demselben Gefecht brachte er die ihm zugetheilten Pfälzer  , mit denen Niemand etwas machen gekonnt, in's Gefecht und sogar zum Angriff auf freiem Feld. In Becker haben wir den ein- zigen deutschen Revolutionsgeneral verloren, den wir hatten. Das war der Mann, der an den Freiheitskämpfen von drei Generationen ehrenvoll Theil genommen. Die Arbeiter aber werden sein Andenken treu bewahren als das eines ihrer Besten! London  , 9. Dezember 1886. Friedrich Engels  . Aphorismen aus Ioh. Phil. Becker's Glaubensbekenntniß. In dem,Standpunkt" überschriebmen Vorwort zu seinenNeuen Stunden der Andacht", die hiermit den Genossen bestens in Erinnerung gebracht seien, hat Ioh. Phil. Becker in 103 Thesen eine Art Glaubens« bckenntniß hinterlassen,«uS   denen hervorgeht, daß er die Fragen der Zeit in emer Tiese erfaß.e, wie man fie bei einemMann der That" sonst nicht zu suchen pflegt. Wir glauben eS dem Andenken unseres alten Vorkämpfers schuldig zu sein, einig« dieser These» hier folgen zu lassen: » Die Menschheit allein ist Herrin der Erdenwelt; sie verfügt nicht blos frei über Alles, was auf Erden geht unv steht und in ihrem Echooße ruht und tost, als Genußmittel, sondern sie versteht es und lernt es täglich besser verstehen, zur Vermehrung und Veredlung dieser Mittel die Kräfte der Natur an ihre Produktionsmaschine und ihren Fortschrittswagen zu spannen und, indem sieGott  " undHimmel" des mystischen Gewands entkleidet, setzt sie sich nach und nach als W i r k- ltchkeit an den Platz der Vorstellung von göttlicher Allmacht und Allwissenheit, Bllgegenwart und Bllgerechtigkeit was Alles in dem Maße geschieht, als sie denGott  ", der aus Nichts erstanden und aus Nichts die Welt erschaffen, wissenschaftlich und kulturgeschichtlich in fem Nichts auflöst." » Je mächtiger die Menschheit die Naturkräfte beherrschen und je wissenschaftlicher geordnet sich das Leben bewegen wird, desto mehr wird die Gewalt der Umstände, durch immer größeren Entzug ihrer Willkür- lichkeiten, beschränkt und dadurch umsoweniger das, was man Zufall nennt, in der Welt möglich werden." * Idealismus und Realismus, Theorie und Praxis verhalten sich zu wirksamem und fruchtbarem Leben wie Leib undSeele" zu einander, und in der ersten Wahrnehmung eines Dinges und der Erkennung der Beschaffenheft eines Wesens liegt auch der Geburtsmoment des ersten Gedankens und des Bedürfnisses zu Schlußfolgerungen und sachgemäßen Handlungen. Aber nur durch richtiges Erkennen de? Thatfächlichen werden richtige Schlußfolgerungen, und durch klares Erkennen der Ursachen klare Blicke in die Zukunft, zuverlässige VorauSsagung über die Wirkungen der Ursachen gewonnen und somft die Verwirklichung des hierauf gegründeten Idealismus ermöglicht." * ES gibt keine absolute Vernunft, sondern nur eine ewig sich ent- wickelnde menschliche Vernünftigieft und daher auch eine unsterbliche menschliche Dummbeit, die beide sich wie Licht und F nsterniß, Erarbei­tetes und Ererbtes, Bewegtes und Erstarrtes zu einander verhalten und immer von relativer Größe sind." « DaS, was da ist, naturgemäß da ist, richtet sich nicht nach der Ver« «unst, der einzig in der Welt vorhandenen, menschlichen Vernunft, son» dern eben diese alleinige Vernunft richtet sich nach dem, was existirt, wie eS existirt und wie es wirkt, und gerade in dem ilarbewußten Erkennen der Dinqe und Wesen, wie sie sind und wirken u. s. w., und in dem erleuchteten Sichrichten nach denselben liegt die, immerhin nur relative, Lernunft erworbene Vernünstigkeit der logische Begriffserwerb von der realen Welt mit allem Werden, Dasein und beziehungs- weisen Verschwinde n." » Solange Gott mit dem Voftsbewußtsein und Standpunkt der Wissen- schaft in Uebereinstimmung geblieben war, konnte er auch als eme Wahr- heit gelten, die aber allmälig in gleichem Maße zur Lüge und damit zur Quelle vielen Uebeli geworden, als er sich mit der Wissenschaft und dem ent- wickelteren Volksbewußtsein in Gegensatz gestellt, so daß er jetzt als ge- heiligt« Spitze der Dummheit und Unwissenhit und als absoluter Glau- bensaebieter, namentlich vermöge seiner stellvertretenden Priesterschaft, gleichsam des Teufels seine Antithese geworden ist." Nicht die NivellirungS-, Egahsirungs- und Uniformirungstendenz, welche Unterdrückung beoingr, nur Einseitiges leisten und nur Bruchstückarbeit vollbringen kenn, sondern die harmonisch wechselwirkende Regsamkeit aller mar.nigsältigen Elemente, welche ein freies Walten zur Voraussetzung hat, vermag ein fruchtbares, allgemein bekr-edigendeS Werk ein einheitliches Ganzes zu schaffen." Die Gle'chberechftgung alle» Menschen am Lebensgenuß schließt die Gleichberechtigung aller Men>chen an Freiheit in sich ein; aber ebenso mannigsali g das Bedürfniß nach dem Grade und Maße deS Lebens- Senusses, so mannigfaltig das Bedürsniß nach dem Grade der Freihert. lb-.: gerade die Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit im Bedürfniß nach Lebensgenuß und Freiheit nur allein macht die Durchführung der Gleich- derech'-gung Aller am Lebensgenuß und an Freiheft gut möglich." * Ohne die Manigfaltigkeit, Verschiedenheit und Ungleichheit von Allem, was war, ist und wird, und die wie Zeit und Raum unendlich sind, könnt« die Welt weder physisch noch moralisch bestehen und also auch nicht vorwärts gehen. Wollten alle Menschen, um nur von diesen zu reden, das Nämliche genießen, so müßten sie aus Mangel an hin- reichendem Erhaltungs- und Belebungsstoff elendiglich Hungers sterben. Könnte man aber auch annehmen, die Natur würde das Eine und Gleiche zur Ernährung aller Menschen in genügendem und befriedigen- dem Maße produzften, so wären sie eben keine Menschen mehr, sondern nur Wesen primitivster Stufe sofern überhaupt Entstehung und Existenz von Organismen ohne die Zusammenwirkung und Nahrungs- bietung verschiedenartiger Stoffe uns Kräfte möglich wäre. Wollten, ferner abgesehen von Obigem, alle Menschen das Gleiche denken und machen, so würden sie alle zusammen, selbst wenn ihnen, was keines- wegs der Fall, das«ine und selbe hiezu benölhigte Material im lieber- fluße geboten wäre, nur ein einseitiges, an Umfang zu großes unv an Werth zu winziges Bruchstück vom Ganzen des Kutiurwerks zu Stande bringen. Ohne unendliche Manigfaltigkeit, Verschiedenheit, Ungleich- heit, Abwechselung und Wechselwirkung der Stoffe und Kräfte kein Leben, kein Lebensreiz, kein Lebensgenuß und kein Lebenszweck!" * Die bezeichnete Verschiedenheit und Ungleichheft ist also auch eine absolut« Roth wendigkeit, und wird sich bei genauerer Erkcnntniß der- selben und steigendem Entwicklungsgange das Wesen der Demokratie in seinen Normen, Formen und Maximen bedeutend inodifiziren und eS mehr und mehr als selbstverständlich betrachten, daß Ober- und Unterordnung unerläßlich und daß jedem Menschen-in, seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechender Einfluß und Wirkungskreis eingeräumt werden muß ohne jedoch dabei zu vergessen, daß die Gesammtheit gescheidter als der gescheidteste und geschickter als der geschickteste Mensch." * Die absolute Verschiedenheit und Ungleichheit der Leiber bedingt die» selbe Verschiedenheit und Ungleichheit der Seelen, und somit ebenso im Denken und Fühlen, Thun und Lassen der Menschen. Könnte doch eine Staatsgesellschaft von Leuten der gleichen Begabung, und selbst wenn sie alle sammt und sonders geniale Staatsmänner wären, durchaus nicht bestehen. Und so kommt man denn durch diesen Umstand zur tiefsten moralischm und materiellen Begründung deS Prinzips der Toleranz, wonach jeder Mensch das Recht hat, Toleranz zu fordern, und die Pflicht hat, Toleranz zu üben. Bosheit, Schlechtigkeit und alle anderen gemein- schädlichen, Laster genannten Eigenschaften sind eben einsach Krankheiten, die jedoch nur durch bessere Erziehung und veredeltere Zustände, wenn auch nicht immer völlig gehellt, doch wesenllich unschädlich gemacht wer- den können." Eine schlechte Ordnung ist immer noch besser als gar keine, und noch besser ist, das Staatsgebände wird von einem grundsätzlichen und auf- richtigen Absolutismus zu einem Zuchthaus, als durch einen grundsatz- losen, lügenhasten Konstitutionalismus zu einem Nattenhaus gemacht. Sklaven brechen die Ketten, Narren spielen damft l". * Gegenüber der Theorie wird die Praxis stets reakttonär erscheinen, well der Gedanke der Entwicklung thatsächlicher Verhältniffe naturgemäß immer vorauseilt, wogegen die Praxis ihre Wirksamkeft an die zurück- gebliebene Wirklichkeit halten und sich nach derselben richten muß. Daher ist in allem Leben: die Weisheit ohne Klugheft eine Dummheit und die Klugheit ohne Wetsheft eine Gemeinheit." -- Die Theorie hat sich weniger nach der Praxis, ihrem Kinde, als die Praxis nach der Theorie, ihrer Mutter, zu richten; ehe man den Ham- mer, die Feile, den Hobel zur Hand nimmt, muß man wissen, was man und wie man hämmern, seilen und hobeln will und soll. Liegt doch in Hammer, Feile und Hobel  , wie in allen Werkzeugen und sonstigen In- dustrie- und Kunsterzeugnissen eine in die Wirklichkeft übergegangene Theorie ein durch die That verkörperter Gedanke." * Alle geistigen und sachlichen Errungenschaften, idealen und materiellen Werthe und Genußgüter sind das Ergebrnß der Gesammtbestrebungen und Leistungen der Menschen und Völker aller Orte und aller Zeiten, somft sammt allen Naturschätzen Aller und Jedes Gemeingut, und es folglich vernünftiger, gerechter und allgemein deglückender Weise keinerlei Privateigenthltm geben, sondern nur ein von der Gesammtheit sanktionirte» und legalisirtes Privat nutznießungsgut, beweglicher und unbeweglicher Art, Geltung erlangen kann." * Der von der Bourgeoisie immerhin beeinflußte, durch ihr Klassen- Interesse möglich gewordene, sie zum Dank dafür stets demllihigende Militärstaat kann aber du, chaus nicht die kirchliche Autorität vernichten, sondern sie nur zur Befestigung seiner Stellung, als folgsame Dienst- magd brauchen wollen, während dagegen die sich ihrer Unentbehrlichkeit bewußte Kirche solchen Staats gelüsten nicht nur Trotz bietet, sondern, ihresgöttkichen" Ursprungs eingedenk, ganz logischer Weise die Ober- Hoheit auf Erden anstrebt und hiebei den profanen Staat als frommen Knecht zu verwenden bezweckt."(Zur Zeit des preußischenKultur- kampfs" geschrieben.) » In einem gesunden, wohlbehaglichen und allbefriedigenden Staats- organismus Gemeinkörper muß, erfahrungsgemäßen Vernunft- gesetzen entsprechend, Selbstbewußtsein, Selbstthätigkeit seiner Organe an den rechten Platz gestellt sein. Kann ja doch auch in sonst keinem orga- Nischen Wesen, sei es Mensch oder Büffelochs, das Ganglion die Funkttonen des Hirns, die Lunge die des Magens, die Leber die der MUz, der Rückgrat die der Pulsader, die Haut die des Blutes, die Drüse die der Befruchtungswerkzeuge u. s. w. verrichten." * Hätten alle derzeit aufgeklärten Menschen den Muth ibrer Ueber- zeugung, die Bollzugskraft ihrer Meinung, die Opferwilligkeit ihrer selbst- süchtigen Interessen, das Bewußtsein der Menschenwürde und das Scham- gesühl der Selbsterniedrigung, sy würde eine zeitgemäße Umgestaltung der Zustände gewiß viel leichter und schmerzloser zu bewerkstelligen sein." Zum Schluß noch zwei Stellen aus dem vortrefflichen offenen Brief, den Becker vor 4 Jahren, gelegentlich des fünfzigjährigen Gedenktages des Hambacher Festes, an unsere Genossen in der Psalz ge- richtet: Als aber dort(bei Hambach  ) Nachmittags 4 Uhr die Revolution(die Becker damals, wie er schreibt, mit naiver Zuversicht erwartet hatte) immer noch nicht verkündet war und eben ein Redner lang und breit über die Zweckmäßigkeit der Petitionen und Protestationen sprach, riß mir der Geduldsaden und ich schwang mich auf ein hohes umgestülptes(freilich ausgetrunkenes) W infaß neben der Rednerbühne, den llustemilieu- Bpostel geradezu niederzuschreien. Unter rauschendem Applaus betonte ich vor Allem die Nothwendigkeit allgemeiner Volksbewassnung, unter Anderem sagend: Hinter den Verordnungen der Regierungen stehen Kanonen und Ba- jonette, drum werden sie besolgt; hinter unfern Petitionen und Prote- stationen steht nichts, und darum bleiben sie auch in den Augen der Regierungen nur lächerliche Borstellungen. Wollten wir daher, daß un< sere Protestationen Erfolg haben, so müssen wir auch Kanonen und Bajonetts dahinter stellen. Also zur Volksbewaffnung!" Außer dem stürmischen Beifall meiner erhitzten Zuhörer hatte ich auch noch später durch das nüchterne Urtheil eines iönigl. bayerischen Unter- suchungsrichters Genugthuung geerntet, indem er sagte:Sie allein haben in Hambach eine praktische Rede gehalten." Müßte ich unter bewandten Umständen in Deutschland   nicht ganz ähnlich reden und würde dies nicht, ohne der Sache viel zu nützen, noch schlimmere Folgen als vor fünfzig Jahren für mich haben? Wohl weiß ich jetzt, daß die gemäßigte Haltung der meisten der damaligen Wort- führer viel Berechtigung hatte, denn sie wußten, daß das übrige Deutsch- land bei Weitem nicht so revolutionsbereit war, wie die Psalz. Nun, ich meinerseits habe eben der Stimmung der nothleidenden Volksklaffe Ausdruck verliehen. Ueberhaupt versteht sich das Volk nur aufGrund- s ä tz e und denselben entsprechendes Handeln, und nicht auf politisch- Bedenken und diplomatische Rücksichten. Auch ich begriff damals noch nicht, daß sich Revolutionen weder Herdekretiren, noch wegdisputiren lassen, sondern daß sie eben auSdemSchooß der geschichtlich wirkenden Thatsachen unaufhalt- sam herauswachsen und sich, wenn sie reis, gleichsam von selbst erfüllen. Auch ist zu bedenken, daß es in den dreißiger Jahren, wie 1348 und 4g, zunächst galt, die Herrschaft der Bourgeoisie zum Durch- bruch zu bringen, was jedoch bis heute noch nicht gelungen ist, da sie, namenftich in Deutschland  , dem monarchisch n Staat, besonders in poli- tischer Beziehung, den Löwenantheil der Macht überlassen und dann sich für die von demselben allergnädigst erhaltenen Fußtritte unterthänigst bedanken muß. Es geschieht ihr recht!" Die Sozialdemokratie, so jung sie noch ist, nimmt schon eine impo- nirende Stellung ein, und seitdem sie mannbar geworden, machen ihr nach einander alle Herrschaften die Kur; der Fürsten  - und der Geld- herrenstaat, die alleinseligmachende Kirche, arbeiterfreundliche Bourgeois- gruppen, alle möchten sie gerne heimführen und in die Haushaltung schlachten. Sie wird sich aber weder durch Schmeicheleien sangen, noch durch Bedrohungen einschüchtern lassen, sondern grundsatztreu und ledig bleiben. Darum wird sie auch nichts mehr aus die, wenn auch noch so ernstlich und wohlgemeinten Reformen halten, weil, bis derengute" Wirkungen fühlbar werden, die kapitalistische Furie in- zwischen im Schooße der Gesellschaft wieder so große Verwüstungen an- gerichtet, daß der Reformsegen immer und immer zu spät kommt. Nur Radikalkuren können helfen! Nicht nur politische Freihett und Gleichheit vorGott  " und dem Gesetz sind hinreichend, sondern auch die ökonomische Unab« hängigkett die Gleichheft vor den Menschen müssen wir haben. Wenn es in den 20sr und 40sr Jahren noch längerhin unter der Gemeinverbindlichkeit aller Stammverwandtschaften der Wiedergeburt Deutschlands   galt, so gilt es heutzutage unter der Solidarität und Ver« brüderung aller Kulturvölker die Wiedergeburt der Menschheit wobei die Sozialdemokratie Geburtshülfe leisten und, wenn eS Roth thut, auch den Kaiserschnitt nicht scheuen wird." So schrieb, so dachte und dementsprechend handelte Becker. Kein Himmelsstürmer und doch voll echter Leidenschast, ruhig und besonnen, aber doch vom wahren Feuer der Begeisterung durchglüht mit einem Wort: ein Mann! Sozialpolitische Rundschau. Zürich  , 15. Dezember 1886. AuS Berlin   erhalten wir von gut unterrichteter Seite folgende Zuschrift: In Ihrer letzten Nummer erwähnen Sie eine Kuppelgeschichte aus Berlin  , betreffs deren Ihnen vielleicht einige nähere Einzelnheiten willkommen sind. Anläßlich einer Haussuchung bei einer hiesigen Dirne feineren" Ranges wurde ein Brief von einer Frau Heuser in der Wilhelmstraße gefunden, in welchem dieselbe besagte Dirne aufforderte, Abends in dem Restaurant von Dressel neben dem Poppen- berg'schenfeinstes" Restaur ant Unter denLinden, abernalür- lich ebenso wie Poppenberg, Hiller u. s. w. in den oadinots soparä, schmutziges Bordell in einergeschlossenen" Gesellschaft vonKavalieren" gegen einHonorar" von öOOMark zu erscheinen. Der haussuchende Polizeilieutenant nahm diese Spur auf und es gelang ihm, in der Wohnung der Frau Heuser ein luxuriös ausgestattetes Hurenhaus zu entdecken, in welchem die noch üppige Wirthin und ihre jugendlich zarte Tochter das einträgliche Gewerbe der Courtt- sanen mit dem noch einträglicheren Gewerbe der Kupplerinnen ver- banden. Von derVornehmheit" der männlichen Besucher mag es einen Begriff geben, daß eineG e s ch ä f t L k a s s e" von 30, Ovo Mark b a ar vorgefunden wurde. Glücklich über diesen Fang hoffte jener Beamte auf eine ehrende Anerkennung seitens d«S Ziegenbärtigen, aber er fiel aus allen seinen Himmeln, als er von dem Polizeipräsidenten v. Richthofen mit einem fürchterlichen Rüffel wegen seinemMangel an Takt"u. s. w. empfangen wurde. Denn die in die Unter- suchungshaft abgeführte Frau Heuser hatte sich inzwischen als auf ihrevornehmste" Referenz und einen klassischen Zeugen ihrer Unschuld auf den Staatssekretär des Auswärtigen Amte», Grafen Herbert Bismarck  , berufen. Vor diesem Sesam, öffne dich! sprangen die Pforten des Moabiter   Untersuchungsgefängnisses sperrangelweit auf, und so wenig ein Staatsanwalt wie ein Richter wird demkupplerischen Weibe" an den in diesem Falle freilich nicht dürren" Leib gelangen. Die schmierige Geschichte geht hier von Mund zu Mund; die Frechheit ver Frau Heuser, welche im Ver- trauen auf ihrehohe Gönnerschaft" in der That nicht gehen will, es sei denn, daß diesehohe Gönnerschaft" sich freikauft, hält den Skandal in vollem Athem. Erinnert sei noch daran, daß der U n- schuldSzeuge der Frau Heuser der nächst oder neben dem Reichs- kanzler höchst besoldete Beamte des Reichs ist; er bezieht jährlich St, vvv Mark, 18,000 Mark mehr als die sonstige« Staatssekretäre, anscheinend zur würdigenRepräsentatton in den Sälen der Frau Heuser". Soweit der Einfender. Seine Mittheilungen klingen erbaulich genug. Daß die politische und wirthschaftliche Korruption in Deutschland   unter Bismarck   dem Vater zu einer Höhe oder sollen wir sagen Tiefe? entwickelt worden ist, wie sie bis dahin trotz mancher dunklen Punkte in der Geschichte des Staates der Gottesfurcht und frommen Sitte un- erhört war, ist bekannt; die Herren Söhne des großen Vaters scheinen es sich nun zur Aufgabe gemacht zu haben, ihr Möglichstes für die moralische Fäulniß im niederftächtigen Kaiserreich Sorge zu tragen. Fürwahr, eine nette Dynastie, diese Bismarck Puttkamer   Sippe. Ehren-Putty läßt sich doppelten Ministergehalt zahlen und bringt seinen Jesko mit dem guten Geschmack als Kanzler in Kamerun   unter, Bis- marck, der Alte und Reichdottrte, arrangirt einen Entrüstungssturm für den dritten Sekretär im auswärtigen Amt, auf daß Herbert ein fett« bezahltes Pöstchen erhalte. Und der deutsche   Michel läßt sich von dieser Gesellschast und ihren Handlangern immer wieder hineinlegen, denn st« kennen seine Schwächen und wissen sie vortrefflich zu benutzen. Bald muß es das Kriegsgespenst, bald das rothe Gespenst thun, gegen welche sie natürlich einzig und allem die unfehlbaren Retter und Helfer sind. Freche Charlatane, die die Reklame aus dem ff verstehen, und sich im Stillen über die Dummen lustig machen, die auf den Leim ihrer groß- spurigen Redensarten gehen. Und so ein Putty wagt eS noch, denAgitatoren der Fachvereine" vorzuwerfen, daß sie sich von den Arbeitergroschsnmästen". DerFall Heuser" zeigt, wer sich von Arbeitergroschenmästet" oder mit Arbeftergroschen gemästet wird. Dasür hat aber Tugenv- Putty keine Augen, zu derselben Zeit, wo er die Schließung des ArbeiterinnenvereinS gerichtlich sanktioniren läßt, weil derselbe unmoralisch genug war, durch Hebung der materiellen Lage der Arbeiterinnen der Prostitution ent- gegenzuwirken, rüffelt er einen Polizeilieutenant, wie er dazu käme, ein vornehmes Bordell zu behaussuchen als wäre es ein simpler Arbeiter- fach oerein. So ist die Moral dieser Tugendhelden beschaffen, sie ist ihrer Fähigkeit und Intelligenz würdig. Run, jede Zeitepoche hat diejenigen Heroen, die sie verdient. Und es ist vielleicht nicht zufällig, daß gerade heut sich dies« Schmarotzer- gesellschast so breft machen darf. Wäre das herrschende Bürgerthum innerlich gesund, es würde sie mit Entrüstung von sich stoßen, aber«S ist selbst innerlich angefault und daher der moralischen Kraft bar, die dazu gehörte, das zersetzende Element aus dem Gesellschaftskörper aus- zuscheiden. Und so frißt die Fäulniß immer mehr um sich und wird die heutige Gesellschaft mit jedem Tage widerstandsunfähiger, bis sie an ihrer eigenen Haltlosigkeit zu Grunde geht. Dazu nach Kräften beigeträgen zu haben, ist ja auch ein Verdienst, da« Verdienst d«S GährungspilzeS, der die faulende Kartoffel in Sprit umsetzt. Die Briefe find auf der Post fo sicher als die Bibel auf dem Altar" erklärte Exzellenz Stephan seinerzeit pathetisch im Reichstage. Wie sicher muh dann die Bibel auf der Post sein! Bekommt da vor Kurzem der fromme Geheimerath v. N. N. in X.  ein größeres Postpacket in sehr defektem Zustand zugestellt, obschon es doppelten Umschlag solidester Sorte trug. Ungnädig befragt er den Postboten, wie denn so etwas bei der deutschen Reichs- post möglich sei, das Ding sei ja offenbaraus Muthwillen zerfledert". Man öffnet in Gegenwart des Postbeamten und findet vollzählig und friedlich beieinander einen Pack B i b e l ch e n zur Weltverbesserung. Der Postbote erhält nebst einem Rüffel daS oorpus äolioti(die zerfetzte Emballage nämlich)geschenkt" und verläßt ein stiller Mann die fromme Stätte des geheimen Ehristenthums. Grollend über das erlittene Unrecht hegt er den Wunsch, den Rüffel wenigstens an seine richtige Adresse weiterzubestellen. Er nützt den ersten freien Augenblick, sich zu überzeugen, durch welche Finger denn das arg malträttrtsfromme Mänlelchen" gegangen sei. Umsonst denn dieses Packet istaußer der Postkarte"( nicht registrirt) am Bestimmungsort ange­langt und bei näherer Betrachtung trägt die zerfetzte Emballag e an geeigneter Stelle" einen rothen Zettel mit derAufschrift Verdächtig!" Das Räthsel ist gelöst. Er klagt einem ältern Kollegen sein LeidäOb das am A u s g a b e o r t geschehen ist?"Beileibe," amwortet der Aeltere,solchen Fang hätte man sich dort nicht entgehen lassen und väterlich tröstend flüstert er dann oem Jüngeren zu:DaS ist der fahrende Postmarder, wie die Rothen sagen, der auch mitunter aus unserm Bureau