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Zuferate

die dreigespaltene Petitzeile

25 Gts. H

No. 51.

20 Pfg.

Erscheint

Meis' mi Jundog wohentlich einmal

Der Sozialdemokrat

النقد

Organ der Sozialdemokratie deutscher   Bunge.

Briefe an die Redaktion und Erpedition des in Deutschland   und Desterreich verbotenen Sozialdemokrat wolle man unter Beobachtung äußerster Borsigt abgehen lassen. In der Regel schide man uns die Briefe nicht direkt, sondern an die bekannten Decadressen. In zweifelhaften Fällen eingeschrieben.

d

in

oin Zürich( Schweiz  ).

Berlag

Rober

150

Boltsbuchhandlung Hottingen: Zürich  . and

1881 Poßfendungen

franto gegen franto. Gewöhnliche Briefe nach der Schweiz   foften Doppelporto.

17. Dezember 1886.

Dem Gedächtniß Johann Philipp   Becker's.

Man wird unfere Lebendigen muffern

And Wenige Peinesgleichen finden.

sdglot

Tapfer und freu in Kämpfen und Röthen, Bater, Bruder und Führer für Jeden, Jugendfrisch bis zum Todesschacht, Hoffnungsfroh haft Du das Werk vollbracht!

( Inschriften auf dem im Namen der deutschen   Sozialdemokraten auf Becker's Grab niedergelegten Kranj  .)

Man wird unfere Todten rufen

And Dich allezeit unter den Besten nennen.

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Johann Philipp Becker  .

Wiederum hat der Tod eine Lücke gerissen in den Reihen der Vorkämpfer für die proletarische Revolution. Johann Philipp Becker   ist am 7. Dezember in Genf   gestorben. Geboren 1809 zu Frankenthal   in der bayrischen Pfalz  , be­theiligte er sich, kaum den Kinderschuhen entwachsen, schon in den zwanziger Jahren an der politischen Bewegung seiner Heimath. Als nach der Julirevolution, Anfangs der dreißiger Jahre, diese Bewegung einen republikanischen Charakter an­nahm, war Becker einer der thätigsten und entschiedensten Theilnehmer. Mehrmals verhaftet, vor die Geschwornen gestellt, freigesprochen, mußte er endlich vor der siegenden Reaktion flüchten. Er ging in die Schweiz  , ließ sich in Biel   nieder, erwarb das Schweizer  - Bürgerrecht. Auch hier blieb er nicht unthätig; nach der einen Seite beschäftigten ihn die Angelegen heiten der deutschen   Arbeitervereine und die Revolutionsver­suche der deutschen  , italienischen, überhaupt europäischen Flücht Linge; nach der andern der Kampf der schweizer   Demokratie um die Herrschaft in den einzelnen Kantonen. Man weiß, wie dieser Kampf, namentlich Anfangs der vierziger Jahre, ver­mittelst einer Reihe von bewaffneten Einfällen in die arifto­fratischen and fleritaten Kantone geführt wurde. In die Mehrzahl dieser" Putsche  " war Becker mehr oder weniger verwickelt und wurde schließlich deswegen zu zehnjähriger Ver­bannung aus seinem Heimathskanton Bern   verurtheilt. Diese fleinen Kriegszüge gipfelten endlich 1847 im Sonderbundskrieg; Becker, der der schweizerischen Armee als Offizier angehörte, trat an seinen Posten und führte während des Marsches auf Luzern   die Vorhut der Division, der er zugetheilt war. Die Februarrevolution 1848 brach aus; ihr folgten die Versuche, Baden  ' durch Freischaarenzüge zu republikanisiren. Als Hecker seinen Zug machte, bildete Becker eine Flüchtlings­legion, konnte aber erst an der Grenze erscheinen, nachdem Hecker schon wieder zurückgeschlagen war. Diese, später großen­theils in Frankreich   internirte Legion lieferte 1849 den Kern für einige der besten Truppentheile der pfälzer und badischen

Armee.

Als im Frühjahr 1849 in Rom   die Republik   proklamirt wurde, wollte Becker aus dieser Legion ein Hülfskorps für Rom   organisiren. Er ging nach Marseille  , bildete die Kadres, und traf Anstalt, die Mannschaft zusammenzuziehen. Aber wie bekannt, schickte sich die französische   Regierung an, die römische Republik zu erbrücken und den Papst zurückzuführen. Es ver­stand sich von selbst, daß sie die Ueberführung von Hülfstrup­pen für ihre römischen Gegner verhinderte. Becker, der schon ein Schiff gemiethet, wurde kategorisch bedeutet, man werde sein Schiff in den Grund bohren, sobald es Miene mache, den Hafen zu verlassen.

Da brach die Revolution in Deutschland   los. Becker eilte fofort nach Karlsruhe  , die Legion folgte nach und nahm später unter Böning's Führung am Kampf theil, während ein ande­res Stück der alten 1848er Legion, von Willich   in Besançon  ausgebildet, dem Willich  'schen Freiforps als Kern diente. Becker wurde zum Chef der gesammten badischen Volkswehr, also aller Truppen außer der Linie, ernannt, und ging sogleich an die Organisation. Hier stieß er sofort auf den Widerstand der von der reaktionären Bourgeoisie beherrschten Regierung und ihres Führers Brentano. Seine Befehle wurden durchkreuzt, seine Forderung von Waffen und Ausrüstungsgegenständen unbeachtet gelaffen oder direkt abgeschlagen. Der Versuch am 6. Juni, die Regierung durch die revolutionäre bewaffnete Macht zu intimidiren, ein Versuch, an dem Becker sehr stark betheiligt war, endigte unentschieben; aber Becker und seine Truppen wurden nun schleunigst von Karlsruhe   an den Neckar  , gegen den Feind geschickt.

Hier hatte der Kampf schon im Kleinen begonnen, und die Entscheidung nahte heran. Becker mit seinen Freischaaren und Bolkswehren besetzte den Odenwald  . Ohne Geschütz und Reiterei, mußte er seine wenigen Truppen zur Besetzung des ausgedehnten und schwierigen Gebiets verzetteln und behielt nicht genug in der Hand, um angreifend vorgehen zu können. Trotzdem be­freite er am 15. Juni durch ein brillantes Gefecht seine im Schloß von Hirschhorn   durch die Peuker'schen Reichstruppen umzingelten Hanauer Turner.

Als Mieroslawski   den Oberbefehl der Revolutionsarmee übernahm, erhielt Becker das Kommando über die 5. Division lauter Bolkswehr und lauter Infanterie- mit dem Auf­

trag, dem Peuker'schen Korps, das ihm mindestens sechsmal| Fortschritte Garibaldi's   und die Einmischung der italienischen überlegen war, Widerstand zu leisten. Aber gleich darauf kam Armee, die die Früchte des Sieges für die Monarchie ein­der Rheinübergang der ersten preußischen Korps bei Germersheimsen sollte, brachten den Feldzug zum Abschluß. Indeß heim, der Zug Mieroslawski's ihm entgegen, die Niederlage von Waghäusel   am 21. Juni. Becker hielt Heidelberg   besetzt; von Norden drängte das zweite preußische Korps von Gröben, von Nordosten das Korps Peuter's  , jedes über 20,000 Mann start, im Südwesten standen Hirschfeld's Preußen, ebenfalls über 20,000 Mann. Und nun wälzten sich die Flüchtlinge von Waghäusel  , d. h. die ganze große Masse der badischen Armee, Linie und Volks­wehr, nach Heidelberg  , um durch's Gebirg auf einem enormen Umweg den ihnen in der Ebene verlegten Weg nach Karls­ ruhe   und Rastatt   zu finden.

Diesen Rückzug sollte Becker decken mit seinen eben aus­gehobenen ungeübten Leuten und wie immer ohne Reiterei und Geschütz. Nachdem er den Flüchtlingen hinreichend Vorsprung gelassen, zog er am 22. Abends 8 Uhr von Heidelberg   nach Neckargemünd  , wo er ein paar Stunden rastete, kam am 23. nach Sinsheim  , wo er angesichts des Feindes in Schlacht ordnung wieder einige Stunden ruhen ließ, und denselben Abend nach Eppingen  , und am 24. über Bretten   nach Durlach  , wo er Abends 8 Uhr ankam, um auf's Neue in den ungeordneten Rückzug der jetzt vereinigten pfälzisch- badischen Armee verwickelt zu werden. Hier erhielt Becker auch noch den Befehl über die Trümmer der pfälzer Truppen und sollte nun nicht nur den Rückzug Mieroslawski's decken, sondern auch Durlach   solange halten, bis Karlsruhe   geräumt war. Wie immer ließ man ihn auch jetzt wieder ohne Artillerie, denn die ihm zugewiesene war bereits abmarschirt.

Becker verschanzte Durlach  , so gut es in der Eile ging, und wurde gleich am nächsten Morgen( 25. Juni) von zwei preußischen Divisionen und von den Peuter'schen Reichstruppen von drei Seiten her angegriffen. Er wies nicht nur alle An­griffe ab, sondern ging wiederholt selbst zum Angriff über, trotzdem er das Geschützfeuer des Feindes nur durch Schüßen­feuer erwidern konnte, und zog nach vierstündigem Kampfe, unbehelligt von den ausgesandten Umgehungsfolonnen, erst dann in bester Ordnung ab, nachdem er die Nachricht erhalten, daß Karlsruhe   geräumt und sein Auftrag erfüllt sei.

Dies ist wohl die glänzendste Episode im ganzen badisch pfälzischen Feldzug. Mit Leuten, die der Mehrzahl nach kaum 14 Tage bis 3 Wochen eingestellt, die, ganz rohe Rekruten, von improvisirten Offizieren und Unteroffizieren kaum noth­dürftig eingeübt waren und die von Disziplin kaum eine Spur besaßen, machte Becker als Nachhut der geschlagenen und halb aufgelösten Armeen in 48 Stunden einen Marsch von über 80 Kilometern oder 11 deutschen   Meilen, der gleich mit einem Nachtmarsch begann, und brachte sie mitten durch den Feind nach Durlach   in einer Verfassung, daß sie am nächsten Morgen den Preußen eines der wenigen Gefechte des Feldzugs liefern konnten, in denen der Gefechtszweck auf Seite der Revolutions­armee vollständig erreicht wurde. Es ist das eine Leistung, die alten Truppen Ehre machen würde und die bei so jungen Sol­daten im höchsten Grade selten, und ehrenvoll ist.

An der Murg angekommen, fam Becker mit seiner Division östlich von Rastatt   zu stehen und nahm ehrenvollen Antheil an den Kämpfen des 29. und 30. Juni. Das Resultat ist bekannt: der sechsfach zahlreichere Feind umging die Stellung durch württembergisches Gebiet und rollte sie dann vom rechten Flügel an auf. Der Feldzug war mun auch formell entschieden, und endigte nothgedrungen mit dem Uebertritt der revolutio­nären Armee auf schweizer   Gebiet.

Bis dahin war Becker vorzugsweise als einfacher demokra­tischer Republikaner aufgetreten; aber von nun an geht er einen bedeutenden Schritt weiter. Die nähere Bekanntschaft mit den deutschen   reinen Republikanern", und namentlich mit den süddeutschen, und seine Erfahrungen in der 1849er Revo­lution bewiesen ihm, daß die Sache in Zukunft anders angefaßt werden müsse. Die starken Sympathien für das Proletariat, die Becker von Jugend an hegte, nahmen nun eine festere Gestalt an; es war ihm klar geworden, daß wenn die Bour­geoisie überall den Kern der reaktionären Parteien bildete, so nur das Proletariat den Kern einer wirklich revolutionären Macht bilden könne. Der Gefühlskommunist wurde bewußter Kommunist.

Noch einmal versuchte er die Bildung einer Freischaar; es war 1860, nach dem siegreichen Zug Garibaldi's   nach Sizilien. Er ging von Genf   nach Genua  , um im Einverständniß mit Garibaldi   die Vorbereitungen zu treffen. Aber die raschen

erwartete man allgemein einen neuen Krieg mit Oesterreich   im nächsten Jahr. Es ist bekannt, wie Rußland Louis Napoleon und Italien   benutzen wollte, um die 1859 unvollendet geblie­bene russische   Rache an Desterreich zu vervollständigen. Die italienische   Regierung schickte einen hohen Generalstabsoffizier zu Becker nach Genua   und trug ihm den Oberstenrang in der italienischen   Armee, glänzendes Gehalt und Diäten, und das Kommando über eine von ihm zu bildende Legion im erwar­teten Kriege an, falls er in Deutschland   Propaganda für Italien  gegen Desterreich machen wollte. Aber der Proletarier Becker schlug rund ab; mit Fürstendienſt wollte er nichts zu thun haben.

Das war sein letzter Versuch als Freischärler. Bald darauf wurde die Internationale Arbeiter- Assoziation   gegründet, und einer ihrer Gründer war Becker; er war gegenwärtig auf dem berühmten Meeting in St. Martins Hall, von dem die Inter­nationale datirt. Er organisirte die deutschen   und eingebornen Arbeiter der romanischen Schweiz  , gründete als Organ dieser Gruppe den Vorboten", war auf allen Kongreffen der Inter­nationale gegenwärtig und stand im Vordertreffen des Kampfes gegen die bakunistischen Anarchisten der Alliance de la Démocratie socialiste und des schweizer Jura  .

Nach dem Zerfall der Internationale bot fich Becker weni­ger Gelegenheit, öffentlich hervorzutreten. Aber er blieb den­noch stets mitten in der Arbeiterbewegung und übte durch seine ausgedehnte Korrespondenz und die häufigen Besuche, die ihm in Genf   wurden, fortwährend seinen Einfluß auf ihren Gang aus. 1882 sah er Marg auf einen Tag bei sich, und noch im September dieses Jahres unternahm der Siebenundsiebzig jährige eine Reise durch die Pfalz   und Belgien   nach London  und Paris  , auf der ich die Freude hatte, ihn vierzehn Tage bei mir zu haben, und über alte und neue Zeiten mit ihm zu sprechen. Und kaum zwei Monate später meldet der Tele­

graph seinen Tod!

Becker war ein seltener Mann. Ein einziges Wort bezeichnet ihn ganz das Wort: ferngesund; an Körper und an Geist war er ferngefund bis zuletzt. Ein Hüne von Gestalt, von riesiger Körperkraft, dabei ein schöner Mann, hatte er seinen ungelehrten, aber keineswegs ungebildeten Geist, Dank glücklicher Anlage und gesunder Thätigkeit, ebenso harmonisch entwickelt wie seinen Körper. Er war einer von den wenigen Menschen, die nur ihrer eigenen instinktiven Natur zu folgen brauchen, um richtig zu gehen. Daher wurde es ihm auch so leicht, mit jeder Entwicklung der revolutionären Bewegung Schritt zu halten und im achtundsiebenzigsten Jahre noch ebenso frisch in der ersten Reihe zu stehen wie im achtzehnten. Der Knabe, der 1814 schon mit den durchziehenden Kosaken gespielt und 1829 Sand, den Erdolcher Kozebue's, hatte hinrichten sehen, entwickelte sich vom unbestimmten Oppositionsmann der zwanziger Jahre immer weiter und stand noch 1886 vollstän dig auf der Höhe der Bewegung. Dabei war er fein finsterer Gesinnungslümmel wie die meisten ernschten" Republikaner von 1848, sondern ein echter Sohn der heitern Pfalz  , lebens­lustig, liebte Wein, Weib und Gesang trotz dem Besten. Er wachsen auf dem Boden des Nibelungenliedes, um Worms  , sah er noch auf seine alten Tage aus wie eine der Gestalten aus unserem alten Heldengedicht: heiter und spottvoll den Gegner anrufend zwischen den Schwerteshieben, Volkslieder dichtend, wenn es nichts zu schlagen gab so und nicht anders muß er ausgesehen haben, Volker der Fiedeler!

Seine bedeutendste Befähigung war aber unbedingt seine militärische. In Baden   hat er entschieden mehr geleistet als irgend ein Anderer. Während die übrigen Offiziere, in der Schule stehender Heere erzogen, hier einen wildfremden, für sie fast unlenkbaren Soldatenstoff vorfanden, hatte Becker seine ganze Organisationskunst, Taktik und Strategie in der hane­büchenen Schule der schweizer   Miliz gelernt. Ein Volksheer war ihm nichts Fremdes, seine nothwendigen Mängel nichts ungewohntes. Ungewohntes. Wo die Anderen verzagten oder sich erbosten, blieb Becker ruhig und fand einen Ausweg über den andern, wußte seine Leute richtig zu behandeln, belebte sie wieder mit einem Witwort und behielt sie schließlich in der Hand. Um den Marsch von Heidelberg   nach Durlach   mit einer Division von fast lauter ungeübten Refruten, die aber dennoch fähig blieben, sofort ein gut unterhaltenes Gefecht aufzunehmen, kann ihn mancher preußische General von 1870 beneiden. Und in