Zv»rfenen Mitteln der jetzige preußische Minister für Hefien-D-s»-ßadt greifen würde, um seinen preußisch- brutalen Maßregln eine«Schein von Berechtigung zu verleihen.Wie mir heute von zuverlSffiger Seite mitgetheilt wird, weiß die Be-Hörde bereits ganz genau, daß au» der Mainzer Geheimbunds-geschichte nichts zu machen ist, und daß die Staatsretter vlamirtVus derselben hervorgehen werden. Herr Finger hat deshalb vorgesternden früheren ersten Staatsanwalt zu Mainz, Schlippe, jetzt Ministerial-rath, von hier nach Mainz entsandt, um die dortige Staats-Anwaltschaft zu veranlassen, die Anklage so zustellen, daß dieselbe zu einem Vorwand für den Be>lagerungSzustand werden könne, wenn auch das Gerichtspäter freispreche.DieS einstweilen zur Veröffentlichung; den Kommentar dazu liefereich später.Gruß! Cato 31.Ts gäbe reichlichen Stoff zu einem satyrischen Gedicht, wie Preußenden bockbeinigen Großherzog mit seinem Minister Stark so zu„kole-Minen" verstand, daß er sich wie Wachs um den Finger wickeln ließ,und wie jetzt die Verkuppelung der„Friedenbringerin", auf griechischIrene, mit irgend einem der vielen überflüffigen Hohenznllernprinzenfür das beglückte Heffenland den— kleinen Belagerung s-zustand bedeutet. Als Ueberschrift empfehlen wir: MoralischeEroberungen.— Wie sie reden, und wie sie— handeln.„Ich halte dasVerbot sozialdemokratischer Wahlkomites, blos weilsie sozialdemokratisch sind, für gesetzwidrig? ich halte das AuflösenuonWahlversammlungen, blos weil Sozialdemokratendarin sind, lür unzuläffig; ich bin der Meinung, daß das Sozialisten-ge'etz vor allem bei Wahlen streng interpretirt werden muß;ja, ich g,he noch weiter, ich sage: alle Handlungen von Sozialisten, diesich auf Wahlen beziehen und Wahlen bezwecken, haben von vorn-herein die Vermuthung für sich, daß sie nicht den Um-stürz der bestehenden Rechisordnung wollen, sondern innerhalb derdestehenden Staatsordnung mitwirken wollen an der legalen Fortführungder Staatsangelegenheiten. Das ist meine Ansicht und sicherlich auch dieder jetzigen M-.hrheit des Reichstags. Der Reichstag muß auch alleMittel dahin geltend machen, daß die Behörden strenger««gehalten werden, mit völliger Unparteilichkeit die Vorschriften be-qüzlich der Wahlen zu handhaben und auch nur dm Schein zu vermei-»en, als ob sie das Sozialistengesetz benutzen wollten, um in ihrem Sinn«ttl das Resultat der Wahlen einzuwirken."Also sprach in der Reichstagssitzung vom 27. April Herr Miguel, derNnerkannte Führer der Nationalliberalen.„Wie?" wird vielleicht der eine oder andere unserer Leser hier ausrufen,„ist denn dasTnöglich?" Die Partei, die im Lande bei den Wahlen am brutalstenvorgegangen, die den ärgsten T-rrorismus inszenirte, die ihre Stärke«ur der amtlich m und sonstigen Wahlbeeinflussung verdankt,*,« sollte jetzt plötzlich in sich gegangen und für die Freiheit der«Zahl einzutreten entschloffen sein? Das wäre ja prächtig I"G-m-ch, guter Freund, du vergißt, was n a t i o n a l I i b e r a l heißt.Nachdem Herr Miguel diese schönen Worte geredet, ging er hin undstimmte mitsammt seiner Partei gegen den Antrag Singer, dieAttm über die ergangenen Verbole von Wahlversammlungenwr Kreise Hagen— es handelte sich um die Prüfung der Wahl»rchfcrS— von der Regierung einzufordern. Reden kostet, denken»ie Herren, eben nichts und— habm wir bei der Wahl den Leutenwas Blaue vom Himmel vorgeschwatzt, warum sollen wir im Reichstag*a» Geschäft nicht fortsetzen? Und wie Herr Bennigsen die Presse*or polizeilicher Willkür, so stellt Herr Miguel die W a h l- n vor der«aune der Land- zc. Räthe sicher. Und wie die Zeitunxm in Deutsch-«and fortfahren, von der Laune der Polizeipaschas abzuhängen, so wer-«en auch in Zukunft nach wie vor WahlkomiteL ausgelöst, Wahlver-Sammlungen verboten, und die so zustandegekommenen Wahlen für giltigErklärt werden.Wenigstens so lange Herr Miguel und seine Partei in Deutschland«ine Rolle spielen.— Zum Streik der Weber in Crimmitschau, über den im«orrespondenzentheil unsrer heutigen Nummer Genaueres zu lesen, liegt«in, die Unverschämtheit der Kapitalprotzen kennzeich.»endeS Dokument vor in nachstehendem Begleitschreiben zu einervom„Fabrikanten- und Webschulverein" erlaffenen schwarzen Liste:„P. P. Wir übersenden Ihnen beigefügt Ramensverzeichniß derstreikenden Arbeiter, wie wir Sie auch gleichzeitig mit den in der Vor-stand isitzung des Fabrikanten- und Webschuloereins gefaßten Beschlüffen«ekannt machen, nämlich:„Allen hiesigen Industriellen zu empfehlen,«aß Arbeiter, die als Obmänner des Fachvereins bekannt,die sich als Wühler unter den Arbeitern bemerklich machen, ent-«Nsen werden mögen, deren Namen aber Herrn Rechtsanwalt Roch be-Jonnt zu geben, sowie bei Annahme von Arbeitern, besonders vonWebern, sich bei demselben zu erkundigen, ob sie nicht jenen gekennzeich-«eten Personen angehören." In der allseitigen Ausführung dieses Be-schluffeS wird eS ja liegen, die Thätigkeit deS Fachoereins der Weberdenken. Er sah die beklagenSwerthen Zustände in seinem ausgedehnten_.nch und er wußte, daß es nach seinem Ableben noch schlimmer werdenwürde. Er wußte gut genug, daß sein Nachfolger(der jetzige russische«l.nser ist gemeint) ein grausamer Idiot, ein herzloser Schurke war, aberkonnte eS nicht ändern und überließ Alle» dem Ungesähr. Richiskonnte den Tyrannen retten.� Eines Tage« wurde er trotz der Wachsamkeit seiner Polizei ermordet,And der tobsüchtige Calizula folgte ihm noch. Ein Feigling, ein Vieh,«m Narr, ließ er Diejenigen erwürgen, welch« ihm zum Thron verholfen,indem sie den alten Tyrannen aus dem Wege räumten, und unter denJv Gemordeten war— welche Schmach, welche Schande!— ein Weib,(donnernder Beifall und Rufe: Sophia Perowikaja!) Emma Rävius,wurde enthauptet., Nachdem das Reich von dem alten Tyrannen befreit war, fiel es demverworfenen Feigling in die Hände. DaS Schreckens-— größere Sicherheitsmaßregeln wurden* Äl w£e"in �ran"en e°tr°ff-». Aber alles ist ver-aebens. Der Gott der Rache, den der gekrönte Idiot anbetet, strecktxmen«rm gegen den Tyrannen selbst aus, er wird ihn in seinemBersteck erreichen und ihm bei der ersten Gelegenheit den KopfÄschlagen. Vergebens umgibt er fich mit Speeren, Schwertern undBogenichützen, mit Spionen, Denunzianten und Henkern! Vergebensbewachen Garderegimenter seinen Palast- selbst unter ihnen'werdenpch»rutuffe finden, und er wird von einigen seiner Gardeosfiziere er.wordet werden, wie Flavius Josephu« und Sueton berichten."Ein nicht zu unterdrückender Beifallsstum folgte dem Vorlesen deS«ufsatzes. Leidenschaftlicher Beifall und Bravorufe donnerten durch da»üanze Universitätsgebäude. Die Versuche des Profeffors, deffen Gesicht«vdsahi war, die Ruhe wieder herzustellen, waren vergebens. Er häm-,n«te fortwährend und versuchte zu sprechen, aber seine Stimme wurde»on dem Beifall erstickt.Der junge Mann, nvelcher seine Borlesung beendet hatte, blieb erröthendAuf der Platform stehen, seine Stirne war vom Schweiße bedeckt. JederEtudent eilte auf ihn zu, fchüttelte ihm die Hände und umarmte ihn.fs* große Halle war bald mit Leuten vollgestopft. Jeder, der sich gradeA« Universitätsgebäude befand, eilte herbei. Rufe wie:„Nieder mit derTyrannei!"„Nieder mit dem Idioten!"„Es lebe die Freiheit!" er-»chaUten in der Halle. Plötzlich wurden die Thüren der Halle und dasganze Universttätsgebäude von Gensdarmen besetzt, und wenn man durch«u.t�r blickte, nahm man einige Schwadronen Kosaken auf derStraße wahr. Fünfzig Studenten wurden verhastet, aber nach wenigen»»gen bis aus fünf wieder freigelaffen. Der Berfaffer deS Aufsatzes—setn Name ist Andreas Tuschin— wurde nach einem kleinen Dorfe derProvinz Archangelsk verbannt.Dieser Vorfall erregte großes Aufsehen in Rußland. Der Aussatz, von»em Obige» eine Uebersetzung ist, wurde insgeheim gedruckt und im«unbe v-rbreitet.>«»" dl. v. dl.lahm zu legen. Der Gesammtvorstand da» Fabrikanten- und Webschul-Vereins."Die„Wühler" würde mancher vielleicht den Herren noch hingehenlaffen— das Wort klingt nach gewerbsmäßigem Aufhetzen— wenn nrchtdaS Zusammenwerfen derselben mit den„Obmännern d e S Fach-Vereins" aufs Deutlichste zeigte, was die bism.rckfrommen Fabrik-paschas darunter verstehen.„Wühler" ist in ihren Augen jeder Arbeiter,der es überhaupt wagt, sich als Mensch anstatt als Arbeitsvieh � Pardon. das Vieh ersordert ja noch gewiffe Schonung, als Arbeitsmaschinezu betrachten. Maschinen brauchen keine Vereine, daher ist der Fach-v:rein vom Uebel und muß ausgerottet werden. Kann man die Maffeder Arbeiter nicht zwingen, denselben aufzugeben, und bietet er keineHandhabe zu einer Auflösung aus Grund des Schandgesetzes, nun gut,so schwingt man über jeden, der es wagt, die Stelle eines Obmannsanzunehmen, die H u n g e r p e i t s ch e, auf diese Weise macht man ihnäs facto unmöglich. Gut ausgesonnen, ihr feigen Arbeiterschinder, wäreder Gedanke nicht so raffinirt gemein, man wäre versucht, ihn polizeiwidrig dumm zu nennen. Macht nur den Arbeitern den öffentlichen undlegalen Kampf unmöglich, wenn Ihr eS könnt, aber dann wundert Euchauch nicht, wenn sich die beleidigte Menschennatur in urwüchsiger Weisean Euch rächt. Wer noch einen Funken von Rechtsgefühl im Leibe hat,wird Euch, waS auch geschehe, nur das eine Wort zurufen tIhr habt's gewollt!— Die Brutalität des OrdnungSretterthnmö hat sich jüngstin Magdeburg wieder einmal in ihrer ganzen Nichtswürdig-k e i t gezeigt. Zu den Angeklagten im sogenannten Geheimbunds-prozefse gehört oder vielmehr gehörte auch unser Genosse, derSchneidermeister Wilhelm Habermann. Obgleich im höchstenGrade leidend, wurde er doch in strengster Untersuchungshaft gehalten,bis seine Ueberführung nach dem Krankenhause absolut nothwendigwurde— d.h. nothwendig, sollte er nicht buchstäblich im Gefängnißden Tod erleiden. Nur einmal nach vielen vergeblichen Bittenhatte man seiner Frau gestattet, ihn zu besuchen, seine Kinder hat erüberhaupt nicht wieder gesehen. Ohne Abschied von den Seinigen nehmenzu können, ohne sein jüngstes, während der Dauer seiner Haft gebornesKind auch nur sehen zu können, ist er am Freitag den 23. April seinenLeiden erlegen.Aber daran nicht genug. Die Polizeibande wußte, wie populär Haber-mann in Magdeburg gewesen, und daß die dortigen Arbeiter es sich nichtnehmen l flen würden, ihrem verstorbenen Freund und Mitstreiter dasletzte Geleit zugeben. Das sollte und mußt« verhindertwerden. Und so wurde denn, trotzdem die Beerdigung auf SonntagVormittag angesetzt war, die Leiche Habermanns, ohne daß man der Fraudirekt davon Kenntniß gegeben, bereits am Sonnabend sang- und klang-los eingescharrt. Statt seiner Angehörigen und Gesinnungsgenossen warfast die gesammte Polizeimacht Magdeburgs auf dem Kirchhof versammelt.Aber man hatte die Rechnung ohne den Wirth gemacht. Die ArbeiterMagdeburg» hielten es nun erst recht für ihre Pflicht, dem Verstorbeneneine würdige Todlenseier zu veranstalten. Wir lesen darüber in einemdortigen Lokalblatt:„Schon früh morgens kamen zahlreiche Besucher einzeln zu dem Grabeauf dem Neustädter Kirchhofe, der bis zum späten Abend das Ziel vielerTauende von Männern, Frauen und Kindern blieb, alle fast ausnahmslosin tiefem Schwarz, ohne jedes Abzeichen, den Ernst der Todten-Stättein den Zügen.Bald nach 10 Uhr bewegte sich vom Faßlochsberg aus ein(wohl ab-sichtlich nicht geliederter, nicht reihenweise geordneter) Zug von einigenTausenden Männern und Frauen, schweigsam und ohne Aufsehen derNeustadt zu. Derselbe bestand zumeist auS Deputationen, die ihre Kränzeam Grabe Habermanns niederlegen wollten. Wir zählten über 100 Kränze.Die Polizei war offenbar sehr schlecht unterrichtet, sie erwartete einenZug an anderer Stelle. Nicht einem Schutzmann, nicht einem einzigenPolizisten in Civil begegneten die vereinigten Deputationen bis zumKirchhofe. Hier legte der frühere Reichstagsabgeordnete Heine imNamen der sozialdem. ReichstagSfraktion, danach die Vertreter jener4 Wahlkreise, in denen der Todte kandidirt hatte, dann Deputationenaus Halberstadt, Calbe, Alchersleben, Egeln, Schöne-beck, Olvenstedt u. s. w., von zahlreichen Fabriken und, wie esschien, sämmtlichen hiesigen Gewerken Kränze, meist mit weißen, theilsrothen Schleifen auf den schon geschlossenen Grabeshügel nieder. AlsHerr Heine das Wort nehmen wollt«, klopfte ihn einer der anwesendenPolizeikommiffare auf die Schulter und bedeutete ihn, daß er nichtsprechen könne, ein Zwischenfall der kaum bemerkt wurde. Herr Heinezog sich sofort zurück. Unter den bekannten Sozialdemokraten bemerktenwir auch den Regierungsbaumeister Keßler, den überall Ausgewiesenen,der nächstens seinen Aufenthalt wieder in den einzigen Ort verlegenwird, in welchem ihn eine Ausweisung kaum treffen dürste, in dasGefängniß."Das Andenken des Verstorbenen, deffen langjährige Thätigkeit imDienste unserer großen Sache allbekannt sind, wird bei dem arbeiten-den Volke unvergessen sein, aber auch die Niedertracht der heutigenMachthaber, die ihn buchstäblich bis in'S Grab verfolgt hat. Schandeüber das System und ihre Träger!— Dcntfchlaud, das„Land der freien Frommen," die einstden Ruf genossen, sich durch ihre Offenheit und Biederkeitauszuzeichnen, wird, wenn das System Bismarck-Puttkamernicht bald ein Ende nimmt, schließlich noch ganz zum Land der Falsch-h e i t und Hinterlist werden. Bis in alle Beziehungen des täglichenLebens hinein wird die Korruption und Spionage von Obenher systematisch gezüchtet, Treue und Glauben in jederWeise untergraben.So wissen die Ordnungsblätter neuerdings wieder triumphirend zumelden, daß in den Werkstätten der oberschlesischen Staats-eisenbahn in Breslau„Vertrauensmänner" aus denReihen der Arbeiter ernannt worden find, mit der Aufgabe,„diejenigenihrer Mitarbeiter, welche sozialdemokratifche Gesinnungenhegen oder laut werden lasten, dem Chef der Werkstättenverwaltung zurAnzeige zu bringen."„Vertrauensmänner!" Das Wort ist in der That vortress-lich gewählt für einen Beruf, der lediglich darin besteht, jedes etwaigeVertrauen zu täuschen. Besser alsdurchdieProstituirungdieses ehrlichen Wortes kann die Nichtswürdigkeit des herrschendenSystems gar nicht gekennzeichnet werden, daS alle Begriffe von Moralund Recht in ihr Gegentheil verkehrt.Pfui über die Infamie, den gegenseitigen Berraih zur ständigen Institution zu erheben!Und so etwas wagt es noch, gelegentlich heuchLv!;� über die spanischeInquisition zu zetern.— Ein Kriegerverein, der kein Krlecherverei« ist, ist im Reichder Gottesfurcht und frommen Sitte eine sehr bedenkliche Er-s ch e i n u n g. Dasselbe kann ohne Krieger noch eher bestehen als ohneKriecher. Die Kriegervereine haben daher Kriecher zu züchten, polt-tische Kriecher, denn wenn es in ihren Statuten heißt, daß die PolitikauS ihrer Mitte ausgeschlossen ist, so bezieht sich das nur auf irgend-welche mit selbständigem Denken verbundene Politik. Denken ist z.B. ver-boten« Politik, und wenn ein Kriegerverein Mitglieder hat, die nochselbständig zu denken wagen, so verletzt er seine Pflicht und verdient,au« dem Verband der braven, patriottsch-knechtiseeligen KriegervereineauSgeschloffen zu werden.So dachte zweifelsohne auch der biedere Vorstand des„Braun-weigerLandwehr-Verbandes", als er unterm 28. FebruarI. folgenden Schreibebrief an den Vorstand de« Krieger«und Landwehr-Verein« in Wieda im Harz vom Stapelließ:„Nach den auf hiesiger Kreisdirektion mir zur Einficht gestatteten amt«lichen Wahllisten, die R�ichstazewahl vom 21. Februar betreffend, habenin Wieda von 295 Wahlberechtigten 230 für den Sozialdemokraten Blos, 2 für den Grafen v. d. Schulenburg und nur 13 fürden Kandidaten der Ordnungsparteien, den StadtrathRetemeyer, gestimmt. Da der Landwehr-Verein Wieda 37 wirkliche und1 Ehrenmitglied zählt, welche zweifellos sämmtlich wahlberechtigt sind,so müssen fast zwei Drittel der gesammten Mitgliederzahl sich entwederder Wahl enthalten oder, was viel schlimmer und ganz un-verträglich mit den Pflichten ewes Vereinsmitgliedes ist, ihreStimmen dem sozialdemokratischen Kandidaten gegeben haben. Da derVorstand diese im hohen Grad« auffällige und schwerwiegende Thaisach«nicht glaubt mit Stillschweigen hinnehmen zu dürfen, so ersuche ich, mireingehende Mittheilungen darüber zu machen, wie esmöglich gewesen, daß dem Kandidaten der Ordnungsparteien die 38Stimmen der Mitglieder des Landwehrverein» Wieda n icht sämmt-lich zugefallen sind. Ich kann dem Vorstande nicht verhehlen, daßdie fragliche Angelegenheit seitens de« Verbandsvorstandes sehr ernstangesehen wird, und daß derselbe durchaus erschöpfendeAuskunft erwarten muß. gez. Frühling, Hauptmann der Landwehra. D., Vorsitzender."Die Anschnautzung verfehlte aber ihren Zweck. Mit kühler Höflichkeitverwies der Vorsitzende des Wiedaer Vereins den Herrn Frühling andie übrigen Vorstandsmitglieder, da diese während der Wahlzeit ortS«anwesend gewesen, er selbst aber auswärtig in Beschäftigung gestandenhabe. Darauf erhielt er, wie die„Nordh. Zeitung" berichtet, per Posteine offene Karte folgenden, ihn vollends vernichten-sollenden Inhalts:„Braunschweig, S. 3. 87. In Besitz Ihres Schreibens vom gestrigenTage muß ich Ihnen bemerken, daß ich Sie, als 1. Vorsitzenden Ihre?Vereins, für die Folgen Ihrer ablehnenden Haltung in der von mirangeregten Frage allein verantwortlich mache. Der Vorstanddes Braunschweizer Landwehr-Verbandes.(gez.) Frühling. An den 1. Vor«sitzenden des Krieger- und Landwehr-Vereins Herrn Buchholz, Wieda."Jetzt gab der Verein selbst die auf solche Unverschämtheit einzig gebüh-rende Antwort: In einer darauf anberaumten Generalversammlung deSVereins wurde einstimmig derAustritt aus dem BraunschweigerLandwehr-Verband beschlossen und Herr Frühling hiervon telegra«phisch benachrichtigt. Der Staat war zur Abwechselung einmal nichtgerettet.Die„einzig gebührende Antwort", sagten wir soeben. DaS bedarfjedoch einer Einschränkung. Nur angesichts der Thatsache, daß jederSchritt gegen die Anmaßung des„Kamerad" Frühling vergeblich gewesenwäre, kann der Austritt als gerechtfertigte Maßregel erscheinen. Sonsthätte umgekehrt der Herr„Kamerad" für seine Anmaßung austrete«oder ausgetreten werden müssen. Daran war jedoch bei der korruptenGefinnung, die in der Mehrzahl der Kriegervereine herrscht, gar nichtzu denken, ebensowenig wie daran zu denken ist, daß irgend eine rich-terliche oder Verwaltungsbehörde ihn ob des frechen Angriffs auf dieFreiheit der Wahl und das Wahlgeheimniß zur Rechen-schaft ziehen wird. Für die Gewalthaber in Deutschland gibt es keinGesetz, wie es für die Unterdrückten kein Recht gibt.— Wie die Zivilisation in den Regerländcrn wirkt, istaus folgender von der„Leipziger Zeitung" veröffentlichten Liste derKameruner Einfuhr und Aus fuhr zu ersehen: Eingeführtwurden 1883: 1,524,028 Liter Rum(soll wohl Schnaps heißen),Genever 37,800 Flaschen, Pnlver b 7,475 Kg., Salz 1,112,000 Kg.,Tabak 56,053 Kg., Gewehre(Steinschloß-) 1588 Stück, Patrone«1000 Stück, Zeuge 338,200 Dards. Ausgeführt wurde: Palmöl 1924 T.,Palmkerne 1637 T., Kautschuk 6 536 Kg., Elfenbein 8372 Kg., Cacao1521 Kg. Man sieht, setzt die„Neue Züricher Zeitung", der wir dieseNotiz entnehmen, hinzu, von welcher Seite her der Handel harmloserbetrieben wird.Die Neger behaupten auch nicht, daß sie mit ihrem Palmöl«. un?Europäer ztvilisiren wollen!Korrespondenzen.Crimmitschau, 17. April. Seit längerer Zeit hat sich wiederum inempfindlichster Weise bemerkbar gemacht, hinter was man schon vormehreren Jahren gekommen war, nämlich die nichtswürdige Art undWeise, auf welche die hiesig« Weberschast von Seite ihrer Fabrikantenb e st o h l e n wird. Zur Zeit des großen Weberstreiks hatten Viele ge«glaubt, dieser Spitzbüberei dadurch einigermaßen Einhalt gethan zu haben,daß man sie vor der Oeffentlichkeit kennzeichnete: daß sich jedoch unsreBiedermänner aus der öffentlichen Meinung etwas machen, daß sie soetwa? wie Scham- oder Ehrgefühl besitzen würden, daran konnte eigent»lich nur ein von Vertrauensduselei Besessener glauben. Anzunehmen�daß der Lohn des Webers hier wirklich nach Band, das heißt 6 Leip-ziger Ellen Kette, in anderen Tuchstädten auch Schmitz« oderZeichen genannt, berechnet wird, dazu gehörte in vielen Fällen schon ei«sehr frommer Glaube. Es wurden wiederholt von Arbeitern Unter«suchungen darüber angestellt, bei welchen sich ergab, daß die Bandläng»imvielen Fabriken nicht nur 4—6 Zoll über 6 Ellen, sondern mitunternoch über 7 Ellen betrug, und daß folglich der Weber jährlich vm hun»d er t Mark und darüber an seinem Lohn, der ihn an und für sich kaumvor dem Verhungern schützt, geschädigt wird. Jeder, der nur einenFunken von Rechtsgefühl besitzt, muß uns zugestehen, daß daS Betrugist. Und daß es gemeiner, vorsätzlicher Betrug ist, geht auS dem Fol-genden hervor. Unter den hiestgen Webern machte sich immer stärkerder Wunsch geltend, dem Maßunfug Einhalt zu thun. Es fanden einigeWeberversammlungen statt, in denen beschlossen wurde, an den Fabri,kantenverein zu gehen und denselben schriftlich zu ersuchen, eine Rege«lung zu treffen, damit diese Mißwir thschast ein Ende nähme. Und zwarwurde nur verlangt, es solle in den Fabriken durch Plakate in den Ar«beitssälen bekannt gegeben werden, welches die Bandlänge der zu ver«webenden Kette, was für dieselbe bezahlt werde und welche Nebenarbeite«vorhanden seien. Sollte man wohl meinen, daß dies« Forderung auchden verbissensten Fabrikanten insultiren könne? Schwerlich. Und dochwurden die Arbeiter mit der Antwort zurückgewiesen, die in ihremSchriftstück geschilderten Zustände seien keineswegs vorhanden, der Ar«beiter habe sich über nichts zu beklagen, Maß und Abrechnungsweis« seienüberhaupt Sache eines jeden Einzelnen, und ginge den Fachverein garnichts an.Nun wurde eine weitere Weberversammlung abgehalten, in welcherbeschloffen wurde, daß in jeder einzelnen Fabrik die betreffenden Arbeiterselbst die Forderung schriftlich ihren Fabrikanten überreichen sollten.Da konnte man nun die Spitzbuben darüber schnauzen hören, wie dieWeber die Unverschämtheit haben könnten, an ihrer Ehrlichkeit zuzweifeln. Die Tugendhelden empörten sich gewaltig darüber, daß dieWeber den Muth hatten, ihre gerechten Forderungen ihnen, die ja dienatürlichen Berather der Arbeiter sein wollen, zu unter»breiten, kurzum, es zeigte sich von Neuem, daß wir es mit würdigenAnhängern der B i s m a r ck, P u t t k a m e r und sonstigen Ausb-undenvon Uneigennützigkeit zu thun hatten.„Die Kanaille hat nur Pflichtenzu erfüllen, die Rechte stehen uns zu."Es würde zu weit führen, auf alle Einzelheiten einzugehen, wir wollennur die hauptsächlichsten Thatsachen anführen. So erklärte einer diesernetten Burschen, dessen Fabrik einer Schlammbude oder Mördergrub«gleicht, der Stadtrath Köhler, der bei der letzten Wahl als Wahl-Vorsteher fungirt und sich sogar erdreistet hat, die Stimmzettel auszu-machen, ehe er dieselben in die Urne legte, seinen Webern rundweg:„Ich lasse mir von dem Fachverein keine Gesetze machen, sondern fügemich nur dem Willen Bismarcks." Gleich Bismarck verfügt dieser Herrüber ein Prachtexemplar von Sohn, der, ebenso wie der WebermeisterZöffel, eher zum Ausseher eines rusiischen Zuchthauses als zum Leitereiner Fabrik in einem zivilisirten Lande paßte. Ein zweiter Biedermann,der nebenbei Bankdirektor ist, B i l tz ist sein Name, ließ seine Weberzusammenkommen und theilte ihnen mit, daß er und seine Genoffen sichkeine Vorschriften vom Fachverein machen ließen, es sei überhaupt uner«hört, mit einer solchen Forderung an die Arbeitgeber heranzutreten.Herrn Biltz, welcher seinen Arbeitern Moral lehren will, deren er dochselbst so noihig hat, möchten wir ins Gedächiniß rufen, ob diesem bie-deren Herrn der christliche Tugendspiegel, genannt eiserne Besen, nochin Erinnerung ist, wo die guten Tugenden dieses edeldenkenden Moral-Predigers gekennzeichnet sind. Jndeß noch eines dritten Herrn müssenwir gedenken, des wackeren Albrecht Keylig, einer der rührigstenAnhänger oder— in der Sprache des Herrn selbst— Rädelsführerder vereinigten Fabrikanten, der zugleich euch die Ei_,re besitzt,Vorstand des hiestgen Fabrikantenvereins zu sein. Et> Mensch, der seinenWebern heute verspricht, daß sie sich auf sein Ehrenwort verlassen können,er habe nur das Wohl seiner Arbeiter im Auge, und der doch dieSchamlosigkeit besitzt, das, was er heule den Ardeitern zugibt, den an-dern Tag wieder abzuleugnen. Als die Weber dieses Herrn, nachdem