher erbärm-lichen Taktik sein.Wir hoffen, daß unsere Münchener Parteigenoffen sich vor dem Be«treten der schiefen Ebene hüten werden, eingedenk des stch hundertfachbewährt habenden Satzes unseres Parteiprogrammes:„Gegenüber der Sozialdemokratie sind alle Parteien eine reaktionäreMasse."Parteigenossen, seid auf der HutIMordspatriotische Pädagogik.Herr Pastor N i n k von der Anscharkapelle in Hamburg, gewesenerMassenmordprediqer alias„Militärpfarrer", Erzmucker, der nur knieendoder mit verhülltem Angesicht das„Vaterunser" vor seiner Gemeindebetet, hilft die„christliche Jugend" bilden und erziehen durch Herausgabeeiner monatlich erscheinenden illustrirten Jugendschrift, benamset„DerKinderfreund." Zu den Mitarbeitern an diesem echt„christlich-germani-schen" Bildungsunternehmen gehört auch der verfloffene„ A d m i r a l"Werner, seinerzeit das Entzücken und die Wonne des liberalisirendenPhilisterthums. Von ihm rührt folgende, in ihrem„Schluß" auszugs-weise wiedergegebene„literarisch-erzieherische That" in Nr. 10 vom Juli1886 her, deren Festnagelung an dieser Stelle wir uns umsowenigerversagen mochten, als fie einen Beweis liefert für die wundersame Dehn-barkeit, mit der sich diese Herren das 5. Gebot, das doch keine zweierleiDeutung zuläßt, nach ihrem Bedarf zurechtzuziehen erlauben.Die Erzählung ist betitelt:„Ein tapferer Schiffskapitän". Der LübeckerKapitän V o ß, deffen Brigg von einem algerischen Kapitän gekapertworden/) und der dieselbe nun unter Aufsicht des türkischen Prisen-Meisters nach Algier führen soll, beschließt unterwegs, die Türken zuüberlisten und das Schiff zurückzuerobern. Daran ist an sich nichts aus-zusetzen, höre man aber, wie der„tapfere Schiffskapitän" und seineLeute dabei vorgingen.Fünf Mann der Mannschaft deS Kapitän Voß, sowie der Steuermannwaren auf daS algerische Schiff übergeführt worden, während Voß mitdem Rest seiner Bemannung— fünf Matrosen— auf derselben verblieben. Dem Prisenmeister standen 10 Türken zur Seite. Um das Ver-trauen des Ersteren zu gewinnen, zeigte sich Voß„auf jede Weise freundlich zuvorkommend, ja, oft servil undkriechend, während er seine eigenen Leute rauh, fast brutalbehandelte",— unzweifelhaft sehr tapfer.An dem Tage, an welchem der Streich ausgeführt werden sollte, läßtVoß durch den das Amt eines Schiffkochs versehenden Matrosen Steffensden Salat gehörig versalzen und schenkt alsdann den Türken brav Grog«in, so daß diese das Bedürfniß eines ordentlichen Nachmittags-schlafs empfanden.„Darauf hatten die Deutschen gerechnet." Gleichnach Tisch ladet Voß den Priscnmeister ein, mit ihn: in der Kajüte dieAbsetzung des Schiffsortes auf der Karte vorzunehmen. Obwohl sehrmüde, folgt ihm dieser ahnungslos. Steffens macht sich in derKajüte scheinbar mit dem Wegräumen der Eßgeschirre zu schaffen, kaum aberhat sich der Prisenmeister über die Karte geneigt, so spricht Voß dasLosungswort und„in demselben Augenblick stürzte der Türke, durch einen B e i l h i e bvon Steffens im Nacken getroffen, lautlos zusammen."Ermordung eines Alkoholbetäubten— ebenfalls sehr tapfer.Voß und Steffens bemächtigten sich nun der Waffen des Prisenmeisters,elfterer schießt den am Ruder stehenden, letzterer gleichzeitig den an der*) Es liegt uns nur der Schluß der Erzählung vor, aus dem nichtmit Sicherheit hervorgeht, unter welchen Umständen die Kaperung erfolgtwar. Nach einigen Andeutungen zu schließen, muß sie während irgendeines Krieges erfolgt sein, an dem Rußland betheiligt war, die Briggwar nach Riga zuständig.Die Redaktion deS„Sozialdemokrat."Feuilleton.Der ungtückkiche Hrßprwz.(Ein Märchen.)Es wurde einmal ein Erbprinz geboren und der hieß Mensch. Demwar alle Macht und Herrlichkeit der Erde versprochen, und er sollte infie eingesetzt werden an dem Tage, an dem er sich mit der gleichalterigenPrinzeffin Freiheit vermählen würde. Die Erziehung dieses Erbprinzenvertraute der liebe Gott einem Ehepaare an, das schon von Ewigkeitbe? im Himmel gewohnt hatte, dem Onkel Staat und der TanteKirche.Das war aber ein böser Onkel und eine böse Tante. Sie haßten diearme Prinzeffin Freiheit, und weil sie gern selber alle Macht und Herr-lichkeit besessen hätten, so wollten sie auch dafür sorgen, daß der Erb-prinz nie aus den Kinderschuhen herauskäme und daß er die PrinzeffinFreiheit nie kennen lerne.Das war eine ganz merkwürdige Geschichte: der Prinz war schon eingroßer, starker Junge, er hätte schon gern Braten gegessen und Weingetrunken, aber man ernährte ihn immer noch mit Schassmilch; er wäregern auf Bäum« geklettert und durch den Fluß geschwommen, aber manhatte ihn immer noch eingebütschelt und eingewickelt wie«in ganz kleinesKind, und wenn er strampelte und schrie, so drohte man ihm mit demschwarzen Mann oder man steckte ihm den süßen Lutschbeutel der Geduld■in den Mund.Nun hatte Tante Kirche eine Magd angenommen, die hieß Wissenschaftund that gar unterthänig, aber eigentlich war sie auch eine Prinzeffinund treu ergeben ihrer Schwester, der Freiheit. Einst fragte der Prinz:wie alt bin ich denn? Da sagte ihm die Magd: schon viele viele tausendJahre. Das hörte die böse Tante, und die arme Magd wurde hart ge-schölten und geschlagen und in die dunkle Kammer gesperrt; dem Knabenaber wurde alle Tage vorgesagt, obgleich er ein Erbprinz war: du bistund bleibst ein dummer kleiner Junge.Die gute und getreue Magd aber wurde ihrer Leiden satt und entflohaus dem Hause und ward in der frischen Luft immer größer und schöner,und des Nachts schlich sie sich heimlich zu dem Prinzen ein und lehrteihn lesen und erzählte ihm von dem weiten Himmelszelt und vielen an-deren schönen Dingen.Da erkannte eines Tages Prinz Mensch seine Stärke, er zerriß dieWrckelbänder, und ob sie ihn auch hart straften mit der Ruthe des Ge-vorderen Kajütenöffnung stehenden Posten meuchlings nieder, woraufstch die übrigen deutschen Matrosen, alle vorher benachrichtigt, der Waffender beiden Posten bemäcktigen. Nun entspinnt sich der eigentliche Kampfzwischen Deutschen und Türken. Elftere decken stch an der Hinterwanddes Roofs. Erst als die Türken ihre Ladung verschossen hatten, stürzenfie hervor.„Wiederum"— heißt eS dann—„schlug der riefige Danziger wieein Goliath mit der Handspeiche darein, und em wüstes Kamps-getümmel erfolgte. Voß schoß einen der Türken nieder und spalteteeinem anderen mit dem Säbel den Kopf, als dieser gerade sich an-schickte, einem der Matrosen einen Dolch in die Brust zu stoßen.Ein Korsar sprang vorn von der Back über Bord, ein andererwurde vonden erbitterten Deutschen kopfüberin die Vorderlucke hinuntergestürzt."Der Widerstand hatte aufgehört, der Kapitän befahl, das Steuerruder,daS durch ein Geschoß zerschnitten war, zu repariren, aber„die Leute waren in solcher Aufregung, daß sie erst gehorchten,nachdem fie alle Türken, todtoderlebendtg(!), über Bordgeworfen hatten."Noch ein Korsar, der stch im Roof verborgen gehalten, nimmt, einergegen drei, den Kampf auf. Natürlich wird er überwältigt.„Abermals that die Handspeiche des Danzigers ihre schrecklicheSchuldigkeit, und der Korsar lag entseelt am Boden. Zehn nervigeFäuste hoben den Leichnam über die Schanzileidung; er flog überBord, seinen Kameraden nach in die Fluthen— daSwardaSEnde des schweren, ruhmvollen(l) Kampfes. Der braveVoß hatte sein Schiff wiedergewonnen, und sich seiner Ahnen undeines deutschen Seemanns würdig gezeigt."Aber die Heldenthaten der Deutschen sind noch nicht zu Ende.„Als dann das Deck von Blut gereinigt werden sollte und man zudiesem Zwecke Waffer von außenbords ausschlug, ertönte von derBack vorn abermals der Ruf her:„Ein Türke, ein Türke!"Alles lief natürlich sofort zusammen, aber diesmal gab eikeinen Kampf. Der gleich anfangs über Bord gesprungeneKorsar hatte sich an einem außerbords schleppenden Tauende fest-gehalten. Jetzt bat er um Pardon, aber ehe noch der herbei-eilende Kapitän diesen zu gewähren vermochte, hatte einervon den Matrosen bereits d a s T au d u r ch s ch nit»ten, und der Unglückliche sank unter, um nicht wie-der emporzukomme n."Und nun segeln die Deutschen nach Lissabon, und als sie dann glückelich in portugiesischen Gewässern angelangt sind, war es„das Erste, daß Kapitän Voß die Leute auf das Hinterdeck beriefund mit ihnen eine Andacht hielt, der alle mit dankbarem Herzenzuhörten."So die christlichen Deutschen. Wie aber waren die Heiden mit ihrenGefangenen umgegangen? Von den auf der Brigg Gebliebenen wollenwir nicht reden, man könnte voraussetzen, daß sie zum Bootsdienst ge-braucht wurden. Hören wir jedoch, wie es den auf das Korsarenschiffllebergeführten ging.„Zuerst", heißt es in dem von Werner zitirtenTagebuch des Kapitän Voß,„zuerst schien sich ihr Loos erträglich zu gestalten, als aber der DeyNachricht von meinem glücklichen Kampfe erh'elt, gerieth er ingroßen Zorn. Man warf meine Leute mit Ketten beschwert in einenfinsteren Kerker und behandelte sie grausam. Erst nach langjährigemLeiden wurden sie auf Verwendung des Kaisers Alexander o. Ruß-land in Freiheit gesetzt."Das heißt: die Türken ließen ihre Gefangenen leben, sogar noch leben,als fie von der Ermordung ihrer eigenen Leute erfuhren. DaS wirdaber in der Erzählung ganz unberücksichtigt gelassen, ihre ganze Tendenzist, �die Heldenthat des, bezw. der Deutschen zu verherrlichen, die stchhöchstens durch die Zwangslage begreifen läßt, die aber nichtsweniger als rühmlich war. So wird uns Jeder zugestehen, daß z. B.der Prisenmeister nicht gelödtet zu werden brauchte, sondern es genügthätte, ihn zu feffeln. Von der Abschneidung des Taues ganz zu schweigen,die einfach eine Bestialität war.Hat man jemals eine frechere Verhöhnung de« stets so ganz besonderssalbungsvoll betonten ChristuSworteS:„Liebet eure F inde!" erlebt, alssie durch die Verherrlichung einer.s>.scheußlichen Meuchelmörderei ineiner„christlichen Jugendschrift" geleistet wird? Wie sicher mußsich doch das Rabengezücht im„Reich der Gottesfurcht und from-men Sitte" fühlen, daß es wagen darf, der„deutschen Jugend" einesolche Schandthat als„rühmenswerth" anzupreisen. Doch worüber wun-dert sich unser naives Sozialistengemüth eigentlich noch, wenn eS sich diegrausigen Schlachttage von 1870/71 vergegenwärtigt, wo der„Helden-greis von Gottes Gnaden" unter dem Stöhnen und Todesröcheln derauf seinen Wink brudermörderisch hingemetzelten besten Volkskrastdie sattsam gewürdigten Telegramme losgelassen, mit dem berühmtenRefrain:„Welche Wendung durch Got'es Fügung"?Aber einer gewissen schadensrohen Genugthuung kann man sich dochnicht verschließen bei dem Gedanken daran, daß der„Mann von Blutund Eisen" solcher Bundesgenoffenschast, wie den biederen Pastor Nink,nicht entbehren kann. Ja, er muß sie sich wieder holen, alledie Jesuiten verschiedenster Kouleur, muß ihnen den wärmsten Platz amHerd einräumen, mit lächelnden Komplimenten zucken unter ihren Krallen.Feinde ringsum! Doch darum nicht verzweifelt, sie fressen stch gegen-seitig auf—„'s ist der Geschichte eh'rnes Muß!"Und nun, lieber Leser, urtheile selbst, ob nicht gerade diese Werner'sche„Kindergeschichte" als Etappe auf dem Wege zu dem„ehernen Muß"unsere Beachtung verdient. Wo solche Früchte gedeihen, da muß dieNothwendigkeit der Umkehr bald auch dem Geduldigsten einleuchten.setzes, er ließ sich nicht mehr bändigen, er erzwang sich die ersten Hosenund die Erlaubniß, im Garten spaziren zu gehen.Da sprach der böse Onkel zu der bösen Tante: er fühlt seine Kraft,wir müssen ihm etwas zur Beschäftigung geben. Da machten sie einenStreifen an seine Hosen und gaben ihm einen bunten Rock und einenSäbel.Nun konnte er nach Herzenslust anrennen gegen Bäume und Fels-blöcke und Nebelgewalten. Und wenn er sich dabei traf mit dem eigenenSchwert und zu Boden fiel, daß er sich arg weh that, dann belobte ihnder Onkel Staat, denn er dachte: so kann ich ihn immer im Zaumehalten. Wenn der Prinz aber die h.�e Mauer erklettern wollte, welcheden Garten von dem Reiche der Pr. izeflin Freiheit trennte, dann wurdeer immer wochenlang wieder in die Wickelbänder eingeschnürt, so hart,daß sie ihm ins Fleisch schnitten und er gelobte, er wolle es nicht wiederthun.Die Tante Kirche aber gab ihm, damit er nicht gar zu wild wurde,und da er nun doch einmal lesen gelernt hatte, ein Zauberbuch in dieHand, das Jeden, der es dreimal liest, blind macht und lahm. Nun waraber ein Blatt in dem Buche, welches einen Gegenzauber enthielt, unddas hatte die böse Tante auszureißen vergessen, und dieses Blatt lasder Erbprinz lieber denn alle anderen Blätter des Zauberbuches, dennes handelte von der Lieb«.Ich will eine Geliebte, ich will heirathen, sprach eines Tages PrinzMensch zu dem alten bösen Ehepaar. Darüber erschrocken sie gewaltig,denn sie wußten wohl, daß ihrer Herrschast Gefahr drohe. Da sandtensie dem Prinzen, der schon lange ein großer, starker Jüngling gewordenwar, gleich drei Jungfrauen ins Gemach, die hießen Glaube, Liebe,Hoffnung.' Aber wenn sie auch gar schön gen Himmel schauen konnten,so hatten sie doch weder Fleisch noch Knochen, und unser Prinz wandtesich traurig von ihnen ab.Zur selben Zeit begab es sich, daß die beiden Alten oft gräulichenStreit hatten über die Abgaben und das Edelgestein, das dem Erbprinzenvon Rechtswegen gehörte, und als fie sich wieder einmal arg in denHaaren hatten, da erklomm der Prinz geschwind einen hohen Baum undschaute über die Mauer.Ach, was sah er da! Sonnen und Monde leuchteten und funkelten zugleicher Zeit, die Vögel sangen Jubellieder von allen Bäumen, riefen-große Blüthen hauchten wundersüßen Dust aus, und in all' der Herr-lichkeit wandelte Prinzessin Freiheit, nackt von Goldhaar umflossen, ausihren großen, stolzen Augen ging ein leuchtender Flammevstrom in dasHerz des Erbprinzen. Schwester Wissenschaft berührte mit dem Zauber-stab die kennende Mauer, die stürzte mit Gekrach, über die Trümmerhin schwang sich der Jüngling mit kühnem Satz und umschlang dieVerrath, meuchelmörderischer Ueberfall, scheußlichste barbarische Lernichtung um Gnade flehender„Feinde"---Hurrah Germania!.... Im sieggekrönten MordenBist Du das erste Land der Welt geworden."„Denn so will's Gott!"Nicht wahr, Herr Pastor Nink? 2.Sozialpolitische Rundschau.Zürich, 26. Oktober 188«.— Nette Geständnisse. Herr Oechelhäuser, Direktor derDessauer Gasgesellschaft und national-liberaler Abgeordneter, hat einBüchlein über die„Arbeiterfrage" verfaßt, in welchem er seinen, heutevon jedem, der«ine politische Rolle spielen will, anstandshalber z«liefernden Vorschlag zur Lösung der sozialen Frage zu Tage fördert.Daß derselbe darauf hinausläuft, den kapitalistischen Pelz zu waschenohne ihn naß zu machen,— Herr Oechelhäuser will einen„U-bergangzur Altersversorgung" dadurch schaffen, daß ein Fonds gegründet wird,zu dem die Unternehmer ein Prozent, die Arbeiter ein halbes Prozentdei Lohnes beitragen, und aus welchem die Arbeiter, wenn sie ein ge-wiffes Alter erreicht, unterstützt werden dürfen, ohne ein Recht aufUnterstützung zu haben,— diese grundsätzliche Halbheit war bei derParteiftell'.mg des Herrn vorauszusetzen. Aber Herr Oechelhäuser müßtekein Nationalliberaler sein, wenn er nicht auch gleichzeittz seine Bereit-willigleit, oder besser Fähigkeit dokumentirte, die von ihm so heißgeliebtenArbiter gehörig— sagen wir einzuseifen. Es ist das die andereSeite des Nationalliberalismus und sie äußert sich bei dem bravenGasanstallsdirektor in einer begeisterten Lobrede aus das Sozialisten«g e s e tz. Wer da sagt, das Sozialistengesetz sei bisher unwirksam ge-wesen, beweist nach Herrn Oechelhäuser nur seine Ignoranz.„Wervon dem Gesetz", sagt er,„erwartete und nur deshalb dafür stimmte,daß binnen einigen Jahren die sozialdemokratischen Führer auf derTribüne erscheinen und xater peecari sagen, daß ihre geheimen Ver«bindungen sich von selbst oder durch polizeilichen Zwang lösen, daß beimgeheimen und allgemeinen Stimmrecht die Zahl der abgegebenen Stim»men und der gewählten Vertreter sich in absehbarer Zeit verminder«würde, der hat nur für seine eigens politische Kurzsichtigkeit,für seinen Mangel an Menschenkenntniß, nicht für die Un-Wirksamkeit des Gesetzes Zeugniß abgelegt."Schön gesagt, und um so schöner als es niemand anderen trifft, alsdie eigenen Parteigenossen des Herrn Oechelhäuser. Niemandhat bei Schaffung des Schandgesetzes lauter dieser Hoffnung Ausdruckgegeben als gerade sie, allen voran der große Historiker derPartei, Herr Treitschke. Man lese nur dessen berüchtigtes Pam«phlet„Der Sozialismus und der Meuchelmord".„Diese Demagogen",heißt es da,„leben von den Sparpfenigen der menschlichen Massen;sie werden brodlos, wenn die Vereinsbeiträze und die Zei'ungseinnahmenhinwegfallen". Zweifelsohne schloß der eitle Schönschwätzer von seinenam Reptilienfonds gemästeten Kampfesbrüdern. Weiter:„Wohl wahr,die Presse und die Versammlungen schaffen wenig, sie bringen lediglichan den Tag, was in den Köpfen und Herzen bereits lebendig ist. Dochdiese Regel gilt nur sür die gebildete»Parteien".Da haben wirs, die Arbeiter sind natürlich ungebildet und werdensich sofort von der Partei abwenden, sobald die sozialistische Presse undVersammlungen unterdrückt sind. So vortrefflich verstand der großeGeschichtschreiber seine Zeit, so unterrichtet war er über den Geist deSmodernen Proletariats, über den Charakter der deutschen Arbetter.„Vonder geheimen Wühlerei der Sozialisten steht nicht allzuviel zu befürchten;daS Treiben verliert seinen Reiz für die Masse— bedankt euch für dasKompliment, ihr Arbeiter— wenn die Freuden der Fest« und Aufzüge,der öffentlichen Schreierei und Prahlerei aushören".Sa heutte damals Herr Treitschke und mit ihm der ganz« Troßdes Nationalliberalismus, und sitzt kommen dieselben Leute und wolle»in ihrer anmaßenden Manier den Leuten weiß machen, sie seien vonAnsang an die Gescheidtefien der Gescheidten gewesen, denn sie sind jaso ipso die weitsichtigen Politiker, nur die Gegner des Sozialisten«gesetzes waren so kurzsichtig zu glauben, daß dasselbe unserer Parteiden Garaus machen werde. Immer frech die Thatsachen aus denKopf gestellt, dadurch beweist man, daß man einen staatsmännischenSinn besitzt, diese jedem Nationalliberalen von der Natur gespendeteschöne Gottesgabe.Wozu war aber denn eigentlich das Sozialistengesetz geschaffen worden?Ei, wer kann da noch fragen. Um„Zeit und Raum für eine friedlich«Weiterarbeit auf sozialem Boden zu gewinnen." Nacht muß es sein, woFriedlands Sterne strahlen: Die nationalliberale Reformseele kann nurda ihren Flügelschlag frei entfalten, wo der Kritik Daumschrauben an«gelegt sind. Als ob früher irgend jemand die Herren gehindert hätte,„soziale Reformarbeit" zu verrichten, oder als ob unsere Partei frühersür soziale Reformvorschläge taub gewesen wäre! Gerade das Gegen«t h« i l ist der Fall. Eher konnte man damals den deutschen Sozial«demokraten den Vorwurf machen, daß sie den verschiedenen Reform-schwätzereien häufig viel zu leichtgläubig entgegen kamen. Das ist jetztviel besser geworden, dank dem P o l i z e i g e s e tz. Es hat denkritischen Sinn der Partei geschärft. Früher hätte sich mancher durchden salbungsvollen Ton der Oechelhäuserei beirren lassen, heute fälltNiemand darauf hinein.Prinzessin und küßte sie und hielt sie so fest an's Herz gepreßt, daß erschier meinte, fie seien für immer eins geworden.Aber schon waren auch Onkel Staat und Tante Kirche in höchsterWuth herangerast und, die Luft verfinsternd, umgab sie das kolossaleHeer der Mönche und Ritter und Beamten und Büttel und Professorenund Soldaten, kurz alle die häßlichen dämonischen Geister, welche daSböse Ehepaar zum Schutze seiner unrechtmäßigen Herrschaft im Soldehielt.—Wehe! Wehe! Welch' ein heilloses Kämpfen! Was halfen dem Prin«zen Mensch seine krästigen Fäuste, was hals der Freiheit ihr flammende?Schwert! Von hinten hockt, n sie ihnen auf den Nacken, mit Strickenumschlangen sie die edlen L iber, mit Wnhravchdämpfen betäubten st«ihnen die Sinne und mit Szeptern zerschlugen sie ihnen die edlenGlieder.Nun warf man den Prinzen ins dunkelste Verließ, und wenn ihnOnkel Staat nicht mit spitzen Ruthen schlug, so predigte ihm, und daswar noch viel schlimmer, Tante Kirche. Die Wissenschast, auf einmalklein und erbärmlich geworden, verdingte sich wieder als Magd, und dieFreiheit war blutend, mit dem Schmutz des Hohnes besudett, weit, weitab in die Verbannung geflohen, verdorben, gestorben.Gestorben? Nein, zuweil, n in stillen Nachtstunden, wenn der ErbprinzMensch in bttteren Schmerz,« lag und über sein Elend nachdachte, dannsang ihm die Nachtigall das Lied von der verrathenen und verkauftenPrinzessin Freiheit, und bei dem süßgewaltigen Ton schmolz ihm dasHerz in Thränen sehnsüchtig, r Liebe. Und manchmal drang ein freudigerSonnenstrahl durch des Gefängnisses Gitter und oerkündete ihm: dieFreiheit lebt und wird gesu' den, und du sollst sie doch noch dein eigennennen; dann jubelte sein Herz, und in Fesseln sang er ein stolzes Ludvon der Zukunft.Das ist aber ein trauriges Märchen, sagte daS Kind, dem ich es er«z> hlt, da ist ja nicht einmal eine Hochzeit drin.Ja, mein Kind, und viel trauriger ist eS noch, daß es schon mehrals einmal passirte und immer wieder passirt.Hat es gar k>n Ende? fragte das Kind.O ja, stzp dich und mich. Wenn wir im Grab« liegen, ann ist dasMärchen aus.(«Der arm- Teufel,")