Selbst wenndie ganze Handarbeiierklafle" den bestmöglichen Gebrauch von den 35 Pfund Sterling pro Erwachsenen ihr jöhrlicheS Durch­schnittseinkommen machte, so würde eS ihren Angehörigen doch nicht möglich sein, das Leben eines Kulturmenschen zu führen, wie es die andere Klasse alS ein Minimum eines lebenSwerthen Daseins für Jch selbst beansprucht. ES ist in der Praxis unvermeidlich, daß viele rme, denen ein solches versagt ist, sich auf«ine sowohl für sie selbst wie für die Gesellschaft nicht gerade vortheilhast« Art und Weise zu zer- streuen suchen. Der Faktor, durch den dieser Jnterefienkonflikt beständig wacherhalten wird» auch ohne bewußten Anschlag von irgend einer der beiden Seiten, ist die Konkurrenz, die, wie andere Kräste, über ihre berechtigte gesellschasliche Rolle hinauSgetrieben wird. Die Inhaber der großen natürlichen Monopole sind bloS auf Grund der erlaubten Konkurrenz im Stande, die volle Höhe ihrer ökonomischen Rente zu erpresien, und die Oekonomen beweisen selbst, daß, solange diese natürlichen Monopole unbeschränkt in Privathänden bleiben, eine gründliche Abhilfe überhaupt unmöglich ist. Im Jahre 1874 glaubte Herr Profesior Cairnes noch, daß eine Abhilfe(wenigstens von den besser bezahlten Arbeitern) durch Produktiv« Assoziationen bewirkt werden könne. Er schrieb damals:Wenn sich die Arbeiter nicht durch den Weg der Kooperation von der Abhängigkeit vom Kapital frei machen, dann müssen sie demselben unterthan bleiben. Di« Möglichkeit einer Verbesierung ihres Loose« ist eng begrenzt, und diese Grenz« kann nicht übersprungen werden; das Problem ihrer Er­weiterung ist hoffnungslos. AlS Körperschaft werden sie ihre Lage nicht verbissern. Einige wenige, energischer und glücklicher als die übrigen, werden sich von Zeit zu Zeit auS den Reihen ihrer Genoffen zu den höheren Stufen des WirthschaftilebenS emporschwingen, wie eS ja auch jetzt öfter geschieht, aber die große Majorität wird im Wesentlichen da stehen bleiben, wo sie jetzt ist. Die Entlohnung der Arbeit, ob sie qualifizirt oder ungelernt sei, wird sich niemals viel über ihr gegenwär- tiges Niveau erheben."(Prof. Cairnes, Einige Hauptlehren der politi« schen Oekonomie, S. 348.) Dreizehn Jahre sind verfloffen, seitdem diese Worte geschrieben wur« den, und selbst dem sanguinischsten Individualisten muß eS heute klar fein, daß der Gedanke, die große Maffe der Arbeiter durch kooperative Produktivvereine in die Höhe zu bringen, mehr wie hoffnungslos ist. So schreibt Dr. I. K. I n g r a m, daß die meisten neueren Oekonomen, wie z. B. die Profefforen Cliffe Leslie   und F. A. Walker, diese Idee als Chimäre" bezeichnen.(ArtikelPolitische Oekonomie  " inEncpclopedia Britannica", 19. Bd. S. 382.) Und doch ist sie nach einer so bedeuten« den Autorität die einzige Hoffnung der Arbeiter unter den gegen« närtigen Gesellschaftseinrichtungeii oder allen sonstigen, die der Herr Professor überhaupt zu fasten vermochte. XI. EtwaS über die Opfer deSKampfeS. Die im Vorhergehenden angeführten statistischen Aufstellungen über die Lage der Arbeiter beruhen hauptsächlich auf der Voraussetzung regel- mäßiger Beschäftigung. Wie groß jedoch das Heer der zeitweiligUn> beschäftigten" in London   ist, geht auS der Zahl der sich um Beschäf- tigung auf den DockS ein« mit 4 Pence pro Stunde bezahlte, sehr mühevolle und außerordentlich unregelmäßige Arbeit Bewerbenden hervor. Die Durchschnittszahl derselben kann auf rund 20, 000 angesetzt wer­den...7000 8000 davon, welche sich, da sie ohne regelmäßige Be- schäftigung sind, um solche Arbeit bewerben, werden durchschnittlich ab- gewiesen."(Bericht de» zusammengetretenen UnterfiützungSkomites im Mansion House", 1886.) Dieser Zustand der Dinge beschränkt sich natürlich nicht auf London  ; aus Liverpool, Glasgow   und anderen stark bevölkerten Orten wird das- selbe berichtet. DaS Schicksal dieser Opfer genau zu schildern, ist nicht leicht; jährlich werden 140 Fälle von thatsächlichem Hungertode nachgewiesen, von denen die Hälfte auf London   entfällt; aber es ist wohl bekannt, daß viele Tausende außerdem durch langandauernde schlechte Ernährung und Ob- dachlosigkeit zu Grunde gehen. Die Kindersterblichkeit ist in Bethnal-Green(ein Londoner   Arbeiter- viertel) zweimal so groß als in Belgravia  , dem Quartier der Aristo- kratie. Holborn(1Sl,83ö) und St. Georges Hanover Square(149,743) haben fast die gleiche Bevölkerungsziffer, trotzdem starben im Jahr 1884 tm ersteren Viertel 1814, im letzteren nur 1007 Kinder unter fünf Jahren.(Jahresbericht pro 1886 des EintragungSamtS» S. 32, 126, 0 4.72S. Dr. Playfair berichtet, daß 18 Prozent Kinder aus den oberen Klaffen, SS Proz. Kinder au« der Klasse der Geschäftsleute und SS Proz. Kinder aus der Arbeiterklaste vor dem fünften Jahre sterben.(AuS demSta- tistischen Diktionär" von M u l h a l l, der jedoch die Schätzung nochfür zu günstig" hält.) SS starben im Jahr 1884 IS, 31 2 Personen durch Unfälle, 8S2 ver« loren ihr Leben in Gruben, 966 auf Eisenbahnen, 244 bei Maschinen- arbeit, V4 durch Explosionen, 72 durch Gift und 16S durch Herunter- fallen von Gerüsten. Dies find die Zahlen von England und Wales, welche durch die Zahlen aus Schottland   und Irland   bedeutend vermehrt würden. Der Bericht des Handelsministeriums überEisenbahnunfälle der letzten 6 Monate, beendet am 30. Juni 1886," zeigt, daß 202 Eisenbahn« Bedienstete getödtet und Sö8 durch Unfälle verletzt wurden, waS eine Gesammtzahl von 2320 per Jahr für das Vereinigte Königreich aus« macht. Die Zahl der in demselben Zeitraum getödteten und verwundeten Pastagiere macht pro Jahr 13S0 Personen, also zirka 400 weniger. Gegenwärtig ist da» Durchschnittsalter unter dem Adel» den Reichen und den Gewerbetreibenden in England und Wales SS Jahre; unter den arbeitenden Klassen inLambeth jedoch nur 29 Jahre; und während die durchschnittliche Kindersterblichkeit unter den wohlsttuirten Klaffen sich so stellte, daß unter 100 Kindern 8 im ersten Lebensjahre starben, gingen bei der armen Bevölkerung in einigen Distrikten unserer großen Städte 30 von 100 zu Grunde. Die Ursache dieses enormen Unter- schied«? in der Lebensdauer von Armen und Reichen liegt einzig und allein in der Thatsache, daß in den Tiefen der Gesellschaft die Löhne so niedrig sind, daß die Nahrungs- und sonstigen, zur Erhaltung der Ge- sundheit nothwendigm Existenzmittel zu schwer beschafft werden können." (Dr. C. R. Drysdale,Bericht der gewerblichen Lohnkonserenz", S. 13.) (Schluß folgt.) Sozialpolitische Rundschau. Zürich  , 26. April 1887. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold so dachte zweifelS  - ohne Herr Putty, al« er in der R e i ch S t a g S s i tz u n g vom 19. April, in der unsre Genosten Singer und Sabor dieinFrank- furt am Main   und Stettin   von Seiten der preußischen Polizei verübten Nichtswürdigkeiten und Willkürakte brandmark- ten, sich in tiefe» Schweigen hüllte. Hat der ehrenwerthe doppeltbezahlte Minister an seinen rhetorischen Triumphen, die er bei«ertheidigung der infamsten Maßregel, die da» Jnfamiegesetz gezeitigt, seither errun- gen. so vollständig genug, daß ihn nach»einer Vermehrung derselben gelüstet? Fürchtet er, daß ihm bei der Vertheioigung seiner Schützlinge Jhring-Mahlow und Meyer wieder einmal die Zunge durchgehen, und tt mehr aus der Schule schwatzen werde, als nicht dem Reichstag  , denn bei d e r Sorte, die dort Volksvertreter spielt, würde ihm nichts Kaden, die billigt jede Gemeinheit, wohl aber der übrigen Welt gegen- er am Platze wäre? Genug, der Polizeiminister Preußens hielt«» weder für Pflicht deS Amtes noch de«»nstandes, seine Polizeimaßregeln vor dem Reichstag zu vertheidigen er ließ die vermaledeiten Sozial- denwkraten reden, und hüllte sich, als Mann, der den Werth des Golde« zu schätzen weiß, in ein für ihn sicherlich goldenes Schweigen. Ein bekannter Berliner   Korrespondent derFrankfurter Zeitung  " schreibt dem volksparteilichen Blatte darüber: Bielleicht noch nie ist eine von einem Ausnahmegesetz schwer bedrückte Partei mit so verletzendem Hohne behandelt worden, wie heut die Sozialdemokraten von Herrn v. Bötticher durch den tröstenden Hin- «eis, daß der Belagerungszustand auch im nächsten Jahre ver- längert werden würde, und daß sie dann Gelegenheit haben würden, die Schleusen ihrer Rhetorik zu öffnen. Herr v. Bötticher erfreut stch eines heiteren Gemüthes und einer guten Gesundheit, er wird gewiß noch eine Zeit erleben, in der er über die Wirkungen deS BelagerungS- zustandes und der Ausweisungen weniger leichtherzig denkt als jetzt. Er hätte besser geschwiegen wie Herr v. Puttkamer  . Dieser, in dessen Händen hauptsächlich die Ausführung des Sozialistengesetzes ruht, fand sich heute, obwohl er sonst so redegewandt und redelustig ist, nicht veranlaßt, auch nur ein Wort zu sprechen. Er schwieg, aber wie schwieg er? Man spricht von einer steinernen Musik; wer daS Glück hatte, Herrn v. Puttkamer   heute zu sehen, wird wissen, was man unter einer plasti« schen Rhetorik oder vielleicht richtiger rhetorischen Plastik versteht. Kein Hostheater der Welt befitzt einen Pantomimisten, der es an beredtem und ausdrucksvollem Schweigen mit dem preußischen Minister des Innern aufnehmen könnte. Er hat sich heute selbst übertroffen; den ersten Theil der Sabor'schen Rede über die Vorgänge in Stettin   widerlegte er durch ein B ch s e l z u ck« n, das unnachahmlich war. Daß der zweite Theil nach seiner Meinung nur längst Gehörtes wiederhole, brachte er die erste Viertelstunde durch eine lässig müde Attitüde an einer Ecke des Bundes- rathstisches zum Ausdruck; später durch eine Betrachtung der Innen- flächen seiner Hände und einen langen Blick an die Decke des SaaleS. Damit war Herr Sabor abgethan. Die Aus- führungen Singer's wurden noch wirkungsvoller einfach dadurch beseitigt, daß der Minister leise mit dem Stuhl wippend, das rechte Bein so gra« ziös über das linke geschlagen, wie kein Anderer eS kann, die Spitzen seiner tadellosen Stiefel betrachtete. DaS sprach ganze Seiten eines stenographischen Berichts. Herr v. Puttkamer   brauchte nicht den Mund auszuthun, und er machte doch auf Jeden den Eindruck des Beherrschers der Situation. Das ist traurig, aber es ist wahr." Das heißt mit andern Worten: In Preußen-Deutschland   herrscht der nackteste, brutalste A b s o l u t i S m u S von verfassungsmäßigen Garantien gegen Po lizeiwillkür ist«icht einmal zum Schein mehr die Rede. Liebknechts«instiger Ausspruch, der deutsche Reichstag sei nur daS Feigenblatt des Absolutismus, ist von diesem durch den gröbsten Betrug zusammengeschwin- d e l t e n Reichstag   Lügen gestraft. Selbst die Roll« des Feigenblatts war für ihn noch zu hoch wie die Heuchelei wenigstens ein K o m- pliment an die Tugend ist, so ist der Scheinkonstitutionalismus doch immerhin ein indirektes Zugeständiß an das Prinzip der Demokratie, er aber ist der Schlldknappe, der erklärte Schlepp- träger des Absolutismus, die P r o st i t u i r t e der Polizeiwillkür  . Was kann man Schimpflicheres von einem Reichstag sagen, als daß in ihm ein PuttkamerBeherrscher der Situation" wart Ein Mensch, der in einer Körperschaft, die auch nur einen Funken von Ehr- gefühl hat, absolut unmöglich wäre, der, wenn die Lächerlichkeit tödtete, zehnmal todt, der, wenn die Schande ächtete, längst unter dem Gewicht der gegen seine Schandwirthschaft zeugenden Thatsachen zusammengebro« chen sein müßte. Der Minister schwieg, und der Reichstag   schwieg die Rechte aus Servilismus, die bürgerliche Linke aus Opportunismus, und doch handette es sich um die schmachvolle Verletzung der elementar« sten staatsbürgerlichen Rechte. DieFrankfurter Zeitung  ", die eS unserm Genossen Sabor nie ver- zeihen wird, daß er ihren Patron Sonnemann verdrängte, findet, daß seine und Singers Redennicht über das Niveau der Mittelmäßigkeit" hinausgingen. Das ist Sache der Schätzung, und wir werden um so weniger mit dem volksparleilichen Blatt darüber streiten, waS mittel­mäßig ist und was nicht, als seinUrtheil schon geschrieben war, bevor es noch näheren Bericht über die Reden hatte. Aber wenn dem wirk- lich so gewesen wäre, wenn wirklich Singer und Sabor den Ton nicht getroffen hätten, in dem Leuten vom Schlage deS Puttkamer it. heim­gezündet werden muß, wo waren denn dann die großen, redegewandten bürgerlichen Champion« des Rechts? Warum fanden sie nicht die krästtgen Worte des Z o r» s und der E n t r ü st u n g, die jedesmal und in immer stärkerer Form am Platze, so oft daS Schand- g e s« tz und leine Handhabung i« Reichstag   aus der Tagesordnung stehen? Ist da« Ausnahmegesetz, ist der Belagerung»- zustand einJnternum", eine innere Angelegenheit der Sozialdemokratie? Oder handelt eS sich dabei nicht um schreiende Verletzung aller politischen Rechtsgrund« s ä tz e? l Es ist die Proklamirung der nackten Gewalt, und wer nicht stetS und zu allen Zeiten das Wort zum Protest gegen die- selbe findet, von dem heißt e»:(Jui tacet, conaentit wer schweigt, stimmt zu. Grade weil Puttkamer schwieg, mußten alle Gegner seines Systems reden. Und weil sie es nicht thaten, weil die Herren von der bürgerlichen Opposition nicht den M u t h hatten, so zu sprechen, wie gesprochen werden mußte, darum war Puttkamer-MahlowBeherrscher der Situation". DaS ist auch traurig, aber e« ist wahr. Worauf Puttkamer nicht geantwortet hat. Wir lasten im Nachfolgenden eine kleine Blüth« niese aus den Reden Eabor'S und Singer's folgen, damit die Leser desSozialdemokrat" innerhalb und außerhalb des deutschen Reiches erkennen mögen, wie berechtigt*) d a S Schweigen des Spitzelministers war. Ueber den Stettiner Belagerungszustand. Sabor:...Man erwäge außerdem, daß Geheimpolizisten eine merkwürdig eifrige Thättgk ei t in jener Versammlung entfattet haben sollen. Einer dieser geehrten Herren ist sogar, in den vordersten Reihen stehend, von den Soldaten verwundet worden. Was haben sagten damals unabhängige Blätter Geheimpolizisten in der Versamm­lung und unter den Lärmenden zu thun? Ich bin sogar zweifelhaft, ob die Geheimpolizisten berechtigt waren, in der Veriaminlung zu erscheinen. Waren sie nicht Subjekte, über die man hier lieber gar nicht erst spricht, sondern wirkliche Polizisten, so hatten sie gewiß kein Recht, in der Ver- sammlung zu sein. Denn aus Grund deS preußischen BereinsgesetzeS dürfen nur eine bis zwei Poliztiperfonen da fein, und die anwesenden Polizeibeamten müssen sich als in amtlicher Eigenschaft befindlich aus- weisen. Es war aber bereUS ein Poltzerkommiffar mit einem Schutz­mann da. Meine Herren, wundern Sie sich nicht, daß ich Briefe aus Stettin  erhielt, nach welchen unter den dortigen Arbeitern und in anderen Kreisen der Verdacht herrscht, die Polizei habe eS durchaus nicht ungern gesehen, daß sie einen V o r w a n d fand, den kleinen Belage- rungs,»stand zu verfügen. (Abg. Singer: Ist ja notorisch I) Wundern Sie sich nicht, daß diese Briefe in solchen Ausdrücken über das Provokatorische der Poltzeibeamten abgefaßt find und sich in derartigen Worten ergehen, daß ich sie hier nicht verlesen und auch nicht entfernt den Inhalt derselben andeuten kann!" Singer:...Meine Herren, die Versammlung, die aufgelöst wurde der Herr Vorredner hat Ihnen ja gesagt, weswegen sie aufgelöst worden ist wäre genau ebenso ruhig verlaufen wie alle übrigen Ver- sammlungen, wenn die dort anwesenden Polizeibeamten ihres AmteS bester gewaltet hätten. Statt, mein« Herren, den Bestrebungen der Leiter und Redner in den Versammlungen, die Anwesenden zu beruhigen, nach- drückliche Unterstützung zu leihen, statt dafür mtt zu sorgen, daß die allerdings ganz eigcnthüml, che Art der Auflösung nicht zu einer gerechten Erbitterung der anwesenden Wähler führe, haben die dortigen Beamten nach dem Bericht» der seitens der Behörde unwidersprochen durch die Z-ihrngen gegangen ist, gerade da» Gegentheil gethan. Während der ReichstagSkandidat Herbert in Stettin   versucht hat, die Versammlung zum ruhigen Auseinandergehen zu bewegen, während der damals dort anwesende hiesige Stadtverord- nete Görki dasselbe gethan hat. find diese Herren direkt von den Beamten der Polizei verhindert worden, beruhigend auf die Versammlung zu wirken; und erst diesem thatsächlich ganz unqualifizir- baren Austreten der Polizeibeamten ist e» zu danken, daß die Tumult« entstanden sind. Und. meine Herren, e« ist ganz charatteristisch, daß in der ersten Reihe der Tumultuanten, wahrscheinlich, natürlich irrthüm- licher- und bedauerlicherweise, von dem Militär-in Mann verwundet worden ist, der sich nachher al» Polizeiagent legittmirt hat." *) Oder berechnet. «nm. d. Setzers. Nebe« die Kraukfurter Borgänge. «abor:...Ran erinnert sich ,. B. des schändlichen» salleS auf dem Frankfurter   Friedhof, wo bekanntlich Poliz-ibeam« die Ruhe der Tobten störten, von der Waffe einen ungl rechtfertigten Gebrauch machten, am Portal sich aufstew und die Hinauseilenden mtt Säbelhieben und Schimpsworten empfinge Damals schrieben sogleich viele Zeitungen: der kleine Belagerung«, usW soll über Frankfurt   verhängt werden. Sie waren zu dieser Annich verleitet worden durch ein Telegramm de» offiziösen Wolssschen T« graphenbureaus. Dieses hatte nämlich die Lügendepesche verbreii es seien in Frankfurt   Ausschreitungen vorgekommen und infolgedest viele Leute verhastet worden. Diese Depesche ist niemals> Frankfurt   am Rain aufgegeben worden, weder v« Polizeipräsidium, noch von einer anderen Seii und sie hat daS öffentliche Urtheil zuerst beeinflußt; denn andel Telegramme wurden zurückgehalten, mußten d Zensur passtren und konnten erst einige Stunden später> gehen. Wetter erinnert man sich, daß der preußische Herr Minister de« J nern bei jeder SeltgenHett sein LieblingSkind, die Polizei, zu ver» digen sucht. (Heiterkeit recht?.) Ich weiß, daß er seinerzett hier den Häuptling der Schaar,» auf dem Frankfurter   Friedhof da« Gemetzel a> stif tete, den Mann mtt dem friedlichen Namen Meyer (Heiterkeit) i n S ch u tz n a h m, well die gerichtliche Untersuchung noch nicht ah schloffen sei. Das hat die preußische Regierung nicht verhinvert. ihr setts, als sie den kleinen Belagerungszustand über Frankfurt   verhäng vor Allem Bezug zu nehmen auf den Prozeß gegen die dort a»! klagten Sozialdemokraten, der aber auch noch nicht vom Gericht t schieden war." «eber Jhring-Mahlow. Singer:...Meine Herren, gegenüber diesem Borwurf erschit es doch auch angezeigt, dem Herrn Minister von Puttkamer Gele» heit zu geben und dazu soll ja auch die Wiedervorlegung der> richte dienen, sich von der schweren Anklage zu r« n i g e n, die bei der vorigen Berathung gegen ihn erhoben ist, nSak von der Anklage, daß unter seiner Verwaltung in Preußen ein Syst der ugonts provocateurs zur Blüthe gelangt ist, wa» er damals a» dings bestritten hat. Reine Herren, eS ist heute das erste Mal s jener Zett, daß hier im Reichstage nun einmal wieder Gelegenhett l geben ist, von jenemehrenwerthen und pflichttreuen Beamten", d Herrn Jhring-Mahlow, zu sprechen.(Unterbrechung d«S Präsidenten.)- Der Herr Präsident und sein Haus wird die Güte haben, sich zu' innern, daß der Herr Minister von Puttkamer in einer Weise für» von mir genannten Mann damals eingetreten ist, daß eS mir' wiederhole das in seinem Interesse zu liegen scheint,» er die Anklage, die ich damals gegen ihn erhoben habe, und die> Herr Minister auf Grund der ihm von Jhring zugegangenen Berit widerlegen wollte, an der Hand der wieder vorzulegenden Denkschrif hier erörtert. Wenn ich mir erlaubt habe, aus dies« Thatsachen his weisen, so geschah es nur deswegen, um von dieser Stelle au» w' innerung zu bringen, daß jene Anklage, die ich erhoben habe,» keinemWortdurchdiestattgehabtenBerhandlungl widerlegt worden isi. Ich wollt« mir noch erlauben in ErinnerS zu bringen, daß jener Beamte nachträglich zu den Verbrechen der reizung, zu Gewaltthaten mit Dynamit noch daS L« brechendes Meineid» hinzugefügt hat. (Rufe recht»: Zur Sache l Glocke des Präfidenten.) Meine Herren, ich bin selbstverständlich bereit, diese AngelegeÄ nicht wetter zu erörtern, weil ich meine, diese Anregung wird doch» Herrn Minister deS Innern Beranlaffung fein, sich über die Sache äußern." Und der Herr Ministe« widerlegte nichts, reinigte Niemand, er fand eStnfe�nemJnterefs«»uschweige Das spricht ganze Bände. Banditen. Was ist ein Bandst? Das Wort stammt auS* Italienischen und heißt: der Verbannte. ES wurde, während der Stil kämpfe und Bürgerkriege de» Mittelalters, den Besiegten und auS 1 Heimath Vertriebenen beigelegt und zwar ohne jegliche ehrenrW Rebenbedeutung gerade wie das entsprechende deutsche Wort:» bannter, Ausgewiesener. Die Verbannten von heute konntm mo«i stegreich in die Stadt zurückkehren, und dann wurden die Rollen eiw vertauscht. Die Verbannten waren die Herrscher und die bestegtm H scher mußten ihrerseits in die Verbannung ziehen. Dante, der gr« Dichter und reinste Charakter Italiens  , war bekanntlich einen gro! Theil seines Lebens hindurch ein Verbannter, ein Bandit. Unt wa? stolz auf den Namen. Im Laufe der Zeiten hat das Wort aber eme andere Bedeus angenommen. Der Sieger, welchem e» an sittlicher Hoheit fehtt, s' dem Besiegten die Ehre abzuschneiden, ihn zu einem Gegenstand moralischen»bscheus zu machen es liegt da« nun einmal m der' gemeiner Naturen. Die Besiegten der Menschengeschichte sind stets' den Siegern und deren feilen Handlangern al» moralische, und wo 0 lich auch physische Scheusal« hingestellt worden. Und so ist denn da« Wort Bandit zu einem Schimpfwort gewor» Der preußische Staatsanwalt, welcher den, in letzter Nummer von' gekennzeichneten Posener Sozialistenprozeß in Szene gesetzt hat, noff in seiner Anklagerede die Sozialdemokrateneine Heerde« Banditen". Der Mann heißt Martin Staatsanwalt Mars in Posen und wir schreiben hiermtt seinen Namen in'« Album Verbrecher.. Gegen den Titel protestiren wir jedoch keineswegs. Nurdie Hees weisen wir zurück. Nur solch« Menschen kann man ein-Heerde  " neu» die, ohne selbständigen Willen, birndUngS einem Leithammel folgen, etv sogenannten Borgesetzten oder Chef. Und wir Sozialdemokraten find der glücklichen Lage, keine Letthammel, keine Vorgesetzten, keine C? zu haben. Herr Staatsanwalt Marttn in Posen ist eben dem, u» derHeerde  " seiner Genossen graffirenden Wahn zum Opfer gefall daß die Sozialdemokraten mtt diesen traurigenHeerd»n"-R«nsch?!«> helligen Respekt vor Letthämmel:,. Vorgesetzten und Chefs theilte« und auch die sonstigen Schwächen und Laster. Rein, Herr Staatsanwalt: begehen keine Infamie auf Komma» wie Sie schon au» dem einfachen Grund, weil«» keinen Leithaav» Vorgesetzten, Chef gibt, der uns«ine Infamie kommandiren könnte. Dagegen das WortBandtt" wollen wir uns ruhig gefallen las Herr Staatsanwalt. Nur wollm wir eS gewissermaßen entzweischnei: und die zwei Bedeutungen, welche«S hat, trennen, und uns Ihnen, Herr Staatsanwalt, in die beide« Hälften th-Uen: W i r Sozialdemokraten sind Banditen im alten, ursprünglichen S in dem Sinn, wie Dante-S war. Und S i e, Herr Staatsanwalt, und dieHeerde  " Ihrer Genosse» Sie sind Banditen im newer-en Sinne de» Wort», in Ihr Sinne, Herr Staatsanwalt Wartin von Posen! Der neueste Triumph des genialen StaatSPfufch» an der Spree ist bekanntlich nach der nationalliberalen Legend« über das Zentrum erfochten. Und die ganz besondereGenialst dieses Triumphes soll eben gerade darm liegen, daß das Zentrum d» den- Papst, d. h. sein eigenes geistliches Oberhaupt, zu Paaren trieben worden sei. Also ein doppelter Erfolg, wie die Wett noch kei> gesehen hat. Erstens die stärkste Partei in dem Lande, vor der man noch wzsiigen Monaten die Segel streichen mußte, mit emem Male d» einen Nackenschlag gelähmt zu Boden geschmettert. Zwettens der ss Herrscher des Vatikans» vor dem bisher noch alle Kaiser und Kos  und Minister demüthig, reumüthig zu Kreuz kriechen mußten, zum u» thänigsten Stiefelputzer des eisenflirnigen Reichskanzlers gemacht» wohlgemerkt, in demselben Augenblick, wo die. dumme Opposition me» der elsenstirnige Reichskanzler sei von dem Papstegemacht" worde» Kann man stch«inen glänzenderen, großartigeren Triumph denk Hat je ein Staatsmann, vom Kanzler Oxenstirn bi» herab zum Kai» Eisenstirn, Aehnliches geleistet? %