-gehaust worden ist, würde, wenn er all Kapital angewandt würde, ohne Zweifel dazu beitragen, die Industrie zu fördern; aber daS, was sie in LuxuS und Faulheit aufbrauchen, ist nicht Kapital, und hilft zu nicht» weiter als zum Unterhalt ihre» eigenen nutzlosen Dasein». Unter allen Umständen müflen sie ihre Renten und Jntereflen haben, wie»S in ihrem Schein geschrieben steht; aber laßt sie nur ihren besonderen Platz al» Drohnen im Bienenkorb einnehmen und sich vollstopfen bei einem Schmause, zu dem sie nichts beigetragen haben."(John Eliott CairneS, Profeffor,„Einige Grundprinzipien der politischen Oekonomie," S. SS, London 1S74) III. Wer die Arbeiter sind. Diejenigen Individuen, welche erklären, daß st« in irgend einer Weise an der gesellschaftlichen Arbeit mitwirken, zersallen nach dem letzten Industrie �Landwirthschaft 'Handel Dienende Sonstige Berufe Unbeschäftigte unter j 20 Jahren ■ Unbeschäftigte über • 20 Jahren j(Zusammengestellt nach dem Zensus von 1881; Zensus für England und Wale», Z.— 3,797; Schottland , 3.-3,657; Irland , Z.— 3,365.) Unter den als Arbeiter Aufgeführten sind natürlich viele, deren Be- ischäftigung rein nominell ist. Die betreffenden Zahlen werden durch die Sogenannten„stillen Theilnehmer", die undiplomirten Juristen, Invaliden, 'PauperS , Gefangene und Psründner aller Art künstlich erhöht. Viele Tausende liegen außerdem Beschäftigungen ob, die nutzlos oder auch für die Gemeinschaft positiv von Schaden sind; andere arbeiten ehrlich, aber pn der Eigenschaft von Dienstboten oder gewerblich Angestellten zum Beispiel) für den persönlichen Komfort von Faullenzern, und muffen i'daher, soweit die Produktion in Betracht kommt, selbst als unthätig ... angesehen werden. Ij Nichtsdestoweniger waren es im Jahre 1881: 407,169 erwachsene .Männer(einer auf einundzwanzig), welche nicht einmal den Schatten .«wer Beschäftigung zu haben behaupteten. Der größte Thetl dieser bilden 'das Grs« der faulen Reichen,„das große soziale Uebel einer nicht arbeitenden Klaffe".(I. St. Mill.) !' IV. Wie die faulen Reichen leben. „Woher stammt ihre Kauskraft? Sie steigt nicht vom Himmel zu Ihnen herab, noch ist sie per unterirdischen Telegraph von Kalifornien «der Australien erlangt; ebensowenig ist ihr Entstehen erschöpfend nach- bewiesen durch das Vorhandensein gewiffer Zahlen auf der Kreditseite ihrer Rechnungen in der Büchern ihrer Bankiers."(Prof. Cairnes.) „Sie leben hauptsächlich von den Theilen des NationalproduklS, welche fwon Rente und Interessen nennt, und die auf der, ihnen ge- .setzlich gewährten Garantie an den Früchten der Arbeit und Enthaltsam- cleit Anderer beruhen, die ihnen ohne eigenes Verdienst und Arbeit zu- . fallen.(I. St. Mill.) '■„Es ist augenscheinlich, daß die Rente die Wirkung eines Monopols ist.«(I. St. Mill.) „DaS Monopol in allen seinen Formen ist die Besteuerung des Fleißes itzum Unterhalt der Faulheit, wenn nicht deS Raube»."(S. St. Mill.) (Fortsetzung folgt.) Sozialpolitische Rundschau. Zürich , 29. März 1387. — Man soll vom Feinde lernen, lautet ein alte» und sehr -weiseS Sprichwort. ES wird un« durch die in verschiedenen Zeitungen .,u findende Nachricht in'S Gedächtniß gerufen, die WahlkomiteS ider Ordnungsparteien wollten sich nicht auflösen, son- den» in Permanenz bleiben und ihre agitatorische und organi- satorische Thätigkeit mit Rücksicht auf die künftigen Reichs« t a g S w a h l« n fortsetzen. Da« ist ein vortrefflicher Plan. Und wir rufen den Herren Ordnung»- ktzarteilern ein aufrichtiges Bravo zu. Um so aufrichtiger, alS e» eigent- lich un» selbst gilt. Denn dies« Idee stammt von den S o z i a l d e m o> traten, ist in den Parteiorganen wiederholt befürwortet worden und war auch«ine Zeitlang durchgeführt, ist aber in �neuerer Zeit etwas in Bergeffenheit gerathen, allerdings unter Umständen, welche«S sehr be« greifltch und verzeihlich erscheinen laffen. Schon zu Anfang der 70er Jahre schrieb der„Volksstaat", nicht» könne thvrichter sein, als die Wahlagitation blo» auf die Wahlkampagne im engeren Sinn« zu beschränken. Schlachten werden in der Regel nicht «uf dem Schlachtfeld gewonnen, Kampagnen nicht während der Kam- pagne. Der Sieg muß durch die Vorbereitungen„organistrt" «erden. DaS Schicksal der Schlachten und Kampagnen ist— von seltenen Zufällen abgesehen— schon entschieden, ehe die Armeen sich gegen- überstehen. Rur Kinder und Köhlergläubige glauben noch an das Mär» chen von dem„genialen" Blick wunderbarer Feldherren, die, wie mit Zauberet, durch ihr persönliches Eingreisen im Nu das Schlachtenglück wenden und verlorene Schlachten zu gewonnenen machen. Wer etwa« von Militärwiffenschast und Kriegsgeschichte versteht, weiß, daß Der- 'jenige siegt, welcher die meisten, die besiverpflegten und bestausgerüsteten Truppen an einen gegebenen Punkt bringen kann. Und da« ist Sache der Vorbereitung. Und darum haben die Franzosen mit Recht Earnot, der nie eine Armee befehligt, aber für die V orberei- t u n g e n zu den Schlachten und Feldzügen gesorgt hat, den„Organi- lsator der Siege" genannt. In genau derselben Weise haben auch die Wahlschlachten und Wahlfeldzüg« vorbereitet zu werden. i So ungefähr sprach sich schon vor anderthalb Jahrzehnten der„Volks- • staat" au», und ähnlich hoben mehr al» einmal die Parteiorgane sich i seitdem ausgesprochen. Und unser« Partei hat auch diese Erkenntniß in . die P r a x i» umgesetzt und ihren agitatorisch>propagandistischen Beruf außer Augen gelaffen. Allein jetzt, wo unsere Feinde, durch unS belehrt, die ausschlaggebende Wichtigkeit der Agitation und Organi- sation auch außerhalb der eigentlichen Wahlzeit eingesehen haben, ist unsere Aufgabe wesentlich gesteigert— das bisherige Maß der«gita- tion, Propaganda und Organisation genügt nicht mehr,— eS . muß, den»erhältniffen ent,prechend, vermehrt und erhöht werden. Die Senoffen in Deutschland sind sich deffen sehr wohl bewußt; und die Vorbereitungen für die nächsten Wahlen haben bereits in allem Ernste begonnen. Natürlich wird uns die Sache nicht so leicht gemacht wie den Herren Ordnungsparteilern. An verschiedenen Orten hat die Polizei schon die sozialdemokratischen WahlkomiteS aufgelöst, und weitere Maßrege- lungen in dieser Richtung sind zu erwarten. Was einem OrdnungSmann recht ist, ist einem Sozialdemokraten nicht billig, im Reich der Gottes- furcht und frommen Sitte— trotzdem sämmtliche Verfaffungen der deutschen Bundesstaaten die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze al» Grundlage de» Staatswesen» hinstellen. »ei dieser Gelegenheit fällt unS ein, daß vor denWahlen in konservativen Zeitungen, u. A. auch in der„Leipziger Zeitung". dem amtlichen Organ der sächsischen Regierung— das beiläufig auf unsere verschiedenen Anfragen noch nicht geantwortet hat— Organi- sationS- und Agitationspläne veröffentlicht wurden, die, hätte ein sozialdemokratisches Blatt sie veröffentlicht, unbedingt eine Anklage auf Grund der Paragraphen 128 und 129 nach sich ge- zogen hätten. Jndeß wie dem sei, wir kennen die Gerechtigkeit unserer Polizei und unserer Herren Richter und— wir werden un» die Freiheit nehmen, nach unserer Faxon selig zu werden, d. b. unsere Parteigeschäste so zu besorgen, wie e» für unsere Partei am heilsamsten ist. — Zur Raturgeschichte der deutsche« Studeuten. Bei der letzten ReichStagSwahl ließen sich die Studenten mehrerer Universitäten, namentlich der Leipziger , von den„Ordnungsparteien" als Bediente und Schlepper gebrauchen. Bierselig und von Zeit zu Zeit die„Wacht am Rhein" johlend, holten sie„saumselige Wähler" aus den Häusern, bedrohten furchtsame Wähler an den Wahllokalen, kurz, spielten eine her- vorragende Rolle bei dem ReichS-Radau, den die OrdnungSparteiler anstellten. Zum Lohn hatten sie Freibier am Wahltag und durften nach der Wahl sich auf Regimentsunkosten einen reichstreuen Siegesrausch mit obligatem Kater anschassen. In Leipzig vollzog sich das Alles unter Direktion de» berühmten Sparig, der, wie wir schon früher mit- theilten, bei einer solchen patriotischen Sauferei das Amt des Ehren« prästdenten erhielt. Mit diesen deutschen Studenten, die auS der Servilität ein Geschäft machen und sich für die künftige Anstellung einen rothen Rock verdienen wollen— mit dieser ideallosen, im Knech'sinn verkommenen Jugend der Bourgeoisie vergleiche mmi die Jugend des Proleta- riats, die jungen Arbeiter, die, von der Polizei gejagt und verfolgt wie wilde Thier«, den Taglohn preisgebend, oft hungernd und frierend, für die Partei der Unterdrückten wirkten, Stimmzettel und Flugblätter vertheilten, den Rohheiten und Drohungen der Gensdarmen, Polizisten und ordnungsparteilichen„GentlemenS " spottend Trotz boten, ihre Frei- heit, Gesundheit und Existenz opferfreudig aufs Spiel setzten und durch ihre hingebungsvolle, rastlose, zielbewußte Arbeit das glorreiche Ergeb- niß der letzten Wahl ganz wesentlich herbeiführten. Wer von wahrer Größe, von wahrem Geistes- und HerzenSadel einen Begriff hat, kann, vor die Alternative gestellt, ob der Jugend des Pro- letariats oder der Jugend der Bourgeoisie die Palme zu reichen sei, auch keinen Augenblick schwanken. Und in der Jugend liegt die Zukunft. Eine Nation, eine Klaffe, deren Jugend verkommen ist, geht unrettbar dem Untergang entgegen; und der Nation oder Klaffe, deren Jugend den Blick auf daS Ideale gerichtet hat und voll begeisterten Schwunges hohen Zielen zustrebt, ist ein blühendes Leben gesichert, gehört die Zukunft. Der Bourgeoisie ist der Verfall sicher— ihre Jugend bürgt dafür. Dem Proletariat ist der Sieg sicher, die Arbeiter« jugend bürgt dafür. Vorstehendes halten wir gerade geschrieben, als uns die wunderliche Rede zu Gesicht kam, welche der alte Wilhelm in Berlin an die Stu> dentendelegation hielt, welche ihm zu seinem 90. Geburtstag gehuldigt hatte. Psychologisch ist der Erguß insofern von einer gewissen Bedeutung, als er uns zeigt, wie der unglückliche HeldengreiS bearbeitet wird. Die Auflösung de« Reichstag ? war ein schwerer und unerfreulicher Entschluß" — aber die Bearbeitung dauerte solange, bis der Entschluß doch gefaßt war. Und daß die neuen Wahlen das Herz deS Beschlußfaffers erfreuen mußten, versteht sich nach der vorangegangenen Bearbeitung eigentlich von selbst. Wichtiger ist das Lob, welche» den deutschen Studenten für den jetzt auf den Universitäten Herrichenden Geist und für die Thä- tigkeit bei den letzten Wahlen gezollt wird. Der auf unseren Universitäten Herrichende Geist ist der Geist viehischer Völlerei, rohester Rauflust und niedrigsten Streberthum». Und dieser Geist wird vom Aller-Allerhöchsten Munde gepriesen! Der Kaiser hat seinem Kaiserreich den Werth- stempel aufgedrückt. Und die Thätigkeit der Studenten bei den letzten Wahlen! Sie waren, wiederholen wir, die„Schlepper" und Handlanger der Ordnungsbanditen, freiwillige Polizisten, Spitzel und Denunzianten, Kolporteure der Kriegslage— kurz, die Werkzeuge von Subjekten wie S p a r i g und Konsorten! Indem der Kaiser den Studenten für diese Wahlthätigkeit dankt, hat er den letzten Wahlen den Werthstempel auf« gedrückt. Beiläufig glaubt man in Berlin vielfach, daß vie vom„ Reich Sanzeiger" dem Kaiser in den Mund gelegten Worte gar nicht von ihm gesprochen worden seien. Und daS ist auch keineswegs unglaublich, ändert indeß nichts an der Thatsache, daß das herrschende System die studirende Jugend, das heißt die künftigen Beamten, methodisch zur Brutalität und Servilität erzieht, und daß jede Gelegen- heit, auch die am wenigsten geeignete— und welche könnte ungeeigneter sein als jetzt die Feier des Geburtstages eines dem Grabe zuwankenden Greises?— dazu benutzt wird, diesen Geist zu pflegen.— Was nun den Festrummel selbst betrifft, so ist er genau so aus- gefallen, wie er ausfallen mußte. Der Knechtsinn hat die unglaublichsten Purzelbäume geschlagen, und mit Ausnahme der S o z i a l d e m o- traten haben alle Parteien sich an dieser Orgie hündischer Niedertracht betheiligt. Auch die demokratische. So schreibt z. B. die„Frankfurter Zeitung " des Herrn Sonnemann am Vorabend des„großen Natwnalfestes": „DeS Deutschen Reiches Grenzen werden morgen, in« Unge- messen« erweitert, sich mit dm Grenzm der bewohnten Welt decken; soweit die deutsche Zunge klingt, wird man den Tag festlich begehm, an welchem der erste Kaiser des Deutschen Reiche» daS neunzigste Lebensjahr vollendet, wird man dem Greise huldigen, deffen Haupt in gleicher Pracht und Fülle der Lorber deS Krieges und des Friedens schmückt. Die Geschichte hat kein Fest dieser Art zu verzeichnen, das Blatt, das ihr damit zu Theil wird, ob eS wohl jemals wieder seines Gleichen haben wird?. �. „Bon der Feier und Huldigung wird sich keine Partei aus« schließen wollen, sie hat nichts mit den Kämpfen des TageS, nichts mit den politischen und sozialen, mit den konfessionellen oder nationalen Gegensätzen zu thun, und schwer würde sich an der Feier selbst, wie an der Person des Gefeierten versündigen, wer dem Tage das Gepräge einer einseitigen Parteirichtung geben wollte. WaS unS zur Ehrfurcht zwingt, was Freude und Stolz in un» wachruft, ist etwas rein Menschliches und darum etwas All« gemeines; wir ehren das seltene Alter eines Greises, dem es beschieden ist, der Stolz seiner Nation, ein leuchtendes Vorbild für die ganze Welt zu sein. „Ein Vorbild inibesondere für treue Pflichterfül« l u n g i n st e t e r A r b e i t, für die glänzende Erfüllung des Wortes, daß der Fürst und Herrscher der erste Diener des Staate« ist. Ein Hohenzoller war es, der damit dem modernm Königthum seinen hohen Beruf vorgezeichnet, von allen seinen Nachfolgern hat keiner diesen Beruf in seiner Ausdehnung und Tiefe so e»-« faßt wie Kaiser WUHelm." Und so weiter. Daß der Mann, mit welchem so ekelhafter Götzendienst getriebm wird, am 13. März 1348 das unbewaffnete Volk von Berlin aus dem Hinter- halt überfallen ließ; daß er 1849 die Vorkämpfer des deutschen Frei- heits- und EinheitsgedankenS niedermetzeln und fiandrechteln ließ; daß er 1866«inen schmachvollen Bruderkrieg begann und im dynastischen Jntereffe Deutschland zerstückelte, daß er durch die Zerstückelung Deutschlands 1 870 den Krieg mit Frankreich herbeiführte, der Hunderttausenden den Tod, Millionen Trauer, Elend und Ruin gebracht hat; daß er der g e g e n- wärtigen«era de« Sozialistengesetze,, deS Spitzel. regimentS, der Korruption das Siegel seines Namen» ge- geben hat— da» Alles schetnt der„Frankfurter Zeitung " unbekannt zu sein. Nun, w i r haben e» nicht vergessen, wir wollen un» aber auch nicht ereifern. Wenn die Servilität solch- Blüihen treibt und die Monarchie derartige hyperbyzantinische Anbetung heischt, dann geht eS schon stark abwärts m»t der Monarchie und dem Gesindel, deffen st« zu ihrer Existenz bedarf. Urbrigen» braucht man blo» die Schilderungen der Geburtstage Napoleon », des sogenannten Dritten, zu lesen, und man wird sin- den, daß unsere deutschen Skribenten und Poeten, verglichen mit den französtschen, doch noch armselige Stümper sind. Selbst beim Speichel- lecken bewahrt der Franzose noch eine geiv fs>« anz, während der Deutsche dabei die eckigen Manieren des S.ur knechts jat. Und was sagt man heute— ISJahre nachseiue« Tod— von Napoleon ? Undwa« wird man in ISJahren von seinem deut� schen Nachfolger sagen? — Prozeutpatriote«. Wenn man die naiionalservilen deutsche« Blätter lieft, so sollte man meinen, eS gebe keine tug endhaftere« Patrioten auf der Welt, als die d e u t s ch e n Offiziere. So ein deutscher Offizier ist der verkörperte Ehrbegriff; allen materielle« Einflüssen unzugänglich, läßt er von allem seine Hände, wa» in Punkt» Ehre, Patriotismus und gute Sitte nicht ganz reinlich und zweifelsohne — wenn wir nämlich dem glauben, was wir im politischen, feuilleto« nistischen k. Theil dieser Blätter lesen. Run gibt e» aber eine Abtheilung, wo die sonst allmächtige konventionelle Lüge einem mächtigere« Herrscher sich gegenübersteht, und ihm gegenüber das Feld räumen muß, sobald die beiderseitigen Interessen kollidiren. Dieser Gegner heißt: der G e l d p u n k t, und da? Schlachtfeld der H a n d e l S t h e i l. Vor de» Geld, dem allmächtigen Herrscher unserer Zeit, bestehen keine Vorurtheile, keine Standesunterschiede, vor Gott Mammon geben sich die Mensche«, wie sie sind. Und wenn Gott Mammon seine Stimme erhebt, so schont er auch keinen Nimbus, keine Traditionen, die mit seinen heiligen Jnter« essen im Widerspruch stehen. Dann kennt er nichts al» die Wahrheft, die reine, unverfälschte Wahrheit. Im Handelstheil der sehr loyalen Münchener „Allgemeinen" stieße« wir vor einigen Tagen auf einen Artikel, überschrieben„Der O f f i- zier al« Kapitalist", in welchem bitter darüber Klage geführt wird, daß sich die deutschen Offiziere nicht mit den tugendhaften 3'/, und 4 Prozent solider deutscher Kapitalanlagen begnügen, sondern in höchst bedenklicher Weise sich nach den 5 und mehr Prozent auswärtiger An« leihen gelüsten laffen. „Es wird nunmehr," lesen wir da,„soweit uns bekannt, von de« Offizieren vor Ertheilung der HeirathSerlaubniß lediglich der Nachweis verlangt, daß sie«ine bestimmte Rente genießen oder eine gewisse Summe von Werthpapieren besitzen. Bei der erstmaligen Vorlage oder Bezeich- nung solcher wird allerdings auf ihren„Charakter" gesehen, und es sind un» Fälle bekannt, daß sich militärische Behörden bei Handelskammer» Aufschlüsse über verschiedene Werthpapiere erholten— aber damit ist die Sache erledigt. Was dann mit„diesen" Werthpapieren geschieht, ob sie nicht schon in der nächsten Stunde gegen höher ver« zinsliche vertauscht werden, entzieht sich einer Kontrole. So ist un« ein Fall bekannt, in welchem sich 4"/„ige bayerische Staatsobligationen und 3'/,"/„ige Reichsanleihe in kürzester Zeit in rus- fische, serbisch« und portugiesischeObligationen ver- wandelten____«in Umstand, der dem betreffenden Besitzer erfreu« licherweise schon bei dem allerersten kleinen Rückgange dieser„Werth«" Kopfzerbrechen verursachte. Wie dieser eine Fall, liegen wohl mehrere, und wir müflen mit Bedauern konstatiren, daß sich viel>» viel fremde Papiere in den Besitz unsererOffiztere eingeschlichen haben. Für den aktiven Offizier nun eignen sich Anlage« in ausländischen und besonder? exotischen Papieren am allerwenigsten. Abgesehen von dem meist nicht vorhandenen und wohl auch nicht zu ver« langenden Verständnisse bei der Auswahl derselben ist der Offizier nicht einmal im„Frieden" in der Lage, den Bewegungen der einzelnen Pa- piere zu folgen.... Und gar erst in kritischen Zeiten, im Falle eine» Krieges! Wenn überhaupt Zeit und Gelegenheit vorhanden ist,„diese" Papiere zu verkaufen, so kann es nur mit ungeheuren Opfern geschehen, wenn nicht, so zieht der Offizier ins Feld, und die vom Staat aus be« rechtigten Gründen verlangte, finanziell sichergestellte Lage seiner Offi« ziere oder deren Angehörigen hat mit einem Male eine sehr„uner« wünschte" Gestalt angenommen.... Wir haben absichtlich nur„prak« tische " Gesichtspunkte für die von uns geäußerte Ansicht WS Feld geführt, e» Anderen überlassend, die ebenso wichtig« politisch« und patriotisch« Seite der Angelegenheit zu beleuchten; wir haben überhaupt nur eine Anregung gegeben und die Aufmerksamkeit der kompetente» Kreise auf einen offenbar vorhandenen„Mißstand" lenken wollen." So weit der praktische Handelspolitiker, der zweifelsohne fein« sehr guten Gründe hatte, die Aufmerksamkeit der„kompetenten Kreise herauszufordern. Wir wollen aber auf diese sehr naheliegenden Motivs nicht welter eingehen, sondern begnügen un« mit der Annagelung de» von ihm„mit Bedauern konstatirlen" Thatsache. Recht nett, nicht wahr« diese Geschichte von den Offizieren, die„in kürzester Zett" ihre nationale» Papierche's in internationale verwandeln? Der christltch-ger» manische Charakter de» deutschen Offizierkorp», auf den da» Ge« lichter von der„Kreuzzeitung " rc. nicht genug pochen kann, erscheint dadurch in ganz eigenthümlicher Beleuchtung, die frettich nur den über« raschen kann, der sonst nie Gelegenhett hatte, hinter die Kouliffen zu schauen. Wer aber Zeug« gewesen, wie die blaublütigsten, mit Titeln und Orden überladensten Herrschasten in den Zimmern knoblauchduftend«« Kommerzienräthe in kordialster Weise verkehrten, nicht etwa, um Swn- dung von Schulden zu erlangen— da» wäre ja noch daS Wenigste— sondern um mit Herrn Ephraimsohn ein Geschäftchen in Fond» oder Produkten zu«ntriren, wer e» miterlebt, wie Grafen und Baron« aus der intimsten Umgebung de»„Allerhöchsten" gegen«in gute« Trinkgeld für Silderstein, Goldberg und Kompagnie begehrt« An- leihen subskribirten,— die hohen Herren werden bei der Zeichnung natürlich stets bevorzugt— dem sagt der obig« Artikel absolut nichts Reue». So irrt sich der Artikelschreiber sehr, wenn er meint, daß die Offi- ziere nicht im Stande seien, den Bewegungen der einzelnen Papiere zu folgen. Die Herren sind keineswegs die unschuldig Verführten, al» die er sie hinstellen möchte. ES gibt wahre Moltke'S des Kurszettel» unter ihnen. Und so antisemftisch„Kreuzzeitung ",„Reichsbote" ,c. sich auch geberden, sie haben so gut ihrm Börsentheil wie die freifinnige „Judenpreffe". Außerdem läßt auch grade die Börsenpress« a« Loyalität nichts zu wünschen übrig. Die Börsenzeitung de» Herrn Killisch gereicht keinem Milttärkasino zur Unehre. Statt patriotischer bayrischer 3'/, Rentenbriefe 6% Russen, in der That allerliebst. Bei der gespannten Situation zwischen Deutschland und Rußland laffen sich hübsche Verse darauf machen. So z. B.:„Ein rechter deutscher Mann kann keinen Russen leiden, doch ihre— Zinse» nimmt er gern" rc.»c. Oder sollte doch«in patriotischer Sinn i« kind'schen Spiele liegen, und unsre Offiziere nur dazu russische Papier « kaufen, um auS ihnen, für spätere Fälle— russisch zu lernen? —„O diese abscheuliche« Sozialdemokraten k Sich polittsche» Widersachern gegenüber so boshaft zu zeigen l Man steht doch gleich, daß die Sozialdemokraten schlimmer sind als andere Menschen!" So, wen« auch nicht wörtlich, doch genau dem Sinne nach winselt daS„Leipziger Tageblatt ", weil die Sozialdemokraten einiger Vorstadtdörfer bei Leipzig mehreren Wirthen, die stch während der letzten Wahl unanständig be« nommen haben, ihre— Kundschaft nicht mehr zuwenden wollen. O diese abscheulichen Sozialdemokraten l Daß in S a ch s e n allein ein paar tausend Arbeiter wegen ihrer Thättgkeit in der letzten Wahlkampagne von Ordnungsparteilern auf« Pflaster geworfen und auf die„schwarze Liste" gesetzt, also positiv zum Hungertod verurtheilt worden sind, da» ist natürlich ganz in der Ordnung. Denn e» sind ja„OrdnungS« parteiler", die diese Schandthaten verübt haben. Und was die Orb« nungspartetter thun, ist wohlgethan. Ja, diese abscheulichen Sozialdemo« traten! sie find so boshaft, bei Wirthen, die ihnen ihre Säle für Ver« fammlungen abgeschlagen, und in Wahlausrufen mit ihrer Unterschrift jeden Sozialdemokrat für«inen VaterlandLverräther und sonstigen Verbrecher erklärt haben— kein Bier mehr trinken zu wollen I Ganz teuf« lisch, diese Handlungsweise der Sozialdemokraten. WaS aber wird da« „Leipziger Tageblatt " erst sagen, wenn diese Schandbuben von Sozial- demokraien in da» bis jetzt vereinzett gebliebene Vorgehen Methode brin« gen und e» verallgemeinern? Und nun Scherz bei Seite: Wir sind— und daS haben wir schon früher gesagt— keineswegs der Rei« nung, daß polittsche Gegnerschaft zu persönlicher Feindschaft, und zu« Abbruch de» persönlichen Verkehrs, also auch deS Verhältnisses von Käufer- und Verkäufer führen soll. Und wir würden e» sehr beklagen, wenn einem Geschästsmann, der nicht unserer Partei angehört, aber sonst«in ehrlicher Mann ist und sich anständig benimmt, seitens unserer Parteigenoffen die Kundschaft entzogen würde. Allein ander» steht die Sache, wenn der politisch« Gegner sein« Gegner« schaft m gehässiger und unanständiger Weise bekundet. Und ein GefchäslSmann, welcher unsere Partei durch unehrliche und un« anständig« Mittel(wie Saalverweigern oder Saalabtreiben) zu schädigen sucht, und der un» in pöbelhafter Weise beschimpft, ka
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9 (1.4.1887) 14
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