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werden bei allen schweizerischen Boftbureaug, sowie beim Berlag und dessen bekannten Agenten entgegengenommen. und zwar jum voraus zahlbaren

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. 1,70 für Oesterreich( Couvert)

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die dreigespaltene Petitzeile

25 Gts. 20 Pfg.

No- 1,

Der Sozialdemokrat

Organ der Sozialdemokratie deutscher Zunge.

Briefe an die Redaktion und Erpedition des in Deutschland und Oesterreich verbotenen Sozialdemokrat wolle man unter Beobachtung äußerster Vorsicht abgehen lassen. In der Regel schide man uns die Briefe nicht direkt, sondern an die bekannten Dedadressen. In zweifelhaften Fällen eingeschrieben.

Parteigenossen! Vergeßt der Verfolgten

und Gemaßregelten nicht!

Zur rechtzeitigen Kenntnißnahme. Mit Neujahr 1887 und von da an laufend

müssen sämmtliche Briefabonnements baar voraus bezahlt werden.

Belastungen auf Conto- Inhabe finden sonach nicht mehr statt.

Allen Bestellungen auf direkte oder indirekte Brieflieferung ist ohne jede Ausnahme die volle Baarzahlung beizulegen.

Ersatz für Versandtverluste lie ern wir nur gegen Einsendung des Porto bei Reklamation.

Sämmtliche Besteller wollen dies fünftighin ein für allemal festhalien.

Wo anderweitige Bezugsgelegenheit geboten ist, find Brief abonnements unzulässig.

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es ist, von dem eingestandenermaßen die Störung des Friedens in erster Linie zu befürchten ist.

Daß Bismarck zur Zeit feinen Krieg wünscht, glauben auch wir, aber den Frieden brauchen und den Frieden erhalten, ist zweierlei. Die Kriegswolfe ist einmal heraufbeschworen, und sie zu bannen, gibt es nur ein Mittel: radikales Brechen mit der heutigen Unterdrückungspolitik.

Wie weit ist man aber in Deutschland davon entfernt! Statt aus dem polnischen Volke, das nun einmal, wie die Geschichte gezeigt hat, nicht entnationalisirt werden kann, ein Bollwerk gegen die Weltherrschaftsgelüfte Rußlands zu machen, hat man es durch ebenso kleinliche wie grausame Maßregeln zur höchsten Erbitterung gegen Deutschland getrieben. Was Elsaß- Lothringen anbetrifft, so gilt schon der bloße Gedanke, diese Provinzen, die man- wie Bismarck selbst mit dürren Worten im Reichstag erklärte nicht aus Liebe zu ihren Bewohnern annektirt, von der Diktaturherrschaft zu befreien, als absoluter Hochverrath, von der Neutralisirung derselben gar nicht zu

reden.

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XX 395/

Erscheint

wöchentlich einmal

in

Zürich ( Schweiz ).

Verlag

der Boltsbuchhandlung Hottingen : Zürich .

Poffendungen franto gegen franto. Gewöhnliche Briefe nach der Schweiz foten Doppelporto.

1. Januar 1887.

| die sie immer wieder zurückschrecken lassen, wenn ihre sonstige Politik sie vor die Alternative eines Krieges gestellt. Und mehr als den Sieg des Landesfeindes fürchten sie den auf einen solchen gewöhnlich folgenden des eignen Volkes. Die Furcht der Regierenden vor dem eignen Volfe, ihr schlechtes Gewissen ist es, das heute den Frieden in Europa verbürgt. Wird dieser Faktor vorhalten?

Wir bezweifeln es, denn auf der andern Seite treibt dieses schlechte Gewissen zu auswärtigen Abenteuern, die schließlich den Krieg unvermeidlich machen. Jeder Spieler wird zuletzt dahin getrieben, Alles auf eine Karte zu setzen, va banque zu spielen.

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Ein erbauliches Neujahr, das mit dieser Konstellation be­ginnt. Indeß, die Sozialdemokratie tritt getroften Muthes in dasselbe ein. Im Bewußtsein ihrer gerechten Sache sieht sie den kommenden Ereignissen unerschrockenen Blickes entgegen. Sie wartet nicht und hofft nicht auf das Heil von oben oder von außen her, sie wirkt, sie wirbt, sie agitirt sie rüstet sich für alle Fälle. Denn sie weiß, daß, was auch die Wechsel­fälle der hohen Politik mit sich bringen mögen, die gründliche Reinigung des Augiasstalles der politischen Korruption nur dann erfolgen kann, wenn sie besorgt wird durch den Herkules des 19. Jahrhunderts:

das klassenbewußte Proletariat.

Und wie gegen die fremdsprachige und anneftirte Bevölke­rung, so gegen die ureigenen Landesangehörigen. Während der Zug der Zeit, die Entwicklung des Jahrhunderts, eine stetige Erweiterung der Volksrechte erheischen, ist man im verpreußten Deutschland unausgesetzt darauf bedacht, dem Volfe die wenigen bestehenden Rechte mit allen Mitteln hinterlistiger Eskamotage immer mehr zu verkümmern. Eine Maßregel, die wie keine zweite geeignet ist, die Gemüther zu verbittern, ohne doch in irgend einer Weise ihren vorgeblichen Zweck, Eindämmung der Friede auf Erden und den Menschen ein

erheben wir per Nachnahme, wenn Zahlung nicht mit sozialistischen Bewegung, zu erfüllen: der kleine Belage= jedem Quartalbeginn voraus geleistet ist.

Einzel- Kreuzbandsendungen ins Ausland Sperren wir mit Quartalsablauf, sofern Neubestellung und Geld bis dahin ausbleiben.

Expedition des Sozialdemokrat.

Wohlgefallen.

Die nachstehende sehr hübsche Weihnachtsbetrachtung entnehmen wir bem gut demokratischem St. Galler Stadt- Anzeiger": Vor der Krippe.

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Friede den Menschen auf Erden, die eines guten Willens find und fich bei Seiten mit Repetirgewehren versehen, um die Mitbrüder nieders zuschießen.

Die Botschaft, die der Engel den Hirten von Betlehem verkündet, gilt bei den Regenten unserer Zeiten nichts mehr; die Botschaft, die sie vers tünden, rebet nicht von Armuth und Glückseligkeit, nicht von Demuth und Frieden, sondern von Blut und Kanonen, von Völker haß und Schlachten.

Deutschlands Kriegsminister spricht zu den Räthen bes

Reiches:

,, Siehe, ich verkünde Euch eine große Freude. Unsere Friedensarmee muß von 427,000 auf 468,000 Mann erhöht werden. Neue Steuern werden fröhlich gedeihen und wachsen, und wenn Ihr hübsch den Nacken Kinder Gottes genannt"

Erbauliche Neujahrsaussichten. Was auch das deutsche Volk seinen Regierenden vorzuwerfen hat, ein Verdienst wird man denselben nicht absprechen können: fie haben diesmal ihr Möglichstes gethan, ihm alle Illusionen gründlich auszutreiben. Es ist nicht ihre Schuld, wenn auch nur ein Angehöriger des deutschen Reiches das Fest der Jahres- legien, gegen welche sich die Vernünftigeren unter ihnen selbst beugt und ein paar Dugend neue Regimenter ausrüstet, so werdet Ihr wende in der Hoffnungsvollen Erwartung begeht, es werde im tommenden Jahre, Dank der Weisheit seiner Regierer, besser, die erhoffte Aera des Friedens und der Freiheit endlich zur Wahrheit werden. Ihr ganzes Thun und lassen zeigt das genaue Gegentheil an.

Daß der für die Entwicklung der Völker so nothwendige Friede nicht gesichert ist, darauf weisen sie selbst Tag für Tag hin, um Maßregeln durchzusetzen, die die Unsicherheit immer mehr vergrößern. Sie übertreiben die Kriegsgefahr, die sie selbst heraufbeschworen, sie klagen durch den Mund ihres Moltke über die Unhaltbarkeit der Zustände, die sie selbst ge­schaffen. Aber was nüßt es, das hinterher festzustellen? Das Volt hat sie gewähren lassen, als es Zeit war, ihnen ein entschiedenes Ich will nicht! zuzurufen, und es wird die Fol­gen dieser seiner Schwäche solange auf sich nehmen müssen, als es sich nicht entschließt, ihrer Herrschaft ein Ende zu machen, mit dem von ihnen vertretenen System gründlich zu brechen. Die Folgen der Bismarck 'schen Politik zu bekämpfen, Bismarck selbst aber am Ruder zu lassen, anstatt offen seinen Sturz zu erstreben, ist ein Unding, verdammt zu ewiger Nachgiebigkeit, wie das Verhalten des Zentrums und der Deutschfreisinnigen in der Militärfrage beweist.

Bismard taun keine Friedenspolitik einhalten, weil seine Politik eine freiheitsfeindliche ist. Je despotischer eine Regierung, eine um so größere Gefahr für den Frieden ist sie, je freier ein Land, um so weniger ist von ihm eine Störung des Friedens zu erwarten.

Wer ist es, der heute am meisten den Frieden Europas bedroht?

Rußland, das gelobte Land der Reaktion!

Nach allen Seiten hin streckt der russische Bär gierig seine Tazze aus, er will erobern, er will herrschen, und wie im Innern seine Regierungskunst einzig und allein in der Anwen­dung der Gewalt besteht, so kann er auch nach Außen nur durch Anwendung der Gewalt sich Ansehen verschaffen.

Frankreich aber, obwohl es durch den Krieg von 1870 und die Wegnahme von Elsaß- Lothringen in eine anormale Lage gebracht worden, hört, je mehr es sich zu einem freien Lande entwickelt, trotz seiner Deroulède's immer mehr auf, das Land der Revanche zu sein. Schon heute, wo es im Wesentlichen nur erst dem Namen nach Republik ist, wo die Finanzbanditen und die Militärs noch immer die Landespolitik übermäßig be­einflussen, läßt sich das nachweisen, und es wird immer deut licher zu Tage treten, je mehr die französische Republik auf­hört, Bourgeoisrepublik zu sein.

Charakteristisch ist und bleibt es jedenfalls, daß nicht Frant­reich, sondern Rußland , der reaktionäre Bundesbruder Preußens,

rungszustand, wird auf immer weitere Gebiete des deut­ schen Reiches ausgedehnt; das schandbare Ausnahmegesetz, dessen Einführung nur möglich war durch die demagogische Ausnutzung zweier erwiesenermaßen auf eigene Fauft unter­nommener Attentate, wird, nachdem es in achtjähriger Dauer seine totale Unwirksamkeit erwiesen, nicht einmal so gemil­dert, daß ein Uebergang zu normalen Zuständen ermöglicht wird, sondern es wird mit Hilfe einer durch und durch kor­rupten Rechtsprechung noch hinter dem Rücken der Volksver­tretung verschärft und in dieser Verschärfung zur Reichs­Institution erhoben; das Koalitionsrecht der Arbeiter wird durch eine Praxis der Verwaltungsbehörden, die mit dem Geiste des Gesetzes im denkbar schroffsten Gegensatze steht, geradezu aufgehoben, während man dem Meister- und Fabrikantenthum durch Jnnungs- c. Geseze unerhörte Privi­auflehnen, mit Gewalt aufdrängt, sie zum Mißbrauch ihrer Machtstellung den Arbeitern gegenüber direkt pro­vozirt. Selbst das Wahlrecht zum Reichstag würde man der arbeitenden Klasse längst genommen haben, wenn ein ein­heitliches Steuersystem einen Wahlzensus, womöglich eine Kopie des von Bismarck selbst als das denkbar schlechteste System hingestellten Dreiklassensystems ermöglichte, oder die Vorschrift eines mehrjährigen Aufenthaltes am Wahlorte nicht lediglich der bürgerlich- liberalen Opposition in den Städten zu Gute kommen würde. Dafür hat man aber wenigstens indirekt dem Volke das Wahlrecht dadurch zu beschränken versucht, daß man, wieder durch korrupte Richter, es ihm verbot, Vertreter zu entsenden, die nicht über die Mittel verfügen, während der Seffionen des Reichstags aus eigener Tasche zu leben, und auf solche Weise die Befähigung zum Volksvertreter statt von der Intelligenz und Gesinnungstreue, von der Größe des Geld­sack es abhängig erklärte. Ueberhaupt ist die Korruption des Richterstandes eine so offenkundige und zugleich so schreiende, daß selbst ein so zahmer Rechtslehrer wie der Mün­ chener Professor von Holzendorf sich neuerdings zu einer öffentlichen Klage darüber veranlaßt gesehen hat. Noch schlim mer steht es natürlich um die Verwaltungsbüreau­tratie, wo ein Gönnerschaftswesen eingerissen ist, das in der schneidigen" Karriere der Söhne und Verwandten des allmächtigen Reichskanzlers seine drastischste Illustration findet. So stellt sich das verpreußte Deutschland an der Jahres­wende 1886/1887 dar ein wahrer Augias stall, den nur ein moderner Herkules auszumisten im Stande wäre. Und es ist hohe Zeit, daß dieser Herkules seine Thätigkeit beginnt, denn immer frecher geberdet sich das Geschmeiß, das in diesem Augiasstall sein Unwesen treibt, immer mehr verpesten die Dünste, die er ausströmt, weit und breit die Luft.

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Die Situation ist für jeden anständigen Menschen eine so unerquickliche, für Tausende und Abertausende von Arbeitern, denen man den Kampf um's Dasein auf die oben geschilderte Weise noch erschwert hat, so unerträgliche geworden, daß sich mit jedem Tag die Zahl Derer häuft, die, da sie zu allen anderen Faktoren das Zutrauen verloren haben, nur noch von einem Kriege Besserung der Zustände erhoffen, und statt einen solchen zu fürchten, ihn herbeisehnen.

Wer nur einigermaßen im Volke Nachfrage hält, kann das, nur noch in viel drastischerer Form, auf Schritt und Tritt bestätigt hören.

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Zweifelsohne wissen das auch unsere Regierenden, und da­her ihre Friedensliebe. Weit weniger die Opfer an Menschenleben, die er kosten würde, als die Opfer an Macht und Einfluß, die für sie dabei auf dem Spiele stehen, sind es,

Für den Frieden sind 468,000 Mann ein ziemlich anschnlicher Verein, es scheint aber, daß er noch nicht Aktivmitglieder genug zählt, um den Frieben überall bändigen zu können. Denn zur Stadt Frankfurt am schönen Main spricht die Reichsregierung:

Siehe, ich verkünde Dir große Freude. Heute werde ich Dir den einen Belagerungszustand schenken, an dem Du ein so großes Wohls gefallen hast. Wenn Deine Bürger etwas reden, was den Ohren eines keuschen Bolizeimannes als unfriedlich klingt, oder wenn sie eine ver borgene Waffe, z. B. ein Lineal oder eine Stahlfeber, bei sich tragen,

so werde ich sie innert zweimal vierundzwanzig Stunden aus dem heilis gen deutschen Reiche weisen. Friede den Frankfurten am Main !" Frankreichs Kriegsminister spricht zu dem Bolte:

Siehe, ich verkünde Euch große Freude. Die Staatsrechnung wirb mit einem sehr großen Defizit abschließen, weßhalb ich unbedingt einige hunderttausend neue Gewehre haben muß. Jm Uebrigen steht unsere Armee zur chriftlichen Feier der festlichen Weihnachtszeit 510,000 Mann hoch auf den Friedensfuß. Kein Gamaschenknopf fehlt, und so dürft ihr unbesorgt auf ein zweites Sedan Aktien nehmen." Dänemarts Kriegsminister spricht:

" Siche, ich verkünde Euch Dänen eine große Freude. Heute Nacht tam ein neues Befestigungsprojekt auf die Welt, welches an die 40 millionen Kronen werth ist. Kopenhagen wird sich nicht mehr mir nichts dir nichts bombardiren laffen."

Italiens Kriegsminister spricht zu seinen Hirten:

" Siehe, ich verkünde Euch eine große Freude; heute ist im Hafen von Spezzia ein Riesengeschütz aufgestellt worden, welches über eine Million getoftet hat und dem armen Volle viel Lärm bereiten wird. Bis in zehn Monaten soll jeder brave Italiener mit einer Ruh im Stall, worunter ich ein Repetirgewehr verstehe, versehen sein. Wir wollen im Frieben leben mit der ganzen Welt, darum rüsten wir zum Kriege, der uns zwar Schläge, aber wie ihr wohl wiffet, doch allemal einen Fetzen frems des Landes einbringen wird."

Spaniens Kriegsminister spricht zu den versammelten Cortes: ,, Siehe, ich verkünde Euch große Freude. Die letzten Tage ist der Kurs unserer Staatspapiere dem Armenhaus wieder erheblich näher gerückt und Herr Zorilla wird Euch in Bälde wieder ein artiges Revo Tutionchen bereiten. Bur befferen Begehung und Feier dieser fröhlichen Ereigniffe werde ich zehn neue Panzerschiffe, das Stück zu zwei Millionen Duros, ankaufen und sie Euch als Kinderspielwaare verehren."

Rußlands Raiser spricht zu seinem heiß eliebten Volke: ,, Siehe, ich verkünde Euch große Freude. Ich bin verrüdt geworden und werde Euch eine neue Verfassung bereiten, worin Ihr Knuten, Freibillets nach der Ferienkolonie Sibirien , eine mongolische Zivilisation und Gratisjagbpatent auf Katholiken, Lutheraner, Juden und Polen fins den werdet. Die Kriegsstärke meines Heeres beträgt blos zwei Millionen Mann, weshalb ich schon aus schuldiger Achtung vor meinen kaiserlichen Bettern in Berlin und Wien , die ich bei der letzten Zusammenkunft herzlich umarmt und gefüßt habe, einige hunderttausend Mann mehr unter Gewehr stellen muß. Ich liebe wenig und gut und will deshalb eine Armee von wenigstens zwei und einer halben Million Nussen bes fehligen. Ich vertraue auf den bewährten Patriotismus meiner Bölters schaften und erwarte, daß man mich nicht, wie meinen Bater selig, dynamitifire. Die Polen müssen ausgerottet werden. Gedenket dagegen der hungrigen Bögel!".

Desterreichs Raiser spricht zu seinen verehrten Böhmen , Slaven , Tirolern, Ungarn und den andern gemischten Vereinen:

,, Siehe, ich verkünde Euch große Freude. Wir stehen in Gefahr, von Rußland verschlungen zu werden, so daß die österreichischen Stämme sich